Agrarfinanzierung für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in der Entwicklungszusammenarbeit : Analysen und Empfehlungen
Einer der wesentlichen Gründe, weshalb kleinbäuerliche Betriebe im Globalen Süden ihr eigentlich hohes Potenzial nicht entfalten können, ist der Mangel an finanziellen Mitteln, um die für eine wesentliche Produktionssteigerung notwendigen landwirtschaftlichen Betriebsmittel wie Qualitätssaatgut und Dünger, sowie Arbeitsgerät, Arbeitskräfte und ggf. zusätzliches Ackerland beschaffen zu können.
Wenn Bäuerinnen und Bauern aus eigener Kraft die Mittel für Investitionen in die Landwirtschaft nicht aufbringen können, besteht im Prinzip die Möglichkeit, dafür einen Kredit aufzunehmen. Aufgrund des hohen Ausfallrisikos bei der landwirtschaftlichen Produktion, aber auch mangels agrarökonomischen Fachwissens bei den Kreditsachbearbeiter*innen sind Finanzdienstleister (FD) jedoch in der Regel wenig interessiert daran, landwirtschaftliche Kredite für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern anzubieten. In Ländern mit mittlerem Einkommen wie Kambodscha kommt hinzu, dass dort die durchschnittlichen Kreditsummen mit über 5.000 US$ bereits so hoch sind, dass erste FD die benötigten Anträge auf 500-1.000 US$ Darlehen für die Landwirtschaft nur noch ungern bearbeiten. Eine Mitverantwortung an dieser Situation tragen insbesondere hier auch internationale Fonds und Entwicklungsorganisationen durch ein Überangebot an Refinanzierungsmitteln.
Die Hemmnisse beim Zugang zu Krediten bestehen v.a. in Afrika auf beiden Seiten. Zum einen scheuen FD vor der Vergabe landwirtschaftlicher Kredite zurück. Zum anderen ist es vor allem in Afrika für viele Bäuerinnen und Bauern, insbesondere aus entlegenen Dörfern, mühsam und teuer, die oft in der Distrikthauptstadt befindlichen FD aufzusuchen und deren Angebote zu verstehen. Für Frauen trifft dies in noch größerem Maße zu als für Männer, da diese zum einen seltener über die als Sicherheiten geforderten Besitztümer verfügen und zum anderen durch soziokulturelle Traditionen zusätzlich benachteiligt sind.
Dezentrale Zweigstellen der FD und mobile Angebote wie Beratungsbusse (z.B. in Sambia und Usbekistan angetroffen), die auch in entlegene Dörfer fahren, sowie digitale Angebote können teure Fahrten überflüssig machen, Entfernungen überbrücken und somit Zugang zu FD schaffen. Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) versuchen, an diesen Punkten anzuknüpfen und FD und potenzielle Kreditnehmer*innen zusammenzubringen. Dies geschieht einerseits durch die Entwicklung von auf die kleinbäuerliche Landwirtschaft zugeschnittenen Finanzprodukten sowie die Sensibilisierung und Fortbildung der Mitarbeiter*innen von FD hinsichtlich der Situation der kleinbäuerlichen Betriebe. Hierbei ist das Angebot, Sparguthaben anzulegen, ebenso wichtig wie die Vergabe von Krediten.
Auf Seiten der potenziellen Kreditnehmer*innen erfolgt die Förderung in Form von Kursen zur finanziellen Alphabetisierung (financial literacy) und von betriebswirtschaftlicher sowie technischer Beratung. Die Beratung beinhaltet die Erstellung eines guten Geschäftsplans und den Umgang mit einem Kredit, also die Zugangsbedingungen, die produktive Verwendung des Darlehens und das Management der finanziellen Mittel, um die Rückzahlung gewährleisten zu können. Sie geht aber vielfach auch darüber hinaus und umfasst z.B. agrarökologische Anbaumethoden, die das Risiko von Missernten senken können, sowie Optionen und technische Beratung für außerlandwirtschaftliche einkommenschaffende Maßnahmen. Auch Klimarisikoversicherungen werden bisweilen thematisiert, die dazu ins Leben gerufen wurden, Ernteausfälle und damit Rückzahlungsschwierigkeiten ausgleichen zu helfen.
Vor allem aus asiatischen Ländern wird berichtet, dass aufgrund der großen Konkurrenz von FD Kredite zu leicht vergeben werden und zu breiter Überschuldung führen. Menschen können im Zuge der Aufnahme von Krediten deshalb ihr Land – und damit oftmals ihre Lebensgrundlage – verlieren. Land wird gern von FD als Sicherheit bei einer Kreditaufnahme verlangt. Eine INEF-Studie in Kambodscha berichtet, dass es in großem Umfang zu Landverkäufen kommt, um Kreditschulden tilgen zu können. Dagegen können zumindest hier FD das Land von säumigen Zahler*innen nicht unmittelbar einbehalten, wie dies andernorts der Fall ist.
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