Die Rolle der interzellulären Kommunikation bei der Entwicklung von "bystander" - Effekten

Seit nunmehr 60 Jahren findet man Effekte, die typisch sind für direkt bestrahlte Zellen auch in nicht direkt bestrahlten Zellen. Diese Situation wird durch den Ausdruck „strahleninduzierter bystander Effekt“ beschrieben. Gemäß dieser Definition sind „bystander“ Zellen nicht direkt von ionisierenden Teilchen oder Wellen getroffen worden, zeigen aber typische Effekte von bestrahlten Zellen. Zu diesen Effekten zählen reduziertes Zellwachstum, Zelltod, Chromosomen-Aberrationen, Mutationen, genomische Instabilität, sowie eine Erhöhung der intrazellulären ROS. Dass „bystander“-Effekte sowohl durch hoch LET als auch durch niedrig LET Bestrahlung hervorgerufen werden können, wurde bereits für viele Zelllinien und viele verschiedene biologische Endpunkte gezeigt. Dennoch ist der Mechanismus, der diesem Effekt zugrunde liegt, bislang noch völlig unklar. Ungeklärt ist auch, ob die gap junction vermittelte interzelluläre Kommunikation bei der Entwicklung von „bystander“-Effekten eine Rolle spielt, oder ob die „bystander“-Effekte durch einen löslichen Faktor hervorgerufen werden, der über das Medium vermittelt wird. Daher war das Hauptziel dieser Arbeit, ein System zu entwickeln, das es ermöglicht, „bystander“-Effekte sowohl mit, als auch ohne die Beteiligung von gap junctions zu untersuchen. In diesem Co-Kultursystem stehen bestrahlte und unbestrahlte Zellen in direktem physikalischen Kontakt miteinander. Nach der Co-Kultur können die beiden Zellpopulationen durch eine Zellsortierung mit dem EPICS® AltraTM wieder voneinander getrennt werden. Durch den Einsatz von kommunikationsfähigen Zelllinien kann mit diesem Co-Kultursystem die Beteiligung der gap junctions an den „bystander“-Effekten untersucht werden. Für die Untersuchung von eventuellen Medium-vermittelten „bystander“-Effekten wird eine kommunikationsdefiziente Zelllinie verwendet. Um zu untersuchen, ob Zellen in der Lage sind, über gap junction zu kommunizieren oder nicht, wurde im Rahmen dieser Arbeit ein Farbstoff-Transfer-Assay in Kombination mit Durchflusszytometrie angewendet. Doch für all die in dieser Arbeit untersuchten Zelllinien konnte kein „bystander“-Effekte im Bezug auf eine Phosphorylierung von p53 oder einen G2-Block in den unbestrahlten Zellen gezeigt werden. Dies galt für eine Bestrahlung der Zellen mit niedrig LET wie auch für eine Bestrahlung mit hoch LET. Darüber hinaus wurde das „transwell insert coculture system“ eingesetzt, um „bystander“-Effekte in unbestrahlten Zellen zu untersuchen. Bei diesem System handelt es sich um ein Membransystem, in dem bestrahlte und unbestrahlte Zellen durch eine permeable Membran voneinander getrennt werden. Die Zellen werden so zwar im selben Medium inkubiert, aber sie haben keinen physikalischen Kontakt zueinander. In diesem System wurde als Endpunkt in den unbestrahlten Zellen die Mikronukleusfrequenz untersucht. In der untersuchten Zelllinie b-End konnte keine Erhöhung in der Mikronuklei Frequenz nach Co-Kultur mit bestrahlten b-End Zellen beobachtet werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass mit dem „transwell insert coculture system“ bislang nur die b-End Zellen auf „bystander“-Effekte untersucht wurden, und es durchaus sein könnte, dass die b-End Zellen zu den Zellen gehören, die nicht in der Lage sind, ein „bystander“ Signal zu produzieren oder auf ein solches zu reagieren. Deshalb wäre es nötig, in weiteren Experimenten verschiedene Zelllinien mit diesem System auf „bystander“-Effekte zu untersuchen. Insgesamt sprechen die Befunde dieser Arbeit dafür, dass das hier entwickelte Co-Kultivierungssystem nicht dazu geeignet ist, um „bystander“-Effekte zu untersuchen.

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