Einleitung


Wie wird künftige Medizin und Gesundheitsfürsorge im Alltag des Menschen aussehen?


Die rasante Entwicklung der Technik ermöglicht Forschern auch im Gesundheitswesen immer größere Hürden zu nehmen. Verschiedenste Innovationen könnten schon in 50 Jahren zur medizinischen Praxis gehören.


Beispielsweise würde bei einer Person im Notfall ein künstlicher Tod kontrolliert herbeigeführt. Dabei wird dem Verletzten das gesamte Blut durch eine Satzlösung ersetzt und Hirnaktivität sowie Herzschlag setzten vorübergehend aus. Somit wäre eine spätere Behandlung im Krankenhaus möglich. Im Bereich der Transplantation menschlicher Organe gibt es sogar bestreben, diese im Verfahren der Drucktechnik künstlich herzustellen. Hierbei werden lebende Zellen auf eine gelartige Substanz gedruckt. Was sich nach Science-Fiction anhört, ist schon heute mit Einschränkungen möglich. Wissenschaftlern ist es bereits gelungen Teile von Tierherzen zu drucken. Eine weitere Idee der Forscher ist es Prothesen von querschnittsgelähmten Personen mit Hilfe von Computerchips zu steuern. Die Chips werden im sensorischen Zentrum des Gehirns implantiert, um Signale von Bewegungsabläufen, die der Patient in Gedanken ausführt, abzufangen.


Zwei Bereiche, die auch schon heute im Gesundheitswesen große Anwendung finden, sind die Nanomedizin und die Gentechnik. Beide Bereiche sind bereits fester Bestandteil des medizinischen Alltags. Trotz großer Erfolge sind jedoch auch für die Zukunft noch große Fortschritte zu erwarten.



Nanomedizin


Nanomedizin: Bloß ein Trendwort unserer Zeit?


Der Begriff Nano kommt aus dem griechischen und bedeutet Zwerg. Die Nanotechnologie zählt zu den relativ jungen Technologien. 1974 wurde der Begriff erstmals von Norio Taniguchi gebraucht. Heutzutage gelten vor allem die Innovationen im Bereich des Gesundheitswesens als erfolgsversprechend.


Im folgenden möchte ich mich auf die Nanotechnologie im Bereich des Gesundheitswesens konzentrieren. Vor allem möchte ich herausfinden, wie der momentane Stand der Forschung aussieht, was wir von dieser Technologie erwarten können und welche ethischen Fragen dabei eine Rolle spielen.


Was ist Nanomedizin?


Zwei Definitionen:


  • „Nanomedizin ist im weiteren Sinne die Anwendung von nanoskaligen Technologien in der medizinischen Praxis.“ (HABERZETTL 2002)
  • „Nanomedizin ist der Prozess der Diagnose, Behandlung und Vorbeugung von Krankheit und traumatischen Verletzungen, die Minderung von Schmerzen, sowie die Erhaltung und Verbesserung der menschlichen Gesundheit, durch molekulare Werkzeuge und molekulare Kenntnisse über den menschlichen Körper.“ (FREITAS 2002)

Die Anwendungsgebiete der Nanomedizin


Gegenstand dieser Technologie „ist die Erforschung, Herstellung und Anwendung von Systemen, deren funktionale Einheiten Ausdehnungen unter 100 nm aufweisen“ (nano_pro_gesundheit_bericht.pdf). Im Zentrum stehen die Diagnostik/Analytik (chipbasierte Systeme), intelligente Wirkstofffreisetzung und nanostrukturierte Oberflächen bzw. Materialien. Forscher erhoffen sich neue Therapieformen, wie zum Beispiel Kontrastmittel in der Computer- und Magnetresonanztomographie. Außerdem sollen neue Arzneimittel entwickelt werden, in denen Nanopartikel als Wirkstofftransporter dienen.


Nanomedizin: Ein neuer Fortschritt in der Bekämpfung von Krebs


Vor allem in der Bekämpfung von Krebs eröffnen sich durch die Nanotechnologie neue Therapiemöglichkeiten. Eine davon ist die Magnet-Flüssigkeits-Hyperthermie. Bei diesem Verfahren werden dem Patienten Nanopartikel in die Blutbahn eingesetzt. Die aus Eisenoxid bestehenden Partikel haben eine „Größe von 10 bis 15 Millionstel Millimeter“ (WDR, „Mit Nano gegen Krebs“) und gelangen bedingt durch ihre Größe auch in sehr feine Blutgefäße des menschlichen Organismus. Gleichzeitig können die Nanopartikel „von Körperzellen aufgenommen werden“ (WDR, „Mit Nano gegen Krebs“).


„Menschliche Krebszellen, angefüllt mit Nano-Eisenteilchen“ (WDR, „Mit Nano gegen Krebs“)

Wird ein Patient beispielsweise mit einem Tumor diagnostiziert, werden die Partikel in den Tumor gespritzt „und reichern sich dort an“ (WDR, „Mit Nano gegen Krebs“), da die Krebszellen die Partikel als Nährstoff aufnehmen.


Der Patient kommt nun in ein Magnetwechselfeld, wo die Nanopartikel erwärmt werden. Die Hyperthermiesysteme GmbH hat für diese Therapie ein Magnet-Wechselfeld-Therapiegerät konstruiert.

„Die Nano-Flüssigkeit ist magnetisch“ (WDR, „Mit Nano gegen Krebs“)

Durch dieses Gerät entsteht ein Magentfeld, das dazu führt, dass die Nanopartikel und auch die Tumorzellen „auf 45 Grad Celsius, potentiell auch höher, erhitzt werden können“ (BerliNews, „Krebsbehandlung mit Nanotechnologie“). Dadurch werden die Krebszellen beschädigt und der Tumor reagiert „empfindlicher gegenüber einer begleitenden Strahlen - oder Chemotherapie“ (BerliNews, „Krebsbehandlung mit Nanotechnologie“). Erst bei Temperaturen über 47 Grad Celsius und bei Tumoren, die einen Durchmesser von 5 cm nicht überschreiten, kann dieses Verfahren alleine eingesetzt werden, wird dann jedoch als Thermoablation bezeichnet. In diesem Falle werden die abgestorbenen Krebszellen und Nanopartikel vom Stoffwechsel abgebaut.


Zusammenfassend liegt der große Fortschritt in der Nanotechnologie darin, dass mit Hilfe der winzigen Nanopartikel kleinste Krebstumore entdeckt werden können. Des Weiteren können die Nanopartikel mit Medikamenten ausgestattet werden und folglich können betroffene Regionen wirkungsvoller behandelt werden.


Wann können die ersten Patienten behandelt werden?


Die weltweit erste Studie zu der Magnet-Flüssigkeits-Hyperthermie wurde an der Berliner Charité mit 14 Patienten durchgeführt. Bei dieser Studie arbeitete die Charité sehr eng zusammen mit dem Bundeswehr-Krankenhaus Berlin (Lehrkrankenhaus der Charité) und der Strahlenheilkunde der Charité. Die Studie endete am 22.06.2004.


Risiken der Magnet-Flüssigkeits-Hyperthermie Methode?


Die Patienten, die an dieser Studie teilnahmen, waren vorbestrahlt und hatten eine Chemotherapie bereits abgeschlossen. Außerdem befanden sich die Patienten in einem Stadium, in dem kein operativer Eingriff möglich gewesen wäre.


Während der Behandlung erlitten die Patienten keinerlei Komplikationen. Des Weiteren blieben Nebenwirkungen durch die Therapie aus. Bei insgesamt 3 Patienten hatte die Magnet-Flüssigkeits-Hyperthermie zur Folge, dass sich die „durch das Tumorwachstum verursachten neurologischen Symptome“ (WDR, „Mit Nano gegen Krebs“) verbesserten. Bei 5 Patienten zeigte sich nach 6 Monaten kein Fortschreiten des Tumors. Der größte Erfolg zeigt sich jedoch in einer Patienten, die mittlerweile bereits wieder arbeiten geht und aktiv am Leben teilnehmen kann.


Risiken in der Nanomedizin?


Risiken können momentan noch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Es könnte sein, dass die Nanopartikel im menschlichen Organismus toxisch wirken, jedoch sind Forscher in Basel damit beschäftigt Nanopartikel herzustellen, „die aus ‚körpereigenem Material’ gemacht sind, so dass die toxischen Effekte – wenn überhaupt“ (Bayerischer Rundfunk, „Risiken der medizinischen Nanotechnologie“) – sehr gering wären.


Abschließend...


bleibt festzuhalten, dass die Nanotechnologie sicherlich eine Schlüsseltechnologie unserer Zeit darstellt. Den größten Innovationsschub erwarten Forscher zwischen 2005 und 2015. Eines ist aber bereits deutlich zu erkennen. Nano bzw. Nanomedizin ist mehr als ein Trendbegriff unserer Zeit und gerade im Gesundheitswesen zeigt diese Technologie ihr ungeheures Potential (Beispiel: Krebsbekämpfung), auch wenn in diesem Artikel nur ein winziger bzw. Nano-Anteil veranschaulicht werden konnte.



Gentechnik in der Medizin


Gentechnische Diagnostik ist durch Technisierung und verbesserte Automatisierung von Genanalyseverfahren in vielen Bereichen der Medizin bereits etablierter Standard. In der Therapie nimmt die Bedeutung gentechnischer Verfahren ebenfalls an Bedeutung zu.


Gentechnik ist ein Teilgebiet der Biotechnologie und ein auf der Molekularbiologie aufbauendes Verfahren, um gezielte Eingriffe in das Erbgut und/oder in die biochemischen Steuerungsvorgänge von Lebewesen bzw. viralen Genomen durchzuführen. Dass in der Vererbung bestimmte Gesetze herrschen, bewies Gregor Mendel bereits vor ca. 110 Jahren. Chromosomen konnte man das erste mal vor etwa 80 Jahren unter dem Mikroskop sehen und 1940 entdeckte der Nobelpreisträger Oswald T. Avery das die DNA in den Chromosomen Träger der genetischen Information ist. Als Wegbereiter für die heutige Gentechnik gelten Francis Crick und James Watson, die 1955 die DNA-Struktur erkannten. Darauf aufbauend ist es seit 1972 möglich gezielt in die DNA einzugreifen um Veränderungen bzw. neue Kombinationen innerhalb von DNA-Sequenzen durchzuführen. Dies ermöglichte die Anwendung der Gentechnik in verschiedenen Bereichen der Medizin.


Anwendungsbereiche der Gentechnik in der Medizin


James Watson

Neben der biomedizinischen Grundlagenforschung, in der sich die Gentechnik zu einer unverzichtbaren Methode entwickelt hat, lassen sich im Gesundheitswesen grundsätzlich drei Anwendungsbereiche voneinander abgrenzen. Zum ersten Gebiet zählt die Entwicklung und Herstellung von Diagnostika und Arzneimitteln. Hier werden mit Hilfe gentechnischer Verfahren Wirkstoffe für Therapeutika, Substanzen für die Diagnostik, sowie Impfstoffe produziert.

Francis Crick

Letztere müssen allerdings von den Lebendimpfstoffen unterschieden werden, womit gentechnisch veränderte Organismen mit impfenden Eigenschaften gemeint sind. In Deutschland sind derzeit weit über 100 gentechnisch hergestellte Medikamente und Impfstoffe auf dem Markt. Dazu zählen Substanzen wie Humaninsulin, mit dem in Deutschland 500.000 Zuckerkranke versorgt werden, und Erythropoietin, ein blutbildendes Hormon welches zur Behandlung der Anämie bei Dialysepatienten eingesetzt wird. Gentechnisch hergestellte Impfstoffe werden beispielsweise gegen Krankheiten wie Kinderlähmung, Wundstarrkrampf, Diphtherie und Hepatitis eingesetzt.


DNA-Strang

Ein weiterer Anwendungsbereich ist die DNA-Diagnostik, welche sich mit der Entschlüsselung des Erbguts beschäftigt, um zu einem Verständnis der Ursachen genetisch bedingter Erkrankungen zu gelangen. Im wesentlichen kommt diese Methode bei der Krebsvorsorge, dem Nachweis von Erb- und Infektionskrankheiten und bei Transplatationsanalysen zur Vermeidung von Abstoßungsreaktionen zum Einsatz. Die Entschlüsselung der Erbinformation bietet allerdings vielfältige Möglichkeiten, die auch über die Grenzen des Gesundheitswesens hinaus gehen. So nutzt Beispielsweise die gerichtsmedizinische Analytik den genetischen „Fingerabdruck“ bei der Ermittlung von Straftätern.


Präparation von menschlichen Chromosomen im Stadium der Zellkernteilung

Als dritter großer Anwendungsbereich der Gentechnik in der Medizin gilt die Somatische Gentherapie. Hierbei liegt die Methode in der gezielten Veränderung des Erbguts von Körperzellen um genetisch verursachte Krankheiten zu behandeln. Ein für die Krankheit verantwortliches Gen wird durch ein „gesundes“ ersetzt. Die hiermit verbundene Übertragung eines Gens in menschliche Körperzellen verändert diese zwar genetisch, allerdings kann der Patient das neue Attribut nicht an seine Nachkommen weitervererben.


Bewertung und Kritik


Generell stößt das Thema Gentechnik schnell auf Kritik und Skepsis. Sowohl die hiermit verbundenen Risiken, als auch ethische Grundsätze in Bezug auf die Veränderung des Erbmaterials jeglicher Lebensformen spielen dabei eine wichtige Rolle. Im Anwendungsfeld der Medizin sind die Meinungen dagegen schon eher verhaltener.


Allerdings sollte dennoch mit größter Umsicht in diesem Forschungsfeld gearbeitet werden, da die Genforschung noch in den Anfängen steckt und keineswegs Etabliert ist. Dies gilt vor allem für die Gentherapie, bei der es sogar Todesfälle bei behandelten Patienten gab. Ebenfalls problematisch können DNA-Analysen werden wenn eine Veranlagung zu einer genetisch bedingten Krankheit zwar festgestellt wird, aber keine wirksamen Behandlungsmethoden bekannt sind. Besondere Bedeutung hat diese Möglichkeit beim Nachweisen eines Gendefekts, wodurch eine vorhersagbare Abschätzung des Erkrankungsrisikos an familiären Krebserkrankungen möglich wird. Das Wissen um eine solche genetische Veränderung kann für Betroffene weitreichende Konsequenzen haben. Daher ist vor einem Gentest eine intensive Betreuung und Einbindung der Betroffenen in Beratungs-und Betreuungsprogramme dringend erforderlich.


Ebenfalls problematisch gestaltet sich der Umgang mit genetischen Patientendaten. Möglicherweise sind Versicherungsgesellschaften oder Personalabteilungen stark an Informationen, mit deren Hilfe Krankheiten prognostiziert werden können, interessiert. Hierzu ist eine intensive gesellschaftliche Diskussion und entsprechende Rechtsgrundlagen notwendig. In Deutschland regelt dies das Datenschutzgesetz, um mögliche Benachteiligungen zu vermeiden.


Des weiteren kann bemängelt werden, dass der Kenntnisstand über Möglichkeiten und Risiken weitaus höher sein könnte, wenn Konzerne der Gentechnik-Industrie ihre Erkenntnisse aus der eigenen Risikoforschung öffentlich zugänglich machen würden. In Ausnahmen wurde dies schon gerichtlich erzwungen. Ebenfalls muss der Aspekt, wie mit Einschränkungen und Ausweitungen in Bezug auf Eingriffs- und Manipulationsmöglichkeiten verfahren wird betrachtet werden.


Als vorerst letzter Kritikpunkt lässt sich die Verwendung von transgenen Tieren anführen. Diese Tiere werden dahingehend im Erbmaterial manipuliert, dass sie zur Herstellung von Medikamenten (Bioreaktoren), für die Herstellung von Xenotransplantaten (Ersatzteillager für Organe) und in der medizinischen Forschung als Tiermodelle dienen. Aus ethischer Sicht ist dies nicht mehr oder weniger bedenklich, wie alle anderen Bereiche in denen Tiere ohne jede Skrupel als Objekte gebraucht bzw. missbraucht werden.


Ausblick


Die Bedeutung der Gentechnik in der Medizin wird vermutlich auch in der Zukunft noch stark wachsen. Gekennzeichnet wird diese Entwicklung in den nächsten 10-20 Jahren durch die zunehmende technische Perfektionierung und Verfeinerung der Biochip-Technologie. Dies wird die Anzahl der identifizierbaren Gene weiter erhöhen und den dafür notwendigen Aufwand vermindern. Mit Hilfe von DNA-Chips wird es möglich sein Hunderte von Genen gleichzeitig auf verschiedene Mutationen hin zu untersuchen.


Für eine verantwortungsvolle und erfolgreiche Weiterentwicklung gentherapeutischer Forschung sind sowohl Vertreter aus Wissenschaft und Medizin, als auch aus Politik und Wirtschaft erforderlich, die nicht ausschließlich durch finanzielle Interessen motiviert sind.



Autoren: Nikolas Pankau, Robert Sczech


Quellen



Gehe zu: Themenauswahl