Mikronuklei als Indikatoren nach Bestrahlung und Charakterisierung ihrer Entstehung mit Hilfe von DNA-Sonden

Ein einfacher Test, um chromosomale Schäden zu messen, ist die Bestimmung von Mikronuklei. Es sind vom Zellkern abstammende chromosomale Strukturen, die nach einer Zellteilung nicht in die Tochterzellkerne aufgenommen wurden und im Cytoplasma als Chromatinpartikel erscheinen. Voraussetzung für die Mikronukleusexpression ist die Kernteilung. Um zu überprüfen, ob eine Zelle die Mitose durchlaufen hat, setzt man Cytochalasin B ein, das in bestimmten Konzentrationsbereichen die Eigenschaft hat, die Zellteilung zu unterbinden, eine Kernteilung jedoch zuzulassen. Dadurch sind die Zellen, die eine Mitose durchlaufen haben, daran zu erkennen, daß sie zwei Zellkerne aufweisen. Mikronuklei werden ausschließlich in solchen Zellen gezählt. Es ist bekannt, daß die Frequenz strahleninduzierter Mikronuklei strahlenart- und dosisabhängig ist. Untersuchungen der Mikronukleusraten in menschlichen Lymphocyten zeigten, daß nach in vitro und in vivo Bestrahlung keine unterschiedlichen Strahleneffekte zu beobachten sind. Frühere Untersuchungen haben ergeben, daß spontan entstehende Mikronuklei häufig aus ganzen Chromosomen bestehen. Dagegen sind die strahleninduzierten Mikronuklei vorwiegend auf azentrische Fragmente zurückzuführen. Durch Erweiterung des Mikronukleustestes mit der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierungs-Technik (FISH) kann man die Empfindlichkeit des Testes steigern. Mit Hilfe von DNA-Sonden gegen Centromere können die Mikronuklei dahingehend charakterisiert werden, ob sie ganze Chromosomen oder nur azentrische Fragmente enthalten. Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde die Nützlichkeit des Mikronukleustestes in der biologischen Dosimetrie überprüft. Als Schwerpunkt wurde die Möglichkeit der Verwendung des Testes im niedrigen Dosisbereich (unter 0,5 Gy) festgelegt. Zu diesem Zweck wurde das Blut von Kontrollspendern und auch von ehemaligen Uranbergarbeitern der Wismut AG untersucht. Bei den Uranbergarbeitern handelte sich um Arbeiter, die in den Jahren 1946-1990 durch ungenügenden Strahlenschutz im Uranbergbau sehr hohen Strahlenexpositionen ausgesetzt waren. Die Wismut-Arbeiter wurden in zwei unterschiedliche Gruppen unterteilt. Zu der ersten Gruppe gehörten die Arbeiter, die nach der Tätigkeit bei der Wismut AG bis jetzt kein Karzinom entwickelt haben. Die zweite Gruppe repräsentiert die Wismut-Arbeiter, bei denen ein Bronchialkarzinom festgestellt wurde. In jeder untersuchten Gruppe (auch bei Kontrollspendern) wurden beide Varianten des Mikronukleustestes (Mikronukleustest mit Cytochalasin B-Technik und Centromer-Mikronukleustest) durchgeführt. Zur Ermittlung der Dosiswirkungsbeziehung wurde das Blut von Kontrollspendern in vitro mit verschiedenen Dosen Röntgenstrahlen exponiert. Eine Analyse von Chromosomenaberrationen diente dazu, weitere chromosomale Strahlenschäden zu untersuchen. Ergebnisse: I. Mikronukleus-Cytochalasin B-Test 1. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in den spontanen Mikronukleushäufigkeiten zwischen gesunden Spendern, Wismut-Spendern ohne Tumor und Wismut-Spendern mit Tumor beobachtet. 2. In bestrahlten Lymphocyten der gesunden Spender mit Dosen unter 0,5 Gy wurden signifikante Unterschiede gegenüber der Spontanhäufigkeit nur auf dem Populationsniveau ermittelt. 3. In bestrahlten Lymphocyten der gesunden Spender mit Dosen ab 0,5 Gy wurden signifikante Unterschiede bei den Mikronukleushäufigkeiten gegenüber der Spontanhäufigkeit auf dem individuellen Niveau festgestellt. II. Centromer-Mikronukleustest 1. Spontane Mikronuklei sind vorwiegend auf ganze Chromosomen zurückzuführen. 2. Bei beruflich exponierten Personen (Wismut-Arbeiter) war der Anteil an Centromer-negativen Mikronuklei signifikant erhöht gegenüber nicht exponierten Spendern. 3. Die relative Anzahl der Centromer-positiven Mikronuklei in unbestrahlten Lymphocyten war zwischen allen untersuchten Gruppen unterschiedlich. 4. Nach in vitro Strahlenexpositionen wurde eine dosisabhängige Abnahme der Centromer-positiven Mikronuklei bei gesunden Spendern (schon ab 0,1 Gy) beobachtet. 5. Mit dem Centromer-Mikronukleustest wurden frühere berufliche Strahlenexpositionen qualitativ erfaßt. III. Statistische Kombination der Ergebnisse des Mikronukleus-Cytochalasin B-Testes und Centromer-Mikronukleustestes führt zu der Steigerung der Empfindlichkeit des Mikronukleustestes auf dem individuellen Niveau. IV. Chromosomenaberrationen Auswertung 1. Die Aberrationshäufigkeit in Lymphocyten der Wismut-Arbeiter mit Tumor war signifikant höher als in Lymphocyten gesunder Spender. 2. Es wurden keine Korrelationen zwischen Mikronukleushäufigkeiten und Chromosomenaberrationen bei gesunden Spendern und Wismut-Arbeitern mit Tumor ermittelt. 3. Es wurde eine deutliche negative Korrelation zwischen Centromer-positiven Mikronuklei und Chromosomenaberrationen beobachtet.

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