Corruption as an Obstacle to Development? : Taking Stock of Research Findings and the Effectiveness of Policy Strategies
The authors recommend a step-by-step approach which sets priorities and combines concrete measures of anti-corruption policies with the adjustment of existing institutional arrangements. Within such an overall concept it may make sense not to immediately aim at decreasing the level of corruption but to first convert the most harmful “corruption syndromes” into less harmful forms.
Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich in Entwicklungsforschung und -politik ein breiter Konsensus mit Folgewirkungen herausgebildet: Korruption ist ein Entwicklungshemmnis. Doch sind die Grundannahmen und die darauf aufbauenden Anti-Korruptions-Politiken wirklich stimmig? Diesen Fragen geht der vorliegende Beitrag nach. Zunächst definiert er Korruption und befragt die bisherige Forschung zu den Verbindungen von Korruption, Wohlfahrt und der Konsolidierung von Staatlichkeit. In einem zweiten Schritt untersucht der Artikel Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung, deren Bilanz ernüchternd ausfällt. Ein wichtiger Grund hierfür: Gängige Politikmodelle beachten nur unzureichend bestehende institutionelle Arrangements und Machtverhältnisse. Zudem werden die Möglichkeiten externer Akteure, lokale Prozesse zu beeinflussen, tendenziell überschätzt. Daraus folgt jedoch nicht, dass externe Akteure die Good-Governance-Agenda aufgeben und Korruption ignorieren sollten. Allerdings sind statt blaupausenartiger Maßnahmenpakete, die sich am OECD-Modell liberaler, marktwirtschaftlich verfasster Demokratien orientieren, Politiken erforderlich, die auf konkrete Gegebenheiten vor Ort zugeschnitten und nicht blind sind für die dort herrschenden polit-ökonomischen Macht- und Loyalitätsbeziehungen. Um die tieferliegenden Ursachen der Korruption anzugehen, müssen sowohl die staatliche Handlungsautonomie als auch gesellschaftliche Gegengewichte gestärkt werden. Ein politisch informiertes Verständnis von Korruption, das sich an jeweils spezifische politische Kulturen anpasst, muss gegebenenfalls auch anerkennen, dass Korruption unter Bedingungen fragiler Staatlichkeit und krisengefährdeter Transformation zeitweise durchaus stabilisierende und kooperationsfördernde Wirkungen haben kann. Dieses kann insofern vorübergehend durchaus als notwendig akzeptiert werden, solange differenzierte Anti-Korruptions- Politiken parallel die graduelle Änderung bestehender institutioneller Arrangements im Blick behalten.