Das Innovationsverhalten von Unternehmen und die Rolle der Forschungs- und Technologiepolitik : Ein Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland

In dieser Arbeit werden die Innovationsaktivitäten der Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes differenziert nach Ost- und Westdeutschland untersucht. Eine besondere Rolle spielt bei der Analyse die Bedeutung der Forschungs- und Technologiepolitik für die private Innovationstätigkeit. Nach der Einleitung zum Thema wurde ein theoretischer Rahmen zu den verschiedenen Aspekten des Marktversagens bei FuE aufgespannt und es wurden verschiedene Politikansätze diskutiert, um diesem Marktversagen zu begegnen. Im Kapitel 3 werden verschiedene Instrumente der FuT-Politik aufgezeigt und ihr Einsatz in Deutschland beschrieben. Außerdem werden im Kapitel 3 die Daten für die darauf folgenden empirischen Analysen vorgestellt und insbesondere Ost-West-Unterschiede im Innovationsverhalten herausgearbeitet. Kapitel 4 beschäftigt sich aufbauend auf den Kapiteln 2 und 3 mit einer empirischen Untersuchung möglicher Finanzierungsrestriktionen hinsichtlich privater FuE-Aktivitäten in Deutschland. Sowohl FuE-Aufwendungen als auch Investitionen in Sachanlagevermögen werden betrachtet. Es stellt sich heraus, dass westdeutsche Firmen sowohl durch interne als auch durch externe Finanzierungsrestriktionen betroffen sind. Dies gilt f¨ur FuE-Aufwendungen wie für Anlageinvestitionen. Ein weiterer wichtiger Faktor zur Erklärung unterschiedlicher FuE-Aufwendungen ist die Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Innovationsförderung. Öffentlich geförderte Unternehmen weisen höhere FuE-Aufwendungen auf als andere Unternehmen. In Ostdeutschland gibt es keine externen Finanzierungsrestriktionen für FuE. Die Schätzergebnisse zeigen, dass hier die öffentliche Förderung treibende Kraft für FuE-Aktivitäten ist. Die Finanzmärkte sind in Ostdeutschland als Barriere für FuE durch die starke staatliche Förderung solcher Aktivitäten scheinbar zum Großteil außer Kraft gesetzt. Abschließend wird in Kapitel 4 darauf hingewiesen, dass der geschätzte Einfluss der FuT-Politik auf Grund von Selektionsverzerrungen möglicherweise zu groß ist. Unternehmen mit einer größeren Innovationsneigung werden sich eher für die Teilnahme an Förderprogrammen bewerben als andere. Daher wird aufbauend auf diese Schlussfolgerung im fünften Kapitel der Erhalt von öffentlichen Fördermitteln endogenisiert und es wird folgender Frage nachgegangen: "Wieviel hätten die geförderten Unternehmen für FuE aufgewendet, wenn sie nicht gefördert worden wären". Dabei handelt es sich um ein klassisches Evaluierungsproblem. Nach einem Überblick sowohl aktueller industrieökonomischer Evaluationsstudien als auch der ökonometrischen "Treatment-Literatur" wird mittels nichtparametrischer Matchingverfahren untersucht, ob die FuT-Politik auch bei der Berücksichtigung von möglichen Selektionsverzerrungen zu positiven Effekten auf die privaten FuE-Aktivitäten führt. Der identifizierte positive Treatment-Effekt der FuT-Politik ist signifikant von null verschieden, d.h. Unternehmen, die öffentliche Fördermittel erhalten, weisen durchschnittlich höhere FuE-Aktivitäten auf als in dem hypothetischen Fall, in dem sie keine Förderung erhalten hätten. Dieses Ergebnis findet sich sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland, wobei der Treatment-Effekt in Ostdeutschland größer ist. Es sei darauf hingewiesen, dass hier nur die Inputseite des Innovationsprozesses untersucht wurde. Ob die zusätzlichen durch den Staat induzierten FuE-Aktivitäten zu einem höheren Innovationsoutput in Form von Patenten, kostenreduzierenden Verfahren oder neuen Produkten führen, kann bisher nicht beantwortet werden. Eine Outputanalyse verbleibt somit als Gegenstand weiterer Forschung. Zwar macht das sechste Kapitel einen Schritt in Richtung einer Out-putanalyse, aber die durchgeführte Empirie baut nicht direkt auf den Modellen aus den Kapiteln 4 und 5 auf, sondern bezieht sich nur inhaltlich auf die vorhergehenden Resultate. Im Kapitel 6 wird mit den in Kapitel 5 vorgestellten Matchingverfahren die Produktivitätslücke ostdeutscher Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes im Vergleich zu westdeutschen Firmen untersucht. Obwohl aus makroökonomischer Sicht die Lücke hinsichtlich der Wertschöpfung über die Jahre geringer wird, hat der Aufholprozess sich in jüngerer Vergangenheit verlangsamt. Als Analysemethodik wird eine ökonometrische Matchingprozedur vorgeschlagen, um das Ausmaß und die Ursachen der Produktivitätslücke in Ostdeutschland im Detail zu studieren. Das westdeutsche verarbeitende Gewerbe wird als "Produktivitätsbenchmark" verwendet. Bei der Analyse werden ausgehend von den Kapiteln 4 und 5 auch Innovationsmaße berücksichtigt, um zu prüfen, ob die durch die FuE-Politik hervorgerufenen Innovationen in Ostdeutschland letzendlich auch einen Produktivitätseffekt haben. Es lassen sich folgende Hauptschlüsse ziehen: Innovative Firmen aus Ostdeutschland haben eine größere Produktivitätslücke zu ihren westeutschen Kontrollbeobachtungen als nicht innovative Firmen. Die ostdeutschen Firmen sind eher in der Lage, zu den weniger produktiven westdeutschen Unternehmen aufzuschliessen. Dies bedeutet aber nicht, dass innovative Firmen im Osten weniger erfolgreich wirtschaften. In den vergangenen Jahren haben sie ein höheres Produktivitätsniveau erreicht als nicht innovative Unternehmen, aber sie leiden immer noch unter einem höheren Defizit, wenn sie mit ähnlichen westdeutschen Unternehmen, - ihren möglichen Wettbewerbern - verglichen werden. Ein weiteres interessantes Ergebnis geht aus dem Vergleich verschiedener Eigentumsstrukturen hervor. Wenn eine ostdeutsche Firma zu einer Unternehmensgruppe mit einer westdeutschen oder ausländischen Muttergesellschaft gehört, wird sie im Durchschnitt eine höhere Produktivität aufweisen als eigenständige ostdeutsche Firmen. Dieses Resultat bleibt auch bestehen, wenn die Eigentümerschaft als endogene Variable behandelt wird, d.h. wenn die Muttergesellschaften eine "picking-the-winners" Strategie verfolgen. Das Matching von ostdeutschen Firmen, die zu einer solchen Gruppe gehören, mit eigenständigen, ostdeutschen Unternehmen, verändert die Aussage nicht. Die Wertschöpfungsdifferenz zwischen diesen beiden Gruppen von Unternehmen bleibt signifikant von null verschieden. Im Gegensatz zu dem Ergebnis, dass die Lücke sich zwischen Ost und West verringert, vergrößert sich die Differenz der Wertschöpfung innerhalb der Gruppe ostdeutscher Firmen. Diese divergierende Entwicklung unterstützt die These positiver Spillovers durch die Muttergesellschaften. Entweder scheinen Managementfähigkeiten über die Eigentümerschaft vermittelt zu werden oder die Tochterunternehmen erhalten durch den Unternehmensverbund einen besseren Marktzugang durch ein funktionierendes Vertriebsnetz der Gruppenmitglieder. Abschließend bleibt zum Kapitel 6 zu bemerken, dass mit dem Kernel-based Matching zwar ein innovatives Verfahren angewendet wurde, die Ergebnisse aber nur bestehende Defizite der ostdeutschen Wirtschaft aufzeigen. Eine wirkliche Ursache, die durch wirtschaftspolitische Maßnahmen beseitigt werden könnte, wird nicht gefunden. Möglicherweise wären weitere Variablen die Infrastruktur betreffend eine vielversprechende Erweiterung der Analysen. Ferner könnten detaillierte Merkmale, die das Management der Unternehmen betreffen, vielleicht weiteren Aufschluss geben. Als Beispiel sei eine Gewinnbeteiligung der Mitarbeiter genannt. Als Ausblick für weitere Forschung lässt sich insbesondere aus methodischer Sicht die Durchführung der Analysen mit ökonometrischen Paneldatenverfahren nennen. Dies war auf Grund der Datenlage in dieser Studie nicht möglich. Allerdings könnten Analysen über die Zeit, also die Berücksichtung firmenspezifischer "fixer Effekte" weitere wichtige Anhaltspunkte z.B. über Treatment-Effekte der FuT-Politik liefern. So wäre mit Paneldaten auch die Anwendung von (bedingten) Differenz-der-Differenzen-Schätzern möglich. Eine inhaltlich interessante Erweiterung würde die oben bereits angesprochende Evaluierung der Outputseite des Innovationsprozesses darstellen. So könnte der Frage nachgegangen werden, ob die zusätzlich durch den Staat induzierten privaten FuE-Aufwendungen auch zu neuen Produkten und Prozessen führen und ob sie eine ähnliche Produktivität aufweisen wie die private FuE-Tätigkeit, die ohnehin - auch ohne staatliche Intervention - stattgefunden hätte.

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