4 ERGEBNISSE

 

4.1 Die Ergebnisse der arbeitswissenschaftlichen Bestandsaufnahme

Vorbemerkungen zur Darstellung der Ergebnisse

Die Dokumentation der Ergebnisse der Bestandsaufnahme folgt der Systematik, die sich zum einen aus dem besonderen Augenmerk auf die vier kategorialen humanen Gestaltungsprobleme und zum anderen aus der Untergliederung der Arbeitssituation in ihre (z.T. kausal bedeutsamen) Elemente ergibt.

Im ersten Schritt werden Arbeitsaufgaben der Lascher und ihre betriebliche und überbetriebliche Einbettung näher gekennzeichnet. Diese Beschreibungen sollen den Blick öffnen für diejenigen Anforderungen, die sich für die Lascher aus der Makrostruktur des Arbeitssystems ergeben, und an die Realität der Arbeit von Laschern auf den Containerschiffen heranführen.

Im zweiten Schritt werden Probleme der Arbeitsausführung und des Arbeitsablaufs beschrieben. Es wird analysiert, auf welche Weise Merkmale der vorhandenen Laschsysteme eine zügige Durchführung der Aufgaben stören und behindern. D.h. es wird herausgearbeitet, durch welche Faktoren die Ausführbarkeit der Lascharbeiten beeinträchtigt oder gar unmöglich wird.

In diesem Zusammenhang wird ferner aufgezeigt, wodurch Belastungen bzw. Beanspruchungen der Lascher entstehen, die zu Beeinträchtigungen des physischen, psychischen oder sozialen Wohlbefindens führen oder gar die Gesundheit der Lascher schädigen.

Sodann wird der Rahmen der Betrachtung erweitert und dargestellt, inwieweit Gegebenheiten des Arbeitsortes und der Arbeitsumgebungen zu Beeinträchtigungen der Arbeitsdurchführung und / oder Beeinträchtigungen des physischen oder psychischen Wohlbefindens führen.

Daher kann sich eine Auseinandersetzung mit Problemen der Arbeitsausführung und des Arbeitsablaufs in diesem Bericht darauf konzentrieren, die Wirkungsweisen von Belastungsdeterminanten während des Arbeitsvollzugs der Lascher genauer zu kennzeichnen und durch die Anwendung spezifischerer Gestaltungskriterien diejenigen Informationen herauszuarbeiten, die für die geplante Entwicklung eines neuen Laschsystems erforderlich sind.

Die Ergebnisse stützen sich auf die arbeitsanalytischen Beobachtungen und auf die Aussagen der Lascher und anderer Experten, mit denen Gespräche geführt werden konnten. Wo es sinnvoll und möglich erscheint, werden die Darstellungen mit Auszügen aus Schilderungen von Laschern (oder anderen Gesprächspartnern) ergänzt und vertieft, denn niemand kennt die Probleme der Durchführung des Laschens von Containern besser als die Lascher selbst.

(Individuelle Namen - sei es von Laschern aus dem Hamburger Hafen, von Betrieben, Terminals oder auch Schiffen und Reedereien werden aus Datenschutzgründen anonymisiert. Platzhalter für solche Namen sind die Zeichenfolge (Name) bzw. spezieller z.B. (Reederei ..) oder auch geeignete Abkürzungen eines persönlichen Namens.)

Der nächste Abschnitt befaßt sich mit dem Belastungsbereich der Arbeitsorganisation. Es wird dargestellt, daß auch Merkmale

  • der überbetrieblicher Arbeitsbedingungen,
  • der Arbeitsbeziehungen,
  • der Aufgabenteilung und
  • der Zeitstruktur

zu Belastungen bzw. Beanspruchungen führen, denen Lascher lang- oder auch kurzfristig nicht gewachsen sind, und die sie in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigen.

Abschließend werden Berichte über Arbeitsunfälle beim Container-Laschen analysiert und die Ergebnisse dieser indirekten Gefährdungsanalyse darstellt. Aus dieser unabhängigen Datenquelle ergeben sich neue Erkenntnisse über das Ausmaß der Beeinträchtigung der Arbeitssicherheit von Personen bei der Sicherung und Befestigung von Containern sowie über die Art und Schwere ihrer körperlichen Schädigungen (Kapitel 4.1.4).

 

4.1.1 Container-Laschen - Die Aufgaben der Lascher und die Bedingungen unter denen diese Aufgaben erfüllt werden

4.1.1.1 Der Einfluß der innerbetrieblichen Arbeitsorganisation auf die Arbeitssituation der Lascher

Das Laschen von Containern geschieht gegenwärtig - von Ausnahmen, auf die noch eingegangen wird, abgesehen - auf den Schiffen, die zur Abfertigung an den Containerterminals festmachen. Zur Erledigung ihrer Aufgaben suchen die Lascher die Terminals bzw. die Schiffe auf. Allerdings gibt es auch Länder (Australien und Neuseeland), in deren Häfen das Laschen auf hohen Lagen verboten ist. In solchen Fällen wird die Ladungsbefestigung nicht von „Spezialisten“ (den Laschern) übernommen, sondern sie muß von der Schiffsbesatzung bewerkstelligt werden. Die Besatzungen finden daher variierende betriebliche Arbeitsbedingungen vor. Exkurs 2: „Auswirkungen der Containerisierung“ im Anhang.

Die Ladungsbefestigung als Aufgabenbereich der Lascher unterliegt potentiell Vorgaben oder Vorschriften von mindestens zwei, wenn nicht drei Arbeitsorganisationen - denen der Stauerei, denen des Terminals (und gegebenenfalls dessen Stauereiabteilung) und denen der Reederei.

Die Abfertigung von Containerschiffen, das Löschen und Beladen, das Losmachen oder die Befestigung der Container erfolgt in enger Zusammenarbeit zwischen den Schiffen, bzw. den Reedereien oder Charterern, den Terminals, den Stauereien u.a. Betrieben des Umschlags- und Lagereibereichs und zwar bereits im Stadium der Planung.

Eine optimale Auslastung des Schiffes und möglichst kurze Abfertigungszeiten der Schiffe sowie Lieferzeiten der Ladungen erfordern gut ausgearbeitete Pläne über zweckmäßige Stellplätze für die Container an Bord, über die Reihenfolge der Be- oder Entladung von Containern und über den erforderlichen Geräte- und Personaleinsatz an Bord und an Land.

Schiffsplaner, Disponenten, Schiffsmakler und Inspektoren der Stauereien arbeiten DV-gestützt eng zusammen, um ein Lösch- und ein Ladeprogramm zu ermöglichen, das sowohl den Anforderungen der Reedereien als auch den Wünschen der landseitigen Kunden - z.B. der Speditionen - entspricht, das sich aber auch für die Anbieter der Dienstleistungen des Handling von Containern „rechnen“ muß. Dies verlangt eine hohes Maß an sachlicher, personaler und zeitlicher Anpassungsbereitschaft und -fähigkeit von seiten des Terminals wie von seiten der Stauereien - besonders dann, wenn sich die Termine der Ankunft oder Abfahrt eines Schiffes verschieben, oder wenn sich Änderungen in Bezug auf die Beladung ergeben.

Diese allgemeinen Anforderungen an die dienstleistenden Betriebe wirken sich auf die Arbeitssituation der Lascher aus.

Terminal muß genügend Fahrzeuge, anderes Gerät und Personal (19) bereitstellen, um die vereinbarten Abfertigungszeiten einhalten zu können. Jede eingesetzte Containerbrücke erfordert die Einteilung einer Gang (d.h. Arbeitskolonne) von Laschern: Container-Laschen ist Gruppenarbeit. Insgesamt kommen, je nach Umschlagssystem (20), pro Brücke zwischen 10 und 16 Arbeitskräfte zum Einsatz. Die Anzahl der Lascher schwankt zwischen zwei und vier.

Die Einsatzplanung seitens der Stauerei oder Stauereiabteilung obliegt einem Inspektor. Inspektoren sind überdies an der Ausarbeitung der Beladungspläne für die Schiffe beteiligt. Gegenüber den Vertragspartnern haben sie daher bei ihrer Arbeit die Verantwortung, zur fristgemäßen und qualitativ hochwertigen Schiffsabfertigung beizutragen. Innerhalb ihres Unternehmens müssen sie eine betriebs- und personalwirtschaftlich möglichst günstige Geschäftsabwicklung gewährleisten. Dabei hängt der Erfolg ihrer Arbeit weitgehend von einem effizienten Personaleinsatz ab.

Effizienz ist auf längere Sicht nur möglich, wenn es den Inspektoren gelingt, die Lascher dauerhaft dazu zu bewegen, „ihr Bestes“ zu geben. Inspektoren haben menschliche Führungs- und Integrationsaufgaben, und sie stehen unter der Anforderung, z.T. gegensätzliche Interessen - die des Betriebes und die der Beschäftigten - miteinander zu vermitteln. Sie sind dabei häufig erheblichem Zeit- und Leistungsdruck ausgesetzt.

Wie viele Lascher der Inspektor einer Containerbrücke jeweils zugeteilt, hängt zum einen von dem erwarteten Arbeitsanfall ab, aber auch davon, welchen finanziellen Spielraum der Vertrag mit den Reedereien den Stauereien läßt: denn die Anzahl umgeschlagener Container ist die Berechnungsbasis für das Entgelt der Leistungen. Von diesem Sachverhalt kann der Zwang ausgehen, weniger Lascher einzuteilen, als sachlich gerechtfertigt wäre.

Dadurch wird der zeitliche Spielraum zur Erledigung der Aufgaben für die Lascher eingeengt. Dies kann sowohl Konsequenzen für die Qualität der Arbeit als auch für die Arbeitssicherheit haben. Lascher arbeiten, wie die anderen Hafenarbeiter, die mit dem Laden und Löschen von Containern zu tun haben, in einem Drei-Schicht-System (Wochentags wird sieben einhalb Stunden mit einer halben Stunde Pause pro Schicht gearbeitet, die dritte Schicht ist also eine Nachtschicht).

Sie arbeiten an Wochenenden - dann in vier kürzeren Schichten. Am Wochenende beträgt die Arbeitszeit 6 Stunden mit einer viertelstündigen Pause pro Schicht. Die Lascher arbeiten, von Ausnahmen abgesehen, sogar an Feiertagen.

Daß im Containerumschlag „rund um die Uhr“ und durchgehend an Wochenenden gearbeitet werden kann, wird durch die freiwillige, über die tariflich und arbeitsvertraglich festgelegte Arbeitszeit hinausgehende, Mehrarbeit und die hohe individuelle Einsatzbereitschaft der im Containerumschlag tätigen Hafenarbeiter ermöglicht. „Mehrarbeit“ ist für die Terminalarbeiter und die Lascher nicht mit „Überstunden“ gleichzusetzen. Mehrarbeit heißt in der Regel, eine zweite Schicht, d.h. weitere acht Stunden Arbeit zu übernehmen.

Ein hoher individueller Anreiz für diese Mehrarbeit liegt zweifellos in der Möglichkeit, entsprechend mehr Geld zu verdienen. Inzwischen gibt es mühsam (gegen den Widerstand auch von Teilen der Arbeiterschaft) durchgesetzte Vereinbarungen, die solche Doppelschichten auf monatlich zwölf begrenzen sollen. Diese durch die Verdienstaussichten erhöhte Einsatzbereitschaft der Arbeiter hat für die Betriebe einen durchaus günstigen Nebeneffekt, denn sie erhöht die Disponibilität der Arbeiter.

Die prinzipielle Verfügbarkeit der Anlagen und Arbeiter zu jeder Zeit (und auch an Wochenenden) zeichnet im übrigen Hamburg vor anderen Seehäfen aus. Dies verschafft der Containerverkehrswirtschaft Hamburgs einen Wettbewerbsvorteil, und es scheint den Nachteil einer langen „Revierfahrt“ für die Containerschiffe (von der Nordsee kommend die Elbe hinauf und wieder hinunter) mehr als auszugleichen.

Dennoch erscheint das gegenwärtige Schichtsystem den Hafenbetrieben, die mit dem Containerumschlag zu tun haben, nicht flexibel genug und zu unrentabel. Es laufen Verhandlungen mit dem Ziel, eine „Konti-Zeit“ einzuführen. Seitens der Unternehmen wird ein System angestrebt, das vier Schichten mit einer kürzeren Kernarbeitszeit, aber einen von den Betrieben frei disponierbaren Arbeitsbeginn und ein flexibles Ende vorsieht.

 

4.1.1.2 Der Arbeitsplatz - Containerschiffe

Besonders stark wird die konkrete Arbeitsstruktur (d.h. die erforderlichen Operationen, der Arbeitsaufwand für die Lascher, die Arbeitsabfolge und der Arbeitsablauf) durch die Gegebenheiten auf den Containerschiffen bestimmt.

Je nach Typ und Größe des Schiffes variiert die Art und das Ausmaß der Lademöglichkeiten und die „Mischung“ bei der Beladung. Es gibt Schiffe, die ausschließlich Container befördern (Voll - Containerschiffe) - (1), oder solche, die auch andere Ladung transportieren (Semi-Containerschiffe).

Es fahren Schiffe, die 4.000 - 8000 TEU und mehr befördern, und kleine Zubringerschiffe (Feeder), die wenige 100 TEU laden können. Es befinden sich Schiffe im Einsatz, die für den Containerverkehr lediglich umgebaut wurden (insbesondere Schiffe der „1. Generation“) sowie eigens konstruierte Spezialschiffe, die besondere Ladungen aufnehmen können und für Beladungsmischungen geeignet (Con-/Ro-Schiff, Kühlcontainerschiffe) oder für besondere Formen des Transports von Containern (Bulk-Carrier) vorgesehen sind.

Zum einen prägen Größe, der Typ und auch der Stand der Technik der Schiffe die Ausführungsbedingungen der Sicherung und Befestigung der Container: z.B. durch die Stellplatzkapazität (11), ob ein Schiff nur im Schiffsraum (im Fall von Binnenschiffen oder kleineren Feedern) oder auch an Deck lädt (auf größeren Feederschiffen u.a. großen Containerschiffen) und durch die technische Ausstattung und Gestaltung der Schiffe.

Zum anderen ergeben sich aus dem konkreten Lösch- und Ladeprogramm - aus der Art und der Anzahl abzufertigender Container (z.B. ob die Container der ISO-Norm[1] entsprechen oder nicht), den faktischen oder vorgesehenen Stellplätzen der Container, den faktischen oder vorgesehenen Lagen zu löschender oder zu ladender Container - die konkreten Anforderungen an ein sachgerechtes Befestigen oder Losmachen der Container, insbesondere welche Laschmittel in welcher Weise verwendet werden müssen.

 

4.1.1.3 Der Laschplan - Verbindliche Regeln für das Befestigen von Containern

Für jedes Schiff existiert ein versicherungsrechtlich verbindlicher Plan, der Angaben darüber enthält, welche Laschelemente verwendet werden und wie die Container an den verschiedenen Orten des Stauraums eines Schiffes mit den vorgegebenen Laschmitteln befestigt und verzurrt werden müssen. Es existieren also spezifische, auf die Merkmale des jeweiligen Schiffes bzw. der Schiffsklasse ausgelegte Normen und Regeln, die eine Erfüllung stau- und sicherheitstechnischer Kriterien gewährleisten sollen.

Ein realisierter Plan - die verschiedenen Laschelemente und wie sie angebracht sind, um Container zu sichern und zu befestigen - wird in der Folge „Laschsystem“ (6) genannt.

Der Laschplan wird im Zusammenhang mit der Ausrüstung eines Schiffes (Abb.16 : Zusammenstellung von Decksstaumaterial Teil 1 - 2) von den Laschmittelherstellern entworfen und bereitgestellt und unterliegt der Abnahme und Kontrolle durch die zuständige Klassifikationsgesellschaft.
Diese Pläne sollen in der Nähe der Bays ausgehängt werden, damit sie von allen für das Laschen der Container Verantwortlichen eingesehen werden können.

 

4.1.1.4 Die Arbeitsmittel zum Befestigen von Containern

Zum Laschen werden hauptsächlich zwei Arten von Laschmitteln verwendet:

  • verschiedene Befestigungsstücke
  • Zurreinheiten.

Befestigungsstücke sind besonders geformte lose Metallstücke, die in vorgesehene „Schuhe“ (Abb.24) auf dem Schiffsboden bzw. auf den Lukendeckeln oder in die ISO-Ecken der Container, die das Fundament für die nächste Lage von Containern darstellen, eingesetzt werden. Diese bilden kleine seitlich abgeflachte drehbare Zapfen, auf denen die Container abgesetzt werden. Ein Teil dieser Staustücke hat Riegel, mit denen man den Container mit seinem jeweiligen Fundament - dem Lukendeckel oder dem unterliegenden Container - fest verbinden kann Twistlocks (Abb. 17).

Es gibt teilautomatische, selbst verriegelnde Twistlock (Abb. 30). Diese Twistlocks werden an der Kaje in die Ecken der Container eingesetzt, bevor die Containerbrücke sie auf dem Schiff absetzt. Teilautomatische Twistlocks müssen manuell entriegelt werden.

Zu den Befestigungsstücken kann man die sog. Bridgefittinge (Abb. 23) rechnen. Sie werden verwendet, um die obersten Container zweier Reihen miteinander zu verbinden. Sie überbrücken an den ISO-Ecken die Fuge zwischen zwei Reihen und geben einem Stapel von Containern größeren Halt.

Zurreinheiten dienen dazu, die an Deck geladenen Container gegen das Abheben (die Entfaltung von Racking-Kräften) zu sichern. Sie bestehen aus einem Zurrelement (Abb. 29) und einem Spannelement (Abb. 25). Zurrelemente können Laschdrähte (Abb. 28), -gurte, -ketten (Abb. 27) oder Laschstangen (Abb. 29) sein. Im Containerbereich herrschen Stangen vor, während im konventionellen Bereich überwiegend mit den übrigen Spannelementen gearbeitet wird. Spannelemente können Spannschrauben oder andere mechanische oder hydraulische Spann- oder Zugvorrichtungen sein. Beim Container-Laschen werden überwiegend Spannschrauben verwendet.

Neben diesen beiden grundlegenden Typen von Laschmittel benutzen Lascher noch weiteres Laschmaterial. Wenn Container (Abb. 34) befestigt werden müssen, die nicht den Standards von 20' oder 40' entsprechen (Ein 20’-Container hat eine Länge von 6,058 m und ein 40’ -Container eine Länge von 12,19m . Beide haben eine Breite von 2,44m. Die Höhe beträgt 2,44m (8’), kann aber niedriger sein oder auch höher, z.B. 2,59m (8’6“). Darüber hinaus gibt es allerdings Container, die von der ISO-Norm abweichende Standardabmessungen sowohl in der Höhe als auch in der Länge haben. Sie machen jedoch nur einen geringen Prozentsatz an allen im Umlauf befindlichen Containern aus, die beispielsweise höher sind, dann reicht der Längenspielraum von Laschstange und Spannschraube häufig nicht aus, um eine Zurreinheit zu bilden und es müssen Verlängerungsstücke verwendet werden. Ferner gibt es Laschstangen, die in Verbindung mit sog. Laschhörnern (security pads) (Abb. 27 A) gebraucht werden müssen. Die security pads werden bereits an Land in die ISO-Ecken der Container eingeführt. An Deck werden die zugehörigen Laschstangen, die anstelle von hakenförmig verdickten Enden Augen haben, über die Enden der Laschhörner gestülpt.

An den Außenkanten der Schiffe, wo die Container auf Plateaus oder Pfosten aufliegen, ist insbesondere bei 40’-Containern eine zusätzliche Sicherung erforderlich; es werden besonders lange Stangen verwendet und manche Pläne sehen den Einsatz von „Abweisern“ (Abstandshalter, Druckadapter) in die Fuge zwischen der anliegenden Reihe vor. Film: Arbeiten auf hohen Lagen

Das Laschmaterial und das Werkzeug gehören zur Ausrüstung eines Containerschiffes. Es muß von der Reederei vorgehalten werden. In der Praxis finden Lascher von Schiff zu Schiff viele Variationen der beiden genannten Typen von Laschmitteln sowie Zusatzelemente vor. Selbst auf ein und demselben Schiff ist das Laschmaterial oft uneinheitlich, und es ist häufig zu knapp. Das führt zu einer Reihe von Problemen, auf die weiter unten noch einzugehen sein wird.

Von großer praktischer Bedeutung sind Laschwerkzeuge, sie sind Hilfsmittel für das Befestigen und Verzurren von Laschmitteln, mit speziellen Bedienstangen (Operation Rod) (Abb. 31) werden Twistlocks in höheren Lagen geöffnet oder verschlossen; Schlüssel oder Handräder sind Hilfen zum Anziehen von Spannschrauben oder Verstellbolzen. Von besonderem Stellenwert sind die Leitern (22) und insbesondere Laschkörbe (16), denn die Lascher müssen bei ihrer Arbeit an Deck und im Raum von einer Containerlage zur nächsten große Höhenunterschiede überwinden.

 

4.1.1.5. Der Stau- oder Bayplan

Film:  Arbeitsorganisation und Kontrolle

Der konkrete Arbeitsinhalt und sachliche Vorgaben für die Lascher ergeben sich zum einen aus dem Laschplan, der realisiert werden soll, und aus dem Beladungs- oder Löschplan für das abzufertigende Schiff.
Dieser Stau- oder Bayplan enthält genaue Angaben darüber, an welcher Bay (das ist ein auf die Schiffsbreite bezogener Ladungsbereich) in welcher Reihe (row) und an welcher vertikalen Position im Schiff (tier) ein Container, der eine alphanumerische Identifikationsbezeichnung trägt, gelöscht und von den Laschern losgemacht oder befestigt werden soll.

Den Bayplan erhält der Vize (der für alle Gänge - Lascherkolonnen - verantwortlich ist) oder auch der Vormann einer Gang zu Beginn einer Schicht zusammen mit einer Arbeitsliste, die summarische Angaben über Art und Anzahl abzufertigender Container enthält (meistens arbeitet mehr als eine Containerbrücke, um ein Schiff zu be- oder entladen, so daß entsprechend mehrere Gänge tätig sind). Der Stauplan, der nicht selten während der Arbeit aktualisiert wird, ist die gemeinsame Arbeitsgrundlage der Lascher-Gänge und der Containerbrückenfahrer.

 

4.1.1.6 Die Arbeitsaufgaben der Lascher und die Arbeitsstruktur beim Container-Laschen

Film : Arbeiten unter schwebenden Lastenl

Die Hauptaufgaben der Lascher sind durch die Kennzeichnung der Laschmittel und ihres Gebrauchs bereits deutlich geworden: Container, die von der Containerbrücke zur Beladung des Schiffes im Raum oder an Deck abgesetzt werden, müssen vorschriftsmäßig gesichert und befestigt werden. Lösch-Container, die von der Brücke von Bord genommen werden sollen, müssen losgemacht werden (Tab. 16).

 

Tab.: 16: Haupttätigkeiten von Laschern bei der Abfertigung eines Containerschiffes
Haupttätigkeiten.gif (15841 Byte)

Das Arbeitstempo für die Lascher wird wesentlich durch die von der Brücke bewegten Container (moves) bestimmt. Wenn eine Brücke störungsfrei arbeitet und ihr auf dem Terminal ohne Verzögerungen zugeliefert wird, bewegt sie zwischen 20 bis 30 Container in einer Stunde und unter günstigen Bedingungen sogar mehr;
Film: Arbeiten mit Twistlocks auf dem Lukendeckel

Die Lascher-Gang muß, um bei diesem Arbeitstempo bestehen zu können, zügige Vorbereitungen treffen. Sie muß durch eine zeitlich und räumlich sinnvolle Abstimmung ihrer Zusammenarbeit günstige Bedingungen für die Erledigung ihrer hauptsächlichen Aufgaben schaffen. So gibt es - wenn Schiffe zeitig genug einlaufen (und wenn Kostengründe seitens des Terminal oder der Stauerei nicht dagegen sprechen) - eine morgendliche „Klarmacherstunde“. Eine Stunde vor Arbeitsbeginn wird auf dem Schiff alles soweit vorbereitet, daß bei Schichtbeginn ohne Zeitverzug mit der Be- oder Entladung durch die Containerbrücken begonnen werden kann. Vize und Vormann müssen den Lösch- und Laschplan studieren, um eine Einteilung der Lascher auf die arbeitenden Brücken vornehmen und den Laschern das Arbeitsprogramm mitteilen zu können.
Lascher müssen sich, wenn sie das Schiff nicht bereits kennen, über die Laschvorschriften für die zu bearbeitenden Bays informieren. Je nach Stand der Schiffsabfertigung müssen Container gelöscht oder geladen werden. Es kommt allerdings auch vor, daß eine Containerbrücke noch löscht, während die andere bereits lädt.

Während des Löschvorgangs an Deck beginnen die Lascher mit einer Hauptaufgabe, dem Entlaschen von Containern, zu der das Entriegeln der Twistlocks, das Lockern der Spannschrauben und das Lösen der Zurr-einheit, das Aushängen der Laschstangen und das Entfernen von Bridgefittings gehört. Das Laschmaterial bleibt in den Gängen weitgehend liegen, damit es beim Ladevorgang zum Laschen wieder verwendet werden kann.
Sind die Lukendeckel leergeräumt, lösen die Lascher die Verschlußbolzen oder -riegel, damit die Containerbrücke die Deckel abnehmen und vorübergehend an der Kaje ablegen kann. Im Anschluß kann im Schiffsraum gelöscht werden.

Je nach Ausstattung des Schiffes und der faktischen Beladung beschränkt sich die Tätigkeit der Lascher unter Deck („im Raum“, wie die Lascher sagen) auf das Entfernen und Einsammeln von Staustücken ohne Riegel. Entsprechend ist es bei der Beladung des Raumes notwendig, genügend Staustücke herbeizuschaffen und auszulegen. Das anschließende Befestigen der von der Containerbrücke aufgebrachten Lukendeckel übernehmen die Lascher ebenfalls.
Weil die Stellplätze für Container bestimmter Größe häufig wechseln, ist ein Ein-, Um- und Nachrüsten des Lukendeckels mit Laschmaterial, insbesondere die Installation von Spannschrauben, erforderlich. Das Material muß gegebenenfalls erst herbeigeholt und bereitgelegt werden. Das gilt auch für die Laschstangen und das Werkzeug.

Die genannten, den Arbeitsablauf eher unterstützenden Tätigkeiten (weiter zerlegt in einzelne Arbeitsschritte), führt die folgende Tabelle 17 noch einmal auf.

Tab.: 17: Unterstützende Tätigkeiten von Laschern bei der Abfertigung eines Containerschiffes
Unterstützende_tätigkeiten.gif (19320 Byte)

Bei der Beladung an Deck wird zunächst jeder geladene Container mit vier Twistlocks gegen das Deck und die Container auf der ersten und den nächsten Lagen werden ebenfalls mit vier Twistlocks gegen die darunterliegenden Container gesichert.

Beim Auslegen der Twistlocks müssen sich die Lascher von Lage zu Lage mitbewegen, um die ISO-Ecken auf den Dächern der Container beschicken zu können. Für diese Wechsel der Arbeitsebenen  benutzen Lascher den Laschkorb (16), die Leiter oder sie klettern ohne jegliche Hilfsmittel (12), besonders wenn sie unter Zeitdruck stehen, an den Stirnwänden der Container hinauf oder hinab. In jeder Gang gibt es mindestens einen Lascher, der diesen Job bevorzugt übernimmt oder übernehmen muß. Der „Flieger(28) muß „kopffest“, d.h. schwindel- und höhenangstfrei sein. Nicht alle Lascher sind zum „Fliegen“ bereit oder in der Lage.

Das Verriegeln der Twistlocks wird z.T. von der obersten Lage, z.T. von unten von den Mittelgängen, mit Hilfe einer langen Verriegelungsstange (26) (operation rod) und vom Laschkorb aus häufig auch per Hand vorgenommen.

Wird an Deck mehr als eine Lage von Containern geladen - was der Normalfall ist, müssen an den Stirnwänden der Container Zurrelemente in die ISO-Ecken der Container eingehängt werden. Die eingehängten Laschstangen werden mit dem Spannelement, das an Deck befestigt wird, zumeist diagonal verbunden und befestigt (24), so daß die Lagen auch gegeneinander gesichert sind. Wie viele Befestigungseinheiten angebracht und wie sie befestigt werden müssen, schreibt der bereits erwähnte Laschplan vor oder aber geschieht nach Anweisung der Schiffsleitung, die letztlich die Verantwortung für eine sichere Ladung trägt.

Das Einhängen der Laschstangen, das Verbinden mit dem Spannelement sowie das Verzurren der Spannung wird vom Lukendeckel, von den Gängen zwischen zwei Bays oder von kleinen Podesten auf den „poopdecks“ aus vorgenommen.

Der Vize überwacht die Tätigkeit aller Gänge auf dem abzufertigenden Schiff. Er trägt die Verantwortung für die reibungslose Abwicklung der Lascharbeiten, muß administrative Aufgaben - den ganzen „Papierkram“ - erledigen (Arbeitsaufwand und Arbeitsleistung dokumentieren, das Kommen und Gehen der Gänge), und er ist der Ansprechpartner für seinen Inspektor (Stauerei od. Stauereiabteilung des Terminals), für die Ladungsoffiziere (Schiff bzw. Reederei) und für die Disponenten (diese werden offiziell auch Terminal-Betriebsassistenten oder Planner (Terminal) genannt). Film : Arbeitsorganisation und -kontrolle

Da es zum Kundenservice gehört, bis kurz vor Ende der Abfertigung eines Schiffes noch Container anzunehmen und zu befördern, kommt es nicht selten vor, daß sich der Stauplan ändert und auch, daß umgestaut werden muß. Diese Änderungen mit Disponenten bzw. Betriebsassistenten abzustimmen und die Informationen an die Gang und den Brückenfahrer weiterzugeben und für die Umsetzung der Änderung zu sorgen, ist ebenfalls Aufgabe der Vizen.

Ein Vormann ist eingeteilt, um anhand des Stauplans mit dem Containerbrückenfahrer zusammen die richtige Positionierung der Container auf dem Schiff zu gewährleisten, bzw. dafür zu sorgen, daß die richtigen Container entlascht werden und von Bord gehen. Er unterstützt und lenkt den Containerbrückenfahrer bei seiner Arbeit. Er steht in ständiger Verbindung - per Handzeichen, mancherorts mit Hilfe von Funkgeräten oder durch laute Zurufe - mit ihm.

Auch die anderen Lascher geben oft Hilfestellung. Aufgrund der großen Entfernung zwischen dem Stauraum und der Containerbrückenkanzel und der daraus resultierenden Sichtbeschränkung ist der Brückenfahrer auf den Informationsaustausch mit den Männern und ihre Hilfe an Deck angewiesen, obwohl auch er den Stauplan vorliegen hat.

Der Containerbrückenfahrer unterstützt die Arbeit der Lascher seinerseits, indem er anstelle eines Containers einen Laschkorb aufnimmt und die „Flieger“ zu ihren Laschplätzen auf die höchste Containerlage (28) an bzw. unter Deck bringt oder den Laschkorb langsam entlang eines Stapels bewegt, damit die Lascher vom Laschkorb aus Twistlocks ver- oder entriegeln können. Die dafür notwendigen 20’- oder 40'-Körbe setzt der Brückenfahrer so schnell wie möglich an der Kaje oder auf einer Containerlage ab, um seine Arbeit fortsetzen zu können.

Die einzelnen Lascher erledigen ihre Arbeiten - Bay um Bay und Tier für Tier - selbständig und routiniert. Sie verschaffen sich häufig selbst eine Orientierung über die geltenden Laschvorschriften.
Sie übernehmen die Feinplanung der Befestigung und Verzurrung der Container: dem Bay-Plan (und dem Laschplan) entnehmen sie, welche Anzahl von Twistlocks ausgelegt und wie viele Spannschrauben herbeigeschafft und eingesetzt werden müssen, welches Tempo sie vorlegen müssen, um mit der Brücke Schritt zu halten, bis zu welcher Lage Laschstangen eingehängt werden und in welcher Weise sie verzurrt werden müssen. Sie kennen die Probleme und die Lösungen der Sicherung von Containern irregulärer Art und Größe.

Ihr Wissen und die praktische Erfahrung erwerben sich Lascher durch „learning by doing“. Traditionell waren Lascher Gehilfen der Stauer. Während im Zuge der Containerisierung Stauarbeiten in und auf dem Schiff zunehmend entbehrlich wurden, haben Lascher ein eigenständiges Tätigkeitsfeld gewonnen. Einen Ausbildungsgang an der Hafenfachschule (Fortbildungszentrum Hafen Hamburg) gibt es indes für Lascher bislang nicht. Im Rahmen der Hafenfacharbeiterausbildung vertraut die Fachschule ihre Kursteilnehmer erfahrenen Stauereien an, die eine praktische Schulung im Laschen von Containern und der Befestigung von Ladung im konventionellen Stückgutbereich übernehmen.

Die vorangehenden Skizzen geben erst einen groben, vereinfachenden Einblick in die Aufgabenstruktur der Befestigung und Sicherung der Container auf einem Containerschiff. Im Folgenden werden die einzelnen Arbeitsschritte - unter der Mitwirkung der Lascher vermittels ihrer in Auszügen wiedergegebenen Arbeitserfahrung – genauer dargestellt.

 

4.1.2 Laschsysteme als Quellen von Beeinträchtigungen der Arbeitsprozesse und des Wohlbefindens der Lascher

 

4.1.2.1 Probleme bei Lascharbeiten mit Befestigungsstücken unter Deck

Die verschiedenen Varianten von Befestigungsstücken kommen sowohl unter Deck als auch zur Befestigung von Deckscontainern zum Einsatz. Unter Deck (11) begnügt man sich, sofern eine Sicherung der Container überhaupt notwendig ist, häufig mit Staustücken ohne Riegel. Die Arbeit der Lascher beschränkt sich beim Löschen auf das Einsammeln der Staustücke und beim Laden unter Deck auf das Auslegen. Diese Verrichtungen sind für sich genommen unter Gesichtspunkten der Ausführbarkeit und der Höhe der Belastungen vergleichsweise unproblematisch (das dabei erforderliche ständige Herunterbeugen bis auf den Boden ist allerdings eine besonders belastende Körperhaltung). Dies kann jedoch für den Vor- und Nachlauf dieser Arbeitsvorgänge nicht gelten. Beim Arbeiten unter Deck („im Raum“) ist die Sicherheit der Lascher beeinträchtigt.

Lascher müssen sich zunächst einmal zu der Stelle unter Deck begeben, an der ihre Arbeit erforderlich ist: mit Hilfe von Leitern, Stiegen (letztere sind nicht an allen Wandungen des Laderaums unter Deck vorhanden) oder mit dem Laschkorb. Auch unter Deck müssen Lascher „an erhöhten Plätzen“ arbeiten. Dabei ist zu bedenken, daß die Höhenunterschiede, die unter Deck entstehen können, bedeutend größer sind als an Deck. Abstürze können aufgrund der Fallhöhe u.U. noch schwerwiegendere Folgen haben als an Deck.

Faktisch arbeiten Lascher im Raum selten im Laschkorb; sie verlassen ihn, um Befestigungsstücke auszulegen oder zu entfernen. So kann die Brücke unterdessen Lösch- oder Ladearbeiten fortsetzen. Je nach Art der Zellgerüste und nach Beladungszustand unter Deck kann ein Lascher sich im Raum, selbst dann, wenn Leitern zur Verfügung stehen, nicht oder nur eingeschränkt frei bewegen. Diese Einschränkung birgt unter ungünstigen Umständen - wie die folgende Schilderung eines Laschers zeigt - große Gefahren.

L3 „Es ist nämlich passiert, da hat ein Einweiser auch nicht hundertprozentig aufgepasst - das ist nämlich dem kleinen G. passiert.“

L1 „Da mußte er mit dem Laschkorb in den Raum rein. So, aber weil da noch mehr Container abzusammeln waren, haben sie den Laschkorb wieder rausgenommen und haben immer gesetzt und keiner hat auf den kleinen G. mehr geachtet. Durch Zufall guckt ein Kollege von uns noch einmal in die Zelle rein - da hängt der 40’ Container aber schon bei ihm über den Kopf, der konnte nirgendswo hin. Da hat nämlich keiner mehr an den Mann unten gedacht, auch der Einweiser oben nicht. Wenn da nicht ein Kollege runter guckt und sagt: „Du paßt auf, da steht noch einer!“, dann drückt der den mit dem 40’ breit. Der konnte nirgendwo hin, die Zellenführung war nur so breit.“

Dabei wirkt sich das Fehlen von geeigneten Kommunikationsmitteln (Funk o.ä.) besonders negativ aus. Es erhöht nicht nur die Unfallgefahr für die Lascher, sondern es beeinträchtigt auch auf den Arbeitsablauf.

L6 „Auf dem ((Reederei A))(Lascher setzen in ihrer Rede statt eines individuellen Schiffsnamens häufig den Namen der Reederei ein. Sie nennen z.B. die „Ever Lightning“ der Evergreen-Linie „den Ever“ oder entsprechend schildern sie ihre Arbeit auf „dem Maersk“) geht das sieben runter, ...“

L1 „Aber auf der ((Reederei B)) gehen sie um neun runter und die haben jetzt teilweise aus ihren 20er Zellen 40er gemacht, aber laden in den 40er Zellen 20er. So, jetzt stehen Sie da aber 22 m und mehr da unter.“

L2 „Und kein Kontakt.“

L3 „Jetzt sitzt der Container nicht richtig. Jetzt schreie ich mir die Seele aus dem Hals, damit ich den Brückeneinweiser kriege. Jetzt steht der aber noch nicht einmal da oben. Der guckt irgendwo an Land und hakt seine Container ab, weil er sich sagt: „Der Brückenfahrer guckt ja da runter, kümmere ich mich weiter nicht drum.“ Und da ist noch einer. Dann schreie ich mir die Seele aus dem Hals. Der da oben, mit den laufenden Motoren von den Seilen, der hört mich nicht. Wenn ich da einen Funk habe und sagen kann: „Paß auf, nimm mal kurz auf, Du hast daneben gesetzt.“ Wir haben gute Brückenfahrer am ((Terminal ..)), die da Gefühl für haben und das eigentlich schon sehen und auch Gefühl dafür haben, so ist das nicht. Aber es gibt auch viele Lehrlinge jetzt vom GHB (Gesamthafen-Betriebsgesellschaft mbH: Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaft für Hafenarbeiter (Pool), die bei einem besonderen Arbeitskräftebedarf von den Hafenbetrieben angefordert werden können), da haut das beim besten Willen nicht hin. Die stochern da rum, das ist für die ungewohnt, eine einseitige Zellenführung, weil sie dann auch zuwenig auf den Brücken sind.“

L2 „Wir sind immer auf unsere Stimme angewiesen, das ist das einzige, was uns bleibt, unser Organ. Es ist doch so ... Und die Frauen wundern sich denn immer, warum wir Zuhause so laut sind. Sie haben doch zum Schluß gar kein Gefühl mehr für die Lautstärke.“

Auch in anderen Arbeitssituationen - z.B. beim Arbeiten im Laschkorb - ist das Fehlen angemessener Kommunikationsmittel für die Lascher eine Quelle von Komplikationen und Gefahren.

 

4.1.2.2 Probleme bei Lascharbeiten mit Befestigungsstücken auf höheren Containerlagen und im Laschkorb

Bei Arbeiten mit Befestigungsstücken auf höheren Containerlagen und im Laschkorb ergeben sich die Sicherheits- und die Arbeitsprobleme in teilweise noch verschärfter Form, weil sachliche Anforderungen hinzutreten: Twistlocks müssen ver- oder entriegelt und die Bridgefittinge verschraubt oder deren Muttern gelöst werden.

Der Laschkorb wird zwar an Deck häufiger benutzt als unter Deck. Aber auch hier wirkt sich der Zeitdruck aus, unter dem Brückenfahrer und Lascher stehen, so daß Laschkörbe nicht immer eingesetzt werden, wenn es aus Sicherheitsgründen zweckmäßig wäre. Außerdem kann es sein, daß dem Terminal nicht genügend 20’- und 40'-Laschkörbe (29) zur Verfügung stehen oder daß für die Brücke ein passender Korb nicht erreichbar ist, wenn die Lascher ihn für das Arbeiten auf hohen Lagen benötigen.

Wenn ein Laschkorb, der die Funktion eines Transport-, Arbeits- und Schutzmittels erfüllen soll, benutzt wird, treten verschiedene Probleme zutage. Dabei überlagern sich verschiedene ungünstige Einflüsse, so daß der Laschkorb in der derzeitigen Ausgestaltung seinen vorgesehenen Zwecken nur unzureichend genügen kann.

Die Gestaltung des Laschkorbs ist ungünstig; der Korb ist für größere Lascher zu flach gebaut; die Ausstattung mit Laschmittelbehältern ist qualitativ und quantitativ unzureichend, so daß die Gehfläche regelmäßig mit Laschmitteln übersät ist und die Gefahr des Ausgleitens oder Umknickens besteht. Die Konstruktion der Umgitterung erschwert das Ein- und Aussteigen und birgt Stolper- und Sturzgefahren, zumal die Lascher häufig unter Zeitdruck stehen, wenn sie den Laschkorb betreten oder verlassen.

Obwohl Lascher den Laschkorb in seiner Funktion als technisches Schutzmittel (30) grundsätzlich positiv einschätzen, sehen sie den installierten Sicherheitsgurt und das Sicherungsseil nicht als Schutz, sondern als eher als Gefährdung ihrer Sicherheit an: Sie fürchten, sich im Falle eines durch die Schutzvorrichtung abgefangenen Absturzes schwerer zu verletzen als durch einen ungebremsten Aufprall auf dem Boden, weil die Fangvorrichtung in bestimmten Situationen zu spät blockiere.

L4 „Was ich bei dem ganzen bemängele - ich bin da ja schon zum Sicherheitslehrgang gewesen und nicht nur einmal -, ich halte diese Sicherheitsvorrichtung, die da ist, für mehr als gefährlich.“

L2 „Weil, wenn sie im Schrägzug ist, wenn Sie im Schrägzug arbeiten, springt dieses Raster nicht an, wenn Sie fallen.“

L3 „Wir haben es mal ausprobiert, wir haben mal eine Tasche genommen, in diese Halterung ein paar Twistlocks rein und haben dieses Ding seitlich runterfallen lassen - der Raster springt nicht rein. Sie fallen also die ganzen 12 m, die darunter sind, bei der zweiten Lage, freiweg durch, rastet nicht ein.“

Außerdem löse das Tragen des Gurtes und Seiles außerhalb des Laschkorbs und die verspürte Bewegungseinschränkung eine Verunsicherung und Irritation des natürlichen Bewegungsverhaltens aus, deren Folgen Lascher für gefährlicher halten als die freie Bewegung bei bewußter Konzentration auf die erhöhte Gefahr.(Das war die einhellige Meinung in allen Gesprächen mit den Laschern.)

Die Lascher meiden daher das Anlegen des Gurtes und des Seils und arbeiten auf der obersten Lage ohne Absturzsicherung (31).

Die (für Lascher kaum kalkulierbare) Abhängigkeit von der Containerbrücke, während sie im Laschkorb fahren (28), führt zu verschiedenartigen Beeinträchtigungen der Sicherheit:

  • Heftiges Aufsetzen des Laschkorb erschüttert den Körper der Lascher schmerzhaft und führt zu Stoß-, Sturz- und Stolpergefahr.
  • Stockungen in der Bewegung der Fahrt des Laschkorbs, während Lascher darin arbeiten, ein Zusammenprall mit Containern oder andere extern ausgelöste Erschütterungen, stellen ein Verletzungsrisiko dar.
  • Ein Brückenstillstand oder andere Defekte, während ein besetzter Laschkorb befördert wird, kann besonders bei ungünstiger Witterung die Gesundheit der Lascher gefährden.

Das Arbeiten im fahrenden Laschkorb ist nicht allein unter Sicherheitsgesichtspunkten problematisch. Es ist physisch und psychisch belastend und die Gestaltung des Laschkorbs (32) behindert die Arbeitsausführung.

Die stabilisierenden Holme an den Stirnwänden der Laschkörbe versperren den Greifraum der Arme und Hände zu den Riegeln der Twistlocks. Die Lascher müssen knieend arbeiten und nehmen, während sie sich abstützen, belastende Zwangshaltungen ein. Der Gebrauch der Verriegelungsstange ist z.T. nicht möglich oder sehr umständlich und ineffektiv.

Die Abmessungen des Laschkorbs lassen es zudem nicht zu, alle Stellen in höheren Lagen (z.B. in der Nähe von Bordkränen) zu erreichen, an denen Twistlocks befestigt oder entriegelt werden müssen. In diesen Fällen sind Lascher genötigt, den Laschkorb zu verlassen. „Grabenflats“ oder „Flieger-Körbe“ (Einfahrkörbe) scheinen noch nicht verbreitet zu sein. Film: Arbeiten auf hohen Lagen

Die Lascher haben auch im Laschkorb keine angemessene Möglichkeit, mit dem Brückenfahrer zu kommunizieren, etwa über das nächste Fahrtziel oder eine günstige Fahrgeschwindigkeit - sie sind gezwungen zu schreien, oder müssen sich mit Handzeichen verständigen. Sie sind bei ihrer Arbeit im Laschkorb ganz auf die Orientierung des Brückenfahrers angewiesen und von dessen Fahrverhalten abhängig.

 

4.1.2.3 Problembereiche von Befestigungsstücken

Behinderungen beim Einsatz „normaler“ Befestigungsstücke sind seltener auf Konstruktionsschwächen zurückzuführen. Eine Ausnahme stellt gelegentlich die Länge bzw. die Gestaltung der Riegel von Twistlocks dar. Sie sind z.T. so kurz, daß Lascher Probleme haben, sie zu erfassen und zu betätigen (33); allerdings würden verlängerte Riegel wegen der schmalen Fugen zwischen 20'-Containerlagen Be- und Entladungsprobleme verursachen oder auch die Verzurrungsvorgänge behindern. In die Zwischenräume fällt zudem häufig so wenig Licht, daß sich Probleme der Sichtbarkeit (26) der Riegel ergeben.

Ein Mißstand, der nicht nur die Twistlocks betrifft, ist die Tatsache, daß Lascher auf den Schiffen uneinheitliches Material vorfinden. Dies ist u.U. lediglich verwirrend und verlangt mehr Aufmerksamkeit. Wenn ein Schiff jedoch gleichzeitig rechts- und linksschließende Twistlocks mitführt, entstehen schwerwiegende Fehlhandlungsmöglichkeiten.

Bei konventionellen Twistlocks besteht jedoch generell das Problem (oder die Möglichkeit), daß sie über Kopf eingesetzt werden können und unter diesen Umständen die Riegelstellung darüber täuscht, ob ein Twistlock offen oder verschlossen ist (vgl. Gloystein, J., 1987 S.111.).

Schwierigkeiten beim Verriegeln oder Entriegeln treten häufig auf, wenn Verriegelungstangen zu Hilfe genommen werden (Abb. 31) müssen, insbesondere bei Schwergängigkeit der Riegel. Verriegelungsstangen sind knapp, die Anfälligkeit für Beschädigungen ist groß: die „Schuhe“ für die Riegel verbiegen zu leicht oder brechen ab. Eine leichte Bauweise ist zweifelsohne ein Vorteil für die Halte- bzw. Tragearbeit; sie erweist sich aber für die erforderliche translatorische Bewegung beim Verriegeln oder Entriegeln als Nachteil, weil die Stange beim Gebrauch federt und sich durchbiegt. Beim Verriegeln der Twistlocks zwischen der ersten und der zweiten Lage benutzen die Lascher häufig anstelle der Verriegelungsstange eine Laschstange als Hilfsmittel. Die Erreichbarkeit der Riegel in höheren, oder beim Arbeiten auf den Containern, in tieferen Lagen ist ein Problem, für das es keine allgemein praktikable Lösung gibt. Film: Verriegeln der 2. Lage

Eine generelle, die Lascher auf das höchste belastende Arbeitsschwierigkeit ist das Transportieren der Laschmittel (17) an die Stelle des Schiffes (14), an der sie benötigt werden. Dazu tragen das hohe Gewicht der Materialien, die jeweils erforderliche Menge und die u.U. weiten Wege und die teilweise mangelhafte oder beschwerliche Zugänglichkeit der Laschmittelbehältnisse bei. Eine knappe Personaleinteilung verschärft das Problem zusätzlich.

L3 „Wenn ich jetzt daran denke: Ich komme da auf so ein Schiff rauf und ich gucke da auf den Plan beim Laden, dann weiß ich ja zum Beispiel: So, hier braucht er erstmal 104 Twistlocks. Dann gucke ich an der Bay hin und sehe 30 Stück, ja dann muß ich ja nun schnell losflitzen und erstmal von irgendwo die restlichen 70 besorgen und das ist natürlich, wenn ich die von achtern nach vorne transportiere oder umgekehrt, weiß ich schon, was ich getan habe. Und diese Zeit, die ist einfach nicht vorhanden.“ ..

L4 „Und manchmal sind da ja nur drei (Mann pro Brücke).“

L 6 „Es muß ein Mann (fliegen), auf dem 20 Fuß Container geht das noch, schafft er das gerade noch von der Länge her, das sind 6 m. Aber wenn Sie bei 13 breit(d.h. 13 Container pro Bay), jedesmal 12 m, 13 mal rennen müssen zu beiden Seiten, um die Twistlocks auszulegen - das ist mörderisch mit einem Mann.“

Dabei gehören die Befestigungsstücke mit einem Gewicht zwischen 5kg, Staustücke (Abb. 24) und 9kg, Brückenfittinge (Abb. 23) zu den „leichteren“ Laschmitteln. Um sich jedoch ein Bild von der Beschwerlichkeit des Transports sogar der Befestigungsstücke zu machen, muß man sich vor Augen führen, daß für jeden Container vier Twistlocks (Abb. 17) herbeigeschafft und bereitgelegt werden müssen. Sobald Container in mehreren Lagen übereinander geladen werden, müssen die Twistlocks in die höheren Lagen geschafft werden; wo dies möglich ist, werden die Twistlocks hinaufgeschleudert. Andernfalls bleibt der Transport im Laschkorb; die Entnahme der Twistlocks aus den Behältern von außerhalb des Laschkorbs ist allerdings umständlich und gefährlich: ein Grund für die Lascher, die Twistlocks auf den Boden des Laschkorbs zu legen.

L 3 „... im Laschkorb liegen ja immer zwischen 200 und 300 und mehr Twistlocks. Und wenn Sie die alle immer wieder hochtrimmen sollen, jede Lage für Lage, na, dann bedanke ich mich schon.(Das ist eine Begründung, warum das Arbeiten mit dem Laschkorb begrüßt wird.) Das ist hart dann.“

L 5 „Da sind Körbe drin, aber meistens......legen wir sie so rein.“

L 1 „Man kommt ja auch besser raus, darum hat sich das durchgesetzt, daß man sie besser vom Boden nimmt, als daß man in den Kasten immer reingreift.“

L 4 „Das ist Fummelarbeit.“

L 2 „Oder es ist auch zu schmal. Ein Riesen-Laschkorb, aber solche Körbe nur. Wenn Sie die um das Doppelte breiter machen würden, daß jeder Normale reingreifen kann und daß man sich nicht die Finger klemmt, wenn ein Twistlock nachrutscht, dann wäre das alles viel optimaler, aber so, nein.“

Ein Weg, um das gefahrenträchtige Arbeiten auf den Containerlagen zu umgehen oder zumindest einzuschränken, ist der Einsatz halbautomatischer Twistlocks (Abb. 21). Die Halbautomaten weisen jedoch, unter ergonomischen und arbeitstechnischen Gesichtspunkten betrachtet, Schwächen und Nachteile auf, die durch die Vorteile möglicherweise nicht aufgewogen werden

Die spontane Selbstverriegelung semiautomatischer Twistlocks ist ein Störfaktor, der den Arbeitsablauf beim Löschen beträchtlich verzögern und beeinträchtigen kann. Dies sind Probleme, die sich durch verbesserte Gestaltung lösen lassen.

L 5 „Und dann kommt ja noch das eine auf dich zu - egal, ob das jetzt Laden oder Löschen ist -, man hat die jetzt alle auf, jetzt kommt der mit seiner Brücke an, setzt den Spreader auf - zack, sind die Dinger wieder zu. Es muß also immer wieder einer dabei bleiben, der die Dinger wieder aufmacht, der fehlt dann auf der anderen Seite wieder...“

Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß teilautomatische Twistlocks aufgrund von Defekten ode Funktionsmängeln aus den ISO-Ecken herausfallen und Arbeitspersonen gefährden; dieses Risiko haben sie allerdings mit den „normalen“ Twistlocks gemein.

Defekte oder Einschränkungen der Funktionstüchtigkeit durch Korrosion (31), mechanische Beschädigungen und insbesondere Witterungseinflüsse (Eis) (25) machen sich schneller als bei normalen Twistlocks bemerkbar - dieser Schwachpunkt trifft jedoch nicht für alle Typen von Teilautomaten in gleicher Weise zu.

Film: Laschstangen auf dem Lukendeckel verteilen

Die physischen Arbeitsbelastungen für den einzelnen Lascher beim Einsetzen an der Kaje werden insgesamt als geringer beschrieben. Man befürchtet jedoch eine stärkere Monotonie bei der Arbeit. Als positiv und entlastend an dem Einsatz von teilautomatischen Twistlocks werten Lascher, daß die Arbeiten auf den Containerlagen weitgehend entbehrlich werden. Allerdings sehen sie deutlich, daß sie den Wegfall des Risikos der Arbeit in großen Höhen durch neue Risiken und psychische Belastungen an der Kaje eintauschen: Das Einsetzen halbautomatischer Twistlocks ge-schieht im Verkehrsbereich von Containertransportfahrzeugen und ist potentiell eine Arbeit unter schwebenden Lasten.

L 4 „Wie gesagt, ich gehe lieber nach oben und sammele sie oben ab als da unten unter der Brücke zu stehen -ja, weil mir die Peiner unsymphatisch sind. Mit den Peinern habe ich keinen Sichtkontakt. Ich kann sie zwar sehen, aber man kann also wirklich nicht sehen, hat der dich nun auch in dem Moment wahrgenommen oder hat der dich da gar nicht auf dem Zettel da unten.“

Der Personalbedarf bei der Arbeit mit teilautomatischen Twistlocks wird höher eingeschätzt, weil die Arbeiten an der Kaje die Lascher auf dem Schiff nicht entbehrlich machen. Es müssen beispielsweise die teilautomatischen Twistlocks geöffnet werden; in höheren Lagen mit einer langen Stange, an deren Ende eine bewegliche Entriegelungsschlinge befestigt ist

Für das Transportproblem der teilautomatischen Twistlocks, die nicht nur von Bay zu Bay und von Tier zu Tier (d.h. von Lage zu Lage), sondern zwischen Kaje und Schiff hin und her befördert werden müssen, ist noch keine - die Lascher entlastende - Lösung gefunden (ein Mangel an Arbeitssicherheit und das ungelöste Transportproblem treten im übrigen ebenso beim Gebrauch von Security Pads (den „Laschhörnern“) auf, die wie die Teil-Automaten an der Kaje eingesetzt werden).

 

4.1.2.4 Probleme der Arbeit mit Spannelementen

Der Transport der Spannelemente (Spannschrauben wiegen durchschnittlich 20 kg) (4) zum Arbeitsort und das Einrüsten gehört dagegen zu den schwersten, auch gefährlichsten Arbeiten, die Lascher verrichten müssen. Spannschrauben (Abb. 26) müssen dann zusätzlich herbeigeschafft werden, wenn ein Beladungswechsel vorgenommen wird - wenn z.B. 20’-Container einen Stellplatz zugewiesen bekommen, auf dem zuvor ein 40’ Container gestanden hat und umgekehrt. Dann muß der Lukendeckel um- und nachgerüstet werden.

Die Vorbereitung der Spannelemente für das Verbinden mit den Zurrelementen ist nicht nur äußerst belastend, sondern häufig auch ein sehr schwieriger und störanfälliger Arbeitsvorgang.

Zur Erschwernis der Arbeit und zu Beeinträchtigungen dieser Arbeitsvollzüge tragen eine Reihe von Faktoren bei

  • Knappheit des Laschmaterials an der jeweiligen Arbeitsstelle und die bereits genannte schlechte Erreichbarkeit der Laschmittelbehälter verursachen lange Transportwege und Zeitverzug;
  • Die Depots für die Laschmittel befinden sich häufig in den Seitengängen der Schiffe (16), so daß Spannschrauben und andere Laschmittel über die engen und sehr steilen Aufgänge, bei denen z.T. sogar Handläufe fehlen, an Deck auf die Lukendeckeln hinaufgetragen oder angereicht werden müssen. Film: Laschstangen auf dem Lukendeckel verteilen

    L 3 „... wenn Sie dann 200 Spannschrauben von hinten aus dem Schap rausholen müssen und schleppen die nach vorne und das ist ein 200 m Schiff und mehr, dann haben Sie abends wirklich Arme wie Oberschenkel.“

    L 1 „Die Schiffe sollten auch besser eingerüstet werden, so daß sie immer pro Gang mindestens das Erforderliche haben, was möglich wäre. Nicht, daß man das jetzt von ganz hinten nach vorne - so ein Schiff ist ja nun ein paar 100 m lang - schleppen muß, nur weil nicht genug Material da ist.“

    Die Gestaltung oder die Anordnung der Bodenfundamente für die Spannelemente oder auch der Augen und Halterungsvorrichtungen (Bolzen, Schäkel, Splinte etc.) an den Schrauben ist z.T. ungünstig, so daß es zu Schwierigkeiten oder Verzögerungen bei der Anbringung oder der Entfernung der Spannelemente kommt, zumal die schweren Schrauben bei diesem Vorgang aufrecht gehalten werden müssen. Zu bedenken ist dabei wiederum die Tatsache, daß eine große Menge schweren Materials zum Gebrauch vorbereitet werden muß und dies in einer ungünstigen Körperhaltung und -stellung:

    L 5 „Wenn man in der Hocke ist und die Spannschrauben jetzt so hochnimmt und hält und mußt sie auch noch ein bißchen heben, damit die lose wird, um den Bolzen rauszuziehen - das sind alles Anstrengungen, die bei der Masse doch eine ganze Menge ausmachen. Wie gesagt, man ist viel in der Hocke, in den Knien, hat keinen sicheren Halt, die Kraft fehlt nachher auch - also diese Umbauarbeiten gerade bei (Reederei ..) sind unwahrscheinlich. Wenn man da wirklich mal alles wiegen würde, was man am Tag an Eisen bewegt, also ich glaube, man würde sich wundern.“

    Verschmutzung, Nässe und Salz (25) schränken die Beweglichkeit und Gängigkeit der Bedienungsteile ein. Die Art der Spannvorrichtung und die erforderliche Bedienung entscheidet wesentlich über das Ausmaß des Kraft- und Zeitaufwandes. Ein feines Gewinde erfordert beim Verzurren unzählige Umdrehungen und viele Probierhandlungen der Lascher, bis die Länge der Spannschraube auf die Länge der Laschstange (Abb. 29) abgestimmt ist. Grobes Doppelgewinde vereinfacht und erleichtert das Arbeiten bedeutend und reduziert den Zeitaufwand. Die Arbeit mit mechanischen oder hydraulischen Spann-Alternativen wurde zu selten beobachtet, um Vor- und Nachteile für die Arbeitsausführung abwägen zu können.

    Das Gewicht und die Abmessungen der Spannschrauben verschärfen die Problematik ihrer Handhabung für die Lascher: Die Spannschrauben haben häufig einen Umfang, den Lascher mit beiden Händen nicht umspannen können. Das erschwert das Schrauben, das Lascher überwiegend von Hand vornehmen (24). Schraubenschlüssel oder Handräder verwenden Lascher lediglich für die ersten und letzten Umdrehungen, weil das Aufsetzen der Hilfsmittel eher umständlich und nicht fehlerfrei vor sich geht und die Stellgeschwindigkeit viel zu gering ist. Das Verbinden der Spannschraube mit dem Zurrelement für eine Diagonalzurrung - das Ergreifen der weiter entfernt herabhängenden Laschstange bei gleichzeitigem Festhalten der Spannschraube, das Zusammenführen beider und die zumeist erforderliche Längenregulierung der Schraube - ist ein Arbeitsvorgang (35), der für eine Person äußerst umständlich und zeitraubend ist und häufig eine Überforderung darstellt, weil er belastende Körperhaltungen und -stellungen erzwingt, die darüber hinaus die notwendige Kraftausübung beim Verbinden mit der Laschstange und beim Schrauben behindern.

    Film: Arbeiten mit schwerem Laschequipment

    Nur in Ausnahmefällen kann ein Lascher infolge der häufig knappen personellen Besetzung beim Laschen von Containern auf Hilfe von Kollegen rechnen.

    Der Material- und Pflegezustand der Spannschrauben ist ebenfalls maßgeblich für die Handhabbarkeit. Unsachgemäße Schmierung schränkt die Griffigkeit der Spannschrauben ein und erschwert damit das Festziehen oder Lösen der Spannschrauben. Mangel an Pflege führt zur Schwergängigkeit oder gar zur Funktionsuntüchtigkeit (7). Lascher sind dann gezwungen, die laufende Arbeit zu unterbrechen und unter Zeitdruck und den o.g. Schwierigkeiten die Spannschraube gegen eine funktionierende auszutauschen. Spannschrauben, insbesondere deren Gewinde, sind anfällig für Beschädigungen durch
    irrtümlich abgesetzte Container oder durch herabfallendes Laschmaterial.

    L 5 „Und da müssen wir eben zusehen, daß wir in der Zeit, wenn der Deckel leer und an Bord ist, daß wir ihn wieder umrüsten.“

    L 3 „Das sind immerhin, wenn wir also von 20 auf 40 oder von 40 auf 20, das sind über 100 Spannschrauben, die im Graben liegen und dann noch die Stangen - also, das ist eine ganze Menge.“

    L 4 „Dann klemmen die, und dann klemmst du dir die Finger, dann fällt eine um und dann liegt da wieder eine Stange. Wo dann auch, wie Sie schon sagen, Verletzungen auftreten: Spannschraube umgeklappt, Finger unter! Zack, das ist ruckzuck. Denn, wie gesagt, man muß eigentlich diese Arbeit mal verrichtet haben, um zu wissen, wie schwer das manchmal ist.“

     

    4.1.2.5 Probleme der Arbeit mit Zurrelementen

    Das Ein- und Aushängen der Zurrelemente - zumeist sind es Stangen - ist nicht nur ein besonders risiko-trächtiger und belastender, sondern zudem ein störanfälliger Arbeitsschritt. Auch hier werden verschiedene Faktoren wirksam. Die Erreichbarkeit der ISO-Ecken ist häufig kaum gewährleistet. Dazu tragen mitunter auch große Niveauunterschiede zwischen der Bodenfläche in den Gängen und dem Lukendeckel bei. An den Außenkanten sind die Möglichkeiten der Bewegung und Bewahrung des Gleichgewichts für die Lascher vielfach durch zu kleine kleine Standflächen (4) eingeschränkt. Laschern von mittlerer Körpergröße ist das Einhängen langer Stangen (für die dritte Lage, Unterkante) (21) nur bei äußerster Streckung des ganzen Körpers und der Arme auf Zehenspitzen möglich.

    Film: Arbeiten mit schwerem Laschequipment

    L 1 „Ich bin nun gerade 1,80 m ... Nur, es ist oftmals, also wenn ich vom Gang aus das einhänge - zu Anfang, wenn man frisch ist, gut, dann geht das vielleicht gerade noch, daß man so mit dem ganz langen Arm und so wirklich auf ‘s Äußerste die Stange eingehängt kriegt. Nur, man schafft eben vielleicht, wenn es hoch kommt, drei, vier Container so und dann ist die Kraft weg, weil man immer mit dem langen ausgestreckten Arm arbeiten muß. Und selbst wenn ich auf dem Geländer stehe, ist es also noch sehr schwer, die einzuhängen. Passiert einem was -: Was hast Du denn da zu suchen?“

    L 6 „Das ist alles schon mal vorgekommen, daß solche Geländer abgegammelt oder verrostet waren und abgebrochen sind, so daß Kollegen sich verletzt haben. Dann heißt es: „Was hast Du denn an dem Geländer zu suchen? „Ja, komm mal her hier mein Freund, hänge mal die Stange da oben ein. Die kriegst du überhaupt nicht hoch. Da brauche ich gar nicht zu diskutieren. Wir stehen da teilweise auf Zehenspitzen mit 20, 25 kg und dann 5m lang.“

    Bei Überhöhen-Containern ist das Problem der Erreichbarkeit noch ausgeprägter (Eine Gruppe von Non-Standard-Containern, mit denen die Lascher regelmäßig zu tun haben, sind 8’ 6’’ ( 2,60m) oder 9’ 6’’ hoch (sie haben eine von der ISO-Norm abweichende Höhe von etwa 2,90m). Überhöhen - Container erfordern außerdem den Einsatz von Zwischenstücken Stangenbeschläge sog. „Fischen“(Abb. 16 Teil 1) zur Verlängerung der Zurreinheit.

    L 6 „9 Fuß 6 Zoll - das ist immer so ein bißchen ein Schreckgespenst, weil man dann weiß: Fische sammeln, hinfahren, (Hier ist ein Roll-Wagen für den Transport von Laschmitteln gemeint. In einer von fünfzehn beobachteten Arbeitssituationen stand ein derartiges Gefährt zur Verfügung), hinpacken, einhängen, weil eben das Material dementsprechend mehr wird, was man braucht. Wir müssen teilweise über das ganze Schiff rennen und 100, 200 von diesen Verlängerungen schleppen.“

    Diese Zwischenstücke sind dem Höhenunterschied zwischen der Standard- und der Überhöhe der Container schlecht angepaßt, so daß diese Längenregulierung durch Auf- oder Zudrehen der Spannschraube ausgeglichen werden muß.

    L 1 „Sind länger als der eine Fuß, was der Container höher ist. Die sind also eineinhalb Fuß lang, die Fische. Und da wäre es ja machbar, die wirklich auf einen Fuß Länge zu machen. Denn ich habe an der Spannschraube doch soviel Toleranz, um zu sagen, ist gut, dann drehe ich eben zwei Umdrehungen auf und dann haut es wieder hin als zwanzig oder dreißig Umdrehungen zuzudrehen - von Haus aus erstmal schon -, dann den Fisch einzuhängen und dann noch mal fünf oder sechs Umdrehungen wieder zu drehen.“

    L 3 „Wir haben es gehabt, auch ich habe es gehabt, auch andere Kollegen, daß wir zum Schluß, wenn Sie das acht Stunden gemacht haben, mit Krämpfen an der Spannschraube gehangen haben. Die Hände verkrampft, bis hier oben hin, haben wir so an der Spannschraube gestanden.“

    Das Gewicht in Zusammenhang mit der Länge der Stangen macht die Arbeit sehr anstrengend, auch deshalb, weil es erhöhte Konzentration auf die Bewegungskoordination verlangt, um beim Balancieren der Stangen nicht den Halt zu verlieren. Umfallende und abrutschende Stangen gefährden immer auch in der Nähe arbeitende andere Personen (11) Diese Verantwortung für die Sicherheit anderer Personen bzw. umgekehrt die empfundene Bedrohung der eigenen Sicherheit, belastet die Lascher zusätzlich psychisch.

    L 4 „Oder wenn man zu zweit in dem Graben arbeitet, was natürlich jetzt wieder das Problem war, einmal sagt man, man möchte zwei Mann zum Laschen haben - ist man zwei Mann, muß man immer auf den Kollegen mit aufpassen. Je nachdem was für ein Kollege das ist, ob der dir die Stange auf die Rübe haut. Denn wir haben Lascher, die sind einfach nicht in der Lage und haben auch nicht die Kraft, so eine lange Stange einzuhängen, geschweige denn, wenn sie dann noch versuchen, die Twistlocks damit zuzuhauen. Einfach Übergewicht, dann halten die das Ding nicht mehr fest. Feierabend, laß fallen, ja, dann stehst Du da. Bumm. Und so ein Ding, so eine lange Laschstange, die macht Dich kaputt, wenn Du die abkriegst.“

    Die Gestaltung und die Funktionen der Enden einer Laschstange sind variabel und können die Ausführbarkeit des Ein- und Aushängens erheblich beeinflussen. Manche Stangen sind nur zusammen mit „Security Pads“ oder auch anderen Verlängerungsstücken verwendbar.

    Zusätzliche Laschteile vergrößern jedoch, auch wenn sie die erwünschte Flexibilität der Laschmöglichkeiten erhöhen, den Arbeits- und Transportaufwand und damit den Zeitbedarf; sie erhöhen zudem das Sicherheitsrisiko. Die meisten Laschstangen werden direkt in die ISO-Ecken eingehängt. Besonders geformte Verdickungen, z.T. durch ein Gelenk mit dem festen Teil der Stange verbunden, sollen einerseits die Einführbewegung des Laschers steuern und unterstützen, zu anderen das Herausfallen der Stange aus den Ecken verhindern. Beide Funktionen sind, besonders bei den Stangen ohne Gelenk, nicht ausreichend gewährleistet. Daß Laschstangen nach dem Einhängen wieder herausfallen, kann auch durch ausgeschlagene, beschädigte ISO-Ecken älterer Container zustande kommen.

    Laschstangen mit Gelenk (Abb. 29) scheinen in dieser Hinsicht eine bessere Lösung zu sein; sie pendeln jedoch aus, wenn sie losgelassen werden, so daß sie, wenn noch Erschütterungen durch abgesetzte Container hinzukommen, ebenfalls zur Gefahr für die Arbeitsperson werden können.

    Auf manchen Schiffen gibt es „rechte“ und „linke“ Stangen; unzureichende, schwer erkennbare entsprechende Kennzeichnungen bergen die Gefahr von Verwechselungen und Fehlhandlungen.

     

    4.1.2.6 Die Beschaffenheit der Laschorte auf den Containerschiffen

    Gegebenheiten des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung als Quelle von Beeinträchtigungen der Arbeitsausführung und des Wohlbefindens der Lascher. Wie aus den vorangehenden Kennzeichnungen von Problemen der Arbeitsausführung bereits deutlich wird, wäre es verfehlt, Quellen für Beeinträchtigungen der Arbeitsausführung von Laschern und für Belastungen allein in Mängeln der Handhabbarkeit oder der Gestaltung der Arbeitsmittel zu suchen. Diese wirken vielmehr häufig mit Arbeitsplatz- und Arbeitsumgebungsfaktoren, ja sogar mit organisatorischen Faktoren zusammen.

    Ein Faktor, der sich in gravierender Weise negativ auf die Arbeitsausführung und auf das Befinden der Lascher auswirkt, ist die Beschaffenheit der „Arbeitsräume” auf den Containerschiffen (36), d.h. der Stand- und Bewegungsflächen (37), die Laschern zur Verrichtung ihrer Arbeit bleiben. Lascher bekommen den ökonomischen Zwang der Reeder, auf ihren Containerschiffen eine möglichst hohe Stellplatzkapazität zu erreichen, unmittelbar als allgegenwärtigen Platzmangel zu spüren.

    Auf den meisten Schiffen sind die Zwischenräume zwischen zwei Containerlagen sehr schmal und eng (35), häufig sogar die Mittelgänge, so daß ein Bereitlegen des erforderlichen Materials an Ort und Stelle nicht möglich ist.

    Das Befestigen der Zurreinheit kann nur unter starker Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten (33) durchgeführt werden; hier wird die Grenze der Ausführbarkeit der Arbeitsaufgabe erreicht.

    L 6 „Wenn ich jetzt daran denke, speziell wieder ... (bei Reederei A.): Wenn ich da im Graben arbeite und ich sollte jetzt tatsächlich von mir aus mit zwei Mann arbeiten oder so. Der eine fängt Backbord der andere Steuerbord an - macht man natürlich nicht - , und wir beide treffen uns in der Mitte, dann versuchen Sie mal wieder rauszukommen.“

    L 1 „Da bricht man sich alle Knochen bei.“

    Diese Einschränkung der Bewegungsmöglichkeiten ist nicht allein höchst belastend, weil das Arbeiten nur mit seitlich verdrehtem Körper möglich ist und ein Verlassen des Gänge sehr hinderlich ist (wie auch das folgende Zitat weiter veranschaulichen wird), sondern sie hat auch einen negativen Sicherheitsaspekt: Es ist kaum möglich, Gefahren auszuweichen. Für Arbeitsgestalter, Schiffskonstrukteure und Laschausrüstungshersteller wird verständlich, daß geringfügig erscheinende Gestaltungsdetails über die Ausführbarkeit der Laschtätigkeiten und (Un-) Erträglichkeit für die Lascher entscheiden können.

    L 6 „(Reederei .A) hat das Problem gemacht. Und zwar haben die ihre Augen unten am Lukendeckel, wo die Lasching festgemacht wird, versetzt, damit die Stangen nicht gegeneinander scheuern. Und durch das Versetzen, fehlen natürlich diese paar Zentimeter, um da zwischen zu kommen. Das ist praktisch nur so viel, was da fehlt.“

    L 1 „Der Platz wäre da, das ist also nur durch dieses Versetzen der Augen, denn der Platz ist zum Beispiel dasselbe wie auf dem (Reederei B). Auf dem (Reederei B)sind die Laschpunkte wirklich in einer Reihe und auf dem (Reederei A), wenn sie dort auch in einer Reihe wären, wäre der Platz da. Da könnte man also bequem so durch den Gang durchgehen, ohne daß man Schwierigkeiten hätte. Und bei (Reederei B)ist es eben, wenn man da wirklich dritte Lage gelascht hat, ist Feierabend.“

    L 5 „Also ich komme da nicht wieder raus, wenn ich in der Mitte stehe. Ich muß also wirklich jedesmal hochklettern, über die Stange und dann so von Stange zu Stange mich hangeln, um da wieder rauszukommen. Das sind auch alles Sachen, die für die körperliche Ertüchtigung irgendwann - wo man irgendwann sagt: So, jetzt ist Feierabend. Ich habe nichts mehr drinne, ich bin ausgelaugt.“

    In dem beschriebenen Fall wird eine unangemessene Gewichtung von technischen und humanen (elementaren anthropometrischen) Kriterien bei der Gestaltung deutlich, die nicht singulär ist. Die Lascher nehmen dieses als Mangel deutlich wahr.

    L 1 „Also wie auf jedem Schiff - es wird also nur immer, habe ich das Gefühl, beim Bau solch eines Schiffes da drauf geachtet, daß ich viel viel Ladung mitkriege, aber diese Ladung, die dann festgemacht werden soll, sprich: die Container, daß für die Leute, die da arbeiten sollen, überhaupt kein Platz ist. Hier ist das Geländer und hier steht der Container und auf diesem kleinen Stück soll ich mich noch bewegen. Wenn die Stangen da drin sind, dann habe ich vielleicht noch soviel Platz. Nun gibt es nicht nur Leute, die nur 50 Kilo wiegen, es gibt ja auch Leute, die ein bißchen mehr wiegen. Also da ist das ein unheimlicher Quälkram, da ran zu kommen. Es ist also immer eine Platzfrage.“

    L 2 „(Da werden sich) doch keine Gedanken gemacht, wie kommen die Leute da klar, die nachher da die Container reinschmeißen sollen oder eben auch die Knacken („Knacken“ sind Befestigungsstücke) reinpacken sollen. Da wird sich überhaupt keine Gedanken gemacht.“

    Bei manchen Schiffen sind zudem die Niveauunterschiede zwischen den Lukendeckeln und den Gängen so groß, daß Lascher die lange Laschstangen vom Boden aus nicht einhängen oder aushängen können (21). Praktisch werden sie dadurch dazu verleitet, wo vorhanden auf Geländer zu steigen, um die ISO-Ecken zu erreichen. Dabei knicken sie ihr Rückgrat nach vorne ein, um sich während der nur beidhändig ausführbaren Operation mit dem Bauch oder der Hüfte an der Stirnwand eines Containers abstützen zu können

    Auch die Standflächen an den Außenkanten sind häufig sehr knapp bemessen, häufig sind schützende Geländer verbogen, zerborsten oder sie fehlen ganz.

    L 1 „Da außen konntest du aber gar nicht stehen, lebensgefährlich. Keine Verschanzung, keine Chance. Da stehst du jedesmal in schwindelnder Höhe, hast noch die Spannschraube und die Stange und balancierst da auf 20, 25 cm rum. Und dieser ((Schiff ..)) ist ein Riesenschiff, das ist einer von den 16.000 t oder was, dritte Generation, 9 tief und 4 hoch an Deck.“

    (Der Eindruck, hier würde ein Einzelfall geschildert, wäre falsch. Auf sieben der beobachteten Schiffe fehlten Geländer o.ä. Sicherungen an den Außenkanten, oder sie waren teilweise so sehr beschädigt, daß sie die Sicherheitsfunktion nicht erfüllen konnten.)

    L 5 „Oder bei den kleinen Schiffen. Überhaupt keine Möglichkeit für uns zu stehen.“

    L 6 „Da mußt du wie ein Kolibri mit den Flügeln schlagen und dann noch die Spannschrauben rein.Unmöglich.“

    Das Arbeiten mit langen Laschstangen an der Außenkante ist überhaupt nur größeren Laschern möglich und verlangt ihnen ähnliche, zudem noch besonders riskante, Körperverrenkungen ab.

    Die Orte, an denen gelascht werden muß, finden Lascher häufig schmutzig vor (9). Dies ist z.T. nur schwer zu umgehen, denn wesentlichen Anteil an der Verschmutzung hat das Schmierfett, mit dem die Gängigkeit von Schrauben, Bridgefittings, Bolzen u.ä. erhalten werden soll.

    Aber das Schmierfett oder auch aus undichten Containertransportfahrzeugen stammende Öl- und Fetttropfen vermindern die Griffigkeit den Gehflächen und bergen somit eine Rutsch- und Sturzgefahr für die Lascher. Demgegenüber tritt eine mögliche subjektive Lästigkeit oder ein Unbehagen, selbst dreckig zu werden, in den Hintergrund.

    Die Lascher erhalten ein sog. Schmutzgeld, das als Entschädigung für entstehende hohe Reinigungs- oder Arbeitskleidungskosten gedacht ist.

     

    4.1.2.7 Die Problematik der Zusammenarbeit mit der Containerbrücke

    Film: Verriegeln der zweiten Lage

    Die Containerbrücke, als Schnittstelle der Arbeitsprozesse auf dem Terminal und auf dem Schiff wie als Element der technischen Umwelt, ist aus verschiedenen Gründen eine Quelle von Gefahren und möglicher Überlastungen für die Lascher.

    Die Geschwindigkeit, mit der eine Containerbrücke Container bewegt, gibt wesentlich den zeitlichen Rahmen ab, innerhalb dessen die Lascher-Gang ihre Aufgaben erledigen muß. Die Lascher haben (je nach Laschplan) mehr oder weniger große Mühe, mit dem Arbeitstempo Schritt zu halten - besonders dann, wenn eine knappe personelle Einteilung stattgefunden hat.

    Bei zügiger Arbeit der Brücke müssen Lascher ihre Aufgaben in höchster Eile erledigen. Dabei ist es unvermeidlich, daß die Containerbrücke die Container in der Nähe der arbeitenden Lascher absetzen muß. Häufig kommt es zu Erschütterungen, die sich durch die Reihen und Lagen gestapelter Container fortsetzen. Die Erschütterungen stören die Arbeit und die Lascher kommen in die Gefahr, sich zu stoßen, eingeklemmt zu werden oder sich auf andere Weise zu verletzen[2] .
    Der Brückenfahrer verstößt nicht selten zwangsläufig gegen ein Verbot und bewegt seine Lasten über die Lascher hinweg an den vorgesehenen Stellplatz. Diese Gegenwart von Gefahren mobilisiert bei den Laschern erhöhte Wachsamkeit; Lascher stehen daher nicht allein unter der Anforderung, ihre „Knochenarbeit“ sehr zügig, wenn nicht eilig zu verrichten, das Bewußtsein der hohen Unfallrisiken setzt sie zusätzlich psychischem Druck aus.

    L 2 „Der kommt mit dem Container, stehst da oben, hast Knacken ausgelegt - will er den hochziehen, schmeißt dich auf die Erde, rollst dich unter dem Container durch, kommst hoch, lachst zu ihm hoch und drohst mit dem Finger und oben in der Kantine erzählt er: Du, Alter, das tut mir wirklich leid. Ich habe Dich nicht gesehen. Dann sagst du, hättest du dich nicht hingeschmissen, wärest du jetzt breitgeklopft ... Das sind so Sachen, wo man sagt: Meine Fresse! - hätte sein können. Aber, was weiß ich, Reaktion oder Instinkt, macht man ja doch.“

    Andererseits zögern auch die Lascher nicht, Sicherheitsbedenken zurückzustellen, wenn sie helfen können, Arbeitsstörungen der Containerbrücke zu beheben - und diese Unterstützung seitens der Lascher ist häufig unabdingbar, um dem Containerbrückenfahrer die Fortsetzung der Arbeit zu ermöglichen. Schwierigkeiten, die ISO-Ecken genau über den Twistlocks zu plazieren (besonders bei krängendem Schiff), Behinderungen etwa durch verkeilte, irgendwo festsitzende Laschmittel, Probleme des Auffindens von Stellplätzen oder von Containern lassen sich oft nur durch die Unterstützung der Lascher ausräumen.

    Einige Probleme der engen Zusammenarbeit des Brückenfahrers mit den Laschern und der z.T. wechselseitigen Angewiesenheit auf die Unterstützung beim Laden und Löschen der Container sind bereits geschildert worden. Eine Abhängigkeit besonderer Art entsteht, wenn nachts (bzw. im Winter bereits nachmittags) künstliche Beleuchtung erforderlich ist.

    Bild 38: Das Schiff wird indirekt durch die flächenförmige
    Allgemeinbeleuchtung auf dem Terminal beleuchtet.

    Das Deck und der geöffnete Raum wird direkt durch die Strahler an den Containerbrücken erhellt. Häufig, nicht immer, befinden sich in den Mittelgängen zwischen den Bays Strahler oder die Gänge werden von den Podesten an den Außenkanten her ausgeleuchtet. Die Beleuchtungsstärke reicht für Lösch- und Ladetätigkeiten im Raum und an Deck innerhalb des Lichtkegels der Brücke aus. Die Arbeitsliste und besonders den Bayplan zu lesen, fällt jedoch bereits schwer.

    Außerhalb des Lichtkegels der Containerbrücke muß auch gearbeitet werden: Das Löschen oder Laden der Container muß vor- und nachbereitet werden, beispielsweise müssen loszumachende Container identifiziert werden durch den Vergleich der Identifikationsnummern auf den Containern mit den Nummern auf dem Bayplan, Zurrungen gelöst, Laschmaterial herbeigeschafft und montiert werden.

    Diese Arbeiten sind aufgrund der Lichtverhältnisse in den Gängen zwischen den Bays beschwerlich, nervlich anspannend und auch gefährlich (26). Die Strahler blenden meistens - auf manchen Schiffen sind Strahler beweglich angebracht -, das Licht erreicht nicht alle Containerlagen, erzeugt scharfe Schatten, wodurch die Sichtbarkeit und Erkennbarkeit der Identifikationsnummern beeinträchtigt wird oder sogar vollkommen fehlt; Hindernisse auf den Geh- und Bewegungsflächen können leicht übersehen werden oder liegen völlig im Dunkeln. Auf manchen Schiffen sind die Lascher bei der Erledigung ihrer Aufgaben auf die Ausleuchtung dieser Arbeitszonen durch die Containerbrücke angewiesen.

    L 6 „So, jetzt geht die Brücke aber zwei Bays weiter, stehen Sie im Dunkeln.“

    L 1 „Im Dunkeln. Stockdunkel.“

    L 6 „So, jetzt machen Sie in der dritten Lage, wo die Laschhörner sind, die Twistlocks mal zu. Dann sind die so schwergängig, da müssen Sie teilweise selbst mit der langen Stange dagegen schlagen, so, dong. Bist du daneben, und dann ist vielleicht ein Horn rausgekommen und denn - wohin? Wohin! Wegspringen können Sie nicht, weil in den Gängen wieder von anderen Häfen noch die Stangen liegen. So, springen Sie runter - wir haben einen Kollegen, der hat sich auf diese Art und Weise das Fersenbein gebrochen, der hat einen Schaden für das ganze Leben und ist 23 oder 24 Jahre alt der Bengel.“

    Es ist ein schwer zu lösendes Problem, geeignete Lichtquellen in den Gängen so zu plazieren, das sie eine angemessene Reichweite und Helligkeit haben, die Lascher aber weder blenden noch den ohnehin knappen Platz zum Arbeiten einengen.

    Lascher haben zudem häufig mit Ladung zu tun, deren Emissionen gefährlich werden können. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß sich die giftigen oder auch nur geruchsbelästigende Gase, Flüssigkeiten u.a. Stoffe in den Containern befinden und diesen in der Regel Sonderstellplätze zugewiesen werden. Die mechanische Beschädigung von Containern mit gefährlicher Ladung kann praktisch nicht völlig ausgeschlossen werden - sie kommt nach dem Bekunden der Lascher sogar immer wieder vor. Wenn dies geschieht, sind Lascher akut gefährdet.
    Auf den Containerschiffen wird während der Abfertigung ein recht hoher allgemeiner Lärmpegel erreicht, der aus verschiedenen Quellen gespeist und unterhalten wird.

    Zum einen tragen die Transportfahrzeuge, die fortwährend unterhalb der Containerbrücke anhalten und anfahren, um ent- oder beladen zu werden, durch das Motorengeräusch zu dem Lärm bei. Zum anderen sorgt das Absetzen der Container auf den Fahrzeugen und an oder unter Deck - je nach Geschick und Erfahrung des Brückenfahrers- für starke diskontinuierliche Geräusche, wenn Metall auf Metall prallt. Die Brücke erzeugt ebenfalls Arbeits- und Fahrgeräusche. Dazu gehören die Dauertonsignale, die ertönen, wenn die Brücke sich seitlich bewegt.

    Die Aggregate und Gebläse von Kühlcontainern (39) geben, wenn sie angeschlossen sind, laute Geräusche von sich. Die Luftwirbel sind zudem heftig und z.T. sehr kalt und beim Verzurren dieser Container schwer erträglich.

    L 6 „Und Kühlcontainer, Gebläse auch noch an oder so. Das ist ganz schlimm.“

    L 2 „Das pustet ja schlimmer als ein Föhn. Und denn wie gesagt auch eiskalt, je nach Jahreszeit. Gerade im Winter. Und im Sommer genauso. Im Sommer eiskalte Luft.“

    L 1 „Je nach Geschwindigkeit der Luft wird es ja dementsprechend kalt.“

    L 4 „Manches mal schalten wir sie dann einfach ab und lassen sie dann einen Augenblick zur Ruhe, weil der pustet dir die Birne weg, du wirst verrückt.“

    Daneben sind Kühlcontainer als Arbeitsobjekte der Lascher auch in anderer Hinsicht eine Quelle von Gefahren. Die Kabel von an Deck geladenen Containern werden z.T. durch die Roste der Gehflächen der Mittelgänge hindurch nach unten geführt (9). Sie engen den Bewegungsraum ein und stellen besonders bei ungünstigen Lichtverhältnissen eine Stolpergefahr dar. Anschlüsse und Schalter liegen offen und sind der Witterung ausgesetzt. Lascher sind bei der Befestigung von Kühlcontainern durch Elektroenergie gefährdet; sie berichteten von derartigen negativen Erfahrungen.

    Bei bestimmten Laschtätigkeiten geht es ebenfalls sehr laut zu, denn Twistlocks werden häufig von einer Lage zur nächsten hinauf- oder heraufgeworfen; Lascher lassen Laschstangen nach dem Aushängen fallen oder werfen sie in den Gang, um möglichst schnell von dem großen Gewicht entlastet zu sein; sie werden auch über die Lukendeckel geschleudert - all dies geht sehr geräuschvoll vor sich, weil dabei meistens Metall auf Metall prallt. Geschieht das in Gängen oder anderen Zwischenräumen zwischen zwei beladenen Bays, in denen sich der Schall fangen kann (und das ist die normale Arbeitssituation, zumindest während des Löschens), dann erreicht der Lärm eine Stärke, die in den Ohren schmerzt. Es besteht die Gefahr von Schädigungen des Gehörs. Lascher schätzen den persönlichen Lärmschutz (Oropax) nicht und benutzen ihn nicht regelmäßig, weil sie fürchten, daß ihnen die Gefahrensignalwirkung des diskontinuierlichen Lärms verlorengeht und sie wichtige Zurufe nicht mehr hören würden.

    Aufgrund des Lärms ist die Sprachverständlichkeit in der Regel eingeschränkt, selbst wenn man in der Nähe eines Sprechenden steht. Diese Einschränkung ist nicht nur eine Quelle für Störungen des Arbeitsablaufs wie weiter oben bereits ausgeführt, sondern sie begünstigt Unfälle, weil Warnungen vor akuten Gefährdungen im Lärm untergehen.

    Das Laschen von Containern geschieht sowohl an Deck als auch unter Deck der Schiffe im Freien und daher vor Witterungseinflüssen ungeschützt. Wind von bestimmter Stärke, insbesondere böiger Wind, aber auch Nebel stellen eine Unfallgefahr für die Lascher dar, besonders wenn sie auf höheren Containerlagen arbeiten (Sturm (die unter ungünstigen Umständen hinzutretende Sturmflut) und Nebel sind überdies die Witterungsbedingungen, unter denen es insgesamt problematisch oder unmöglich wird, einen normalen Arbeitsablauf aufrechtzuerhalten)

    Besonders bei kälterem und regnerischem Wetter werden die Lascher durch die klimatischen Verhältnisse direkt und indirekt belastet. Problematisch ist besonders, daß Laschern nach einer intensiveren Arbeitsphase sehr warm wird, sie stark schwitzen und es schwierig ist, eine Abkühlung zu erreichen ohne dabei auszukühlen. Das Arbeiten bei Frost, Schnee und Nässe ist nicht nur subjektiv unangenehm, sondern es gefährdet die Gesundheit, zumal Lascher kaum die Möglichkeit haben, durchnäßte Kleidung zu wechseln oder sich aufzuwärmen, (dieser Umstand ist eine Quelle der Unzufriedenheit).

    Unter diesen Wetterverhältnissen (25) wird auch die Handhabbarkeit der Arbeitsmittel beeinträchtigt, oder es wird sogar unmöglich, ohne weitere Hilfsmittel Riegel oder Schrauben zu betätigen, weil das Schmierfett hart geworden oder eingedrungenes Wasser gefroren ist. Überdies führen Niederschläge zu Glätte (34) auf dem Schiff, so daß die Gefahr, einen Unfall zu erleiden, wächst.

    Das faktische Ausmaß dieser Gefahren verdeutlichen die Ergebnisse der Unfallanalyse, die im Gliederungspunkt 4.1.4 dargestellt werden.

    Zuvor sollen jedoch belastende und beeinträchtigende Faktoren der Organisation des Laschens von Containern skizziert werden.

     

    4.1.3 Probleme der betrieblichen und überbetrieblichen Arbeitsorganisation – Einschätzung durch die Lascher und arbeitswissenschaftliche Sicht

    4.1.3.1 Ausstattung des Arbeitsortes

    Die Ausstattung des Arbeitsortes mit Sozialräumen und Möglichkeiten der individuellen Ausgestaltung des Arbeitsplatzes kann überlastende Einflüsse auf die Arbeitspersonen mildern, zeitweise aussetzen oder auch kompensieren. Von diesen Möglichkeiten wird zu wenig Gebrauch gemacht [3]. Die Lascher haben zwar Spinde und Umkleideräume und dergleichen in dem Betrieb, der sie beschäftigt, oder in einer zentralen Einsatz- und Einteilungsstelle, aber die meisten Lascher fahren mit Privatautos direkt zu ihrem Einsatzort. Ein Hafenbetrieb versucht den Mangel durch das Angebot eines Containers an der jeweiligen Arbeitsstelle als Umkleide- und Ruheraum auszugleichen. Ein Anruf genüge, und man würde einen Container bringen. Dieses Angebot bewährt sich in der Praxis jedoch nicht, um den Bedarf an Sozialräumen zu decken, weil die Lascher an vielen Orten eingesetzt werden.

    Lascher haben häufig auch auf den Terminals keine Räumlichkeiten zur Verfügung, sofern sie nicht zur Mannschaft des Terminals gehören. Es fehlt daher die Möglichkeit, private Dinge wie die Kleidung, Wertsachen, die Papiere oder auch Arbeitsunterlagen (das ist insbesondere für die Vorleute von Bedeutung) für die Dauer der Arbeitszeit unterzubringen.

    L 2 „Teilweise haben die Leute schon ihren Spind da (auf dem Terminal), Umziehmöglichkeiten, hingegen wo du dich sonst wie in der Steinzeit weiterhin am Auto umziehen mußt - unser Kofferraum ist der Spind. Ob Winter oder Regen oder Schnee oder was, spielt keine Rolle…“

    L 5 „Ich habe das letzt erst auf dem (Schiff ..) gehabt, fahre da morgens hin, ziehe mich um, pack meine Klamotten in eine Tüte, stelle sie da ans Tally-Büro - mittags, ich habe Feierabend, will mich umziehen, nach Hause fahren, Pustekuchen! Weg war es, Hose, Jeans, Sweat-Shirt. Hat da irgend so ein Mann da gesehen, wie ich mich da wohl umgezogen hatte - na ja, die Schicht habe ich umsonst gemacht.“

    Die gelegentliche Nutzung vorhandener Räume auf den Schiffen ist nicht üblich. Dies wird seiten des Leitungspersonals mancher Schiffe entweder nicht ausdrücklich gestattet oder gar verhindert. Lascher beklagen diesen Zustand auch deshalb, weil sich darin soziale Geringschätzung auszudrücken scheint

    L 3 „.. das Schlimmste, ja, das können Sie nochmal notieren: Was das Schlimmste an Bord ist, es sind Räume vorhanden, wo wir uns mal aufwärmen können, aber sie werden für uns nicht geöffnet. Auf den (Reederei..)-Dampfern grundsätzlich nicht, also die (Reederei ..)-Offiziere, auf gut deutsch gesagt, sind sowas von arrogant und bilden sich wunder ein, wer sie sind. Das kostet wirklich eine unheimliche Beherrschung, da nicht einmal wirklich ein offenes Wort zu reden.“

    L 1 „Ja genau, das ist schon traurig. Man kann sich wirklich nicht aufwärmen. Draußen können Minusgrade sein, und man kann wirklich schon naß sein, und man kommt nicht rein."

    L 3 „Sie sind naß bis auf die Knochen und wollen nur mal für eine Tasse Kaffee, die Sie trinken wollen, in einen Aufenthaltsraum, der warm ist, im Winter oder jetzt bei Sturm und Regen. Können Sie nicht, Sie stehen draußen im Zug, sind durchgeschwitzt, sind klitschenaß und denn noch richtig schön Zug. Daß das natürlich der Gesundheit nicht förderlich ist, das müßte an sich jeder normale Mensch einsehen.“

    Auch in anderer Hinsicht erscheint den Laschern die Beziehung zum Leitungspersonal mancher Schiffe eher von Geringschätzung als von der Anerkennung ihres Engagements, ihrer Leistungen und ihrer Arbeitserfahrung geprägt. Dabei spielt sicher eine Rolle, daß Ladungsoffiziere oder Kapitäne formell befugt sind, Laschern Weisungen zu erteilen (d. h. das Leitungspersonal auf den Schiffen hat Lascher für die Dauer ihrer Tätigkeit „unter sich“); ihr Interesse dürfte sich zumeist darauf beschränken, daß geschieht, was sie anordnen - zumal die Kontakte zu den Laschern eher flüchtig und selten sind.

    Aber es gibt auch ein positives Gegenbeispiel, das deutlich macht, wie elementare soziale Anerkennung und symmetrische Kommunikation ungeachtet bestehender hierarchischer Unterschiede ein Arbeitsklima erzeugen können, das günstige Auswirkungen für alle Beteiligten hat.

    L 6 „So, man kann (Reederei ..) .. immer nur bevorzugen. Die haben sich wirklich etwas einfallen lassen. Egal, was sie machen.“

    L 2 „Das Problem war beim (Reederei ..) .., als die ersten kamen, bei den Twistlocks waren diese Pins, die oben rausgucken, zu kurz. Dann haben wir Bescheid gesagt, sie möchten sie ein bißchen länger machen. Beim nächsten Schiff, also beim nächsten Neubau waren sie länger. Und so haben sie auch beim Niedergang reagiert. Wenn wir von außen runtergingen, dann war der Niedergang plötzlich zu Ende, die Treppe. Dann haben wir gesagt, die sollen sie ein bißchen tiefer machen, also eine Bay tiefer, daß wir von oben unten reinkommen können. Ja, da haben sie auch gleich reagiert. Und das sind die einzigen, die immer darauf reagieren und die ab und zu auch mal fragen.“

    L 4 „Und hier unsere, die da rumfahren, unsere Lametta-Fritzen, also da passiert gar nichts. Das sind die Größten, die kann man nicht ansprechen, da passiert gar nichts.“

    Die genannte Reederei, die sich gegenüber der Kritik und den Veränderungswünschen von seiten der Lascher so bemerkenswert offen zeigt, stellt ihnen auf allen Schiffen einen großen Aufenthaltsraum zur Verfügung. Die Möglichkeiten der Ausgestaltung von Pausen, der Erholung und der Kommunikation mit anderen, insbesondere die Versorgung mit Essen und Trinken sind von den Gegebenheiten des Terminals abhängig, auf dem die Lascher gerade tätig sind. Und diese sind nach den Aussagen der Lascher von recht unterschiedlicher Qualität. Konkrete Bemühungen um eine bessere Anpassung des Arbeitsplatzes an die individuellen und sozialen Bedürfnisse der Mitarbeiter im Container-Handling-Bereich sind allerdings aufgrund der äußeren organisatorischen Bedingungen weitaus schwieriger als für einen Betrieb mit einem festen Standort. Lascher haben keinen festen Arbeitsplatz - die Schiffe, auf denen sie arbeiten, wechseln täglich. Sie beginnen und beenden ihre Arbeit an unterschiedlichen Orten.

     

    4.1.3.2 Innerbetriebliche Arbeitsbeziehungen

    Das Verhältnis der Lascher zu ihren Vorgesetzten - d. h. zu manchen Vorleuten und zu den Inspektoren der beschäftigenden Betriebe, die u. a. die Einteilung der Lascher für die Arbeitseinsätze vornehmen - ist offenkundig eine Quelle von Spannungen und Unzufriedenheit. Das hängt z. T. mit persönlichen Antipathien, mit Ärger und Verdruß über konkrete Vorkommnisse oder mit bestimmten Verhaltensweisen zusammen, die die Arbeitsbeziehungen belasten[4]. Es spiele aber auch arbeitsorganisatorische Faktoren eine Rolle, die durch individuelle Verhaltens- und Einstellungsänderungen kaum ausgeglichen werden könnten. Ein Inspektor in einer Stauerei steht innerhalb der betrieblichen Hierarchie in einer Zwischenstellung und Mittler-Position. Er muß die wirtschaftlichen Interessen des Betriebes vertreten und dabei Leistungsanforderungen an die unterstellten Lascher herantragen. Diese sind jedoch nur durchsetzbar, wenn sie angemessen und gerechtfertigt erscheinen - auch im Verhältnis zu der erwarteten Anerkennung und dem Lohn. Ihre Leitungsrolle verlangt ihnen eine sachlich und wirtschaftlich optimale Einsatzplanung ab, die zugleich auch sozial verantwortlich und gerecht sein sollte

    Bei der personellen Disposition hat ein Inspektor gegenüber einzelnen Laschern eine erheblichen Handlungsspielraum. Er hat die Freiheit, Unterschiede zu machen: Er kann z. B. gezielt ältere Mitarbeiter schonen, indem er vermeidet, diese für die schwersten, gefährlichsten Arbeiten einzuteilen; er kann bei bestimmten privaten Anlässen Urlaubstage zugestehen oder verwehren; er kann auf individuelle Wünsche für die zeitliche Arbeitseinteilung eingehen oder auch nicht. Die Nutzung dieses Spielraums ist zugleich das Medium, mit dem Anreize und Belohnungen oder negative Sanktionen für ein Arbeitsverhalten geschaffen werden, das in den Augen des Inspektors der Firma dient.

    Eine Einschätzung der Leistungsbereitschaft und -fähigkeit sowie von anderem arbeitsrelevanten Verhalten eines Laschers kann der Inspektor jedoch nicht regelmäßig durch eigene Beobachtungen gewinnen; er muß sich dabei weitgehend auf die Informationen und Beurteilungen der unmittelbaren Vorgesetzten, der Vorleute in den Gangs verlassen. Auch die Vorleute haben daher ähnliche Leitungsverpflichtungen und -verantwortungen, und die Lascher sind in ähnlicher Weise von ihnen und ihrem Wohlwollen abhängig.

    Die konkrete Ausgestaltung dieser asymmetrischen Arbeitsbeziehungen und die (zugeschriebenen oder tatsächlichen) Kompetenzen der Inspektoren und Vorleute, mit der recht weit gehenden Abhängigkeit der „Untergebenen“ umzugehen, sind ein wesentlicher Faktor für die Qualität des Arbeits- und Betriebsklimas, für die Zufriedenheit der Lascher und mittelbar für die Leistungsfähigkeit des Betriebes insgesamt.
    Wenn ein Lascher seinen Inspektor anruft, um die Arbeit für den nächsten Tag abzusprechen, werden ihm Arbeitsort und Art der Arbeit (Container-Laschen oder Laschen im konventionellen Bereich) mitgeteilt. Der Lascher erfährt, wieviel Schichten für ihn vorgesehen sind und ob er als Lascher oder in einer höheren Position arbeiten wird[5]. Der Inspektor legt, gewollt oder ungewollt, mit seiner Entscheidung fest, wie angenehm oder unangenehm, wie leicht oder wie schwer der Arbeitseinsatz für einen Lascher werden wird: Ein Inspektor kennt aus eigener Anschauung oder Erfahrung die unterschiedliche Schwierigkeit und Schwere der Arbeiten auf den Schiffen. Er weiß um die Beliebtheit oder Unbeliebtheit bestimmter Jobs, und er kennt auch die individuellen Vorlieben und Abneigungen der Lascher. Er hat unmittelbaren Einfluß darauf, wieviel ein Lascher über das ihm vertraglich zugesicherte Einkommen hinaus verdienen kann: indem er sie zu freiwilligen - im allgemeinen begehrten - Mehrarbeitsschichten oder zu Wochenendschichten einteilt.

    Wenn ein Inspektor jedoch einzelne Lascher bevorzugt oder auch nur den Anschein erweckt, wird nicht nur die Beziehung zu ihm beeinträchtigt, sondern auch das Verhältnis der Kollegen untereinander. Neid und feindselige Gefühle werden geweckt, denn die Kollegen beginnen, um vermeintliche oder tatsächliche Vorteile zu konkurrieren.

    L 1 „Heute ist es also fürchterlich schwer, hier überhaupt einen Kollegenkreis wieder aufzubauen. Wenn ich daran denke, früher waren wir, also viele, viel mehr auch privat zusammen. Aber heute durch diesen Leistungsdruck und dieses gegenseitige Abschinzen: „Mensch, hat der nun schon eine mehr gekriegt oder der etwas mehr gekriegt?“ wird also eine böse Unzufriedenheit geschürt hier. Und das ist dann nicht gut.“

    Inspektoren bestimmen und entscheiden faktisch über den Aufstieg der Lascher in bessere Positionen im Betrieb und nicht etwa die formalen fachlichen Qualifikationen[6]. D. h. im Prinzip hat ein ungelernter Hafenarbeiter keine schlechteren Voraussetzungen für eine Beförderung als ein ausgebildeter.

    L 2 „Als Vormann, das können Sie im Grunde nur erarbeiten hier. Und zwar auf der Basis der prozentualen Einsätze. Wenn man willig ist und immer dann, wenn man gebraucht wird, da ist.“

    L 6 „Willig ist, wenn das Telefon klingelt zu den unmöglichsten Zeiten: „Kommst Du, ich habe keine Leute.“ Pünktlich da sein, okay, Grundvoraussetzung.“

    L 4 „Grundvoraussetzung sowieso. Das ist in jedem Beruf ja die Grundvoraussetzung. Aber, so wenig wie möglich krank. Ob das nun ein Unfall ist oder nicht, das wird von der Firma her also ganz schlecht bewertet. Wenn jetzt jemand einen Arbeitsunfall hat aber seine Prozente voll, um eine Position höher zu steigen, in meinem Fall zum Beispiel...“

    (Interviewer-Nachfrage:) „Was heißt das - Prozente voll?“

    L 4 „Sie müssen z. B. - wir sind jetzt alle in der 24er Position, das heißt also Lohngruppe 6, Lascher. Um jetzt in die 23er Position zu kommen, vom Verdienst her, müssen Sie 52 % in dieser Position im Jahr gearbeitet haben. Und die Firma geht von 252 Arbeitstagen aus, was ja auch schon nicht, regulär ist, weil man Urlaub und AZV-Tage[7] und alles abrechnen muß, hat man weniger Arbeitstage. Das ist also schon sehr hoch angesetzt. So, wenn Sie in dieser Position dann arbeiten, dann müssen Sie in dieser Position gearbeitet haben. Da werden allerdings auch die Mehrschichten miteingerechnet, das ist schon mal gerecht, gut. Aber was ich dann sehr schlecht finde dabei, daß, wenn jemand einen Arbeitsunfall hat oder wirklich krank ist, das wird nicht zugrunde gelegt. Da wird gesagt, der hat so und so viele Tage wegen Krankheit gefehlt, das müssen wir prozentual wieder abrechnen, also kommt er nicht in seine Position.“

    Jeder Wechsel in eine höhere Position ist mit einem Wechsel in eine andere Lohngruppe, d. h. mit besseren Verdienstmöglichkeiten verknüpft. Wenn Lascher das Gefühl haben, daß bei den Beförderungen ungerecht verfahren wird und nicht die Leistung zählt, dann wird ihre Einsatzbereitschaft gedämpft. Das Vertrauen in die Führung und die Bereitschaft zur Loyalität können verloren gehen.

    Da eine Personalabteilung schwerlich alle Lascher in Vormann- oder gar Vizepositionen benötigt und kaum Interesse daran haben kann, Personalkosten ohne einen konkreten Nutzen für den Betrieb in die Höhe zu treiben, wird sie nur bei Bedarf befördern und eine Auswahl treffen. Streben mehr Lascher nach einer Beförderung als gebraucht werden oder andere als diejenigen, die in den Augen der Personalabteilung für einen Aufstieg geeignet sind, kann es Konflikte unter den Kollegen geben und Spannungen zwischen dem Führungspersonal und den Laschern.

    Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn Lascher unter Vorleuten arbeiten müssen, die sie fachlich für inkompetent halten, denen Führungsqualitäten fehlen oder die ihre Vorgesetztenrolle zum eigenen Vorteil ausnutzen. Unter diesen Bedingungen stellt sich für die Lascher die Frage, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen denn für eine Beförderung in Vormannpositionen maßgeblich sein mögen. Sie beginnen zu zweifeln, daß Kriterien der sachlichen oder sozialen Qualifikation maßgeblich für das Fortkommen in der Firma sind. Frustrationen und mangelnde Lust, sich einzusetzen, sind die Folge und am Ende u. U. sogar Leistungsenthaltung. Den Laschern sind diese problematischen Zusammenhänge bewußt.

    L 2 „Ich meine, es gibt genügend, die faulkrank machen. Ich meine aber, vielleicht kommt das auch daher, daß viele frustriert sind. Wenn das Arbeitsklima nicht stimmt, ist es ja auch so, daß in den einzelnen Betrieben auch dementsprechend die Krankheitszahlen steigen, die Tage. Das ist ganz normal. Da sollte man ansetzen und versuchen... wenn man das richtig handhaben würde, glaube ich, würde man sagen, 30 % weniger Krankheitstage garantiert.“

    Das Verfahren und die angelegten Kriterien bei der innerbetrieblichen Förderung der Hafenarbeiter haben einen bedenklichen weitreichenden Nebeneffekt. Sie senken die Bereitschaft der ungelernten Arbeiter zur Weiterbildung (beispielsweise an der Hafenfachschule). Die Neigung seitens der Hafenarbeiter, sich für Kurse zu melden, ist ohnehin nicht groß, weil sie Verdienstausfälle (insbesondere die für die Mehrarbeitsschichten) hinnehmen müssen. Zum Teil fehlen auch die Aussichten, im erlernten Fach (z. B. als Kranführer) tätig zu werden und durch „52%“ in der neuen Tätigkeit eine Höhergruppierung zu erreichen. Dabei hat die Facharbeiterausbildung eine eminente Bedeutung für die soziale Sicherung der Hafenarbeiter und insbesondere für die besonders unfallgefährdeten Lascher. Die formale Qualifikation entscheidet darüber, ob sie im Falle einer Einbuße ihrer Arbeitsfähigkeit eine Rente wegen Berufsunfähigkeit beziehen können oder nicht

    Aber auch das Verhältnis zwischen dem Inspektor und den Vorleuten ist nicht frei von Konfliktpotential. Ein Inspektor bestimmt letztlich auch die Größe der Gangs, mit denen die Vorleute die Arbeit auf den Schiffen bewältigen müssen.

    (Ein Vormann schildert:) L 2 „Und es gibt eben wirklich verschiedene Arten von Schiffen, jetzt vom Laschaufwand her und ich finde, gerade auf den Schiffen, auf denen die meiste Arbeit ist, sind immer zu wenig Leute.“ ... „Daß also (auf Schiffen mit bekanntermaßen sehr hohem Laschaufwand) immer meistens ein oder höchstens zwei von den sogenannten besseren Laschern sind oder auf die der Vormann sich verlassen kann, daß die ihre Arbeit machen und kriegt, wenn es hoch kommt, noch zwei fremde dazu und die sagen einfach: „Never mind! - Die kommen schon her und helfen mir.“ „Und das ist also auf den (Reederei ..) eine Sache, die man irgendwann auf Dauer nicht verkraften kann, alleine auch von der körperlichen Seite her.“

    (Vormann:) L 6 „Zu mir haben sie schon gesagt: „Menschenschinder!“, weil ich die Leute einteilen mußte.“

    (ironisch:) L 1 „Bist Du ja auch.“

    (Vormann:) L 4 „Wenn man arbeitet und ein Schiff fertig machen will, muß man (bei Personalknappheit) eben sehen, daß die Leute immer von einer Brücke zur anderen wechseln, um das hinzukriegen. So sieht das aus. Sagt man was, heißt es, man hat ja genug Leute gehabt.“

    Die betrieblichen Gründe für diese knappe Personaleinteilung sind den Laschern bekannt.

    L 1 „Die Firma ist leistungsbezogen, die kriegt in Stückzahl bezahlt und solange das so ist, daß nach Stückzahl bezahlt wird, dann muß man immer zusehen, daß, wenn man als Vormann da ist, man sagt: „Okay, ich muß mit so wenig wie möglich Leuten auskommen.“

    L 5 „So, wenn man jetzt ein, zwei Leute mehr hat als der Schnitt, dann bekommt man gleich den Anpfiff. Und solange das so ist, daß wir nach Stückzahl bezahlt werden, solange wird sich hier nichts ändern.“

    Ein Gefühl von Ausbeutung ihrer Kräfte beeinträchtigt die Beziehung zu den Vorleuten und führt zu starken Spannungen und Konflikten. Wie stark das Verhältnis emotional belastet wird, hängt zum Teil von der fachlichen Autorität und den sozialen Kompetenzen der Vorleute ab. Unabhängig davon werden die Vorleute durch eine Unterbesetzung des Ganges in eine Zwangslage gebracht. Auf der einen Seite sehen und respektieren die Lascher, daß Vorleute eine Reihe von Verpflichtungen und Verantwortungen haben, die es ihnen nicht gestatten, manuell voll mitzuarbeiten. Aber auf der anderen Seite ist die Größe der Gänge so bemessen, daß ihr Einsatz eigentlich erforderlich ist, um den Arbeitsanfall zu bewältigen.

    L 3 „Naja, die (Vor-)Leute haben halt ihre Funktionen, wenn halt Vizen dabei sind, die Erste-Klasse-Vizen sind und sollte man auch unterbesetzt sein und die haben ihre Funktionen, dann sehen sie das wohl nicht ein, daß sie dann auch mitarbeiten. Weil die das halt nicht gewohnt sind. Dann müssen die Leute wie wir jetzt zum Beispiel, wir sind sowieso schon auf so einer Brücke unterbesetzt, die Arbeit für diese Herrschaften mitmachen.“

    L 1 „Ich meine, das ist halt auch ein Punkt. Das gibt ja die Reibereien nachher. Wenn die jetzt sagen: Paßt mal auf, Ihr müßt das machen!, so zack, jetzt sind wir vier Mann, zwei Mann da, zwei Mann da jetzt im Graben. Jetzt habe ich einen Vize mit auf meinem Gang. So, der setzt sich in die Ecke ... Ich bin schon pitschenaß teilweise. Meine ich: Ja, und Du? „Ja,“ meint er: „Du ...“

    L 6 „Du machst das schon.“

    L 3 „Du machst das schon.Und logischerweise wird es auch gemacht, weil man nächstes Mal bei dem vielleicht wieder drauf ist, weil der ja Vormann ist, daß man das vielleicht wieder ein bißchen besser hat, vielleicht.“

    Diese beiden Wortwechsel illustrieren, wie sich Leistungs-, Kosten- und Zeitdruck, die auf einem Hafenbetrieb lasten, von einer Handlungsebene zur nächsten fortpflanzen bzw. „nach unten“ weitergegeben werden.

     

    4.1.3.3 Zeit und Leistungsdruck beim Laschen von Containern

    Zeit- und Leistungsdruck belasten nicht allein die innerbetrieblichen Beziehungen der Lascher. Auch die Arbeitssicherheit wird beeinträchtigt. Die Lascher verhehlen nicht, daß sicherheitsgerechtes Verhalten häufig unterbleibt, wenn es als beschwerlich und unbequem empfunden wird [8]. Wie die Beobachtungen gezeigt haben, besteht oft auch ein Mangel an Hilfs- und Schutzmitteln (12), so daß die Lascher sich nicht sicherheitsgerecht verhalten können. Häufig ist auch die Unterbesetzung in einem Gang mit dafür verantwortlich, daß den Sicherheitsvorschriften nicht entsprochen werden kann.

    L 3 „Einer Leiter sichern, einer rauf, einer Stange suchen, so: 3 Mann für eine Lashing bei dem Aufkommen und bei den wenigen Leuten, die man teilweise hat, das ist unmöglich. Wenn wir mit drei Mann auf der Brücke sind, dann kann ich nicht einem ...

    L 2 „Und dann gibt das natürlich immer einige, die eben hochfest oder abenteuerlich sind. Die sagen: „Ich mache das eben.“

    L 6 „Weil es eben nicht geht, die Arbeit muß weitergehen, und da macht man dann solche Experimente teilweise, obwohl ich da auch schon von abgegangen bin.“

    Auch der Zeitdruck, unter dem das Container-Handling abgewickelt werden muß, entzieht sich weitgehend dem Einfluß der Lascher. Sie können glaubhaft machen (und das haben auch die Beobachtungen gezeigt), daß sicheres Arbeiten (bzw. eine Erledigung ihrer Aufgaben im Rahmen geltender Sicherheitsvorschriften) und schnelles Arbeiten kaum miteinander zu vereinbaren sind. Lascher ziehen es im allgemeinen nicht aus Leichtsinn und selten aus vordergründigem Eigennutz vor, eher schnell statt sicher zu arbeiten.

    L 4 „Ja, alles was gegen die Sicherheit, gegen die UVV verstößt, ist generell verboten. Bloß es sagt auch keiner was, weil nichts passiert.“

    L 1 „Nein, wir müssen es nicht.. Aber wir machen es. Das ist eingebürgert.“

    L 3 „Ein gewisses Teilrisiko gehört zum Job.“

    L 6 „Es wird keiner gezwungen, etwas zu machen, was nicht erlaubt ist. Steht ja jedem frei. Wenn ich jetzt davon ausgehe, daß ich nur alleine die Knacken da oben, daß ich vom Laschkorb erst einmal grundsätzlich mit zwei Mann dann fliegen muß und der Brückenfahrer von Körnerkasten zu Körnerkasten fährt und ich die Knacken da reinlege, wenn ich das auf dem Schiff mache, was eine Containerbewegung von 1200 oder 1300 Stück hat, möchte ich sagen, daß das Schiff also mindestens eine Schicht länger hier liegt als so, wie es jetzt gemacht wird.“

    In allen Gesprächen wurde in ähnlicher Weise vorgerechnet, in welchen Größenordnungen sich die Unterschiede zwischen vorschriftsmäßigem (aber unter den gegenwärtigen Umständen zwangsläufig schwerfälligerem) und zügigem (und bestimmte Vorschriften umgehendem) Arbeiten bewegen. Es besteht die berechtigte Furcht, daß Auftraggeber wie Reedereien und Charterer auf derartige Leistungsunterschiede empfindlich reagieren.

    L 2 „Das ist gar nicht das Problem, (das zur Gewährleistung höherer Arbeitssicherheit ein oder zwei Mann mehr eingeteilt werden müßten), sondern das Problem wird sein, daß jetzt (Reederei A) oder (Reederei B) sagt, wenn die jedesmal in Hamburg eine Schicht länger liegen würden: Wir fahren nicht mehr Hamburg an. Das ist wahrscheinlich das Problem, daß die Schiffe hier nicht mehr herkommen und daß die Firmen uns von daher schon anhalten, schnell zu arbeiten aber die Sicherheit einzuhalten.“...

    L 3 „Und so hört man immer wieder: Mensch, müssen wir machen, und: weißt doch, ob und wie und tatütata, gegen die Konkurrenz, und wir müssen doch bleiben, damit die Schiffe auch wiederkommen - diese Knute hat man ewig vor dem Arsch hier, sagt man auf deutsch. So höre ich das jedenfalls. Weil das immer heißt, die Schiffe, Mensch, was kostet das die für Gelder, die Stundenverluste, das sind immer 12 Stunden, 6 Stunden, 6 Stunden runter und 6 Stunden (die Elbe)wieder rauf.“...

    L 1 „Also von der Firma her ist keine Rückendeckung in der Richtung. Wir müssen nach Vorschrift arbeiten.“

    L 5 „Wir sollen nach Vorschrift - nur, arbeiten wir nach Vorschrift, heißt es wieder: Wieso wird das Schiff nicht fertig? ...“

    Lascher leben mit der latenten Bedrohung, ihre Arbeit und ihre Arbeitsplätze zu verlieren. Und sie tun nichts, was diese Gefahr noch vergrößern könnte. In diesem Punkt haben der beschäftigende Betrieb und die Mitarbeiter eine gemeinsame Interessenebene. Der Betrieb trägt aber wenig dazu bei oder kann u. U. auch wenig tun, den Widerspruch praktisch aufzulösen, der sich beim Laschen von Containern zwischen Arbeitstempo und Arbeitssicherheit auftut. Er verschärft ihn sogar, wenn wegen Unterbesetzung der Gangs beispielsweise zwei oder drei Lascher die Arbeit bewältigen müssen, für die zumindest zeitweise vier Lascher notwendig wären.

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    4.1.4 Arbeitsunfälle als Indikatoren für Problembereiche im Arbeitsprozess

    4.1.4.1 Unfallanalyse

    Der Unfallanalyse kommt für die Entwicklung alternativer Laschlösungen eine zentrale Bedeutung zu. Das hat sowohl sachliche als auch methodischeGründe.

    Die Gefährdung der Arbeitspersonen durch Unfälle beim Handling von Containern ist alarmierend groß. Das haben die Beobachtungen gezeigt, und es findet seine Entsprechung in den Erfahrungen der Lascher. Genaue Zahlen über die Unfallhäufigkeit bei Laschern gibt es allerdings derzeit nicht, weil die zuständigen Berufsgenossenschaften ihre Daten nicht tätigkeits- sondern personenbezogen sammeln. Aber die Versicherungsbeitragssätze, die für Lascher im Gegensatz zu anderen Beschäftigten an die Berufsgenossenschaften abgeführt werden müssen, spiegeln das erhöhte Unfallrisiko deutlich wider. Für Lascher eines untersuchten Betriebes sind 7.54% der Lohnsumme (Gefahrenklasse 26), für Terminalarbeiter nur 2.61% (Gefahrenklasse 9) und für Angestellte lediglich 0.2% der Lohnsumme (Gefahrenklasse 0.7) zu entrichten. Auch die Fehlzeiten der Lascher sind bedeutend höher als die der übrigen Mitarbeiter[9].

    Es ist eine ausdrückliche Zielsetzung des Entwicklungsvorhabens, die Gefahren der Schädigung von Personen durch Unfälle beim Container-Laschen zu senken. Entsprechend wichtig ist es, die Unfallursachen zu erforschen und einen wissenschaftlichen Beitrag zu wirksamer Abhilfe zu leisten.

    Aber aus Theorien zur Unfallentstehung läßt sich auch ein methodisches Argument gewinnen, der Analyse von Unfällen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

    Eine auch unter Wissenschaftlern lange verbreitete Erklärung für die Entstehung von Unfällen bestand darin, in dem „menschlichen Faktor“ die Hauptursache von Arbeitsunfällen zu sehen: d. h. in menschlichem Fehlverhalten, in unangemessener Arbeits-Einstellung („Unachtsamkeit“, „Nachlässigkeit“, „Fahrlässigkeit“) oder in bestimmten Persönlichkeitsstrukturen („Unfallneigung“, die sog. „Unfällerpersönlichkeit“). Und man war der Auffassung, durch sorgfältige Personalauswahl, -schulung und -ausbildung die Unfallzahlen wesentlich senken zu können.

    Diese Sicht hat sich jedoch als zu einseitig erwiesen. Die Bedeutung des menschlichen Faktors bzw. der Einfluß einzelner Arbeitspersonen bei der Entstehung und Verhütung von Unfällen wurde überschätzt (vgl. z. B. Hoyos, Graf v., 1980, S.173ff. oder Plagemann, H., 1969, S.269ff.)

    Ein Unfall kann sowohl durch Irrtümer und Fehlverhalten der Arbeitspersonen zustande kommen als auch durch ungünstige Arbeitsbedingungen. Angemessener ist es - und die bereits erfolgte Bestimmung der Probleme der Arbeitsausführung beim Container-Laschen zeigt das - einen Arbeitsunfall als eine Störung des Normalablaufs von Arbeitsvorgängen zu betrachten, bei dem technische Faktoren, die Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation mit individuellem Verhalten in komplexer Weise zusammenwirken (vgl. z. B. Kasparek 1986, S. 42).

    Eine Unfallanalyse, die möglichst viele der genannten Faktoren in die Untersuchung einbezieht, kann wirksamer auf eine Unfallverhütung hinarbeiten. Sie kann daher durch eine Bestimmung von Störbereichen zur Erkennung von Problembereichen in der Arbeitsgestaltung und Arbeitsorganisation beitragen.

    Bei der Unfallanalyse steht auch die Frage im Vordergrund, inwieweit und auf welche Weise die Arbeitsmittel und -methoden einerseits und die Arbeitsplatzgestaltung andererseits die Entstehung von Unfällen begünstigen, weil eine Verbesserung der Arbeitssicherheit wesentlich durch eine Innovation des Laschsystems und gegebenenfalls der Laschmethode erreicht werden kann.

    Im folgenden wird mit Hilfe einer sog. „Indirekten Gefährdungsanalyse“ herausgearbeitet, inwieweit die genannten Faktoren beim Container-Laschen im Spiel sind. Zu diesem Zweck werden Unfallanzeigen analysiert.

    Die Analyse basiert auf Daten über Arbeitsunfälle, die der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft (GroLa) und der See-Berufsgenossenschaft (SeeBG) [10] gemeldet wurden. Die zu diesem Zweck ausgefüllten und den Berufsgenossenschaften eingereichten Formulare sind die Erhebungseinheiten der Analyse.

    Unfallanzeigen halten zunächst soziodemographische Merkmale (das sind Name, Geschlecht, Geburtstag, Familienstand, Tätigkeiten usf.) der von einem Unfall betroffenen Person fest. Die zur Auswertung überlassenen Unfallanzeigen waren jedoch aus Datenschutzgründen mehr oder weniger weitgehend anonymisiert, so daß diese Daten nur mit Einschränkungen in die Analyse eingehen konnten.

    Eine sorgfältig ausgefüllte Unfallanzeige enthält Angaben zur Art der Verletzung, zu den verletzten Körperteilen der betroffenen Person, ferner detaillierte Angaben zu den zeitlichen Umständen.

    Außerdem ist eine ausführliche Schilderung vom Hergang des Unfalls gefordert. Hieraus lassen sich Daten über den unfallauslösenden Gegenstand, die Wirkungsweise des Gegenstandes, das Verhalten bzw. die Verhaltensreaktion der betroffenen Person gewinnen. Aus der Schilderung und den Angaben über den Unfallort läßt sich meistens auch entnehmen oder folgern, bei welcher Art von Arbeitshandlung der Unfall geschehen ist.

    Die aus diesen Anzeigen gewonnenen Daten sind daher sehr ergiebig für eine Einschätzung, von welchen Elementen der Arbeitssituation - konkret, ob von den Laschmitteln (37) und -werkzeugen (24) (Arbeitsmittel), den Containern (12)(Arbeitsobjekte), bestimmten Eigenschaften der Containerschiffe (11) (Arbeitsplatz) oder auch der weiteren Arbeitsumgebung einschließlich der Witterung - besondere Gefährdungen ausgehen. Ansatzweise ist es sogar möglich, Rückschlüsse auf den Einfluß arbeitsorganisatorischer Faktoren zu ziehen.

    Trotzdem lassen sich Ausmaß und Quellen von Gefahren mit Hilfe einer Analyse der Merkmale gemeldeter Arbeitsunfälle nur näherungsweise bestimmen. Obwohl in den Anzeigen die Umstände und die Folgen eines Unfalls recht weitgehend dokumentiert werden, geschieht dies doch in Einschränkung auf versicherungsrechtlich relevante Aspekte[11].

    Angezeigte Arbeitsunfälle sind zudem bereits Unfälle besonderer Schwere, nämlich Unfälle, bei denen eine versicherte Person Verletzungen erlitten hat, die eine mehr als dreitägige Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben, oder bei denen eine Person getötet wird (oder so sehr verletzt wird, daß sie stirbt). Zur Meldung solcher Unfälle an die Krankenkasse und an die Berufsgenossenschaft sind Arbeitgeber per Gesetz verpflichtet.

    Nicht alle Arbeitsunfälle werden von den Betroffenen angezeigt, sei es, daß die Lascher, und vermutlich auch die Besatzungen der Containerschiffe, Exkurs 2 diese Unfälle von vornherein als Bagatellen abtun oder weil sie negative Konsequenzen einer Unfallmeldung umgehen wollen[12].

    In die Analyse gehen insgesamt 244 Meldungen von Arbeitsunfällen ein. Der Hauptanteil der Meldungen stammt aus dem Zeitraum 1985 -1990. Gemessen an der jährlichen Gesamtzahl gemeldeter Unfälle in Seehäfen erscheint die Anzahl von N=244 auswertbaren Unfallanzeigen gering. Aber die Unfallmeldungen ergeben ein verhältnismäßig homogenes Datenmaterial, so daß eine statistische Auswertung der Daten vertreten werden kann, auch wenn sich die Ergebnisse u. U. nicht verallgemeinern lassen: Alle Unfälle sind in Arbeitssituationen aufgetreten, in denen es um die Ladungssicherung und -befestigung ging.

    169 (69.3%) aller betrachteten Unfälle sind beim Container-Laschen bzw. bei damit zusammenhängenden Nebentätigkeiten auf Containerschiffen geschehen. Einer Analyse dieser Daten gilt das Hauptinteresse. Sie ermöglicht eine Bestimmung typischer Gefährdungen und Verletzungsgefahren bei Lascharbeiten auf Containerschiffen.

    Weitere 71 Unfälle sind Laschern bei konventionellen Lascharbeiten (12) zugestoßen[13]. In bestimmten Fällen kann ein Vergleich von Unfällen beim Container-Laschen mit solchen beim konventionellen Laschen angestellt werden. Dieser Vergleich verhilft zu einer genaueren Charakterisierung der Container-Laschunfälle.

    Ein entsprechender Vergleich hat einen historischen Aspekt. Das konventionelle Laschen ist die „alte“, traditionelle Form der Ladungsbefestigung, bei dem es die Lascher mit anderen Objekten, anderen Materialien und Arbeitsmethoden zu tun haben. Allerdings wird, wie bereits geschildert, das konventionelle Laschen zunehmend vom Container-Laschen verdrängt.

    Ein solcher Vergleich würde allerdings auf einer analytischen Trennung beruhen, die mit der Arbeitspraxis der Lascher wenig gemein hat. Eine personelle oder gar berufsartige Spezialisierung für die Erledigung der beiden Klassen von Lascharbeiten hat bislang kaum stattgefunden. Sie wird sich wahrscheinlich in Zukunft aufgrund des weiter ansteigenden Containerisierungsgrades erübrigen. Lascher werden derzeit sowohl im konventionellen als auch im Containerbereich tätig, so daß sie, je nach Arbeitseinsatz, verschiedenartigen Gefahren ausgesetzt sind.

    Der Umstand, daß es sich bei den betroffenen Personen um zwei Gruppen von Versicherten handelt, bietet die Möglichkeit zu einem anderen aufschlußreichen Vergleich

    Die Unfälle, die der BG Großhandel und Lagerei angezeigt wurden, sind überwiegend solche, die Beschäftigten der Hafenbetriebe UNIKAI GmbH Hamburg, Stauerei Karl Tiedemann Hamburg, Reederei Hamburg – Süd Hamburg zugestoßen sind (182 Unfälle). Die Unfälle, die der SeeBG angezeigt wurden, sind Mitgliedern von Schiffsbesatzungen zugestoßen (62 Unfälle) (die Versicherten der SeeBG werden in der Folge „Seeleute“ genannt)

    Die Arbeitsorganisation und andere Arbeitsbedingungen der Seeleute unterscheiden sich von denen der Hafenarbeiter; auch die Arbeitsaufgaben in bezug auf die Ladungssicherung sind nicht identisch.

    Seeleute laschen während der Fahrt nach, d. h. sie kontrollieren, prüfen und verbessern im einzelnen die Ladungssicherung. Ferner gibt es, wie bereits erwähnt, Häfen, in denen das Laschen untersagt ist, so daß die Besatzung diese Aufgaben übernehmen muß. Und es kommt vor, daß Seeleute beim Einlaufen in den Hafen die eigentlichen Lascharbeiten vorbereiten helfen. Im übrigen gilt offensichtlich nicht nur für die Lascher im Hafen, daß sie sich auf den Containerschiffen mit Problemen der Befestigung und Sicherung konventionellen Stückguts befassen müssen. Exkurs 2: Die Auswirkungen der „Containerisierung“ auf die Hafenwirtschaft.

    Ein Vergleich der Unfälle kann ansatzweise Aufschluß darüber geben, ob sich diese Unterschiede der Arbeitsorganisation auf die Arbeitssicherheit der Lascher und der Seeleute auswirken.

    Tab. 4: Arbeitsunfälle beim konventionellen Container-Laschen mit Laschern und Seeleuten als Betroffene

    Die Unfallanalyse wurde anhand der erhaltenen Daten durchgeführt. Die Unfälle werden beim Container-Laschen zunächst in groben Zügen charakterisiert: Soweit die Daten es zulassen, sollen die zeitlichen und arbeitsorganisatorischen Bedingungen der Unfälle, Merkmale der Betroffenen, die Art und Schwere der Verletzungen gekennzeichnet werden. Gegebenenfalls wird die Unterschiedlichkeit der Beeinträchtigung der Arbeitssicherheit bei Laschern und Seeleuten herausgearbeitet[14], und in einzelnen Fällen wird auf Besonderheiten beim Laschen im konventionellen Bereich eingegangen. Im Anschluß daran werden Faktoren der Entstehung und der Hergang der Unfälle genauer untersucht. Besondere Aufmerksamkeit wird der Frage gewidmet, auf welche Weise Arbeitsmittel, insbesondere Laschmittel und Arbeitsplatzfaktoren, Unfälle ausgelöst haben und welche arbeitstechnischen Störungen dabei im Spiel gewesen sind. Zu diesem Zweck werden die statistischen Ergebnisse um deskriptive Informationen aus der Sammlung der „Ausführliche(n) Schilderung des Unfallherganges“ in den Unfallanzeigen ergänzt.

     

    4.1.4.2 Die zeitlichen und betrieblichen Umstände der Unfälle

    Das Unfallanzeigenformular enthält eine Rubrik, in der das Datum, der genaue Zeitpunkt und der Arbeitsbeginn der betroffenen Person festgehalten werden sollen. Diese Daten können (bei einer hinreichend großen Anzahl untersuchter Fälle) daraufhin untersucht werden, wie Unfälle sich auf das Jahr, auf die Wochentage und im Tagesablauf verteilen.

    Auf den Mittwoch fallen merklich häufiger Unfälle als auf andere Wochentage. Dies gilt insbesondere für Unfälle, von denen Lascher betroffen sind. Dies könnte auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß in der Mitte der Woche der Arbeitsanfall und die Arbeitsintensität besonders hoch sind. Abb. 8: Arbeitsunfälle von Laschern - Zeitpunkt des Unfalls (Monat)

    In den Daten finden sich Anhaltspunkte dafür, daß Unfälle im Spätherbst und in Wintermonaten häufiger, im Frühling und insbesondere im Mai deutlich seltener auftreten. Der Einfluß der Witterung auf die Lascharbeiten könnte hierfür maßgeblich sein. Auch hier können sich u. U. (jahreszeitliche oder monatliche) Unterschiede des Arbeitsanfalls niederschlagen[15].

    Wenn man die Verteilung der Unfälle auf Stunden des Tages bzw. der Nacht betrachtet, zeigen sich bemerkenswerte Ballungen und Zeiträume, in denen sehr selten Unfälle auftreten. Weil die Arbeit von Laschern im Hafen und die von Seeleuten einer unterschiedlichen zeitlichen Strukturierung unterliegen, erscheint es sinnvoll, zwischen beiden Gruppen zu differenzieren.

    Auffällig ist, daß das Zeitregime der Arbeit von Laschern stärker durch das tarifliche Schichtsystem geprägt zu sein scheint als das der Seeleute.

    Knapp die Hälfte der betroffenen Lascher hat zur ersten Schicht gegen 07.00 Uhr die Arbeit angetreten, gut ein Viertel gegen 15.00 Uhr zur zweiten Schicht und ein Fünftel gegen 23.00 Uhr zur dritten Schicht. Die übrigen Lascher haben nicht zu Beginn einer Schicht ihre Arbeit aufgenommen.

    Dagegen hat die Hälfte der betroffenen Seeleute um 08.00 Uhr ihre Arbeit begonnen, während sich der Arbeitsbeginn der anderen über die restlichen Stunden des jeweiligen Unfalltages verteilt. 25,8% der betroffenen Seeleute haben in der Nachtschicht gearbeitet.

    38,8% der untersuchten Lascher-Unfälle fallen in die Zeit der ersten Schicht, 31,1% in den Zeitraum der zweiten Schicht, und 30,1% sind zwischen 23.00 Uhr und 07.00 Uhr aufgetreten. Diese Zahlenverhältnisse weisen darauf hin, daß es eine Reihe von Laschern geben muß, die den Unfall erst nach Ablauf ihrer ersten Schicht erlitten haben. Tatsächlich zeigt sich, daß fast jeder fünfte betroffene Lascher zum Zeitpunkt des Unfalls länger als 8 Stunden tätig war.

    Bei den Seeleuten fallen dagegen 54,8% der Unfälle in die Tagesschicht und nur 17,7% in die Nachtschicht. Von den betroffenen Seeleuten sind zum Zeitpunkt des Unfalls sogar gut ein Viertel länger als acht Stunden tätig gewesen.

    In insgesamt drei Fällen ergeben die Berechnungen sogar eine Arbeitsdauer von mehr als 16 Stunden.

    In diesen Fällen drängt sich der Verdacht auf, daß lang andauernde Beanspruchungen und Ermüdung die Unfälle begünstigt haben können. Viele empirische Untersuchungen der Unfallforschung haben ergeben, daß die Häufigkeit von Fehlern mit der Ermüdung zunimmt; und diese Fehler können mittelbar oder unmittelbar zu Unfällen führen (vgl. Kasparek ,1986, S. 62). Ein Absinken der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit tritt jedoch nicht erst nach einer außergewöhnlich langen Arbeitszeit oder hohen Beanspruchungen auf. Es wurde festgestellt, daß die Leistungsbereitschaft und -fähigkeit im Tagesverlauf in charakteristischer Weise schwankt und diese Schwankungen in engem Zusammenhang mit einem „natürlichen“ physiologischen Rhythmus von Aktivitäts- und Ruhephasen stehen[16].

    Um zu klären, ob sich entsprechende Schwankungen in der Unfallhäufigkeit beim Container-Laschen niederschlagen, soll untersucht werden, wie sich das Auftreten von Unfällen zeitlich über den Tag verteilt. Die folgende Abbildung zeigt im Hintergrund die Kurve der Veränderung der physiologischen Leistungsbereitschaft im Tageszyklus[17]. Im Vordergrund ist dargestellt, mit welcher Häufigkeit sich die Unfälle über den Tag verteilen. Zunächst ist zu erkennen, daß sich die Unfälle nicht gleichmäßig über den Tag verteilen, sondern daß es Zeiträume gibt, in denen sich Unfälle ballen: Die deutlichste Häufung liegt zwischen 10.00 und 11.00 Uhr, weitere zwischen 08.00 und 09.00 Uhr, zwischen 13.00 und 14.00 Uhr sowie zwischen 17.00 und 19.00 Uhr und nachts zwischen 23.00 und 24.00 Uhr. Unterdurchschnittlich wenig Unfälle treten nachts von 04.00 bis 06.00 Uhr und abends ab 20.00 Uhr auf[18].

    Indizien für Unfälle als Folge von Beanspruchungen zu physiologisch „unpassender“ Zeit wären Häufungen von Unfällen in der Umgebung von Tiefpunkten bzw. in einem Zeitraum des Abfalls der Leistungsbereitschaft und eher geringe Anzahlen in Zeiträumen höherer Einsatzbereitschaft - die Kurven müßten spiegelbildlich zueinander verlaufen.

    Abb. 2: Schwankungen der Unfallhäufigkeit in Abhängigkeit der physiologischen Leistungsbereitschaft (nach den untersuchten Unfallmeldungen der Lascher und Seeleute N= 180)

    Ein Vergleich des Verlaufs beider Kurven zeigt, daß dies nur auf die Unfälle frühmorgens, auf den Zeitraum um ein Uhr mittags und den Zeitraum zwischen 19.00 - 21.00 Uhr zutrifft. Die größten Häufungen von Unfällen fallen gerade mit dem Zeitraum höchster Leistungsbereitschaft zusammen und Unfälle sind besonders selten, wenn die Leistungsbereitschaft ihr niedrigstes Niveau zeigt.

    Dieser Befund widerspricht scheinbar der Hypothese eines quasi gesetzmäßigen Anstiegs von Fehlern und damit auch der Erhöhung von Unfallgefahren und könnte zum Anlaß genommen werden, die negativen Konsequenzen nächtlicher Arbeit zu unterschätzen.

    Wahrscheinlicher ist jedoch, daß es Faktoren in der Arbeitssituation von Laschern und Seeleuten gibt, von denen die zeitlichen Schwankungen der Unfallhäufigkeit stärker beeinflußt werden als von den physiologischen Dispositionen der Arbeitspersonen. Einer dieser Faktoren ist offensichtlich die zeitliche Organisation der Lascharbeiten im Hafen und auf See. Die Zeitstruktur der Arbeiten für die Lascher wird weitgehend durch das Schichtsystem festgelegt[19]. Eine genauere Untersuchung der zeitlichen Kumulation von Unfällen bei den Laschern zeigt, daß (mit Ausnahme des Zeitraums von 5 bis 6 Uhr) die relativen Tiefpunkte in Zeiträume von Pausen und Arbeitsbeginn bzw. Arbeitsende fallen[20] - also in Phasen ruhender Arbeit.

    Abb. 9: Unfälle von Container-Laschern und Seeleuten im Tageszyklus

    Auffällig ist die Spitze ab zwei Uhr nachts. Lascher berichteten in Gesprächen von einem regelmäßigen „toten Punkt“ in den Nachtschichten kurz nach Beginn der Schicht, zwischen ein und zwei Uhr und nach der Pause, wenn man eine Mahlzeit zu sich genommen hat. Möglicherweise stehen die Unfälle mit diesen Tiefpunkten in Zusammenhang. Besonders unfallträchtig sind ferner jeweils die Zeitraume von ein bis zwei Stunden vor der Pause bzw. vor dem Arbeitsende.

    Bei den Seeleuten scheint eher die Stunde nach dem Arbeitsbeginn und der (vermutete) Zeitraum vor dem Arbeitsende besonders kritisch zu sein

    Beide Phänomene deuten darauf hin, daß die Umstellung auf eine neue Situation - bei den Seeleuten ist es der Wechsel von der Freizeit zur Arbeit und umgekehrt und bei den Laschern stärker noch die Aussicht einer Arbeitsunterbrechung - es punktuell erschwert, mit den Gefährdungen in der Arbeitssituation zurechtzukommen.

    Die Lascher selbst haben eine Erklärung für die Häufung der Unfälle, die dieser Annahme entspricht und sie mit Inhalt füllt. Die Unfälle kurz vor Feierabend sind ihnen offensichtlich deutlicher in Erinnerung geblieben:

    L 1 „Die meisten Unfälle passieren ja auch kurz vor Feierabend“

    L 6 „Ja, bei Schichtanfang ist also kaum einer passiert.“

    L 2 „Meistens ein bis eineinhalb Stunden vor Feierabend.“

    L 4 „Aber denn sagt man, ach, schnell mal das noch machen und dann vielleicht nach Hause oder so und denn haut man noch einen Schlag rein und denn, ja, meistens passiert dann was ... weil gerade dann die Hektik aufkommt. Weil dies und jenes dann noch muß, es ergibt sich meistens auch so, daß das vom Stauen her alles so zum Schluß hinkommt und das muß halt aufgeholt werden, daß wenn die nächste Schicht anfängt, es auf jeden Fall auf dem laufenden ist.“

    Hier wird illustriert, was viele empirische Untersuchungen ergeben haben: daß eine hohe Arbeitsintensität und Hektik Unfälle begünstigen. Dabei ist gleichgültig, ob sie durch äußere Umstände oder von den Arbeitspersonen selbst herbeigeführt werden. Daß auch Ablenkung und Konzentrationsmangel hinzutreten können, veranschaulicht der folgende Gesprächsauszug:

    L 2 „Und man will ja vielleicht auch ein bißchen früher nach Hause.“

    L 1 „Wenn (d) er (Vize) sagt: „Jetzt paßt mal auf, das Feld und dann könnt Ihr abhauen.“ Sagt man vielleicht, holt man vielleicht eine oder zwei Stunden raus, daß man früher nach Hause kommt, weil am nächsten Tag geht das wieder früh los. Sagt man auch, hau einen Schlag rein und denn, zack, zack, fertig. Und dabei passiert das dann meist.“

    Daß nicht nur ein absehbares Ende der Arbeitszeit, sondern auch andere Wechsel in der Arbeitssituation und die dabei auftretenden Anpassungsprobleme wichtige Faktoren bei der Unfallentstehung sein können, wird durch eine weitere Beobachtung gestützt. Häufungen von Unfällen wiederholen sich abhängig von der Arbeitsdauer der betroffenen Lascher im Rhythmus von etwa vier Stunden.

    Abb. 10: Die Unfälle der Lascher und Seeleute in Abhängigkeit von der Arbeitsdauer

    Nach 3 bis 4 Stunden (ca. eine Stunde vor der ersten Pause) ist die erste besonders kritische Phase. Nach etwa sieben Stunden, kurz vor Ende der ersten Schicht, liegt ein weiterer relativer Höhepunkt; schließlich wird sogar nach 11 Stunden (wiederum in der Stunde vor der Pause der zweiten Schicht) eine Häufung von Unfällen erkennbar.

    Bei den Seeleuten prägt sich eine starke Gefährdung in den ersten beiden Stunden nach Antritt der Arbeit deutlicher aus. Eine eingehendere Interpretation des Kurvenverlaufs ist aufgrund der geringen Fallzahl nicht möglich.

     

    4.1.4.3 Die Rolle der Arbeitserfahrung

    Ein Anpassungsproblem von anderer, allgemeinerer Art entsteht mit dem Eintritt in ein Tätigkeitsfeld und dem allmählichen Erwerb von Arbeitserfahrung. Man kann sich erst dann sicherheitsgerecht und umsichtig verhalten, wenn man die Risiken kennengelernt hat. Und man kann Gefahren nur angemessen begegnen oder ausweichen, wenn man eine Vorstellung davon hat, was in bestimmten Situationen passieren kann. Entsprechende Lernschritte sind auf verschiedene Weise möglich: durch eine gute Ausbildung, durch die Anleitung erfahrener Kollegen und durch „einen Sprung ins kalte Wasser“, was bedeutet, gleichzeitig mit unbekannten Gefahren und neuen Leistungsanforderungen konfrontiert zu werden.

    In den untersuchten Unfallanzeigen ist z.T. angegeben, wie lange ein betroffener Lascher oder das Mitglied einer Schiffsbesatzung seine Tätigkeit bereits ausgeübt hat. Daher läßt sich untersuchen, ob es Anzeichen dafür gibt, daß sich die Arbeitserfahrung bzw. ein entsprechender Mangel auf die Entstehung von Unfällen auswirkt.

    Abb. 11: Arbeitserfahrung von Laschern und Seeleuten zum Zeitpunkt ihres Unfalls

    Die Kurvenverläufe weisen erstaunliche Unterschiede zwischen Laschern und Seeleuten auf[21]. Fast ein Viertel (N=11) der betroffenen Seeleute hat zum Zeitpunkt des Unfalls seine Tätigkeit noch nicht einmal ein Jahr ausgeübt. Weitere 10 Seeleute sind gerade in ihrem zweiten Jahr an Bord eines Schiffes. Nahezu die Hälfte der Unfälle haben sich also in den ersten beiden Jahren der Tätigkeit der Betroffenen ereignet. Die andere Hälfte sind Betroffene, die zwischen 2 und 29 Jahre zur See gefahren sind.

    Bei den Unfällen, von denen Container-Lascher betroffen sind, ergibt sich ein ganz anderes Bild. Unter den betroffenen Laschern sind bedeutend seltener solche, die erst ein bis zwei Jahre in ihrer Tätigkeit waren. Leider gibt es nur sehr begrenzte Möglichkeiten, Hypothesen über die Ursachen dieser Unterschiede zu prüfen. Aber es gibt empirische Anhaltspunkte dafür, daß es sinnvoll ist, zwischen dem Ausmaß von Erfahrungen mit Anforderungen und Gefahren auf Containerschiffen und dem Ausmaß spezifischer Berufserfahrung und entsprechenden Qualifikationen zu unterscheiden.

    Differenziert man bei den „Seeleuten“ nach der formalen Qualifikation, so zeigt sich, daß beispielsweise „neue“ Matrosen eine deutlich höhere Unfallwahrscheinlichkeit[22] haben als „alte“ Matrosen; ebenso sind „neue“ Schiffselektriker, Schiffsbetriebsmeister oder Offiziere deutlich häufiger als „alte“ unter den Betroffenen zu finden[23].

    Demnach stünde die Häufigkeit von Unfällen in der ersten Zeit der Tätigkeit von Schiffsbesatzungsmitgliedern eher mit einem Mangel an Vertrautheit mit den Gefahren auf einem Containerschiff in Zusammenhang als mit einem Mangel an tätigkeitsspezifischeren Fähigkeit, Fertigkeiten und Erfahrungen [24].

    Daß Unfälle in der ersten Zeit der Tätigkeit von Laschern eher untypisch sind, könnte damit zusammenhängen, daß es viele Lascher gibt, die zuvor einen handwerklichen Beruf ausgeübt haben oder zur See gefahren sind und ähnliche Risiken, wie sie beim Laschen von Containern auftreten, kennengelernt haben.

    L 2 „Also mir persönlich macht das eigentlich nicht so’n ungutes Gefühl, weil ich das Arbeiten in größeren Höhen an sich vom Bau her gewohnt bin und da ist es an sich noch risikoreicher. Weil man weiß ja manchmal nicht, man tritt auf eine Latte und weiß nicht, hält sie oder hält sie nicht.“

    L 4 „Über das Gerüst bin ich ja auch schon gejagt, denn ich komme auch vom Bau her. Gerüst ist ja auch nun ungefährlich, also...Trotzdem also, wenn ich da oben auf 25 m frei in der Luft hänge und kann mich nicht darauf verlassen, daß die Bremse oben hält - was meinst Du, wenn ich alleine falle von da oben? Irgendwo auf dem Bau auf dem Gerüst da kann ich mich vielleicht - vielleicht ! - doch irgendwo abfangen. Aber wenn ich mit dem Korb da runter komme... Da bist Du Brei. Das ist einfach nur das ungute Gefühl (beim Fahren im Laschkorb), das ist keine Angst. Wenn ich Angst hätte, dann dürfte ich ...dann würde ich nicht raufgehen.“

    Die höhere Gefährdung der Lascher nach 10 bis 13 Jahren Laschtätigkeit konnte auf eine langfristige Abnahme der Belastbarkeit der Lascher hindeuten, zumal ältere Lascher (jenseits von 45 Jahren) überdurchschnittlich häufig betroffen sind.

     

     

     

    4.1.4.4 Das Verhalten oder die Reaktionen der Betroffenen während der Entstehung eines Unfalls

    Daß die mangelnde Griffigkeit der Gehflächen auf dem Arbeitsplatz „Containerschiff“ ein Hauptproblem darstellt, läßt sich an dem Verhalten bzw. den Verhaltensreaktionen der Arbeitspersonen während der Unfallentstehung ablesen.

    Tab. 5: Verhalten bzw. Verhaltensreaktionen der Betroffenen

    Jeder dritte bis vierte Unfall beginnt damit, daß Lascher oder Seeleute auf einer glatten Oberfläche ausgleiten. Besonders auffällig ist jedoch, wie hoch der Anteil von Unfällen ist, der ohne unmittelbare Verhaltensbeteiligung der Arbeitspersonen zustande kommt. Bei jedem dritten Unfall wird die Arbeitsperson zum Zeitpunkt der Unfallentstehung ein „Opfer“ der Einwirkung auslösender Gegenstände, was nicht bedeutet, daß sie ohne jede Verantwortung für die Entstehung des Unfalls sein muß.

    Obwohl Unfälle überwiegend während der eigentlichen Laschtätigkeiten geschehen, entstehen sie vergleichsweise selten im Zuge der unmittelbaren Handhabung von Laschmitteln oder Werkzeugen. Dies trifft für Lascher in stärkerem Maße zu als für Seeleute.

    Abb. 12: Arbeitshandlung während der Unfallentstehung (Unfälle von Laschern (N=106) und Seeleuten (N= 56)

    Es zeigt sich, daß die Seeleute häufiger beim Gebrauch von Leitern oder Stiegen beim „Verkehren“ in der Vertikalen zu Schaden kommen. Unfälle beim Fahren im Laschkorb sind dagegen ausschließlich Laschern zugestoßen. In der unterschiedlichen Häufigkeit von Unfällen während Kontroll- und Inspektionsarbeiten und anderen unterstützenden Tätigkeiten scheinen sich die unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkte von Laschern und Seeleuten niederzuschlagen. Ferner könnte von Bedeutung sein, daß Lascher nur auf festgemachten Schiffen im Hafen tätig sind, während Seeleute auch auf fahrenden Schiffen arbeiten.

     

    4.1.4.5 Unfallauslösende Gegenstände beim Container-Laschen

    Arbeitsunfälle werden auch als ein plötzliches, unvorhergesehenes Zusammentreffen einer Arbeitsperson mit einem Gegenstand oder einer Materie aus der unmittelbaren (technischen) Arbeitsumgebung definiert[25]. Dieses kann einseitig durch das individuelle Verhalten oder von dem betreffenden Gegenstand herbeigeführt werden (Gefahrenträger); es kann aber auch das Ergebnis des Zusammenwirkens beider Unfallbedingungen sein.

    Die Schilderungen des Unfallhergangs sind selten differenziert und detailliert genug, um Aufschluß über dieses Zusammenwirken menschlicher und technischer Unfallbedingungen zu gewinnen. Es ist auch nicht möglich, aus den Unfallanzeigen eine typische Verhaltensweisen mit einer besonders hohen Unfallwahrscheinlichkeit zu gewinnen. Bedeutend informativer sind die Schilderungen dagegen in bezug auf die Beteiligung technischer Unfallbedingungen. Ordnet man die in den Unfallanzeigen genannten unfallauslösenden Gegenstände den Elementen der Arbeitssituation zu, erhält man einen ersten Eindruck, welchen Anteil Arbeitsmittel an der Unfallentstehung haben.

    Tab. 6: Elemente der Arbeitssituationen als Auslöser von Unfällen beim Container-Laschen

    Jeder zweite Arbeitsunfall wird durch ein Arbeitsmittel ausgelöst (Eingeschlossen sind Transportmittel mit 2.4% der Unfälle). Dies zeigt die Dringlichkeit, an dieser Stelle gestalterisch anzusetzen, und es unterstreicht die potentielle Bedeutung eines innovativen Laschsystems für die Senkung der Unfallgefährdung.

    Aber auch die Beschaffenheit des Schiffes als Arbeitsplatz trägt sehr häufig zur Entstehung eines Unfalls bei. Dagegen tritt der Container (Arbeitsobjekt) als unfallauslösender Gegenstand in den Hintergrund, darf als Gefährdungspotential dennoch nicht unterschätzt werden. In zwei Fällen hat das Verhalten anderer Arbeitspersonen einen Unfall verursacht.

    Differenziert man die Gegenstände, durch die Unfälle entstanden sind genauer, zeigt sich, daß ein Arbeitsmittel - und zwar die Laschstange - die Arbeitspersonen am stärksten gefährdet.

    Tab. 7: Unfallauslösende Gegenstände beim Container-Laschen

    Betrachtet man lediglich die Unfälle, die durch Laschmittel hervorgerufen wurden (N=71), erhöht sich die Unfallbeteiligung der Laschstange gar auf über 50 %. Im konventionellen Laschbereich spielen Laschmittel als Unfallauslöser eine vollkommen untergeordnete Bedeutung (N=5), obwohl auch hier mit Laschketten, -drähten oder -gurten und mit Spannvorrichtungen gearbeitet wird.

    Gleichzeitig wird noch deutlicher, daß auch die Beschaffenheit der Geh- bzw. Bewegungsflächen eine entscheidende Schwachstelle darstellt. Problematisch sind offensichtlich auch die Steighilfen wie Aufgänge, feste und bewegliche Leitern an Bord der Schiffe. Leiterunfälle spielen jedoch bei den Seeleuten eine erheblich größere Rolle als bei den Laschern; 11 der insgesamt 17 Unfälle dieser Art sind Seeleuten zugestoßen. Die Oberflächen der Container und die Stand- und Gehflächen auf dem Schiff selbst bergen verschiedenartige Gefahren: Stufen und Leitern bieten keinen ausreichenden Halt. Bei kleineren Schiffen wird die Sturzgefahr durch das Überholen (das Sich-Neigen) des Schiffes und andere Bewegungen verstärkt. Nasse und ölige Glätte bergen Rutschgefahren. Bewegungshindernisse am Boden sowie Lücken, Löcher oder Spalten erzeugen Stolpergefahren.

     

    4.1.4.6 Die Wirkungsweise unfallauslösender Gegenstände

    Die Arbeitspersonen sind in erster Linie abrutschenden, umfallenden und herabfallenden Gegenständen ausgesetzt.

    Ein Abrutschen und Umfallen, aber auch das Herabfallen (als eine die Arbeitsperson schädigende Einwirkung) ist insbesondere für die Laschstange kennzeichnend. Aus den Schilderungen des Unfallherganges geht wiederholt hervor, daß Stangen aus den ISO-Ecken heraus- und dann herabgefallen sind. Auch das Gewicht der Stangen im Zusammenhang mit der erforderlichen Operation des Ein- oder Aushängens trägt dazu bei, daß die Stangen abrutschen. In einer Reihe von Fällen wird geschildert, daß die Arbeitsperson oder die Stange beim Einhängen, wobei die Stangen z. T. mit gestreckten Armen über dem Kopf gehalten werden müssen, aus dem Gleichgewicht geraten sind.

    Tab. 8: Wirkungsweise des unfallauslösenden Gegenstandes

    Auch Spannschrauben lösen am häufigsten durch Abrutschen und Umfallen einen Unfall aus. Befestigungsstücke und -ecken („Security – pads“) und Verlängerungen gefährden die Arbeitspersonen am häufigsten, indem sie herabfallen; aber auch in passiver Weise - als Hindernisse in den Gängen und den Lukendeckeln und im Laschkorb - bilden sie Gefahrenquellen. Allerdings ist die Häufigkeit, mit der die Befestigungsstücke insgesamt zur Entstehung von Unfällen beitragen, zu beachten.

    Entsprechend ist durch die Laschmittel in erster Linie die passive Sicherheit der Lascher gefährdet. Bei der unmittelbaren Handhabung der Laschmittel passiert nur ein geringer Anteil der Unfälle (16%). Beides gilt wiederum im besonderen Maße für die Laschstange.

     

    4.1.4.7 Die Folgen der Unfälle für die Arbeitspersonen

    Durch die vorgenannten Einwirkungen kommt es zu Verletzungen, die am häufigsten die unteren Extremitäten betreffen. Lascher verletzen sich beim Container-Laschen in fast zwei Drittel aller Unfälle Finger, Hände, Arme oder Füße und Beine.

    Abb. 13: Verletzte Körperbereiche von Laschern (N=112) und Seeleuten (N=56)

    Die unteren Extremitäten sind bei den Seeleuten in ähnlicher Weise betroffen. Aber auch Verletzungen am Kopf sind, wie die Abbildung zeigt, relativ häufig (17.8%). Lascher erleiden häufiger Verletzungen am Kopf als Seeleute. Die Laschstangen sind für den größten Teil der Gesichts- und Kopfverletzungen verantwortlich, die den Arbeitern beim Container-Laschen zugefügt werden.

    Container-Lascher erleiden am häufigsten eine Prellung (46.7% der Unfälle von Laschern), eine Verletzungsart, die auch bei den Seeleuten sehr häufig ist (Abb. 14). Noch häufiger ziehen sich Seeleute Brüche zu (30.2%). An zweiter Stelle stehen bei den Laschern die Verstauchungen (21.5% der Unfälle), bei den Seeleuten sind es die Prellungen (27,1%)

    Abb. 14: Art der Verletzung bei Unfällen von Laschern (N=107) und Seeleuten (N=53)

     

    4.1.4.8 Die Schwere körperlicher Schädigungen

    Da eine Unfallanzeige keine Angaben über die Dauer der Arbeitsunfähigkeit oder medizinische Einzelheiten enthält, die man als Indikator für die Schwere der Unfälle auswerten könnte, soll die Anzahl verletzter Körperbereiche und die Anzahl verschiedenartiger Verletzungen stellvertretend Maßstab sein: Je mehr Körperteile verletzt sind oder je mehr Verletzungen eine Person davongetragen hat, desto schwerer ist die Schädigung der Person und desto schwerer ist der Unfall.

    Tab. 9: Anzahl verletzter Körperteile

    Es zeigt sich, daß bei Seeleuten häufiger als bei Laschern nicht nur ein, sondern zwei oder drei Körperteile verletzt werden. Von dem einzigen tödlichen Unfall beim Container-Laschen war ein Seemann betroffen. Gemessen an dem festgelegten Kriterium hatten die untersuchten Unfälle der Seeleute schwerere Schädigungen zur Folge. Dieser Befund erhärtet sich, wenn man die Anzahl erlittener Verletzungen zum Maßstab der Schwere nimmt.

    Tab. 10: Anzahl verschiedener Verletzungen

    Zwar kommen die Seeleute häufiger als Lascher mit einer Art von Verletzung davon. Sie erleiden jedoch häufiger als Lascher gleich drei Arten von Verletzungen bei einem Unfall und ein Unfall endete, wie bereits erwähnt, tödlich. Die Schädigungen durch die Unfälle waren für die Seeleute schwerer als für die Container-Lascher.

    Der Umgang mit den Containersicherungsystemen ist, wie analysiert, eine ausserordentlich unfallgefährdende Tätigkeit für Seeleute wie für Lascher. In einer umfassenden technischen Bestandsaufnahme werden im Kapitel 4.2 die auf den Seeschiffen gebräuchlichen Laschsysteme und ihre Einzelkomponenten dargestellt.

     

    4.2 Ergebnisse der technischen Bestandsaufnahme

     

    Das „konventionelle Laschsystem “ wird im folgenden kurz definiert und mit seinen Einzelkomponenten und deren Gewichten dargestellt; (Abb 16 A ) Decksstaumaterial Teil 1: Beschläge und Befestigungselemente und (Abb. 16.B) Decksstaumaterial Teil 2: Verriegelungselemente.

    Diese Einzelkomponenten wurden unter folgenden Gesichtspunkten weitergehend untersucht:

    • 1. Art der Sicherung / Sicherungsvorgänge
    • 2. Systemkompatibilität

    Die strukturelle Schwäche des konventionellen Laschsystems besteht darin, dass es nur bedingt „full-safe-fashion“ ist, denn einen erheblicheren Einfluss auf die Ladungs- und Schiffssicherheit hat die Stauhöhe, bzw. die Containerlagenzahl an Deck.

     

    4.2.1 Konventionelle Laschsysteme an Deck von Containerschiffen

    Technische Merkmale

    Dargestellt und definiert wird das z. Zt. auf modernen Containerschiffen für die Sicherung von Deckscontainerladung übliche sogenannte konventionelle Laschsystem.

    Dabei wird das Hauptaugenmerk auf Aspekte gelegt, die im wesentlichen Einfluß auf die Handhabung der Systemkomponenten durch das Laschpersonal haben, wie z.B. das Gewicht der zu bewegenden Einzelteile, das Gesamtgewicht und die Anzahl der beweglichen Teile eines kompletten Laschsystems auf Deck eines mittelgroßen Containerschiffes (Abb.17: Klasse B: mittelgroßes Containerschiff ) .

    In der Grundgeometrie unterscheidet sich das konventionelle Lasch- oder Zurrmaterial der einzelnen Hersteller nur geringfügig, daher bildet die Zusammenstellung alle am Markt gebräuchlichen Systeme (Abb. 16 A und Abb. 16 B) repräsentativ ab.

     

    4.2.1.1 Zusammenstellung der Einzelteile und Gewichte eines Deckscontainer-Zurrsystems für ein 1800 TEU-Containerschiff

    Containerkapazitäten Tab. 11

    Laschmaterial:

    a. lose Teile an Deck Tab. 12
    b. Bedienungsteile
    Tab. 13
    c. Ersatzteile
    Tab. 14
    d
    . feste Teile an Deck Tab. 15

    e. Tab. 16: Gesamtgewicht aller Laschelemente für ein 1800 TEU Containerschiff (Abb.17)

    Anzahl
    Einzelgewichte)
    (a) + (b) + (c) alle losen Teile an Deck
    7.032
    71.061 kg
    (d) alle festen Teile
    1.542
    10.319 kg
    Teile und Gesamtgewichte der Zurreinrichtung an Deck
    8.574
    81.380 kg

     

    4.2.1.2 Verriegelungs- und Spannelemente

    Twistlocks (zwischen den Container-Lagen bzw. den Eckbeschlägen)

    Twistlocks sind die wichtigsten und auch am häufigsten verwendeten Containersicherungselemente auf einem Containerschiff, da sie nicht nur zwischen den Containern, sondern auch an der Bodenlage auf den Lukendeckeln (mit ISO (Befestigungs)-Fundamenten) eingesetzt werden.

    Bild 40: Anordung der ISO-Aufschweissfundamente für Bodentwistlocks und der Laschaugen-Platten für Stangenbeschläge auf einem Mc Gregor Navire Lukendeckel

    Das Twistlock hat primär die Aufgabe, die Container in vertikaler Richtung zu verkoppeln, um sie gegen Kippen und Abheben zu sichern; in horizontaler Richtung - längs wie quer - wirken sie als Verschiebesicherung. Sie können wegen dieser Mehrfachfunktion auch ausschließlich zur Sicherung der Container eingesetzt werden, wenn die Prämisse erfüllt ist, daß die zulässigen horizontalen Belastungen der Container, verursacht durch die statischen Kräfte aus den Containergewichten und die dynamische Kräfte aus der Schiffsbewegung, nicht überschritten werden.

    Unter der (theoretischen) Voraussetzung, dass die zulässigen Endrahmen- und Eckbeschlagsbelastungen des Containers nicht überschritten werden, kann grundsätzlich mit diesem Fitting-Typ die gesamte Container-Kapazität eines Schiffes bis zu einer dreilagigen Stapelhöhe gesichert werden.

    Allerdings kann das Twistlock keine „inneren Kräfte“ am Container reduzieren, deshalb müssen zur Reduzierung der Rahmenquerkräfte (racking forces) zusätzliche externe Abstützungen wie z.B. Zurreinheiten/Lashings (41) Lashing Wire/ Laschseile (8), Lashing Chain/-ketten (7), Lashing Bar/ -stangen (6) und Turnbuckle/ Spannschrauben (42), angelegt werden.

    Nach folgenden Merkmalen kann das Twistlock klassifiziert werden:

    Twistlock "CV-1 " Abb. 17
    Merkmale:
    einteiliges Gehäuse
    durchgehender Riegelzapfen
    Handhabung
    manuell
    Arretierung Gummi
    zwei Positionen offen - zu

    Twistlock "CV-1A " Abb. 18
    Merkmale:
    einteiliges Gehäuse
    durchgehender Riegelzapfen
    linksschließend
    Handhabung
    manuell
    Arretierung Kugel-Feder
    zwei Positionen offen - zu

    Twistlock "CV-7 " Abb. 19
    Merkmale: einteiliges, mittragendes Gehäuse Riegelzapfen/
    Oben (fester Fuß) linksschließend (auch rechtsschließend)
    Handhabung
    manuell
    Arretierung Kugel-Feder
    zwei Positionen offen - zu

    Twistlock "CV-9 " Abb. 20
    Merkmale: zweiteiliges Gehäuse durchgehender Riegelzapfen linksschließend (auch rechtsschließend)
    Handhabung
    manuell
    Arretierung Kugel-Feder
    zwei Positionen offen - zu

    Twistlock "K6-GS " Abb. 21
    Merkmale: zweiteiliges Gehäuse durchgehender Riegelzapfen linksschließend (auch rechtschließend auf Anfrage)
    Handhabung
    manuell
    Arretierung Kugel-Feder
    drei Positionen
    1. Position Hebel rechts:
    oberer Konus Stellung „offen“
    unterer Konus „vorverriegelt“
    2. Position Hebel mittig:
    oberer Konus „vorverriegelt“
    unterer Konus „offen“
    3. Position Hebel links:
    oberer Konus „verriegelt“
    unterer Konus „verriegelt“

    Doppel-Twistlock "K-27 "
    Abb. 22

    Sondertwistlock zum Koppeln zweier Containerstapel
    Merkmale: zweiteiliges Gehäuse
    durchgehender Riegelzapfen
    linksschließend
    (auch rechtschließend)
    Handhabung
    manuell
    Arretierung Kugel-Feder
    zwei Positionen offen - zu

    Lockable Stacking Cone/ Verriegelbares Staustück

    Das verriegelbare Staustück ist der Vorläufer des Twistlocks. Es wird zwar in den Umfang des konventionellen Laschmaterials einklassifiziert, ist aber nicht mehr Stand der Technik. Nachdem das Twistlock funktionssicherer und durch die höheren Stückzahlen preiswerter wurde, wird der Lockable Stacking Cone nicht mehr im Bereich der Decksstauung eingesetzt.

    Bridgefittings (BF) / Brückenfittinge (Abb. 23)

    Der Bridgefitting wird zum Abschluß eines Stau- und Stützverbandes an der Oberkante der letzten Containerlage vorwiegend querschiffs eingesetzt. Durch den Einsatz der BF werden die in einer Bay stehenden und gekoppelten Einzelstapel zu einem Block. Bridgefittings unterscheidet man nach folgenden Merkmalen:

    nach Belastungsart:

    Zug-Brückenfittinge
    Zug-Druck-Brückenfittinge

    nach Niveau

    für gleiche Containerhöhen
    für Höhendifferenz
    (Ausgleichshöhe 6"/ 152 mm)

    Boden - Einschiebetwistlock

    Der klassische und am häufigsten eingesetzter Bodenfitting ist das Boden-Einschiebetwistlock , das in Verbindung mit Schwalbenschwanz- oder Keilführungen vorwiegend auf Wetterdeck (Lukendeckel und Stützen) eingesetzt wird und eine gewisse Längsverschiebung gewährleistet, die durch die Torsion des Schiffes im Seegang erforderlich ist.

    Bodentwistlock “CV-2“ (Abb. 24)

    Werden Container über mehrere Lukendeckel oder auf Deckel und Stützen gestaut, kann es notwendig sein, die Längsverschiebungen des Schiffes auszugleichen.

    Im Gegensatz zum dargestellten Twistlock, das längsschiffs eingeschoben wird, gibt es um 90° verdrehte Twistlocks, die in eine um 90° verdreht aufgeschweißte Keilführung querschiffs eingesetzt werden. Diese Grundplatte ist verlängert, um die Toleranzen aus der Deckelverschiebung und/oder Luken- „atmung“ auszugleichen.

    Wenn jedoch ISO-Fundamente auf dem Lukendeckel angebracht sind, kann auch jedes andere Twistlock in der Bodenlage eingesetzt werden.

    Lashing Chain (7), Wire (8), Bar und Turnbuckle /Zurreinheit (42)

    Neben den Bodentwistlocks (Abb. 24) stellt die Zurreinheit, verbunden mit dem Fixpunkt „Zurrauge“ (34), die Befestigung zwischen Container und Schiff her.

    Zur näheren Betrachtung dieser Laschelemente wird zunächst zwischen zwei verschiedenen Funktionen differenziert:

    1. Hauptfunktion - Zurreinheit wirkt als horizontale „Rückhaltekraft“

    Die Zurrung hat primär die Aufgabe, die Verformung der Containerquerrahmen in zulässigen Grenzen zu halten, falls die einwirkende Rackinglast den maximal zulässigen Wert von 150 kN überschritten hat. Die Horizontalkomponente, resultierend aus der Zurrkraft wirkt als Rückhaltekraft der ebenfalls horizontalen Rackinglast/Verformung des Containers entgegen. Die nach unten gerichtete Vertikalkomponente wirkt dem Kippen des Containers entgegen. Zurrelemente, die diese Aufgaben zu erfüllen haben, müssen im allgemeinen eine Mindestbruchkraft von 353 kN aufweisen.

    2. Hauptfunktion - Zurreinheit wirkt als „Niederhalter“

    Es kommt bei modernen Zurrsystemen relativ selten vor, daß die Zurrung als Niederhalter die Container gegen Abheben bzw. Kippen zu sichern hat, da diese Funktion grundsätzlich die Twistlocks übernehmen. Wird die Zurrung als Niederhalter -z.B. als seitliche Zurrung einer Blockstauung - eingesetzt, muß der Winkel zur Decksebene möglichst senkrecht sein, damit die zulässigen Zurrkräfte nicht überschritten werden. Dies könnte (bei sehr steifen Zurrungen) auch dann der Fall sein, wenn die wirkende Rackinglast im einzelnen Stapel unterhalb der zulässigen Grenzen liegt. Da diese Zurrart meistens nur bei relativ kleinen Lagenzahlen und Stapelgewichten angewendet werden kann, genügt bei nahezu senkrechter Anordnung im allgemeinen eine Mindestbruchkraft von 200 kN.

    Eine komplette Zurreinheit besteht aus einem Spann-element (Spannschraube o. ä.) und einem Verbindungselement (Laschstange o. ä.).

    Es gibt folgende Arten und Typen von Spannelementen:

    • Spannschraube,
    • Schnellspanner,
    • Kniehebelverschluß,
    • Kettenspanner.

    Spannschrauben (42)

    Geschlossene Version:
    Fußende: Gewinde-Beschlag, Gabel mit Bolzen und Haken, Pelikanhaken oder Elefantenfuß
    Kopfende: Wirbel-Beschlag, Haken zur Seilaufnahme, Flachstahl mit Langlöchern zur Grobvoreinstellung
    Beispiele: Auswahl von Spannschrauben für Laschstangen (Abb. 25)

    Offene Version:
    Fußende: wie geschlossene Version
    Kopfende: je nach Hersteller spezielle Konstruktionen, z.B. zwei gegenüberliegende Flacheisen mit dazwischen liegenden Arretierungspunkten für spezielle Zurrstangen (Grob-Voreinstellung)
    Bedienteil: festes und loses Handrad, Steckbolzen
    Beispiel:
    TBS-3G-50 von Conver-OSR (Abb. 26)

    Folgende Arten und Typen von Verbindungselementen befinden sich im Einsatz:

    Verbindungselemente Zurrung: Stange (14), Seil (8), Kette (7)

    Endbeschläge:
    • Beschlag am Kopfende: Auge in Kombination mit separatem (in die Container Ecke integriertem) Einhakbeschlag für untere und obere Containerecke; integrierter Kombibeschlag für ISO-SEALAND-Ecke.
    • Beschlag am Fußende: Auge, Haken, Pressung (bei Seilen)
    • spezielle Beschläge für: offene Spannschrauben-Versionen, Spannschrauben mit Flachstahl und Langlöchern.
    • Festigkeit : übliche „Bruchlasten“ 20kN, 36kN, 42kN, 50kN

    Beispiele für Stangenbeschläge (Abb. 29); für Seilbeschläge (Abb. 28); für Kettenbeschläge (Abb. 27) sind auf der folgenden Seite 65 dargestellt.

    Securing Pads (Fixierelemente)

    Securing Pads bilden die Fixpunkte für die Befestigung der Zurrungen, die zwischen den Containerecken oder Bodenfundamente eingehängt/eingesetzt werden. In diese Teile werden Zurrstangen mit Auge, Ketten oder Seile eingehängt bzw. eingeschäkelt. Der Einsatz dieser Teile ist jedoch bei der Containerstauung stark rückläufig, da die Ketten-, Seil- und Vertikal-Stangenzurrung, mit denen die Securing Pads meistens verwendet werden, nur noch vereinzelt eingesetzt werden.
    Aus Sicherheitsgründen werden diese Teile abgelehnt, da es immer wieder vorkommt, daß sie unkontrolliert aus den Containerecken herausfallen können. Beispiele für
    „Securing Pads“ (Abb. 27 A).

     

    4.2.1.3 Art der Sicherung und des Sicherungsvorganges

    Der Sicherungsvorgang kann grundsätzlich in drei Bearbeitungsbereiche unterteilt werden.

    1. Das Ver- und Entriegeln wird ausschließlich an Deck des Containerschiffes vorgenommen. Zurrungen werden auf dem Schiff gesetzt und auch wieder entfernt.
    2. Halbautomatische Verriegelelemente werden beim Laden an Land eingesetzt und beim Löschen abgesammelt. Die Entriegelung erfolgt auf dem Schiff, das Twistlock verriegelt sich selbsttätig.
    3. Im Falle des Einsatzes in die Schiffskonstruktion integrierter Staugerüste, in denen die Container nicht verriegelt werden müssen, werden allerdings für die Sicherung der Container an den Außenstapeln Zurrungen nötig.

    Twistlocks

    Konventionelle „Drei-Positions-Twistlocks (31)“ werden beim Ladevorgang zwischen den Container-Lagen in die Containerecken eingelegt und mit einem Hebel verriegelt bzw. beim Löschen entriegelt und entfernt .

    Halbautomatische „Drei-Positions-Twistlocks“ CV-12 (Abb. 30) werden an Land manuell in die ISO-Ecken der Container plaziert und mittels eines Hebels vor verriegelt bzw. beim Löschen auch wieder abgesammelt. Allerdings sind sie auf dem Seeschiff vor dem Löschvorgang mit einem speziellen Werkzeug dem "Twistlock Operating Rod " (Abb. 31) (Lashing Rod) vollständig zu lösen.

    Der halbautomatische „Drei-Positions-Twistlock“ hat gegenüber der konventionellen Version den Vorteil, dass durch das Vorverriegeln des oberen Konus die Twistlocks an der Kaje (Container im Spreader hängend) von unten in die Containerecken eingesetzt und mit dem Container an Bord geladen werden können. Dies ist auch vorteilhaft, da die Lascher nicht zum Einsetzen und Herausnehmen der Twistlocks auf die Containerstapel klettern müssen. Das Ver- und Entriegeln der Twistlocks wird wie beim Zwei-Positionen-Twistlock vorgenommen.

    Ein Problem beim Umgang mit Twistlocks sind links- und rechtsschließende Ausführungen. Dadurch kommt es zu folgenschweren Mißverständnissen, wenn durch falsche Nachbestellung oder sonstige Versehen eine Durchmischung von links- und rechtsschließenden Twistlocks auf einem Schiff erfolgt. Das bedeutet, dass der Lascher an der Stellung des Handhebels nicht mehr erkennen kann, ob die Twistlocks sich in einem ver- oder entriegelten Zustand befinden.

    Verriegelbares Staustück

    Der Sicherungsvorgang ist ähnlich wie beim „2-Positionen-Twistlock“, nur daß kein Hebel umgelegt wird, sondern die Container durch das Abstecken eines Bolzens gesichert werden. Diese Lockable Stacking Cones sind aber nur noch selten im Einsatz.

    Brückenfittinge (Abb. 22)

    Bridgefittings sind in der Handhabung schon wegen ihres Einsatzbereiches relativ problematisch, da sie in der Oberkante eines Stapels zum Einsatz kommen und dort ausschließlich manuell eingesetzt sowie entfernt werden. Tendenziell werden die Brückenfittinge bei durchgängiger Laschung auch der 20’ Container im Stapel (76 mm Fuge) wegfallen.[26]

    Bodentwistlock (Abb. 24)

    Die Verwendung von Keilführungen und deren Gegenstücken verursacht immer wieder Probleme (Abb. 24 A) denn in den schwer zugänglichen Ecken sammelt sich leicht Schmutz und Rost, welches das Einsetzen/Herausnehmen erschwert oder sogar unmöglich macht. Das Ver- und Entriegeln dieser Boden-Einschiebetwistlocks wird manuell vorgenommen („2-Positionen-Twistlock“). Weiterhin ist durch die Verwendung von ISO-Fundamenten auch jedes Twistlock zu verwenden.

    Lashing Chain, Wire, Bar und Turnbuckle (Zurreinheit)

    Die steigenden Stackgewichte und Lagenzahlen (zu beobachten ist, dass in der Tendenz die Einzelstapel bis zu 8 Container hoch gestellt werden (Maersk)), stellen an die Zurrungen immer höhere Anforderungen. Deshalb sind die Ketten- und Seilzurrungen durch die Stangenzurrungen weitestgehend abgelöst worden.

    Die Zurrstange muss zwar mit einem erheblichen Kraftaufwand eingesetzt werden, trotzdem vereinfacht sich diese Arbeit, weil durch die Flexibilität der Ketten und Seile zusätzliche Kletteraktionen auf Leitern notwendig sind, die beim Einsatz von Zurrstangen wegfallen.

    Der Sicherungsvorgang beginnt mit dem Einhängen der Zurrung in die Containerecke bzw. an das in die Containerecke vorher eingesetzte „Securing Pad“, dann werden die Spannschrauben an den Fixpunkten auf dem Lukendeckel, Deck oder den Stützen befestigt. Nachdem die Zurrung mit dem Container und die Spannschraube mit dem Schiff verbunden ist, werden beide Elemente miteinander gekoppelt.

    Die langen Verstellzeiten sind das Hauptproblem bei den Spannschrauben . Um von Minimum auf Maximum zu kurbeln, können sie im Normalzustand (gut gängig) bis zu drei Minuten betragen. Ein weiteres Problem liegt im relativ geringen Verstellbereich (selten mehr als 400 mm), der seine Ursache neben begrenzter Bauhöhe eben auch in der „Längen“-verstellzeit hat.

    Auf Grund dieser Probleme wurden zahlreiche Schnellspanner, die mittels externer elektrischer, luftgetriebener und mechanischer Antriebe betrieben werden, entwickelt. Diese Spanner erwiesen sich, bedingt durch Hitze-, Frost- und Korrosionsempfindlichkeit, als zu anfällig und durch zusätzliche Wartungsarbeiten, Ersatzteilbeschaffung usw. als zu teuer.

    Durchgesetzt hat sich aus diesen Gründen die „klassische“ konventionelle Spannschraube, allerdings mit zahlreichen Detailverbesserungen, wie z.B. die Kombination von Grob- und Feineinstellung.

    Fixierelemente

    Sie werden seitlich und zum Teil auch vertikal in die betreffende Containerecke eingesetzt und durch Verdrehen in der Containerecke gesichert. Das Einsetzen dieser Teile in die Containerecke ist nicht unproblematisch, da dies immer mit Kletteraktionen und dem Arbeiten mit Leitern verbunden ist.

     

    4.2.1.4. Systemkompatibilität

    Die Systemkompatibilität der Laschkomponenten ist beim sogenannten konventionellen Laschsystem relativ groß. Alle Laschmaterialhersteller benutzen die gleichen Fixpunkte, zum einen die Containerecke, zum anderen ähnliche Fixpunkte am Schiff, wie Zurraugen, ISO-Fundamente, Laschplatten usw.

    • Nicht kompatibel sind in den meisten Fällen Zurrstangen und Spannschrauben. Diese Komponenten können oft nur als komplette Einheit ausgetauscht werden.
    • Beim Einsatz von Laschkomponenten verschiedener Hersteller ist besonders darauf zu achten, Grundsysteme mit „Drei-Positions-Twistlock Systemen“ oder Systeme mit nur rechts- oder nur linksschließenden Twistlocks nicht zu vermischen.

     

    4.2.1.5 Analyse konventioneller Container-Laschelemente unter Praxisbedingungen

    Die Klassifikationsgesellschaft Germanischer Lloyd führte im Winter 1990/1991 an Bord von vier Containerschiffen Langzeitmessungen von Beschleunigungen und Dehnungen infolge Seegangs durch. Die Ergebnisse werden im Folgenden kurz zusammen- gefaßt, soweit sie für die vorliegende Arbeit von Bedeutung sind.

    Gemessen wurden vertikale Beschleunigungen an den Schiffsenden, Querbeschleunigungen in zwei Höhen über Kiel sowie Dehnungen in Zurrstangen auf den Containerschiffen als auch Querbeschleunigungen an Containern.

    Es wurden auf den Containerschiffen die Beanspruchung von Zurrstangen und Querbeschleunigungen von Deckscontainern registriert und ausgewertet. Diese Untersuchungen gaben keinen Aufschluß über das relative Bewegungsverhalten von Schiff und Deckscontainern. Die Messungen haben auch gezeigt, daß die Höchstwerte der Querbeschleunigungen zum größten Teil unterhalb der Dimensionierungswerte liegen. Bei den vertikalen Beschleunigungen ist das noch ausgeprägter. Hier wird deutlich, wie gross der Anteil aus stoßartiger Belastung sein kann.

    Die Meßergebnisse lassen vermuten, daß im Laufe des Schiffsbetriebes eine Vielzahl von Einzelbelastungen überlagert werden, deren Höchstwerte, Umfang und Form zusätzlich von der Erregung durch den Seegang jeweils vom Stapelgesamtgewicht, der Gewichtsverteilung im Stapel, von der Vorspannung der einzelnen Zurrstangen und von der Steifigkeit der Container-Endrahmen abhängen.

    Im Hinblick auf Ansätze zur Dimensionierung für Zurrstangen nach Betriebsfestigkeitskriterien können aus den Messergebnissen keine Aussagen abgeleitet werden.

     

    4.2.2 Darstellung von nicht konventionellen Containerlaschsystemen

    Bevor detailliert auf die üblicherweise eingesetzten konventionellen Laschsysteme eingegangen wird, werden die nicht häufig ausgeführten Systeme kurz dargestellt:

    • Staugerüste und Laschbrücken an Deck,
    • das „offene“ Containerschiff
    • das lukenlose Schiff

     

    Feste Stausysteme auf einem Containerschiff

    Vorteile sind das schnellere Be- und Entladen (Zeitgewinn beim Containerumschlag) und der Umgang mit wenig oder keinem losen Laschmaterial. Ein weiterer Pluspunkt ist die volle Flexibilität in der Containergewichtsverteilung innerhalb eines Stapels: Die Container müssen nicht mehr nach dem Gewicht (schwere nach unten - leichte nach oben) sondern können nach dem Entladezyklus gestapelt werden (kürzere Hafenliegezeiten). Dem gegenüber stehen die Nachteile des größeren Wartungsaufwandes (hoher Korrosionsschutzaufwand), des großen Gewichtes (bisher ausgeführte Systeme bis zu 1000 t) und einer Flexibilitätseinbuße in Bezug auf die zu stauenden Containerlängen und - entscheidend - das komplizierte, zeitaufwendige Lukendeckel-Handling.

    Deckstaugerüst

    Die Staugerüste sind meistens für 40‘ lange Container ausgelegt, was bei der Stauung von 20‘ Containern wiederum loses Laschmaterial erforderlich macht. Daher ist das Vorhalten von losem Laschmaterial unumgänglich. Ein geringer Teil des schon beschriebenen Zeitgewinnes beim Containerumschlag geht wieder durch den längeren mittleren Lastweg verloren. Weiterhin sind Probleme in der Verträglichkeit von Decks-Zellen und Lukenabdeckungen erkennbar.

    Laschbrücken werden in Verbindung mit dem konventionellen Laschsystem verwendet und können deshalb nicht als eigenständiges Laschsystem bezeichnet werden. In der neuesten Laschbrücken - Version gibt es jedoch einen starken Trend zur Sicherung der Container über die 1. Lage hinaus.

    Laschbrücke auf Querriegel

    Durch die Laschbrücken wird die Laschebene angehoben. Es ergeben sich günstigere Hebelverhältnisse (Container-Stapelschwerpunkt zum Angriffspunkt der Zurrung). Dadurch können größere Stapelgewichte und eine größere Gewichtsflexibilität innerhalb eines Stapels realisiert werden (ähnlich wie bei den Staugerüsten). Ein weiterer Vorteil ist die Unterbringung der Spannschrauben und Zurrstangen an den jeweiligen Arbeitspositionen.

    Die Nachteile dieser Laschbrücken sind, ähnlich wie bei den Staugerüsten, das Gewicht, der erhöhte Wartungsaufwand und eine Flexibilitätseinbuße in Beziehung auf zu stauende Containerlängen. Ein weiteres Problem ist das zusätzliche Einbringen von Kräften in die Zurrung.

    Die Laschbrücke ist fest mit dem Schiffskörper verbunden, und die Container stehen auf dem Lukendeckel, der durch die Schiffstorsion relative Bewegungen zum Schiff und damit zur Laschbrücke aus- führt. Die Laschung verbindet Laschbrücke und Container, sie ist dadurch den relativ Bewegungen und den daraus resultierenden Kräften zusätzlich ausgesetzt.

    Bild 43: „lukendeckelloses“ Containerschiff der Reederei Nedlloyd (Open Top)

    Es werden die Container in Zellgerüsten, die vom Tankdeck bis zur Oberkante der letzten über Deck gestauten Containerlage reichen, gestaut.

    Die Vorteile dieser Konstruktion liegen in den schon beschriebenen Vorteilen von Zellgerüsten und darin, dass das Deckelhandling eingespart wird, das nach einer Messung durch die TU Berlin (Linde, H. 1999) 5 - 10% der Gesamtumschlagzeit in Anspruch nimmt. Lukendeckel und deren Hilfstechniken, wie Hydraulikaggregate, Verholeinrichtungen usw. entfallen, was sich neben den Kosten auch positiv auf das Gewicht des Schiffes auswirkt.

    Nachteile sind das hohe Gewicht der Zellgerüste, die wegen der großen Belastungen entsprechend stark ausgelegt werden müssen, außerdem sind Probleme in der Geometrie des Zellgerüstes zu erwarten. Da die Container - 12-13 Lagen hoch - in einem Gerüst gestaut werden und die Torsionen des Schiffskörpers im Seegang vergleichbar bzw. sogar größer sein können, als bei herkömmlichen Containerschiffen, ist zu befürchten, dass sich das Zellenspiel (Übermaß der Zellenführung gegenüber dem Container) minimiert und die Torsionskräfte des Schiffes sich auf die Container auswirken. Erste Schiffe dieses Typs sind in Japan für die Reederei Nedlloyd und Bell Line gebaut worden.

    Dieser Containerschiffstyp ist in mehreren Versionen gebaut wurden. Das erste vom Germanischen Lloyd klassifizierte Schiff dieser Art ist die bei der HDW in Kiel gebaute „Norasia Fribourg“ mit einer Containerstaukapazität von 2784 TEU. Insgesamt sind davon vier Schiffe gebaut worden. Verglichen mit der in Japan gebauten Serie von fünf „Open Top“ (offenen) Schiffen für die Nedlloyd Reederei mit 3568 TEU, sind in den deutschen Neubauten nach Aussagen der Werft HDW folgende Ideen verwirklicht worden:

    Das Deckslayout ist nach aerodynamischen Gesichtspunkten entworfen und getestet worden um den Windwiderstand erheblich zu reduzieren und die ersten Containerreihen und die Vorschiffausrüstung gegen Seeschlag zu schützen.

    • Das normalerweise breite Deckshaus ist durch einen schlankeren Turm ersetzt worden und extrem weit nach hinten angeordnet, um noch mehr Decksraum zu schaffen. Die oberste Containerlage ist durch ein Leichtdach geschützt, um tropischen Regen und auch Seeschlag vom Laderaum fernzuhalten. Kritisch anzumerken ist hierbei, dass auch das sog. Leichtdach gehandelt werden muss und somit zu zusätzlichen zeitlichen Aufwendungen führt.
    • Das Containerzellgerüstsystem erlaubt die Containerstauung in elf Lagen, davon ca. drei Lagen über dem Wetterdeck. Dadurch entfällt die Arbeit der Containersicherung und -laschung grundsätzlich. Erst nach dem Entfernen des Leichtdaches kann das Be- bzw. Entladen beginnen. Weitere Lukendeckelbewegungen sind normalerweise nicht mehr erforderlich.

    Nachteile sind

    • Längere Hebe- und Absenkwege der Container bei der Be- und Entladung, weil keine Bahnkurvenfahrten mit dem Containerspreader mehr möglich sind.
    • Da es verschiedene Containergrößen gibt, müssen bei Stauung von Containern in Gefahrgutluken Zurr- und Lascharbeiten durchgeführt werden, ebenso wenn 20' Container in 40' Zellgerüste gestaut werden müssen. Diese verbliebenden Lascharbeiten müssen unter extrem gefährlichen Bedingungen durchgeführt werden (ständiges Arbeiten unter schwebenden Lasten; da keine Arbeitshilfen für Lascher im Raum, muß ständig improvisiert werden).
    • Es lassen sich nur schwer Einzelstapelstauungen vornehmen, weil es eine große Abhängigkeit vom Preplanning-System gibt, von der Schiffsgröße und von der Ladungsfolge einer Rundreise. Keine Stellkapazitäten für General-Cargo.

    Aus den genannten Gründen werden die prinzipiell möglichen Vorteile, wie kürzere Liegezeiten, in der Praxis kaum realisiert.

    Von dem „lukendeckellosen“ Containerschiff ist bis Ende 1999 nur eine sehr begrenzte Anzahl Schiffs-einheiten gebaut worden. Weitere Einsätze dieses Schiffstyps sind - soweit bekannt - nicht geplant.

    Ein weiteres Konzept ist das „lukenlose Containerschiff“. Bei diesem Konzept handelt es sich um ein Containerschiff, welches mit einem geschlossenen Deck versehen ist. Hierdurch wird der Containerstauraum in zwei sich nicht gegenseitig behindernde Bereiche (Deck und Raum) getrennt, was umschlagtechnisch Vorteile bietet. An Deck sind Staugerüste angeordnet, welche die schon beschriebenen Vor-und Nachteile aufweisen. Der Raum ist in 20‘ bzw 40‘ Bays gegliedert. Dieser Schiffstyp ist nie ausgeführt worden.

     

    4.3 Darstellung der für neue alternative Laschlösungen relevanten ökonomisch-technischen Rahmenbedingungen in der Seeverkehrswirtschaft

     

    Für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Sinne einer menschengerechten Ausgestaltung des Arbeitsplatzes bestehen neben technischen, arbeitswissenschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen auch verschiedene, im folgenden auch als „ökonomische“ Anforderungen bezeichnete Forderungen von Seiten der Terminals, Reedereien, Stauereinen und der Allgemeinheit.

    Die obere gibt einen Überblick über das Spektrum der Ziele, die im Rahmen der erweiterten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung Grundlage für eine Systembewertung sind. Die nachfolgend ausgearbeiteten Anforderungen an ein neu zu entwickeltes Laschsystem sind auf Basis dieser Ziele entwickelt worden. Entsprechend der übergeordneten Ziele stehen allein nur Maßnahmen zur Disposition, die eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen zur Folge haben. Eine Rationalisierung über einen Arbeitsplatzabbau ist kein Ziel und auch nicht Inhalt der Entwicklungsüberlegungen; im Vordergrund steht die Reduzierung der einzelnen Belastungen und die Verbesserung des Arbeitsumfeldes.

    Zur Eingrenzung der sehr weiten und komplexen Gesamtproblematik der Stauung und Sicherung von Containern auf Seeschiffen wird in erster Linie der Bereich Deckscontainer auf Containerschiffen betrachtet, auch wenn auf diesen Schiffen z.T. auch Container im Laderaum mit konventionellen Laschsystemen gesichert werden. Bei der Zurrung von Containern im Laderaum sind andere Randbedingungen zu beachten, wie z.B. feste Stützpunkte an den Oberkanten der Außenstapel jeder Luke.

    Die im Rahmen eines Anforderungskatalogs für ein neues Laschsystem aufgeführten Kostenziele beziehen sich allein auf die Optimierung des Personal-, Material- und Geräteeinsatzes unter den oben genannten Prämissen. Sie sind nicht zu vernachlässigende Vorraussetzungen für eine erfolgreiche Einführung des neuen Laschsystems in die Praxis.

     

    4.3.1 Beschleunigung der Schiffsabfertigung

    Der starke Konkurrenzdruck und Ratenkrieg auf der einen Seite und die hohen Tageskosten von über 20.000 $ US pro Tag für große Containerschiffe (>3.500 TEU) auf der anderen Seite haben in der Containerschiffahrt zu einer extrem hohen Bedeutung des Zeitaspektes geführt. Die weltumfassendenden Fahrpläne sind äußerst knapp kalkuliert; unproduktive Zeiten werden weitestgehend reduziert. Im Hinblick auf ihre relativ ungünstige mittel-europäische Randlage sind insbesondere die deutschen Universalhäfen gezwungen, ein attraktives und zeitgemäßes Leistungsangebot bereitzustellen, um im Wettbewerb mit den konkurrierenden ausländischen Häfen bestehen zu können. Exkurs 3

    Die Hafenliegezeit stellt für die Reedereien eine wesentliche Bestimmungsgröße für die Zeitplanung ihrer Fahrten dar. Während die Seezeiten im wesentlichen durch schiffsspezifische Merkmale bestimmt werden und die Revierzeiten von der Lage der Häfen abhängen, bestimmt sich die Hafenliegezeit durch die eigentlichen Lade- und Löschvorgänge sowie Zeitverluste vor Löschbeginn, nach Ladeende und während des Beladungsvorgangs.

    Auf Basis eines Containerschiffes mit ca. 1.800 TEU Ladefähigkeit, das zwischen Europa und Übersee eingesetzt wird (M/V „Monte Rosa“/ Südamerika - Ostküste), wurden bei der Reederei Hamburg–Süd folgende Zeitanteile ermittelt:

    • See- und Revierzeit 84.3%
    • Hafenliegezeit 11,7 %
    • Stoppzeit Revier 4,0%

    Insbesondere die Zeitverluste vor Löschbeginn (etwa 0,5h) und nach Laschende (etwa 1,5h) sind bei den Hafenliegezeiten zu beachten.

    Neben der zeitlichen Wirkung im Hinblick auf die Umlaufplanung bestimmt die Hafenliegezeit auch die Hafenliegekosten der Schiffe. Wichtig ist dabei, daß diese sich im allgemeinen sprungfix darstellen, d.h. jeweils pro angefangene 12 h oder 24 h anfallen. So können z.B. schon relativ geringe Zeitersparnisse durch ein neues Laschsystem (pro Hafen von weniger als eine Stunde) zu einer erheblichen Kostenersparnis führen.

    Die Abfertigung eines Containerschiffs an einer Containerbrücke wird hinsichtlich des zeitlichen Aufwandes von verschiedenen Faktoren bestimmt. Die operativen Zeitanteile bei der Abfertigung von Vollcontainerschiffen während einzelner Schichten wurden 1996 auf einem Containerterminal der Bremer Lagerhaus AG in Bremerhaven ermittelt.

    Aus der Abb. 33 wird deutlich, daß der Anteil für das eigentliche Laden und Löschen nur knapp die Hälfte (49,1%) der Arbeitszeit einer Containerbrücke ausmacht. Die nichtproduktiven Zeiten stellen sich im einzelnen wie folgt dar:

    • 19,2% Nebenzeiten

    Arbeiten, die zwangläufig beim konventionellen Laschsystem anfallen, aber den eigentlichen Umschlagsvorgang unterbrechen, z.B. Heben und Senken des Auslegers der Containerbrücke, Verfahren der Brücke, Lukendeckel- und Laschkorbbewegungen.

    • 18,1% Pausenzeiten

    Erholungspausen, Wegezeiten, Arbeitsvorbereitung, Wartezeiten.

    • 6,0% Störzeit

    Zeitanteile, die den flüssigen Arbeitsvorgang behindern, z.B. Erfassung von Beschädigungen am Container, schiffsseitige Störungen (Krängungen etc.)

    • 6,6% Wartezeit

    Wartevorgänge der Containerbrücke aufgrund fehlender Transportmittel für den Zu- und Ablauf der Container.

    • 1,8% konventioneller Umschlag

    Zeitanteile für den Umschlag nicht-containerisierter Güter.

    • 6,6% Wartezeit

     

    4.3.2 Steigerung der Produktivität und Effizienz der Containerterminals

    Film: Arbeiten unter schwebenden Lasten

    Nach Aussagen der Terminalunternehmen stellt beim Containerumschlag die Containerbrücke den „Flaschenhals“ in der Transportkette dar, d.h., auf sie ist der gesamte Ab- und Zulauf der Container zugeschnitten. Produktivitäts- und Leistungserhöhungen der Brücke ziehen Verbesserungen in anderen Bereichen des Terminals nach sich.

    Das krasse Missverhältnis zwischen produktiver und unproduktiver Zeit einer Containerbrücke macht deutlich, wo Zeitverluste durch gezielte Maßnahmen abgebaut werden können. Während die Pausenzeiten nur zu einem geringen Teil zu beeinflussen sind, sollten insbesondere Zeitverluste aus den Bereichen Nebenzeiten, Störzeiten und Wartezeiten (31,8%) reduziert werden. Eine deutliche Steigerung der Umschlagsgeschwindigkeit wäre die Folge.

    Im Hinblick auf die zentrale Bedeutung dieser terminalseitigen Anforderung auf die Wirtschaftlichkeit des Containerumschlags ist es dringend geboten, diese Anforderung bei der Entwicklung eines alternativen Laschsystems besonders zu beachten. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

     

    4.3.2.1 Beeinträchtigungen des Containerumschlags durch Lascharbeiten im Deckbereich vermeiden

    Beeinträchtigungen können vor allem durch folgende Fälle entstehen:

    • Inanspruchnahme der primär für den Containerumschlag benötigten Containerbrücke.
    • Unterbrechung des Containerumschlags an der Containerbrücke und des Containerflusses unter der Containerbrücke vom Terminal auf das Schiff bzw. umgekehrt.
    • Vermeidung von Arbeiten unter schwebenden Lasten auf dem Schiff und/oder auf der Kaje.
    • Verlangsamung des Containerumschlags durch die Containerbrücke.

    Ein neues Laschsystem kann nur durchgesetzt werden, wenn die große Attraktivität des Decktransports mit der unmittelbaren Zugänglichkeit beim Umschlag nicht beeinträchtigt wird.

     

    4.3.2.2 Hohe Deckscontainer-Lagenzahlen und Stapelgewichte erreichen

    Die aus Sicht der Reedereien hierfür abgeleiteten Anforderungen wurden im Rahmen einer anderen VACU Arbeitsaufgabe in einer von der TU Berlin Institut für Schiffs- und Meerestechnik, Fachgebiet Seeverkehr (Linde, H., 1992) bei 16 der 20 grössten Reedereien der Welt durchgeführten Befragung ermittelt.

    Dieses sind auf den ersten Blick „geometrische“ Anforderungen an die Beladungsfähigkeit eines Schiffes:

    1. die Bereitstellung einer möglichst großen Anzahl von Stellplätzen bei gegebener Schiffsgröße (kleine Gestehungslänge)
    2. die Fähigkeit der Beförderung von Containern aller weltweit gängigen Abmessungen. Implizit müssen bei Betrachtungen aus ökonomischer Sicht auch Forderungen nach hohen Containergewichten Rechnung getragen werden.

    Grundsätzlich sollte folgende Stauung im Einzelstapel beherrschbar sein, d. h. nach den bisherigen Lastannahmen keine Überlastung des Containers bzw. der Zurrung ergeben:

    • 4 - 5 Lagen (23) bei
    • ca. 80 - 100 t Stapel(Stack)gewicht (40')

    Die Beurteilung eines Laschsystems im Hinblick auf Lagenzahlen aus technischer Sicht steht in direkter Kombination mit:

    • dem geforderten maximalen Stapelgewicht
    • der geforderten Beladungs- bzw. Gewichtsverteilungsflexibilität; auch bei einer Blockstauung mit 20’ Containern in 40’ Containerstellflächen. (Problem der „76mm Fuge“, Artikel 4.3.2.2.2)

    Entscheidender ist die Möglichkeit, bei entsprechender Gewichtsverteilung auch große Lagenzahlen stauen zu können. Dies wird umso wichtiger, je höher der durchschnittliche Nutzungsgrad der Gesamtcontainerkapazität eines Schiffes pro Rundreise ist.

    Da bei zunehmender Nutzung der Containerkapazität eines Schiffes die Anzahl der Containerbewegungen (44) nur aus Gründen der Umstauung einen Grad erreicht, der wirtschaftlich nicht zu vertreten ist (zu lange Liegezeiten, zu viele Leermoves und weitere kostenrelevante Einschränkungen), wird nach Angaben einer Reederei die maximale Deckskapazität grundsätzlich nur zu etwa 80 – 85% ausgenutzt. Bei geringer Gewichtsflexibilität im Stapel sinkt diese wirtschaftliche Nutzungsgrenze., d.h. eine scheinbar hohe Deckskapazität kann unter Einhaltung der Klassifikationsvorschriften und unter Vermeidung zu großer Anzahlen von Umstaubewegungen der Container in diesem Falle nicht genutzt werden.

    Letzlich kann die Wirtschaftlichkeit eines Laschsystems in bezug auf maximale Lagenzahlen nur im Zusammenhang mit

    • den geforderten Stapelgewichten und
    • einer „wirtschaftlichen“ Gewichtsflexibilität im Stapel

    beurteilt werden.

    Die maximal möglichen Stapelgewichte sind dabei ausschließlich von der Lukendeckelkonstruktion abhängig (11). Bei einer entsprechenden Deckelgröße und -konstruktion können heute Stapelgewichte bis zu 120 t erreicht werden. (Wichtiger Grenzwert ist hier das Gesamtgewicht des Lukendeckels, da dieser grundsätzlich von der Containerbrücke bewegt werden muß.)

    Für eine umfassende Betrachtung unterschiedlicher Stausysteme muß primär das Kriterium “wirtschaftliche Gewichtsflexibilität“ quantifiziert und in die Bewertung eingebracht werden.

     

    4.3.2.2.1 Unterschiedliche Containerhöhen, -längen und -breiten

    Neben der Forderung nach einer möglichst variablen Beladung der Decksstellplätze, unabhängig vom Containergewicht, traten in der letzten Zeit ebenfalls Forderungen nach einer Stellplatzflexibilisierung für neuere, größere Containergeometrien in allen drei Dimensionen auf. Die Reihenfolge der räumlichen Containerausdehnungen, Höhe, Länge, Breite, stellt dabei im wesentlichen auch die Rangfolge der Wichtigkeit der Flexibilisierung dar, z.B. muß die Möglichkeit der Stauung von sog. „High Cubes“ (9' 6" = 2896 mm) in jedem Fall gegeben sein.

    Diese „High Cubes“ wurden 1992 in die ISO-Normen für Stückgutcontainer, ISO 1496-1 („Boxes“) und ISO 668 (Maße und Gewicht), für die ISO-Containerlängen von 30' („BBB“) und 40' („AAA“) aufgenommen.

    Ausserdem ist die Bereitstellung von Stellplätzen für 20'- und 40'-Container mit der bisherigen ISO-Breite von 8' = 2438mm ( Breite zwischen den Außenkanten der Eckbeschläge) für alle im internationalen Containerverkehr einsetzbaren Schiffe unabdingbar.

    Die ISO-Länge von 30' spielt mengenmäßig keine Rolle mehr. Das Auftauchen von Sonderlängen, 45', 48', 49' und 53' („Future Boxes“, „Wide Bodies“), erregte in den letzten Jahren Aufsehen auf dem Containerfrachtmarkt. Parallel dazu begann eine Diskussion um die Einführung breiterer Container bis zu 2600 mm Außenbreite. Abb. 34: Übersicht der gängigen Containergrößen in den drei Dimensionen (GL, 1993)

    Die ISO hat sich ebenfalls mit dem Thema der neuen Containerlängen beschäftigt. Die Berichte (Technical Reports der Arbeitsgruppe TC104 / WG4) unter dem Titel „Future Containers“ von 1990 liegen als ISO Beratungsergebnisse vor. Es sind im wesentlichen Normvorschläge für 49' (ca. 15m) lange Container in einer 49'/24'-Größenkombination - ähnlich den 40'/20'-Containern - allerdings zusätzlich mit internen Eckbeschlägen und Rahmen im 40'- bzw. 20'-Raster. Die Außenbreite soll laut Vornorm 2595mm = 8'6" betragen.

    Die Frage ist, inwieweit diese neuen Größen eine Bedeutung im internationalen Frachtmarkt schon erlangt haben, bzw. in Zukunft erlangen werden. Die genannten größeren Längen werden bisher hauptsächlich in geschlossenen Containerkreisläufen eingesetzt, die von einer Reederei bedient werden, die Schiffe und auch Container, z.T. sogar eigene Terminals in diesen Überlängen zur Verfügung stellt (APL-Line Transpazifik / Maersk-Line Transatlantik). Auf Anfrage bei einer Reederei, die Schiffe im Round-the-World-Service betreibt, die auch für den Transport von 45'- und 48'-Containern an Deck ausgelegt sind, wurde bestätigt, dass bisher (1999) keine Containerlängen außerhalb der 20'/40'-Größe befördert wurden.

    Um festzustellen, inwieweit die Möglichkeit der Beförderung von Container-Sondergrößen bei der Deckscontainerkapazität von Neubauten berücksichtigt wird, sind 33 Aufträge bzw. Angebote über Deckscontainer-Laschsysteme die von 1989 - 1994 beim Germanischen Lloyd zur Genehmigung vorgelegt wurden, überprüft worden.

    Alle 33 Schiffe sind in der Lage, 8’6’’ hohe Container zu transportieren. 14 können 9’6’’ hohe Container laden. Sondergrössen von 8’ hoch lediglich 4 und nur ein Containerschiff verfügt über Stellplätze für 9’6,5’’ hohe Container (Abb. 35).

    Bei den Transportmöglichkeiten für unterschiedlicher Containerlängen ist das Ergebnis noch eindeutiger. Es dominiert die Auslegung der Containerschiffe für den Transport von 40’ (32 Schiffe) bzw. 20’ (33 Schiffe); 9 Schiffe sind in der Lage, 45’ lange Container zu laden, alle anderen Grössen nur von jeweils 2 Schiffen (Containerlängen Abb.36).

    Die Auslegung der Stellplätze auf den betrachteten Schiffen in Bezug auf die Containerbreiten ist ähnlich: 33 Schiffe können den „normalbreiten“ 8’-Container transportieren, 12 Schiffe andere Containerbreiten (Abb. 37)

    Von den 33 betrachteten Schiffen wiesen insgesamt nur 5 Schiffe (15%) überhaupt die Möglichkeit der Stauung von Sondergrößen (Längen und Breiten) an Deck auf. Bezogen auf die gesamte Deckscontainerkapazität der 33 Schiffe (24.229 TEU) beträgt die Kapazität für 45' Container 5%, für 48' Container unter 2%.

    Nur ein Schiff ist in der Lage, alle Längen- und Breitenkombinationen zu befördern - mit einer entsprechend schlechteren Decksflächennutzung beim Transport von normallangen und -breiten ISO-Containern.

    Bei der Möglichkeit, breitere Container der „Serie 2“ ISO an Deck stauen zu können, wird das Entfernungsraster der Eckbeschlagsöffnungen nach ISO grundsätzlich nicht geändert. Lediglich die Abstände zwischen den Containerreihen werden entsprechend der vergrößerten Außenmaße der Boxen erweitert. Damit bleibt die Möglichkeit der Stauung normalbreiter ISO-Container erhalten.

    Daß eine zweite Generation der ISO-Trockengutcontainer ebenfalls das Bodenraster mit breiteren Eckbeschlägen erhält, wurde in der ISO vorbereitet („Draft Technical Report /N70“ vom 28.12.1990 bzw. „N 61“ vom 20.07.1990). Wie diese Container mit erweiterten (palettenorientierten) lichten Maßen bei „altem“ Eckbeschlagsöffnungsabstand von 2259mm (Mitte bis Mitte Loch) prinzipiell aussehen können, ist am Beispiel des in Deutschland bereits genormten Binnencontainers (Abb. 38) zu sehen.

    Die ISO-Berichte enthalten weiter einen Vorschlag für den Belastungstest dieser Container. Damit sind im wesentlichen die Grenzbelastungen festgelegt, die für eine Auslegung eines Zurr- und Stausystems wichtig sind.

    • Containerhöhen

    Ein neues Laschsystem muß grundsätzlich alle gängigen Containerhöhen abdecken können. Im wesentlichen sind das 8'6" und 9'6"Container, die die große Masse der im Umlauf befindlichen Container darstellen. Je nach Anforderung muß das System auch für 8' hohe Container umrüstbar sein (Isolier-/Kühlcontainer!). Eine unterschiedliche Mischung der verschiedenen Bauhöhen in einem Stapel muß ebenfalls gewährleistet sein.

    • Containerlängen

    Im Hinblick auf die aus heutiger Sicht abschätzbaren Zukunftsentwicklungen zu größeren Containerlängen soll bei einem neuen Stausystem die Möglichkeit bestehen, zwischen 5-10% der Deckscontainerkapazität in TEU mit ISO-Trockengutcontainern der „Serie 2“ (Future Wide Bodies) beladen zu können.

    Diese Stellplätze für Überlängen sollen auch mit den üblichen 20'-/40'-ISO-Containern kombinierbar sein, d.h., ein neues Laschsystem soll „längenflexibel aus- bzw. umrüstbar“ ausgelegt werden.

    Geklärt werden muß in diesem Zusammenhang, ob diese Stellplatzkapazität für Überlängen, wie zur Zeit üblich, über alle Bays bereitgestellt werden sollen, oder speziell eine Bay (bzw. mehrere Stapel einer Bay) dafür vorgesehen werden.

    Bei der Entwicklung des Laschsystems soll im Hinblick auf Übergrößen in erster Linie der oben erwähnte ISO-Normvorschlag berücksichtigt werden (49'/24'-Größenkombination).

    • Containerbreiten

    Ausgehend von der Tatsache, daß bei den bisherigen ISO-Normvorschlägen und den im Verkehr befindlichen Überbreiten das ISO-Eckbeschlagsraster nicht geändert worden ist, d.h. die Abstände der Befestigungsöffnungen gegenüber den gültigen ISO-Maßen gleichbleiben, sind bei alternativen Zurrsystemen, die über die Containerstirn- und -türseiten in die Eckbeschläge eingreifen, keine besonderen Maßnahmen erforderlich. Berücksichtigung müssen Überbreiten in der Anordnung der Containerfundamente auf den Lukendeckeln bzw. dem Deck in der Gestalt finden, daß die Breitenabstände grundsätzlich vergrößert werden müssen.

    Bei den optimierten, d.h. den Containerbreiten angepaßten Schiffsbreiten bedeutet das u. U. bei Umrüstungen auf größere Breiten eine schlechtere Nutzung der zur Verfügung stehenden Decksfläche. Da fast alle zur Diskussion stehenden größeren Containerlängen auch in Verbindung mit einer größeren Breite stehen und alle am Frachtmarkt operierenden und z.Z. im Bau befindlichen Containerschiffe grundsätzlich auf die „normale“ ISO-Breite von 8' (=2438 mm) ausgelegt sind, ist dieser Problematik im Hinblick auf zukünftige Schiffsentwürfe eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
    Ein alternatives Laschsystem, wie z.B. Stauschienensysteme, die eine größere Schiffsbreite notwendig machen, sind nach ihrer Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen. Es ist anzunehmen, dass im Vergleich zu unterschiedlichen Schiffsentwürfen mit gleichem Hauptspantquerschnitt aber mit einem evt. größeren Tiefgang (gleiche Verdrängung!) u.U. eine höhere Antriebsleistung notwendig wird.
    Diese Problematik hat jedoch bei einem Entwurf alternativer Laschsysteme, die z.B. nicht auf seitlichen Führungsschienen beruhen, keine Relevanz. Hier liegt das Problem in der Optimierung des Deckslayouts.

     

    4.3.2.2.2 Optimale stautechnische Decksflächennutzung

    Die Problematik der Decksflächennutzung läßt sich aus wirtschaftlich-technischer Sicht grundsätzlich in zwei Aspekte unterteilen:

    „Optimale Länge“ des Schiffes in bezug auf die Anzahl der Containerstapel hintereinander; abhängig vom Raum zwischen den Luken und der Optimierung der Decksstellfläche durch weites Verlagern des Deckshauses nach hinten bzw. Verkürzung in Längsrichtung.

    „Optimale Breite“ des Schiffes in bezug auf die Anzahl der Container bzw. der Abstände zwischen den Stapeln, so daß die Schiffsbreite bestmöglich genutzt werden kann.

    Ein besonderes Problem für die sichere Laschung von Deckscontainern stellt das Stauen von 20’ Containern auf 40’ Stellplätzen dar. Denn die optimale Länge eines Schiffes bedeutet in erster Linie, dass die Länge in bezug auf die zur Verfügung stehende Anzahl der Containerstellplätze in TEU in der ersten Lage an Deck möglichst kurz sein soll. Grundlage ist u.a., dass die 20‘-Container in Längsrichtung auf einem 40‘-Stellplatz auf eine „76 mm-Fuge“ gestaut werden. Bisher konnte in diesen engen Abständen zwischen den Containern keine Laschung angebracht werden, daher war bei dieser Art der Stauung die Gewichtsflexibilität extrem eingeschränkt. Ein neues Laschsystem muss diesem Problem Rechnung tragen.

    Weitere Möglichkeiten der Optimierung liegen in erster Linie im Schiffsentwurf.
    Bei der optimalen Breite eines Schiffes ist die bestmögliche Ausnutzung grundsätzlich von der geforderten Möglichkeit in den Containerbreiten abhängig. Abhängig von der Konstruktion der Lukendeckel (Durchbiegens der Deckel) etc., können die Stapel bei Verwendung konventioneller Zurrung sehr eng zusammen gestellt werden und die Gesamtbreite der Schiffe auf ein Minimum nur in Hinblick auf die Anzahl der Containerreihen ausgelegt werden.

     

    4.3.2.3 Laufende terminal- oder schiffsseitige Kosten vermeiden

    Die Kosten für die Stauung und die Sicherung der Deckscontainer sowie die Unterhaltung der dafür erforderlichen Materialien und Einrichtungen stellen beim Containerverkehr Kosten dar, deren Höhe so gering wie möglich gehalten werden sollte.
    Für die Kostenbetrachtung müssen alle Kosten, die während des Transports eines Containers vom Quell- zum Zielhafen entstehen, d.h. sowohl die Kosten die dem Reeder originär auf seinem bzw. durch sein Schiff anfallen, als auch die Kosten, die ihm von Seiten des Terminals für Umschlagsarbeiten in Rechnung gestellt werden, berücksichtigt werden..

    Die dem Schiff zuordbaren Kostenelemente, die für den Reeder von Bedeutung sind, betreffen beim konventionellen Laschsystem im Wesentlichen

    • das Laschmaterial (Twistlocks, Laschstangen usw.),
    • Ladeeinrichtungen, -hilfen sowie im weiteren Sinne
    • die Lukendeckel.

    Die terminalseitigen, mit der Containerstauung verbundenen Kosten umfassen insbesondere die Kosten

    • der Containerbrücke und
    • das Laschpersonal

    Differenziert nach Kostengruppen treten

    • Investitionskosten (Laschmaterial, Einrichtungen auf Schiffen und Terminals),
    • Unterhaltungskosten (Laschmaterial, Einrichtungen auf Schiffen und Terminals)
    • Personalkosten (Laschpersonal, (Brückenfahrer)) auf.

    Ziel bei der Entwicklung eines neuen Laschsystems ist, die mit der Stauung von Containern an Deck verbundenen Kosten so gering wie möglich zu halten. Dabei ist ein Optimum aus Investitions- und Betriebskosten zu finden.

     

    4.3.2.4 Terminalseitigen Gegebenheiten und Anforderungen vereinbaren

    Neben der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen in Deutschland bzw. der EU-Rahmenrichtlinien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz, sind bei der Entwicklung eines neuen Laschsystems die in ausländischen Häfen gültigen Sicherheitsbestimmungen zu beachten.

    Von besonderem Interesse ist hier der Teil des Arbeitsschutzrechts, der herkömmlich als technischer Arbeitsschutz oder auch Gefahrenschutz bezeichnet wird, also Vorschriften zu Verhütung von Arbeitsunfällen. Neben existierenden gesetzlichen Regelungen sind auch Gesamtvereinbarungen, sei es zwischen Arbeitnehmervertretern (Betriebsräten) und Arbeitgebern oder/und den Tarifvertragsparteien, zu beachten.

    Die Bundesrepublik Deutschland hat durch Gesetz vom 21.07.1982 das Übereinkommen Nr. 152 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von 1979 über den Arbeitsschutz bei der Hafenarbeit (Convention on Occupational Health and Safety in Dockwork) ratifiziert.

    Teil III der ILO-Konvention regelt die technischen Schutzmaßnahmen bei der Hafenarbeit, Artikel 31 z.B. befaßt sich explizit mit „Frachtcontainer-Terminals“ – Bestimmungen, die auf einem abstrakten Allgemeinniveau gehalten sind und der Ausfüllung durch den Gesetzgeber bedürfen. Die Umsetzung der Internationalen Standards in nationales Recht ist äußerst langwierig. Großbritannien hat erst Anfang der 90er Jahre die Konvention ratifiziert, nachdem seit Anfang 1989 neue „Docks Regulations“ in Kraft sind, die auf Basis der ILO-Konvention Schutzmaßnahmen und Sicherheitsanforderungen neu und umfassend regeln (vgl.: bring in the new; in: Cargo Systems 1/90).
    In anderen Ländern (USA, Australien) erschwert die förderative Rechtsordnung die Ratifizierung der ILO-Konventionen.

    Erwähnt sei hier ausserdem der „ILO Code of Practice on Health and Safety in Dockwork“, erstmalig 1958 veröffentlicht und 1977 in einer erweiterten Fassung vorgelegt, die den tiefgreifenden Veränderungen der Arbeitsbedingungen durch die „Containerrevolution“ innerhalb dieser Dekaden Rechnung trug. Das Kapitel 16 dieses Codes befaßt sich sehr ausführlich mit den Fragen des Arbeitens auf den Containern – sowohl auf dem Terminal als auch auf dem Seeschiff.

    ILO-Konvention und Code of Practice bilden zusammen Grundlagen und Rahmen für die Ausarbeitung von Arbeitsschutzvorschriften bei der Hafenarbeit in den einzelnen UNO – Mitgliedsstaaten. In dieser Form – allgemein akzeptiert – liegt ihre eigentliche Bedeutung.

    Neben den gesetzlichen Arbeitsschutzvorschriften sind auch häufig Gesamtvereinbarungen in Arbeitsschutzfragen mit lokaler/regionaler Bedeutung zu finden. Als Beispiel für eine solche Vereinbarung zwischen einem Arbeitgeberverband und einer Hafenarbeitergewerkschaft sei der „PMA Safety Code“ herangezogen, der für die Häfen der Westküste der USA und Hawaii gilt. Dieser Sicherheitscode, von der „Pacific Maritime Association“ und der „International Longshoremen’s and Warehausemen’s Union“ (ILWU) gemeinsam entwickelt und alle drei Jahre im Rahmen allgemeiner Tarifverhandlungen neu verhandelt und aktualisiert, ist integrierter Bestandteil jedes Arbeitsvertrages im Geltungsbereich.

    In den belgischen Häfen existieren keine spezifischen Arbeitsschutzvorschriften für den Hafenbereich. Die Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gefordert, als Quasi-Gesetzgeber Normen für den Arbeitsschutz im Hafen zu setzen. In Antwerpen z.B. kümmert sich ein gemeinsamer, paritätisch besetzter Ausschuß für „Arbeitssicherheit und Hygiene“ um die Gestaltung, Umsetzung und Einhaltung der einschlägigen Arbeitsschutz-Normen. Den Vorsitz nimmt ein Vertreter der Hafenbehörde wahr.

    Der Ausschuß hat eine Fülle von Sicherheits vorschriften erarbeitet und in Form von „port regulations“ veröffentlicht (vgl.: an alternative approach to safety; in: Cargo Systems 3/1988).

    An einigen Beispielen aus den Bestimmungen der ILO-Konvention und den korrespondierenden deutschen Arbeits- und Gesundheitsschutzvorschriften wird kurz aufgezeigt, welche relevanten Sicherheitsnormen für Lascharbeiten und letztlich für die Entwicklung eines international einsetzbaren Laschsystems zu berücksichtigen sind.

    Bei den allgemeinen Sicherheitsbestimmungen der ILO-Konvention sind vor allem der Artikel 4, Abs. 1 (sichere und nicht gesundheitsbeeinträchtigende Gestaltung von Arbeitsplätzen, Arbeitsmitteln und Arbeitsmethoden), der Artikel 31, Abs.1 und Artikel 10, Abs. 2 (Gewährleistung der Sicherheit von Arbeitnehmern bei der Anlage und dem Betreiben von Container-Terminals) zu berücksichtigen.

    Artikel 15 und 16 befassen sich mit Sicherheits-aspekten beim Zugang zum Arbeitsort (Schiff), Artikel 17 mit Sicherheitsbestimmungen und Hilfsmitteln beim Zugang zu Arbeitsplatz auf dem Schiff. Die Sicherung von Öffnungen (Luken) wird im Artikel 19 behandelt und Artikel 20 beinhaltet Sicherheitsaspekte beim Arbeiten an und unter Deck beim Einsatz von kraftbetriebenen Fahr- und Hebezeugen.

     

    4.4 Anforderungen an ein neu zu entwickelndes Laschsystem

     

    4.4.1 Wünsche und Vorschläge der Lascher

    In Gesprächen auf den Containerschiffen und in den Gruppen-Interviews ist den Laschern die Frage vorgelegt worden, welche Aspekte ihrer Arbeit ihnen besonders schwierig, schwer oder auch gefährlich erscheinen und auf welche Weise eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen herbeigeführt werden könnte.

    In diesem Zusammenhang haben die Lascher eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die sich auf Veränderungen der Laschmittel und Methoden beziehen. Andere Hoffnungen, Wünsche und Vorstellungen richten sich auf Veränderungen der Arbeitsorganisation.

    Vereinheitlichung der Systeme

    Lascher sehen ein zentrales Problem in der Vielfalt der Laschmittel. Sie machen häufig die Erfahrung, daß selbst auf einem Schiff die Materialien verschiedener Hersteller und Laschsysteme durcheinandergewürfelt sind. Aus der Sicht der Lascher wäre eine Vereinheitlichung der Systeme eine wichtige allgemeine
    Verbesserung, die sich auch im Kleinen als Arbeitserleichterung erweisen würde. Das Suchen nach geeigneten Laschmitteln würde reduziert oder entfallen. Stabilere Arbeitsroutinen könnten sich entwickeln und eine zügigere Abwicklung der Arbeitsvorgänge wäre möglich, wenn das Umgehen mit verschiedenen und verschieden gut funktionierenden Teilen wegfallen würde.

    In engem Zusammenhang mit der mangelnden Standardisierung der Laschmittel steht die Uneinheitlichkeit der Laschpläne. Zum einen empfinden Lascher die vielen unterschiedlichen Pläne als lästig, weil man (Zitat) „eigentlich immer ein kleines Buch dabei haben müßte“, um nachzuschauen, wie die „Lashings“ auf dem jeweiligen Schiff sein sollten.

    Vereinheitlichung von Laschplänen

    Gewichtiger scheint jedoch, daß die Laschpläne unmittelbar den Arbeitsaufwand der Lascher bestimmen: sie schreiben die Anzahl der Teile vor, ob und welche Kreuze zu setzen sind. Es scheint für die Lascher schwer einsichtig, daß manche Schiffe beispielsweise mit einfachen Kreuzen auskommen und andere Schiffe von ähnlicher Größe und Stellkapazität Doppelkreuze (und „doppelte“ Arbeit) verlangen. Sie versprechen sich daher auch von einer Vereinheitlichung der Laschpläne, mit (bezüglich des geforderten Aufwands) gemäßigten Vorschriften, eine Arbeitserleichterung; wobei anzumerken ist, dass die Lascher z.B. die Containergewichte im Stapel nicht kennen, nach denen sich die spezifischen Laschanforderungen orientieren.

    Anbringung von größeren Laschmittelbehältnissen in den Quergängen zwischen den Luken

    Um dem Problem der Erreichbarkeit des Laschmaterials abzuhelfen, wurde das Anbringen von Laschmittelbehältnissen in den Quergängen empfohlen. Diese Behältnisse müßten in der Regel größer sein, als sie gegenwärtig sind, damit sie genug Material fassen können. Damit würde auch zum Teil das Problem des Transportes der Laschmittel zu dem Ort, an dem sie benötigt werden, abgemildert.

    genügend Laschmaterial

    Voraussetzung ist allerdings, daß überhaupt genügend Laschmittel bereithalten wird, und das scheint nach dem Bekunden der Lascher oft nicht der Fall zu sein. Sie verlangen daher auch, dass immer genügend Laschmaterial in Reserve vorgehalten sein sollte.

    Gewichtsreduktion der Zurr- und Spannelemente

    Ein anderer Punkt, der immer wieder erwähnt wurde, betrifft das Gewicht der Laschmittel - insbesondere das der Spann- und Zurrelemente. Lascher wünschen sich eine Gewichtsreduktion der Zurr- und Spannelemente. Sie erinnern sich gern an Fälle des Arbeitens mit leichteren Materialien.
    Allerdings wissen sie auch um die Probleme bekannter Alternativen (Sprödigkeit, Haltbarkeit, Formstabilität und nicht zuletzt die Kosten von geeigneteren Materialien).

    grobes Gewinde, Doppelgewinde, technische Hilfen

    Das Festzurren wurde als eine sehr mühselige, an die Grenzen der Leistungsfähigkeit gehende Arbeit beschrieben. Spannschrauben sollten grobes Gewinde und Doppelgewinde haben. Andernfalls wird die Längenregulierung und das Verzurren zu einem zeitlichen und zu einem schwerwiegenden Belastungsproblem für die Lascher. Zur Erleichterung des Verzurrens wurden technische Hilfen, wie z.B. mit Druckluft unterstützte Werkzeuge, vorgeschlagen.

    Ein besonderes Problem stellt eine Anpassung der Länge der Spannschrauben bei der Befestigung von Containern mit Überhöhe dar.

    Länge der „Fische“ optimieren

    Lascher schlagen vor, die Länge der Verbindungs- und Verlängerungsstücke („Fische“) so auszulegen, daß sich der nötige Stellweg beim Auf- oder Zudrehen der Spannschraube nicht vergrößert, sondern auf ein Minimum reduziert wird.

    Spannelemente sollen an den Bodenfundamenten verbleiben

    Eine wesentliche Verbesserung und Erleichterung ihrer Arbeit versprechen sich Lascher von einem Laschsystem, bei dem die Spannelemente an den Bodenfundamenten verbleiben können, auch wenn die Containergrössen wechseln.

    Wechsel von Containergrössen auf den Stellplätzen gering halten

    Der Aufwand des Umrüstens könnte möglicherweise auch auf organisatorischem Wege reduziert werden. Dazu müßten „Planner“ und Disponenten bei der Beladungsplanung allerdings ein weiteres Optimierungskriterium einführen: Eine möglichst geringe Belastung bei den Lascharbeiten. Für die Lascher ist der Arbeits- und Transportaufwand in bezug auf die Spannschrauben am geringsten, wenn auf dem Stellplatz eines 40‘ „Lösch“-Containers wieder ein 40‘ „Lade“-Container abgesetzt wird (desgleichen bei 20‘ Container). Wenn es gelänge, die Containergrössen auf den Stellplätzen seltener zu wechseln, könnte der Aufwand des Herausnehmens und Umsetzens der Spannschrauben verringert werden.

    Kennzeichnung mit Leuchtfarbe

    Für die Twistlock-Hebel wurde eine Kennzeichnung mit Leuchtfarbe gewünscht, damit diese auch bei ungünstigen Lichtverhältnissen erkennbar bleiben.

    Laschkorb mit Türen

    Lascher sind der Auffassung, daß die Laschkörbe, die sie vorfinden, einer Verbesserung bedürfen. Mehrfach wurde der Vorschlag gemacht, den Laschkorb mit Türen oder anderen besseren Einstiegsmöglichkeiten zu versehen.

    Standfläche mit Öffnungen nach unten

    Um die Möglichkeit des Arbeitens aus dem Laschkorb heraus zu verbessern oder überhaupt erst zu ermöglichen, wäre es sinnvoll, eine Standfläche mit Öffnungen nach unten anzusetzen, so daß der Gebrauch der Verriegelungsstangen möglich wird, ohne daß sich die Lascher über die Begrenzung beugen müssen. Als besonders problematisch gilt die V-förmig verstärkte Stirnseite, die das Arbeiten sehr erschwert, (daß die Lascher mit der Kennzeichnung der Arbeitsschwierigkeiten im Laschkorb Wesentliches treffen und ihre Gestaltungsvorschläge bedeutsam und machbar sind, zeigt ein Vergleich mit Gestaltungslösungen in einer Veröffentlichung über „Container Top Safety“ von M. Compton 1989:18).

    Behältergrösse (bins)

    Kritisiert.wird die mangelnde Grösse der Behälter

    nach oben hin offener Laschkorb

    Außerdem sei ein nach oben hin (teilweise)offener Laschkorb praktischer

    großer und kleiner Laschkorb

    Als organisatorische Notwendigkeit wurde die ständige Verfügbarkeit eines großen und eines kleinen Laschkorbs an jeder Brücke angesehen.

    Beleuchtung

    Zur Verbesserung der Beleuchtung wurde vorgeschlagen, Scheinwerfer möglichst so anzubringen, daß sie von der Seite her in die Gänge hineinleuchten. Außerdem sollten es bewegliche Klappscheinwerfer sein, die nicht nur einen Punkt sondern eine möglichst große Fläche ausleuchten.

    Funk-Möglichkeit

    Als ein großes Problem wird die fehlende Funk-Möglichkeit betrachtet, wodurch das Arbeiten unter Deck, das „Fliegen“ und das Arbeiten auf höheren Lagen als sehr gefährlich empfunden wird. Die Notwendigkeit der Verständigung beim Arbeits-Kontakt mit der Containerbrücke ist dauernd gegeben. Gewünscht wurde zumindest Funkmöglichkeit vom Laschkorb aus oder die Möglichkeit, den Decksmann oder Einweiser mitzunehmen, der über ein Funkgerät verfügt.

    bessere Personaleinsatzplanung

    Für dringend erforderlich halten Lascher organisatorische Verbesserungen. Eine konkrete Personaleinsatzplanung soll qualitativ (durch ein angemessenes Verhältnis von erfahrenen und unerfahrenen Laschern in einer Gang) und quantitativ (durch ein stärker an der Belastbarkeit der Lascher orientierte Bemessung der Anzahl von Laschern in einer Gang) erfolgen, damit die Anzahl der Lascher auf die geplante Beladung und den Laschaufwand auf den jeweiligen Schiffen besser abgestimmt ist.

    Menschenführungskurse für Vorgesetzte

    Die Lascher halten es für besser, wenn bei der Auslese von Laschern für Vormannpositionen nicht allein das Kriterium, „immer bereit“ zu sein zählte, sondern auch soziale Kriterien wie z.B. Leitungskompetenzen eine größere Rolle spielten. Vorleute mit fachlicher Autorität und mit sozialen Fähigkeiten im Umgang mit Unterstellten könnten viel dazu beitragen, ein gutes Arbeitsklima zu schaffen. Lascher schlagen Menschenführungskurse für Vorgesetzte vor.

    formelle Anerkennung als Schichtarbeiter

    Schließlich beklagen Lascher, daß ihnen bisher die formelle Anerkennung als Schichtarbeiter versagt wird. Von einer Anerkennung versprechen sie sich einen Ausgleich von Härten ihres Arbeitslebens, etwa durch die Möglichkeit einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit. Am Beispiel alternder Kollegen sehen sie, daß man die Arbeit als Lascher bis zum fünfund- sechzigsten Lebensjahr nicht erträgt.

     

    4.4.2 Ansatzpunkte aus arbeitswissenschaftlicher Sicht

     

    4.4.2.1 Gestaltung von Arbeitsmitteln

    Den Vorstellungen der Lascher über wünschenswerte Verbesserungen ihrer Arbeitsmittel ist, soweit sie sich auf diejenigen beziehen, mit denen Lascher täglich umgehen müssen, nur wenig hinzuzufügen. Es erscheint sinnvoll, die Wunschliste der Lascher aufzugreifen, zu ergänzen, durch arbeitswissenschaftliche Argumente zu vertiefen und gegebenenfalls nicht nur Anforderungen, sondern Lösungsvorschläge zu formulieren.

    Gewicht loser Laschelemente verringern

    Das Gewicht loser Laschelemente muß verringert werden, insbesondere solcher Elemente, mit denen auf engstem Raum gearbeitet werden muß und die in ungünstiger Körperhaltung und -stellung gehandhabt werden. Die Kräfte, die ein Lascher unter diesen Umständen - beispielsweise bei der Handhabung einer Laschstange - aufbringen muß, sind auch aufgrund der Länge der Stange bzw. der entstehenden Hebelwirkungen um ein Vielfaches höher als die faktische Last.

    Verminderung von Art und Anzahl loser Laschelemente

    Eine Verminderung von Art und Anzahl loser Laschelemente würde einer Vereinheitlichung dienen. Die Transportprobleme könnten gemildert, der Aufwand für Vor- und Nachbereitung der Lascharbeiten gesenkt werden. Schließlich könnte dadurch auch die Unfallwahrscheinlichkeit (Problem herabfallender oder auf Bewegungsflächen herumliegender Laschmittel) beeinflusst werden.

    bewegliche Behälter für lose Laschelemente

    Die Transportmöglichkeiten für unentbehrliche lose Laschelemente sollten verbessert werden. Zu denken ist an bewegliche Behälter.

    Transportbedarf verringern

    Ein anderer Weg wäre, den Transport durch feste Installationen entbehrlich zu machen oder - wie die Lascher vorgeschlagen haben - über eine andere Beladungsplanung den Transportaufwand zu drosseln.

    Erreichbarkeit der losen Laschelemente

    Die Zugänglichkeit der Behälter mit losen Laschelementen sollte verbessert werden. Das Entnehmen von Laschelementen sollte in bequemer Körperhaltung möglich sein. Laschmittelbehälter in größerer Nähe des Arbeitsbereichs von Laschern dürfen jedoch den Bewegungsraum nicht weiter einengen. Auch die z.T. bereits stark beeinträchtigte Zugänglichkeit der Container darf durch entsprechende Maßnahmen nicht verschlechtert werden.

    Verzurren erleichtern

    Der Arbeitsvorgang des Verzurrens sollte vereinfacht und erleichtert werden. Beweglich befestigte Laschelemente, wie z.B. die Spannschrauben, sollten in verschiedenen Positionen arretierbar sein (z.B. in vertikaler und bezogen auf den Container diagonaler Stellung), damit die zusätzliche Haltearbeit bei Laschoperationen entfallen kann bzw. beidhändiges Arbeiten möglich wird.

    Befestigen und Lösen von Laschelementen auf dem Lukendeckel erleichtern

    In diesem Zusammenhang sollte das Befestigen und Lösen von Laschelementen auf dem Lukendeckel vereinfacht und erleichtert werden. Hat die Halterungsvorrichtung nicht genügend Spiel, ist sie verformt oder auf andere Weise beschädigt oder nicht funktionsfähig, sind Bolzen, Stifte oder Schäkel zu kurz und daher schwierig zu ergreifen, muß unverhältnismäßig viel Zeit aufgewendet werden, um diesen Arbeitsvorgang zu erledigen. Diese müssen leicht anzubringen und wieder zu entfernen sein, zumal Lascher bei ihrer Arbeit Handschuhe tragen. Auch bei diesem Arbeitsvorgang kommt es darauf an, beidhändiges Arbeiten zu ermöglichen. Durch die Lage und Stellung der Bodenfundamente („Augen“) lässt sich das Anbringen ebenfalls erleichtern.

    Herausfallen der Stangen aus den ISO-Ecken verhindern

    Die Enden von Laschstangen müssen so konstruiert sein, daß ein Herausfallen aus den ISO-Ecken vermieden wird. Dies darf - soweit möglich - jedoch nicht zu Lasten der Handhabbarkeit gehen.

    Gewicht der Laschstangen verringern

    Diese muß im Gegenteil verbessert werden. Hierzu könnte die Reduktion des Gewichts bereits einen wesentlichen Beitrag leisten.

    Greifraum besser anpassen

    Die Erreichbarkeit der ISO-Ecken muß auch für kleinere Lascher gewährleistet sein, d.h. die Abmessungen von Lasch- und Hilfsmitteln müssen sich am maximalen Greifraum kleiner Arbeitspersonen orientieren. Beim Umgang mit den üblichen Twistlocks wurden (verglichen mit Spann- und Zurrelementen) eher selten Belastungen, Gefährdungen oder Behinderungen beobachtet, die mit der Konstruktion dieser Befestigungsstücke zusammenhängen. Die Lascher haben die Handhabung „normaler“ Befestigungsstücke (Twistlocks) kaum beanstandet. Im Rahmen einer möglichen Einbindung in das innovative Laschsystem ergeben sich eher allgemeine Anforderungen an die Gestaltung von Befestigungsstücken:

    Robustheit

    Alle Laschelemente sollten robust sein, insbesondere die Bedienteile;

    Unhinderlichkeit

    Die Lascharbeit sollte durch sperrige Laschelemente nicht behindert werden;

    Gängigkeit

    Die Gängigkeit der Laschelemente sollte auch bei extremen Witterungsbedingungen gewährleistet sein;

    Widerstandsfähigkeit

    Die Laschelemente sollten widerstandsfähig sein, auch bei besonderen Belastungen (insbesondere beim Beladen);

    Zusammenhalt

    Das Herausfallen der Verriegelungsstücke und Laschstangen aus den ISO-Ecken sollte ausgeschlossen werden;

    Kontrollierbarkeit,

    Bei der Entwicklung (halb-)automatischer Twistlocks müssen ungewollte selbsttätige Ver- oder Entriegelungen ausgeschlossen werden, da wegen der häufig schlechten Erreichbarkeit der problematischen Container in höheren Lagen erhebliche Zeitverzögerungen in Kauf genommen werden müssen;

    Eindeutigkeit

    Die Verriegelungsrichtung muß eindeutig sein (Möglichkeit des Überkopfeinsetzens ausschließen);

    Sichtbarkeit

    Die Sichtbarkeit der Bedienteile von Befestigungsstücken sollte - wie die Lascher vorschlagen - durch Leuchtfarbe oder durch nachleuchtendes Material erhöht werden;

    nachleuchtende Oberflächen

    Auch für andere Bedienteile oder Anzeigeelemente, wie z.B. für Ziffern und Buchstaben auf den Containern oder Begrenzungsmarkierungen in den Gängen, wäre die Anwendung nachleuchtenden Materials ein vielversprechender Weg, um die Orientierung auf den Containerschiffen bei mangelhaften Sichtverhältnissen oder gar in der Dunkelheit zu erleichtern. Bei einer Neukonstruktion von Werkzeugen und anderen Hilfsmitteln sind ebenfalls eher allgemeine ergonomische Anforderungen zu bedenken, denen gegenwärtig nicht ausreichend genügt wird. Werkzeuge sollen die Handlungsausführung erleichtern, die Beanspruchung senken und die Wirksamkeit menschlicher Arbeit verbessern (vgl. Kirchner/Rohmert 1974:43).

     

    4.4.2.2 Anforderungen an neue Werkzeuge

    Neue Werkzeuge sollten:

    • leicht, wie die anderen Arbeitsmittel auch ein geringes Gewicht haben (Werkzeuge müssen transportiert werden);
    • robust sein. Es wäre der Arbeitssituation nicht angemessen, von Laschern oder anderen Arbeitspersonen auf den Schiffen besonders behutsamen Umgang mit Arbeitsmitteln zu erwarten;
    • einfach anzusetzen sein;
    • griffsicher sein. Griffsicherheit ist notwendig, um ein Abrutschen zu verhindern;
    • arbeitsökonomisch sein, um eine optimale Kraftausnutzung zu gewährleisten;

    Größe

    Die räumlichen Verhältnisse auf den Containerschiffen verlangten, auf die Länge und den Umfang der Werkzeuge zu achten. Sie müssen für Lascher auch auf engstem Raum verwendbar sein (lange Hebel wären beispielsweise ungeeignet)

    Verfügbarkeit

    Auch Werkzeuge und andere Hilfsmittel (wie z.B. Leitern) sollten in ausreichendem Maße vorhanden sein und an gut erreichbaren Orten aufbewahrt werden können.

     

    4.4.2.3 Veränderungen des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung

    Eine Neugestaltung des Arbeitsplatzes „Containerschiff“ liegt jenseits der Zielsetzungen und Möglichkeiten eines auf die Arbeitsbedingungen des im Containerumschlag tätigen Laschpersonals ausgerichteten Forschungsvorhabens.
    Dennoch ist es sinnvoll, kurz auf Ansatzpunkte für Verbesserungen der Gestaltung hinzuweisen, weil häufig enge Zusammenhänge zwischen Problembereichen der Arbeitsmittel und Problembereichen des Arbeitsplatzes oder der unmittelbaren Arbeitsumgebung bestehen.

    Griffigkeit

    Um der Beeinträchtigung der Sicherheit auf den Schiffen zu begegnen, müsste die Griffigkeit und Rutschfestigkeit der Gehflächen (auch bei Nässe) oder aber die des Schuhwerks der Arbeitspersonen erhöht werden.

    Ölfreiheit

    Der Terminal sollte den Ölverlust von Fahrzeugen verhindern, damit die Rutschgefahr auf dem Schiff und auf den Containerlagen gemindert wird.

    Lärmminderung und Schallschutz

    Bei der Verminderung der Gefahr von Lärmschäden müssen Stauerei und Terminal sowie Laschmittelhersteller zusammenarbeiten. Durch Überzeugungsarbeit der Arbeitssicherheitskräfte kann dazu beigetragen werden, daß Lascher ihre persönlichen Lärmschutzmittel möglichst ständig gebrauchen. Der Terminal hat Möglichkeiten, die Lärmentstehung zu vermindern und/oder die Schallausbreitung einzudämmen. Schließlich kann man durch die Wahl des Materials für Laschmittel, oder indem man Metall mit einem Überzug versieht, die Stärke des entstehenden Lärms beeinflussen.

    Geländer

    Die Standflächen auf Podesten für aufliegende Container müssen durch Geländer gesichert sein, und es muß Sorge getragen werden, daß demolierte Geländer repariert werden.

    Steighilfen

    Insbesondere bei großen Unterschieden zwischen dem Niveau der Mittelgänge und der Lukendeckel benötigen Lascher Steighilfen. Wenn sie Leitern oder Stiegen bei den Lascharbeiten nicht vorfinden, benutzen sie die Geländer. Beide Hilfsmittel müssen funktionsfähig und in ausreichender Menge vorhanden sein.

    kein Arbeiten auf Containerlagen

    Auch wenn sich gezeigt hat, daß es grössere Verunfallungsrisiken bzw. gesundheitliche Gefährdungen für Lascher und Seeleute gibt, als das Arbeiten in großen Höhen, sollten sich in Anbetracht der Schwere der Unfallfolgen bei solchen Stürzen die Bemühungen darauf richten, das Arbeiten auf Containerlagen an und unter Deck so weit wie möglich entbehrlich zu machen.

    Als Möglichkeit wird der Einsatz teilautomatischer Twistlocks vorgeschlagen.

     

    4.4.2.4 Lösung der Sicherheits- und Belastungprobleme

    Eine Lösung der Sicherheits- und Belastungsprobleme für Lascher setzt folgende Massnahmen voraus:

    Platz

    Es muß ein Arbeitsplatz ausserhalb der Verkehrsflächen der Containerbrücke u.a. Transportfahrzeuge oder abgeschirmt davon geschaffen werden;

    Behälter

    die Behälter für die teilautomatischen Twistlocks müssen so gestaltet und angebracht sein, daß ein einfaches Greifen und Entnehmen der Twistlocks ohne belastende Körperhaltungen möglich ist (Bücken sollte unnötig sein);

    Einsetzen

    das Einsetzen der teilautomatischen Twistlocks muß in einer wenig belastenden Körperhaltung und -stellung möglich gemacht werden;

    Transport

    Der Transport der teilautomatischen Twistlocks zwischen Kaje und Schiff muß durch geeignete Behälter und Vorrichtungen erleichtert werden;

    Monotonie

    wegen der starken Monotonie dieses Arbeitsvorganges wäre es sinnvoll, eine Ablösung und einen Aufgabenwechsel für die Lascher vorzusehen.

    Unfallrisiken könnten durch eine bessere Gestaltung von Laschkörben gesenkt werden.

    Auch ohne schwerwiegende Belastungen muß es möglich sein, aus dem Laschkorb heraus zu arbeiten. Eine Reihe arbeitspraktisch wichtiger Anregungen haben die Lascher bereits gegeben. Hinzuzufügen ist:

    Höhe des Laschkorbes

    Die Höhe des Laschkorbs muß an die „größeren“ Arbeitspersonen angepasst sein, damit für diese eine Gefahr, sich bei Erschütterungen zu stoßen, verringert wird.

    aufrechte Arbeitshaltung

    Allen Personen sollte die Arbeit in aufrechter Haltung möglich sein.

    Absturzsicherung

    Die Konstruktion der Absturzsicherung sollte daraufhin überprüft werden, ob sich die Sicherheit erhöhen und die Beeinträchtigung der Beweglichkeit und der Bewegungsfreiheit vermindern lässt. Mit einer besseren und bequemeren Sicherung könnte den Laschern die Gewöhnung an den Gebrauch des Schutzmittels erleichtert werden (Compton; 1989).

    Anbringung der Laschmittelbehälter

    Die Laschmittelbehälter in den Laschkörben sollten so angebracht werden, daß ein einfaches ungehindertes Beschicken und Entnehmen sowohl von innen als auch von außen möglich wird.

    Verständigung mit der Container-Brücke

    Die Lascher müssen sich besser mit dem Brückenfahrer verständigen können. Lascher haben vorgeschlagen, daß der Einweiser, der über ein Funkgerät verfügt, „mitfliegen“ könnte. Dies scheint keine sinnvolle Lösung des Problems zu sein. Angemessener wäre es, dem „Flieger“ bei Bedarf die Möglichkeit zu einem ungehinderten Informationsaustausch mit dem Brückenfahrer zu schaffen. Eine Möglichkeit wäre, Funkgeräte, Gegensprechanlagen o.ä. in den Laschkörben zu installieren. Eine andere besteht darin, die „Flieger“ mit einem Helm auszustatten, in dem ein Funkgerät eingebaut ist.

    Behälter in der Nähe der Laschorte

    Eine Bereitstellung gut erreichbarer Behälter in der Nähe der Laschorte würde die Entfernung des Laschmaterials von den Gehflächen erleichtern und beschleunigen. Das würde ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Unfallgefahren leisten. Allerdings dürfen diese Maßnahmen den Bewegungsraum der Lascher nicht verkleinern.

    Schaffung von mehr Arbeits- und Bewegungsraum

    Das Nachrüsten wie auch der Neueinbau des neuen Laschsystems darf nicht zu Arbeits- und Bewegungsraumeinbußen für die Lascher in den Quergängen oder in den Gräben zwischen den Containerlagen führen. u

     

    4.4.3 Erstellung des Lastenheftes

    Es wurden Laschsysteme an Hand von Anforderungskatalogen entwickelt und bewertet (Lösungsvorschläge in Systemkombinationen Tab 17).  Die gewichteten Anforderungen an Laschsysteme und deren Einzelteile sind in die Gruppen unterteilt :

    • Arbeitswissenschaftliche Anforderungen
    • Ökonomische Anforderungen
    • Technische Anforderungen

     

    4.4.3.1 Arbeitswissenschaftliche Anforderungen

    A1 Gewicht loser Laschelemente verringern

    Unabhängig von der Anzahl der Elemente wurden die Einzelgewichte abgeschätzt und eine Punktbewertung vorgenommen. Bei Systemen, die völlig ohne lose Einzelteile auskommen, ist die maximale Punktzahl vergeben worden.

    A2 Verminderung von Art und Anzahl loser Laschelemente

    Der Einsatz von möglichst wenigen losen Elementen, möglichst einer Art wird positiv bewertet. Bei Systemen, die völlig ohne lose Einzelteile auskommen, wird die maximale Punktzahl gegeben.

    A3 Verringerung der Transportwege für lose Laschelemente

    Bei Einsatz von losen Elementen wird deren Lagerung möglichst dicht am Einsatzort positiv bewertet. Bei Systemen, die völlig ohne lose Einzelteile auskommen, wird die maximale Punktzahl gegeben.

    A4 Lasch- und Hilfsmittel müssen sich am max. Greifraum „kleiner“ Arbeitspersonen orientieren

    A5 Arbeitsplätze außerhalb der Transportwege und Verkehrsflächen

    Um die Unfallgefährdung für Laschpersonal möglichst klein zu halten, sollen alle Arbeiten zum einen möglichst außerhalb der Transportwege der Container auf dem Terminal, zum anderen möglichst nicht direkt neben den hohen Containerstapeln an Bord ausgeführt werden.

    A6 Alle Arbeiten sollen in einer wenig belastenden Körperhaltung auszuführen sein

    A7 Das Arbeiten in großen Höhen ist zu vermeiden

    A8 Griffigkeit der Geh- und Standflächen erhöhen und diese gegen Absturz sichern

    A9 Keine Bewegungseinschränkung durch Lasch- und Hilfsmittel

    Im Wesentlichen wird hier die mögliche Einengung der Laufflächen zwischen den Bays durch Teillösungen der Hauptfunktionen bewertet. Bei Lösungen, bei denen das Laufen zwischen den Bays nicht oder kaum noch nötig ist, werden ebenfalls hohe Punktzahlen vergeben. Die Lösungen der zweiten Hauptfunktion unterscheiden sich hier um 1 bis 2 Punkte, da bei der containerintegrierten Verriegelung keine Lascher zum Entriegeln zwischen den Bays verkehren, die halbautomatischen Twistlocks aber mit Entriegelungsstangen betätigt werden müssen.

    A10 Alle Arbeiten müssen mit einem minimalen Kraftaufwand ausgeführt werden können.

    A11 Die Handhabung der Befestigungseinrichtungen sollte klar und eindeutig erkennbar sein

     

    4.4.3.2 Technische Anforderungen

    Auf den ersten Blick ist an den technischen Anforderungen sehr auffällig, daß diese sinngemäß auch unter ökonomischen oder arbeitswissenschaftlichen Anforderungen zuordbar sind. Die Aufnahme der Punkte T1-T5 und T8 unter die technischen Anforderungen, die offensichtlich auch aus ökonomischen Gesichtspunkten Gewicht haben, liegt darin begründet, daß hier im wesentlichen die technische Gewährleistung bei Nachrüstungen betrachtet und bewertet werden. Außerdem soll hier der technische Unterschied zum definierten konventionellen Laschsystem bewertet werden (Verbesserung/Verschlechterung aus technischer Sicht).

    Im allgemeinen Bereich der Sicherung von Deckscontainern werden bestimmte Randbedingungen, die sich für einen möglichst reibungslosen, zeitsparenden Ablauf beim Löschen und Laden über mehrere Jahre als günstig herausgestellt hat, als grundlegende Anforderung an die Technik herangetragen. Diese werden grundsätzlich auch von allen Reedereien/Schiffsbetreibern für ihre Schiffe gefordert. Eine solche Forderung ist u.a. die Einzelstapelstauung, d.h. ein einzelner Stapel an Deck muß unabhängig von den Nachbarstapeln be- und entladbar sein, die Verzurrung mit Laschstangen muß unabhängig voneinander an- und abschlagbar sein, Kopplungselemente (wie z.B. Linkage Plates) zwischen den Stapeln müssen entweder nur in geringer Anzahl an den Außenstapeln vorgesehen sein oder ebenfalls unabhängig entfernbar sein.
    Diese „Maximalforderung“ für eine Einzelstapelstauung wird sich bei einigen alternativen Stausystemen mit Rücksicht auf die begrenzte Belastbarkeit der Container bzw. der Systemteile nicht vollständig oder nur mit einem großen technischen Aufwand erfüllen lassen. Die quantitative Einschätzung dieses Aufwandes innerhalb der Bewertungsmatrix ist unter dem Anforderungspunkt der Einzelstapelstauung zu verstehen.

    T1 Erhaltung (Möglichkeit) der Einzelstapelstauung;

    Aufgrund der großen Verbreitung dieser Decksstauart, kann von einem weltweiten technischen Standard ausgegangen werden. Es soll beurteilt und bewertet werden, ob ein System /Zurrteil grundsätzlich die Eignung zur Einzelstapelstauung besitzt bzw. in einer Einzelstapelstauung eingesetzt werden kann.

    Aus technischer Sicht ist bei der Beurteilung eines Stausystems, bei dem die Container in Einzelstapeln an Deck stehen, die Beherrschung der Abhebekräfte, die maximal an den unteren Eckbeschlägen auftreten, zu beachten. Die Abhebekraft ist eine direkte Funktion der Anzahl der Lagen in Kombination mit dem jeweiligen Gewicht pro Lage. Besonders kritisch/problematisch gestalten sich hohe Containergewichte in hohen Lagen (4., 5. Lage), da sich hierbei extrem hohe Abhebekräfte ergeben.

    Da in der Bodenlage mit Twistlockbefestigung an einem unteren Eckbeschlag nur maximal 200 kN Zugkraft übertragen werden können, müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um diese Kräfte aus Stapeln mit großen Lagenzahlen aufzufangen und entsprechend in die Schiffsstruktur bzw. den Lukendeckel einzuleiten. Eine Verkleinerung der Abhebekräfte an der Unterkante der unteren Lage kann durch Anbringung der bisher kaum noch gebräuchlichen Vertikalzurrung im Rahmen einer konventionellen Zurrung und/oder durch Verbindung der Einzelstapel untereinander, z.B. über Doppelstaustücke, die in einigen Systemvorschlägen ebenfalls erwähnt sind (Artikel 4.1 ) oder Staustücke mit ähnlicher Wirkung (Übertragung von Schubkräften zwischen den Stapeln) erreicht werden. Die heute bei Einzelstapelstauung übliche stapelinterne Diagonalzurrung ist zwar ebenfalls in der Lage Abhebekräfte zu verringern, erreicht aber bei weitem nicht den gleichen Effekt wie Vertikalzurrungen.

    Die Problematik konventioneller Zurrsysteme ist am Beispiel eines Laschplans einer Bay auf einem modernen Vollcontainerschiff mit einer geforderten Einzelstapelstauung und einem durchgehenden Stapelgewicht von 90 t betrachtet worden:
    Erreicht werden kann eine Einzelstapelcharakteristik nur durch eine konsequente Verringerung der Gewichte mittels Separierung der Container im Stapel. Leercontainer in den oberen und maximalgewichtige Container in den unteren Lagen senken den Gesamtschwerpunktes eines Stapels. Durch Verblockung in den Außenstapeln (Windlasten) mittels Druckadapter werden die Belastungsgrenzen der Container bzw. der Stau- und Zurrteile nicht überschritten. Druckadapter können eingelegt und weggenommen werden, ohne die Nachbarstapel zu entladen, im Gegensatz zu sogenannten „Linkage Plates“, die die Twistlocks des Nachbarstapels umfassen.

    T2 Erhaltung der Containerkapazität

    T3 Erhaltung des Stackgewichtes Flexible Gewichtsverteilung im Stack

    T4 Erhaltung der Gewichtsverteilung im Stack

    Grundsätzlich sollen bei der Erstellung der Staupläne keine „Nachbesserungen“ nötig sein.

    T5 Erhaltung (Verringerung) des Stausystemgewichts, (Berücksichtigung des Einflusses eines alternativen Laschsystems auf die Schwerpunktlage des Schiffes)

    Stapelgewichte und deren Gewichtsverteilung sowie Gewichte der an Bord gehenden Container sind in der Regel nicht bekannt, d.h., im Extremfall kann nach Einbau eines schweren (überdimensionierten) Alternativlaschsystems ein Beladungsfall mit schweren Containern an Deck nicht mehr gefahren werden, wenn der Stabilitätsverlust des Schiffes durch das neue Stausystem an Deck zu groß wird.

    T6 Überprüfbarkeit des Sicherungszustandes

    Ein Laschsystem, das den Sicherungszustand eindeutig erkennen lässt („angeschlagen - nicht angeschlagen“), ist höher zu bewerten. Die Nachprüfbarkeit des Sicherungszustandes muß jederzeit gewährleistet sein.

    T7 Gewährleistung der Systemsicherheit

    • einfache, wenige Teile,
    • wenige, einfache Verbindungen in den nötigen
    Stahlkonstruktionen,
    • betriebfestigkeitsmäßig günstige Auslegung,
    • hohe Endtraglasten.

    T8 Umfang der Änderungen in der Schiffskonstruktion

    T9 Umfang der Änderungen im Schiffsentwurf

    Durch ein neues Laschsystem soll nach Möglichkeit keine bzw. nur eine geringe Änderung am Schiffsentwurf und -konstruktion notwendig sein.

    (Es ist jedoch nicht von grundsätzlichem Nachteil, wenn schiffsseitig Lösungen angestrebt werden, die eine völlig neue Containerschiffsphilosophie präferieren.)

     

    4.4.3.3 Ökonomische Anforderungen

    Ö1 Beschleunigung der Abfertigung der Schiffe

    Ö2 Vermeidung jeglicher Beeinträchtigung des Containerumschlags durch Stau- oder Sicherungsarbeiten im Decksbereich

    Der Idealzustand wäre, daß die Beladung der Bay mit einer Containerbrücke nicht mehr unterbrochen werden muß, um z.B. Twistlocks auf die Containerlagen zu transportieren, Schubplatten zwischen zwei Lagen zu klappen, halbautomatische Twistlocks unter die Eckbeschlägezu bringen, während der Container am Spreader hängt, usw. Alle diese Arbeiten führen zu einer zwingenden Arbeitsablaufsfolge, die zu zusätzlichen Wartezeiten führen kann.

    Ö3 Steigerung der Produktivität und Effizienz der Terminals

    Primär ist die Containerbrücke als der „Flaschenhals“ innerhalb der Transportkette zu betrachten. Alle systembedingten Arbeiten, die zu zusätzlichen Wartezeiten führen, sind negativ zu bewerten.

    Ö4 Flexibilisierung der Abläufe auf den Terminals

    Alle Lösungen, die in die Terminalabläufe eingreifen bzw. Änderungen erforderlich machen, sind negativ zu bewerten.

    Ö5 Erhöhung der Geräteausnutzung und Anpassung an die Beschäftigungsstruktu

    Lösungen, bei denen die jetzige Personalplanung nicht geändert und alle vorhandenen Geräte (Van-Carrier, Trailer, Brückenspreader usw. ) voll weiter genutzt werden können, werden positiv gewertet

    Ö6 Ermöglichung hoher Deckslagenzahlen

    Ö7 Maximale stautechnische Raum- und Flächennutzung im Decksbereich

    Ö8 Vermeidung laufender terminalseitiger Kosten für Wartung und Reparatur der Befestigungseinrichtung

    Alle Zusatzeinrichtungen auf einem Terminal, die ein alternatives Stau- und Laschsystem benötigen, werden auch vom Terminalbetreiber gewartet und repariert werden müssen. Je umfangreicher diese Einrichtungen sind und je höher der Mechanisierungsgrad ist, um so höher werden (im ersten Ansatz) die Kosten dafür sein.

    Ö9 Vermeidung laufender schiffsseitiger Kosten für Wartung und Reparatur der Befestigungseinrichtung

    Parallel zu Ö8 gilt das vorher Gesagte, allerdings für Zusatzeinrichtungen an Bord. Die Kosten sind vom Schiffsbetreiber zu tragen. Unterschiedliche Beschaffungskosten werden hier nicht berücksichtigt.

    Ö10 Vereinbarkeit mit terminalseitigen Gegebenheiten und Anforderungen (weltweit im Einsatz befindliche Umschlagsgeräte)

    Ö11 Berücksichtigung unterschiedlicher Containerlängen, -breiten und höhen

    Hier wird die technische Möglichkeit der Umrüstung des Systems auf Containergrößen, die außerhalb des ISO-Standards liegen, bewertet.

    Ö12 Berücksichtigung der unterschiedlichen Sicherheitsbestimmungen in den internationalen Häfen

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