Geschwindigkeitsverteilungen von Sekundärneutralteilchen unter nuklearen und elektronischen Zerstäubungsbedingungen

In dieser Arbeit wird die Sekundärneutralteilchenspektroskopie (SNMS) für vergleichende Untersuchungen der durch keV- und SHI-Ionenbeschuss von Festkörpern verursachten Emission von Teilchen („Zerstäubung“) verwendet. SHI steht für Swift Heavy Ions, also schnelle, oft hochgeladene Ionen mit kinetischen Energien im MeV-Bereich. Die Wechselwirkung zwischen Primärionen und Festkörper findet für den keV-Bereich auf nuklearer Ebene statt, für den MeV-Bereich überwiegt die Wechselwirkung des Primärions mit dem elektronischen System. Erstere ist gut verstanden, während letztere noch immer erforscht wird. In dieser Arbeit sind dabei die Geschwindigkeitsverteilungen der zerstäubten Teilchen von besonderem Interesse. Sie liefern einen Einblick in den Zerstäubungsprozess und werden zur Interpretation der Daten über zerstäubte Neutralteilchen, welche in SNMS-Experimenten gemessen werden, bezüglich der Zusammensetzung des Flusses zerstäubter Teilchen benötigt.

Um Geschwindigkeitsverteilungen zerstäubter Teilchen mit massenspektrometrischen Methoden zu bestimmen, wurde bereits zuvor eine Extraction-Delay-Methode angewendet. Bei dieser wird die Variation des zeitlichen Abstands vom gepulstem Ionenbeschuss und der gepulsten Extraktion in das Massenspektrometer genutzt, um verschiedene Emissionsgeschwindigkeiten abzufragen. Für die hier vorgestellten Messungen unter SHI-Beschuss ist es allerdings nicht möglich, diese Methode zu verwenden. Die Extraction-Delay-Methode kann nur für kurze Primärionenpulse verwendet werden, da ihre Geschwindigkeitsauflösung durch die Ionenpulsbreite beschränkt ist. Die SHI-Ionenpulse, welche vom Teilchenbeschleuniger an der GSI zur Verfügung gestellt werden, sind jedoch auf der Zeitskala des Experiments dauerhaft eingeschaltet. Daher wurde eine neue Methode entwickelt, die auf der Zeitverzögerung zwischen gepulster Nachionisation der Sekundärneutralteilchen und der gepulsten Extraktion basiert. Wichtig ist dabei, dass die sogenannte „Laser-Delay-Methode“ keinen gepulsten Primärionenpuls benötigt. Sie wird daher hier verwendet, um die Geschwindigkeitsverteilung zerstäubter Neutralteilchen zu bestimmen. Im ersten Teil dieser Arbeit wird diese Methodik auf Selbstkonsistenz geprüft und es werden erfolgreich Vergleiche mit der bewährten Extraction-Delay-Methode angestellt.

Im zweiten Teil dieser Arbeit werden repräsentativ für verschiedene Zerstäubungsbedingungen mehrere Probensysteme betrachtet. Um die dabei zugrundeliegenden Emissionsmechanismen aufzudecken, werden Geschwindigkeitsverteilungen unter keV- und SHI-Beschuss direkt verglichen. Explizit werden 5 keV Ar+, 4.8 MeV/u Ca10+/19+ und 4.8 MeV/u Au26+/54+ als Primärionen eingesetzt. Für das Beispiel von zerstäubten Indium-Neutralteilchen von einer sauberen Indiumoberfläche wird eine klare Verschiebung der durch MeV-Beschuss verursachten Geschwindigkeitsverteilung hin zu kleineren Geschwindigkeiten im Vergleich zur keV-induzierten Verteilung beobachtet. Diese Beobachtung zeigt gute Übereinstimmungen mit Computersimulationen eines anderen Zielmetalls (Silber). Als Beispiel für ein Halbmetall wird Bismut betrachtet. Auch hier zeigt sich eine deutliche Verschiebung der MeV-induzierten Verteilung hin zu kleineren Geschwindigkeiten im Vergleich zum keV-Beschuss. Eine ähnliche Verschiebung zeigte sich auch bei NaCl als Beispiel für ein Salz. Weiterhin wurde ein organisches Molekül, Coronen, untersucht. Geschwindigkeitsverteilungen unter keV-C60- und keV-Arn-Clusterbeschuss wurden zum Vergleich mit SHI-Beschuss verwendet, da keV-Ar-Beschuss die Moleküle schädigen würde. Es zeigten sich sehr ähnliche Verteilungen unter SHI- und C60-Beschuss, was darauf schließen lässt, dass die letztendliche Anregung durch Clusterbeschuss gewisse Parallelen mit der (thermal?) Spike-Anregung unter SHI-Beschuss aufweist.

Die resultierenden Emissions-Geschwindigkeitsverteilungen werden in Bezug auf ihre mittlere inverse Geschwindigkeit ausgewertet. Diese ist essenziell für die Interpretation gemessener SNMS-Spektren im Hinblick auf die Zusammensetzung des zerstäubten Materials bezogen auf die verschiedenen Neutralteilchen, welche von der durch Ionen beschossenen Oberfläche emittiert werden. Das ist von besonderer Wichtigkeit, da die Zusammensetzung des Flusses des zerstäubten Materials unter SHI- Beschuss noch immer weitestgehend unbekannt ist, und diese Daten neue Informationen bezüglich der Teilchenemissionsprozesse unter diesen Beschussbedingungen liefern können.

In this work, secondary neutral mass spectroscopy (SNMS) is used for comparative studies of the ion impact induced particle emission from the irradiated sample surface (“sputtering”) under SHI and keV bombardment of solids. SHI stands for Swift Heavy Ions, which are fast, often highly charged ions with kinetic energies in the MeV range. For the keV range, the interaction of the primary ion with the solid occurs between the nuclei, while for the MeV range, the primary ion interacts mainly with the electronic system of the solid. While the former is well understood, the latter is still subject of ongoing research. In this work the velocity distributions of the sputtered particles are investigated, since they provide insight into the sputtering process and are needed to interpret the data on sputtered neutral particles measured in SNMS experiments in terms of the flux composition of the sputtered material.

An extraction-delay-method has been used in the past to determine the velocity distributions of sputtered particles using mass spectrometric methods. For the extraction-delay-method, variation in timing between pulsed ion bombardment and the also pulsed extraction into the mass spectrometer is used to probe the sputtered particles at different emission velocities. However, for the measurements under SHI bombardment, it is not possible to use this method. The extraction-delay-method can only be used for short primary ion pulses because its velocity resolution is limited by the primary ion pulse width. Since the SHI ion pulses delivered by the accelerator at GSI are quasi continuous on the time scale of the experiment, this method is not applicable. Therefore, we have developed a new method which is based on a controlled variation of the timing between pulsed post-ionization of secondary neutral particles and the pulsed extraction. It is important that this so-called “laser delay-method” does not require a pulsed primary ion bombardment and is therefore utilized here to determine the velocity distribution of sputtered neutral particles. In the first part of this work, the laser-delay-method is tested for self-consistency and successful comparisons are made with the established extraction-delay-method.

In the second part of this work, different sample systems are chosen, which are representative cases for different sputtering conditions. Emission velocity distributions under keV and SHI bombardment are directly compared in order to reveal the fundamental emission mechanisms imposed under these different irradiation conditions. Explicitly 5 keV Ar+, 4.8 MeV/u Ca10+/19+ und 4.8 MeV/u Au26+/54+ are used as primary ions. For the example of neutral indium atoms sputtered from a clean indium surface a clear shift of the MeV bombardment-induced velocity distribution towards smaller velocities compared to the keV-induced distribution is observed. This finding is in good agreement with corresponding computer simulations performed for another target metal (silver). Bismuth is investigated as an example of a semimetal. Here, too, a clear shift of the MeV-induced distribution towards smaller velocities can be seen compared to the keV bombardment. A similar shift was also observed for NaCl as an example of a salt. Furthermore, an organic molecule, coronene, was investigated. Here, velocity distributions under keV-C60 and keV-Arn cluster bombardment were utilized for comparison to SHI bombardment, since keV-Ar bombardment would damage the molecules. Very similar distributions were found under SHI and C60 bombardment, suggesting that the atomic excitation in the collision induced under cluster bombardment has some parallels with the (thermal?) spike which is generated under SHI impact.

The resulting emission velocity distributions are evaluated in terms of the mean inverse emission velocity, a quantity which is essential for the interpretation of measured SNMS spectra in terms of the yield distribution of different neutral particles emitted from the ion-bombarded surface. This is of particular importance since the flux composition of the material sputtered under SHI-impact is still largely unknown, and corresponding data is expected to reveal significant new information regarding the particle emission process under these bombardment conditions.

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