Synergetische Organogelator-Polymer-Komposite : Strukturbildung und Anwendungsmöglichkeiten
Zusammenfassung
Die vorliegende Dissertation beschreibt die synergetische Strukturbildung von neuartigen Organogelator-Polymer-Kompositen und deren Anwendungsmöglichkeiten. Hierzu wurde ein Strukturbildungsmechanismus postuliert und dessen Gültigkeit analysiert. Entsprechend der Hypothese ist es möglich ansonsten fragile Netzwerke von Organogelatoren mechanisch zu stabilisieren, indem teilkristalline Polyolefine auf deren Oberfläche angelagert werden. Der Nachweis der aufgestellten Annahmen bildet das Kernstück dieser Arbeit. Da dies auf direktem Weg nicht lückenlos möglich ist, wurden Indizienbeweise über eine Vielzahl verschiedener Versuche gesammelt und zu einem schlüssigen Bild zusammengesetzt. Darüber hinaus wurde der anwendungsnahe Nutzen der erhaltenen Komposite anhand von Beispielen beschrieben. Für die Strukturbildung wurde eine Reihe von Gelatoren und Polymeren ausgewählt und betrachtet. Um die Grenzen des Systems zu erkennen, wurden bewusst auch Materialien ausgewählt, welche entsprechend der Hypothese in einzelnen Eigenschaften als ungeeignet zu betrachten wären. Bei der Strukturbildung werden der Gelator und das Polymer in einem geeigneten Lösemittel homogen gelöst. Beim darauffolgenden Abkühlen der Lösung muss zunächst das Gelnetzwerk gebildet werden, dessen fibrilläre Oberfläche als Keimstelle für die Kristallisation des Polymers dient. Die erhaltenen stabilisierten Strukturen können via überkritischer oder Gefriertrocknung in ein Aerogel überführt und analysiert werden. Die besten Ergebnisse wurden mit Gelatoren auf Isosorbid-Basis (insbesondere TBPMN*) in Verbindung mit Polyolefinen erzielt. An diesem Modellsystem wurde der Einfluss diverser Parameter auf die Kompositeigenschaften untersucht. Es wurden verschiedene Polymere eingesetzt um die Wirkung unterschiedlicher Kettenlängen, molekularer Massen, Konzentrationen und Mischungsverhältnisse auf die erhaltene Struktur, mechanische Stabilität, spezifische Oberfläche, Dichte und Wärmeleitfähigkeit zu erfassen. Auf diese Art konnte ein allgemeines Systemverständnis aufgebaut werden. Die Trocknungsmethoden um die Komposite in Aerogele zu überführen liefern unterschiedlich gute Resultate. Bei der überkritischen Trocknung tritt weniger Schrumpf auf und es werden höhere spezifische Oberflächen erhalten. In einem Sonderfall der Gefriertrocknung konnten jedoch in einem vorgeschalteten Lösemittelaustausch gegen tert-Butanol Teile des Gelators, welcher in erster Linie eine strukturdirigierende Funktion übernimmt, extrahiert und recycelt werden. Für eine praktische Anwendung der Komposite wurde zunächst die Tauglichkeit als Dämmstoff getestet. Die hierzu hergestellten Aerogele erreichen minimale Wärmeleitfähigkeiten von 27 mW/m∙K, dabei sind sie allerdings sehr fragil. Die Komposite sind superhydrophob und weisen spezifische Oberflächen bis 133 m2 /g auf. Materialien mit hinreichender mechanischer Stabilität verfügen über eine Dichte von 0,1 g/cm3 und eine Wärmeleitfähigkeit von 30 mW/m∙K. Damit sind die erhaltenen Aerogele zwar konventionellen Dämmstoffen überlegen, können aber nicht mit Hochleistungsdämmstoffen konkurrieren. Die Komposite wurden ebenfalls als Supportmaterial für latente Wärmespeicher (PCM) verwendet. Dabei kann das PCM die Rolle des Lösemittels übernehmen, was den Herstellungsprozess massiv vereinfacht. Die erhaltenen Materialien erreichen extrem hohe Beladungsraten und weisen über zyklische thermische Belastung einen sehr geringen Massenverlust auf. Insbesondere Paraffin eignet sich in Kombination mit TBPMN und Polyolefinen besonders gut. Es wurden Komposite mit einer Erstarrungsenthalpie von 177,5 J/g erhalten, ohne einen Verlust an Stabilität oder Rückhaltefähigkeit in Kauf nehmen zu müssen. Das Material übertrifft damit den Stand der Technik deutlich. * 1,2,3-trideoxy-4,6:5,7-bis-O-[(4-propylphenyl)methylen]-nonitol
Abstract
This dissertation describes the synergetic structure formation of novel organogelator-polymer composites and their potential applications. For this purpose, a structure formation mechanism was postulated and its validity analyzed. According to the hypothesis, it is possible to mechanically stabilize otherwise very fragile networks of organogelators by attaching semi-crystalline polyolefins to their surface. Proving the assumptions is the core of this work. Since this is not possible in a direct way without leaving gaps, circumstantial evidence was collected via a large number of different experiments and conclusively assembled. In addition, the composites were successfully tested for several potential applications, such as thermal insulation and latent heat storage, and their performance was evaluated.
A variety of gelators and polymers were selected and considered for the composite formation. In order to recognize the limits of the system, materials were also deliberately selected which, according to the hypothesis, would have to be regarded as unsuitable in individual properties. During structure formation, the gelator and the polymer are homogeneously dissolved in a suitable solvent. During the subsequent cooling of the solution, the gel network must first be formed, whose fibrillar surface serves as a nucleation point for the crystallization of the polymer. The stabilized structures obtained can be transferred to an aerogel via supercritical or freeze drying and then be characterized. The best results were obtained with isosorbide-based gelators in combination with polyolefins. The influence of various parameters on the composite properties was investigated in this model system. Different polymers were used to assess the effect of different chain lengths, molecular masses, concentrations and mixing ratios on the obtained structure, mechanical stability, specific surface area, density and thermal conductivity. In this way, a general system understanding could be developed. Several drying methods were used to convert the composites into aerogels. As expected, with supercritical drying, less shrinkage occurs and higher specific surfaces are obtained. However, freeze-drying also yielded good results and in a novel method of freeze drying, parts of the gelator, which primarily has a structure-directing function, could be extracted and recycled in an initial solvent exchange to tert-Butyl alcohol.
For a practical application of the composites, their suitability as insulating materials was tested first. The aerogels produced for this purpose achieve minimum thermal conductivities of 27 mW/m∙K, but they are very fragile. The composites are superhydrophobic and have specific surface areas of up to 133 m2/g. Materials with sufficient mechanical stability show a density of 0.1 g/cm3 and a thermal conductivity of 30 mW/m∙K. Thus, the obtained aerogels are superior to conventional insulating materials, but cannot compete with high-performance insulating materials.
The composites were also used as support materials for phase change materials (PCM). Here, the PCM can act as a solvent, which massively simplifies the manufacturing process. The materials obtained achieve extremely high loading rates and exhibit very low mass loss via thermal cycling. Paraffin, in particular, is especially suitable in combination with TBPMN* and polyolefins. Composites with a solidification enthalpy of 177.5 J/g were obtained without suffering any loss of stability or retention capacity. The material therefore clearly surpasses the state of the art.
* 1,2,3-trideoxy-4,6:5,7-bis-O-[(4-propylphenyl)methylene]-nonitol