Tarifkonflikte und innovative Gewerkschaftspolitik im Wach‐ und Sicherheitsgewerbe in NRW
Im Mittelpunkt des Beitrags steht die Frage, wie es der Gewerkschaft ver.di in Nordrhein-Westfalen seit 2012 gelungen ist, Beschäftigte im Wach- und Sicherheitsgewerbe zu mobilisieren und zu organisieren. In Folge einer strategischen Neuorientierung der Gewerkschafts- und Tarifpolitik konnten damit in einer Branche, die traditionell als besonders anfällig für niedrige Löhne und prekäre Arbeitsbedingungen gilt, über mehrere Jahre tarifliche Lohnerhöhungen durchgesetzt werden, die teils deutlich über der durchschnittlichen Entwicklung der Löhne in anderen Wirtschaftsbereichen lagen.
Der Beitrag knüpft an den derzeit wieder auflebenden Diskurs um gewerkschaftliche Erneuerung und die Bedeutung von Machtressourcen an und zielt darauf ab, wesentliche Elemente erfolgreicher Gewerkschafts- und Tarifpolitik im Niedriglohnbereich herauszuarbeiten. Wir nehmen dabei Bezug auf Lévesque und Murray (2013), die mit einem subjektorientierten Ansatz nicht nur zu einem akteurszentrierten Verständnis von Machtressourcen beigetragen, sondern bestimmte Fähigkeiten in den Blick genommen haben, mit denen die handelnden Akteure Machtressourcen überhaupt erst (nachhaltig) aktivieren können. Im Ergebnis ist es der Gewerkschaft ver.di in NRW gelungen, mit innovativen Beteiligungs- und Vernetzungsformen sowie der Entwicklung von wirkungsvollen Narrativen unter den Beschäftigten ein neues Selbstverständnis zu wecken, dass kollektive Gegenwehr und die Durchsetzung überdurchschnittlich hoher Tarifabschlüsse selbst in einer fragmentierten Branche möglich sind.
The article focuses on how the trade union ver.di succeeded in mobilizing and organizing workers in the private security sector since 2012. The result of a strategic reorientation of the union’s collective bargaining policy, the union has been able to achieve wage increases in a branch regarded as particularly prone for low wages and precarious working conditions. In addition, these wage increases surpassed agreements in other economic sectors, too.
The article is closely linked to the current discourse on trade union renewal and the importance of power resources. It aims to identify key elements that contribute to a successful trade union and collective bargaining strategy in the low-wage sector. We refer to Lévesque and Murray’s (2013) subject-oriented approach, which not only contributes to an actor-centered understanding of power resources, but also focuses on actors’ capabilities to activate power resources (sustainably) in the first place. As a result, the German service-sector union ver.di in NRW has succeeded in using innovative forms of participation and networking, as well as the development of effective narratives, to awaken a new self-understanding among employees so that collective resistance is even possible in a fragmented sector.
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