Transformation zur Elektromobilität : eine empirische Analyse zur Identifizierung der relevanten Einflussfaktoren und Modellierung der Transformationsfähigkeit von Automobilzulieferern in Deutschland
Die Transformation zur Elektromobilität stellt die Automobilindustrie vor enorme Herausforderungen, von denen insbesondere die Zuliefererindustrie betroffen ist. Automobilzulieferer übernehmen für die Hersteller immer mehr Entwicklungs- und Fertigungsarbeiten, weshalb die Bedeutung der Zulieferer innerhalb der Automobilindustrie in den letzten Jahren stetig zugenommen hat. Dabei sind viele Produktportfolios der Zulieferer noch nicht auf den elektrischen Antriebsstrang ausgelegt, was in Anbetracht der steigenden Verbreitung der Elektromobilität schwerwiegende Folgen haben wird. Basierend auf dieser Ausgangslage wird in dieser Arbeit untersucht, welche Transformationsfähigkeit die deutsche Zuliefererindustrie beim Übergang in die Elektromobilität besitzt und welche relevanten Einflussfaktoren für die Fähigkeit identifiziert werden können.
Zur Analyse der Transformationsfähigkeit wird zunächst auf der Datenbasis verschiedener Prognosen und auf der theoretischen Grundlage der Diffusionstheorie ein logistisches Prognosemodell für zwei Transformationsgeschwindigkeitender Elektromobilität bis zum Jahr 2040 entwickelt. Das entwickelte natürliche Hochlaufszenario ergibt im Jahr 2040 einen Anteil von reinen Elektrofahrzeugen (BEVs) von 76 Prozent, während das beschleunigte Hochlaufszenario, unter der Annahme eines Verbots von Verbrennungsfahrzeugen, einen Anteil von BEVs im Jahr 2040 von 100 Prozent prognostiziert. Für den PKW-Weltmarkt ergeben sich aufgrund der SARS-CoV-2-Pandemie ebenfalls zwei prognostizierte Betrachtungswinkel, bei denen der Weltmarkt im Jahr 2040 zwischen 98 und 105 Millionen verkauften Fahrzeugen schwankt.
Danach erfolgt eine technische Herleitung der zukünftig neuen und obsoleten Produkte durch die Elektromobilität. Ein direkter Vergleich des Fahrzeugaufbaus hat zum Ergebnis, dass zum einen die Hauptbereiche Antriebsstrang und Fahrwerk als betroffene Bereiche identifiziert werden können, wobei obsolete Komponenten hauptsächlich im Bereich des Antriebsstrangs zu finden sind. Zum anderen fehlt es den neuen Produkten, mit Ausnahme der Batterie, im Gegenzug an Komplexität und Differenzierungsmöglichkeiten für die Zulieferer.
Es folgt als empirische Untersuchung eine Zuliefererbefragung, bei der
n=103 Automobilzuliefererunternehmen teilgenommen haben und die, basierend auf der Beschäftigtenzahl, zusammen rund 90 Prozent der deutschen Zuliefererindustrie repräsentieren. Als ein Ergebnis der Auswertung zeigt sich unter anderem, dass noch rund ein Drittel des angegebenen Automotive-Umsatzes mit dem Geschäftsbereich Antriebsstrang Verbrennungsmotor generiert wird. Trotzdem rechnet fast die Hälfte der befragten Zulieferer mit einem Umsatzzuwachs durch die Elektromobilität. Zur Quantifizierung der Transformationsfähigkeit der Zulieferer und zur Überprüfung des Produktportfolios wird daraufhin ein Modell entwickelt, das beschreiben soll, inwiefern das in der Befragung genannte Produktportfolio für Hybrid- und Elektrofahrzeuge tauglich ist. Gewichtet nach der Beschäftigtenzahl ergibt sich für die befragten Zulieferer eine durchschnittliche BEV-Tauglichkeit des Produktportfolios bezogen auf den Umsatz von rund 64 Prozent. Mit dem zusätzlich entwickelten qualitativen Modell der BEV-Tauglichkeit der Zusatzindikatoren wird außerdem die Tauglichkeit bewertet, die eigene Wettbewerbsposition während der Transformation zu verbessern.
Die folgende statistische Analyse der Zuliefererbefragung sowie die Anwendung des entwickelten Prognosemodells für zwei Transformationsgeschwindigkeiten kommen zu folgenden zentralen Ergebnissen:
- Große Zulieferer sind besser für die Transformation gerüstet.
- Eine lange Übergangszeit hat eine große Relevanz für die Industrie.
- Spezielle BEV-Produkte können den Umsatzrückgang abdämpfen.
Unabhängig von der Zuliefererbefragung erfolgt außerdem eine Untersuchung zur Fragestellung, wie sich die Zuliefererindustrie auf die Transformation vorbereiten kann. Eine technische Herleitung eines zukünftig idealen Produktportfolios mit der Steigerung der Reichweite bei Elektrofahrzeugen als Leistungskennzahl des Portfolios hat zum Ergebnis, dass die Geschäftsbereiche Software, Elektromotoren/-antriebe, Klima/Heizung/Thermo, Elektronik, Batterie-/Akkutechnologie und Interior ein ideales zukunftsfähiges Produktportfolio für Zulieferer darstellen.
Zusammengefasst ergeben sich somit folgende relevante Einflussfaktoren auf die Transformationsfähigkeit der Zulieferer:
- Die Tauglichkeit des Produktportfolios sowie das Entwicklungspotential
- Die Zulieferergröße
- Die Größe und der zukünftige Inhalt des Produktportfolios
- Die Länge der Übergangszeit
To analyze the transformation capability, a logistic forecast model for two transformation speeds of electromobility up to the year 2040 is being developed. The model is based on various forecasts and the theoretical basis of the diffusion theory. The developed natural forecast results in a share of Battery Electric Vehicles (BEVs) of 76 percent in 2040, while the accelerated forecast, assuming a ban on combustion vehicles, predicts a share of BEVs of 100 percent in 2040. Due to the SARS-CoV-2 pandemic, there are also two forecasts for the world car market, in which the world market will fluctuate between 98 and 105 million vehicles sold in 2040.
To identify future new and obsolete products, a direct comparison of the vehicle structure shows that, on the one hand, the main areas of the drive train and chassis can be identified as affected areas, with obsolete components mainly being found in the area of the drive train. On the other hand, the new products, except for the battery, are less complex and have fewer opportunities for suppliers to differentiate themselves.
This is followed by an empirical study of the German supplier industry, in which n=103 automotive supplier companies participated, together representing – based on the number of employees – approximately 90 percent of the German supplier industry. One of the results of the evaluation shows, among other things, that about one third of automotive sales are still generated with the combustion engine division. Nevertheless, almost half of the suppliers expect an increase in sales due to electromobility. To quantify the transformability of the suppliers and to verify the product portfolio, a model for the suitability of the product portfolio is being developed, which should describe how far the product portfolio named in the survey is suitable for hybrid and electric vehicles. Weighted according to the number of employees, the surveyed suppliers have an average BEV suitability of the product portfolio of about 64 percent (based on sales). The further developed qualitative model of the BEV suitability of the additional indicators also assesses the suitability of improving one's own competitive position during the transformation.
The following statistical analysis of the supplier survey and the application of the developed forecast model for two transformation speeds come to the following central results:
- Large suppliers are better prepared for the transformation.
- A long transition period is very important for the industry.
- Special BEV products can reduce the decline in sales.
In addition to the supplier survey, there is also an investigation of the question of how the supplier industry can prepare for the transformation. Therefore, to examine a future ideal product portfolio, the increase in range is used as a key performance indicator. The result is that the divisions of software, electric motors, thermal management, electronics, battery technology and interior represent an ideal future-proof product portfolio for suppliers.
In summary, the relevant influencing factors for the ability to transform are:
- The suitability of the product portfolio and development ability
- The size of the supplier
- The size and future content of the product portfolio
- The length of the transition period