CMOS-Schaltungskonzepte für die bidirektionale Kommunikation zwischen einem Neurostimulator und der degenerierten Netzhaut

Weltweit leiden Millionen Menschen an einer neurodegenerativen Erkrankung der Retina, die im progressiven Verlauf zur Erblindung des Patienten führt. Nach aktuellem Stand gibt es keine Therapie-Ansätze zur vollständigen Genesung bzw. Wiederherstellung der verloren gegangenen sensorischen Funktion. Der Einsatz von Retina-Implantaten konnte bisher einen Seheindruck bei den Patienten wiederherstellen, allerdings liegen noch zahlreiche offene Fragestellungen und technische Herausforderungen zur Schaffung eines langzeit-stabilen und räumlich hochauflösenden Sehvermögens vor.


In der vorliegenden Dissertation werden Schaltungskonzepte zur bidirektionalen Kommunikation zwischen der Elektronik und der Retina zur monolithischen Integration in ein Implantat mit hochdichten Elektroden-Arrays vorgestellt. Als Schnittstelle dienen Mikroelektroden, die simultan eine lokale Stimulation des degenerierten Gewebes und die Ableitung der extrazellulären Gewebe-Aktivitäten ermöglichen. Das Ableitungs-Frontend erfasst den Informationsfluss vom neuronalen Retina-Netzwerk zum visuellen Kortex und ermittelt mithilfe einer hardware-nahen Merkmals-Extraktion die Feuerrate, die die Anzahl der Aktionspotentiale pro Messintervall ermittelt. Bei der elektrischen Stimulation werden neue Konzepte und Entwurfsregeln zur Realisierung eines innovativen ladungsgesteuerten Stimulationsverfahrens vorgestellt. Außerdem wird
ein störrobuster Algorithmus zur Detektion der Aktionspotentiale inklusive Techniken zur Vermeidung von Stimulations-Artefakten präsentiert, die keinen Einfluss auf die Auswertung der bioelektrischen Signale besitzen. Zukünftig kann damit die Technik der adaptiven Stimulation untersucht werden, bei der die Wirksamkeit der Stimulation in Abhängigkeit von der ermittelten
Gewebe-Aktivität angepasst werden.


Das vorgestellte Verfahren der ladungsgesteuerten Stimulation wird mit Nass-Messungen validiert, bei denen ein Mikroelektroden-Array aus 16 Elektroden verwendet wird. Aus den Nass-Messungen werden die elektrischen Eigenschaften bzw. die kapazitiven und resistiven Eigenschaften des Stimulationspfads extrahiert. Diese Ergebnisse werden mit den elektrochemischen Charakterisierungen
der Impedanz-Spektroskopie und der Cyclo-Voltammetrie verglichen. Außerdem
werden die Temperatureigenschaften des Metall-Elektrolyt-Übergangs über die Impedanz-Messung bei 1 kHz untersucht. Zur Evaluierung der Neurostimulations-ASICs wird ein elektrisches Testsystems vorgestellt, das das Verhalten von Neuronen in Abhängigkeit von der elektrischen Stimulation emuliert. Dieser Neuronen-Emulator dient als zusätzlicher Test-Schritt zwischen der reinen elektrischen Validierung und den biologischen Experimenten. Die interne und
programmierbare Korrelation kann zukünftig mit einem verbesserten Verständnis der retinalen Signalverarbeitung angepasst werden, sodass Algorithmen zur adaptiven Stimulation elektrisch validiert werden können. Eine Folge dessen könnte sein, dass die Anzahl der erforderlichen Tierversuche reduziert werden kann.

Millions of people worldwide suffer from a neurodegenerative disease of the retina that progressively leads to blindness. As things stand, there are no therapeutic approaches for complete recovery or restoration of the lost sensory function. The use of retinal implants has so far been able to restore a visual impression in patients, but there are still numerous open questions and technical challenges to create long-term stable and spatially high-resolution vision.


In this dissertation, circuit concepts for bidirectional communication between the electronics and the retina for monolithic integration into an implant with high-density electrode arrays. Microelectrodes are used as an interface to simultaneously perform local stimulation of the degenerated tissue and to record the extracellular tissue activity. The recording front-end captures the information flow from the neuronal retinal network to the visual cortex and determines the
firing rate using hardware-friendly feature extraction, which determines the number of action potentials per measurement interval. In electrical stimulation, new concepts and design rules for the realisation of an innovative charge-controlled stimulation method are presented. Furthermore, an interference-robust algorithm for the detection of action potentials including techniques for suppressing stimulation artefacts that have no influence on the evaluation of the bioelectrical signals is presented. In the future, this can be used to investigate the technique of adaptive
stimulation, in which the effectiveness of the stimulation is adjusted depending on the detected tissue activity.

The presented method of charge-controlled stimulation is validated with wet measurements using a microelectrode array of 16 electrodes. From the wet measurements, the electrical properties or the capacitive and resistive properties of the stimulation path are extracted. These results are compared with the electrochemical characterisations from impedance spectroscopy and cyclo-voltammetry. In addition, the temperature properties of the metal-electrolyte junction are investigated via impedance measurements at 1 kHz. To evaluate the neurostimulation ASICs, an electrical test system is presented that emulates the behaviour of neurons in response to electrical stimulation. This neuron emulator serves as an additional test step between the pure electrical validation and the biological experiments. The internal and programmable correlation can be adapted in the future with the improved understanding of retinal signal processing, so
that algorithms for adaptive stimulation can be electrically validated. This can result in reducing the number of animal experiments.

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