Der Einfluss des purinergen Signalweges auf die Strahlenantwort von Tumor- und Normalgewebszellen

Die Bestrahlung stellt traditionell eine tragende Säule in der Krebstherapie dar. Eine erfolgreiche Behandlung einer bösartigen Tumorerkrankung mit kurativen Bestrahlungsdosierungen wird jedoch durch die Sensitivität des Normalgewebes limitiert. Dieser Umstand kann im Zusammenhang mit einer ausgeprägten Therapieresistenz von Tumorzellen fatale Krankheitsverläufe, vor allem durch lokale Rezidive und Metastasierung hervorrufen. Insbesondere bei einer Thoraxbestrahlung können Patienten schwerwiegende Langzeitfolgen durch das Auftreten der strahleninduzierten Pneumopathie entwickeln. Der purinerge Signalweg wurde als neuartiges therapeutisches Angriffziel für die Krebsimmuntherapie identifiziert. Dessen Einfluss auf die strahleninduzierte Pneumopathie und die Tumorradiosensitivität ist bisher jedoch nur unzureichend verstanden. Im Rahmen dieses Promotionsprojekts konnte nachgewiesen werden, dass der purinerge Signalweg über den enzymatischen Abbau von ATP zu Adenosin die pro-inflammatorische Immunantwort in der pneumonitischen Phase infolge einer akuten Strahlenschaden moduliert. Im Detail konnte in einem Mausmodell gezeigt werden, dass ein Verlust der Ektonukleotidasen CD39 und CD73 in der frühen pneumonitischen Phase zu einer signifikanten Reduktion der T-Zellen sowie zu einer vermehrten Akkumulation von neutrophilen Granulozyten führte. Eine Defizienz von CD39 verursachte zudem in der späten pneumonitischen Phase eine verminderte Regeneration der Alveolarmakrophagen und begünstigte eine vorzeitige Fibroseentstehung im Vergleich zur bestrahlten Wildtyp-Kontrolle. Der Verlust von CD73 schützte demgegenüber das Lungengewebe vor einer Entwicklung der strahleninduzierten Lungenfibrose. Die in vitro Experimente zeigten, dass sowohl ATP als auch AMP und Adenosin konzentrationsabhängige zytotoxische Effekte in den CD73+ TRAMP-C1- und den CD39+/CD73+ SCC9-Tumorzellen induzierten und die toxischen Effekte einer Bestrahlung leicht erhöhten. Zuletzt konnte anhand von syngenen murinen Xenografttumoren auf immunkompetenten Mäusen in vivo erstmalig gezeigt werden, dass eine CD39-Defizienz in der Maus das LLC1-Tumorwachstum förderte und die strahleninduzierte Wachstumsverzögerung der Lungenkrebszellen LLC1 reduzierte, während ein Verlust von CD73 das Tumorwachstum nicht veränderte. Durch den forcierten pharmakologischen Abbau von Adenosin konnte zudem die strahleninduzierte Tumorwachstumsverzögerung gesteigert werden. Insgesamt zeigen die neu gewonnenen Erkenntnisse, dass CD39 und CD73 nicht nur die Nebenwirkungen der Strahlentherapie im normalen Lungengewebe in vivo maßgeblich beeinflussen, sondern auch die Strahlenantwort von Tumoren modulieren können. Allerdings scheint eine Balance zwischen ATP und Adenosin im extrazellulären Milieu essentiell für eine kontrollierte inflammatorische Immunantwort und für die Regenerationsprozesse in der Lunge zu sein. Daher sind weitere Experimente notwendig, um auch die molekulare Wirkungsweise von ATP und Adenosin über die P2X/P2Y- und die P1-Adenosinrezeptoren zu identifizieren. Attraktive therapeutische Angriffziele könnten die P2-Rezeptoren sowie die P1- Adenosinrezeptoren darstellen, um künftig eine Modulation des purinergen Signalweges im Sinne einer Radioprotektion unter Ausschluss tumorfördernder Eigenschaften zu gewährleisten oder um gegebenfalls alternativ den Einsatz kurativer Strahlendosierungen unter Ausschluss pathologischer Normalgewebsschäden in der radioonkologischen Krebstherapie zu ermöglichen.

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