Qualität und Bildung : Bedingungen bildungsbezogener Qualitätsentwicklung in der Aus- und Weiterbildung

Die Frage nach der Qualität im Bildungsbereich ist zu einem theoretisch viel diskutierten und zunehmend klärungsbedürftigen Thema avanciert. Die Ursachen hierfür sind in zwei sich in ihren Wirkungen potenzierenden gesellschaftlichen Entwicklungen zu suchen: in einer zunehmenden Komplexität sozialer Strukturen und Verhältnisse, die erhöhte Anforderungen an die individuellen Kompetenzen sowie einer entsprechenden Gestaltung der eigenen Lebenswelt stellen einerseits und den knapper werdenden öffentlichen Ressourcen, die für die allgemeine Entwicklung, Erhaltung oder Wiederherstellung dieser Kompetenzen zur Verfügung stehen andererseits.

In der öffentlichen Diskussion der letzten Jahre hat der Begriff der Qualität mittlerweile eine Bedeutung gewonnen, wie er in den 1970er Jahren einmal von Begriffen wie Chancengleichheit oder Wissenschaftsorientierung eingenommen wurde (Terhart 2000: 809). Solche Leitkonzepte treten nicht „als präzis definierte, empirisch operationalisierte [...] Landmarken“ auf, „sondern viel eher als begriffliche Verdichtungen breit gefächerter Bündel von Argumenten, Zielsetzungen, Überzeugungen und Verfahrensvorschlägen“ (ebenda). Qualität ist in diesem Sinne zu einem Slogan in der Pädagogik geworden, der sich vor allem durch seine positive Konnotation und weniger durch seine begriffliche Schärfe auszeichnet (ebenda).
[4] Mit dem Thema „Qualität und Bildung“ wird ein Thema aufgegriffen, welches hierzulande stark von der deutschen und europäischen politischen Diskussion im Aus- und Weiterbildungsbereich geprägt ist und in der Praxis der Aus- und Weiterbildung einen hohen Stelenwert einnimmt. Es findet zunehmend Einzug in die bildungswissenschaftliche Forschung und Theoriediskussion. In der Diskussion um Qualität im Bildungsbereich sehen Helmke et al. (2000) eine neue, inhaltlich deutlich konturierte Betrachtungsperspektive (Helmke et al. 2000, Fend 2001), die in fünf Punkten zusammenfassen werden kann:

1. An die Stelle von Qualitätssteigerung durch mehr Ressourceneinsatz („Expan-sion“), tritt die Frage nach der Effizienz der vorhandenen Ressourcen.

2. An die Stelle der generellen Auffassung, dass pädagogische Einrichtungen selbstformulierten Ziele auch erreichen, tritt die Frage nach tatsächlichen Wirkungen, Effektivitäts- und Effizienzkriterien.

3. An die Stelle von offenen, z.T. kontroversen Vorstellungen über die Merkmale „guter“ pädagogischer Arbeit, tritt die Forderung nach messbaren und ver-gleichbaren Indikatoren.

4. An die Stelle einer generellen Forderung, Praktiker/innen mögen sich selbst-kritisch um eine Verbesserung ihrer Arbeit bemühen, tritt die Erwartung, durch Evaluation Stärken und Schwächen aufzudecken und sich durch Quali-tätsmanagement kontinuierlich um „Qualitäts¬ver¬besse¬rung“ zu bemühen.

5. Für Bereiche des Bildungssystems, für die ein Monopol staatlicher und semi-staatlicher Einrichtungen besteht, wird die Frage aufgeworfen, welche dieser Dienstleistungen sich im Rahmen marktähnlicher Organisationsformen effizienter und qualitativ besser anbieten lassen.

Helmke et al. (2000) sprechen hierbei von einem „Weltbildwechsel“, da mit diesem Konzept „die vier traditionellen begrifflichen Eckpunkte des Bildungs- und Sozialbereichs – Quantität, Gleichheit bzw. Gleichverteilung, Staat und Wissenschaft durch die Begriffe Exzellenz, Markt und Evaluation abgelöst worden [sind, d. Autor]“ (ebenda: 9).
Während in den 1960er und 1970er Jahren eher die Fragen der Quantitäten im Vordergrund standen, bestimmen spätestens seit den 1990er Jahren die Kategorien „Qualität und Exzellenz“ (ebenda: 8) die öffentliche Diskussion.
Dabei konkurrieren bildungswissenschaftliche Ansätze oftmals mit betriebswirtschaftlich-manageriellen oder organisationstheoretischen Ansätzen. Der derzeitige Stand der Forschung zeigt einen Bedarf an integrativen Ansätzen, die bildungswissenschaftliche Kernpositionen mit dem modernem Qualitätsmanagement verbinden. Die vorliegende Arbeit schlägt diese Brücke: Es wird ein bildungsbe-zogenes Verständnis von Qualität erarbeitet und in ein Modell von organisations-bezogener Qualitätskultur eingebettet.
Zusätzlich werden Arbeiten aus dem Bereich Kompetenz und Kompetenzentwicklung herangezogen um einerseits den Zielhorizont von Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich aufzuzeigen (nämlich handlungskompetente Individuen) und andererseits, um sie als Grundlagen für pädagogische Professionalisierung einzubringen.

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