Das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Trennungsfamilien - Diskrepanzen zwischen Eltern- und Kinderperspektive

In den letzten 50 Jahren hat das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Trennungsfamilien in verschiedenen Forschungsdisziplinen große Beachtung gefunden. Dabei wurden beispielsweise elterliche Ressourcen, familiale Instabilität und die Rolle von Stress als theoretische Erklärungsansätze berücksichtigt (z.B. Amato, 2000; Fomby & Cherlin, 2007; Thomson & McLanahan, 2012). Tendenziell weisen Kinder, deren Eltern sich trennen, in verschiedenen Lebensbereichen ein verringertes Wohlbefinden auf (Härkönen et al., 2017; Zartler, 2021).

Diesbezüglich basieren viele Forschungsergebnisse auf den Angaben der Eltern (Bornstein, 2014; Müller, 2019). Solche Proxy-Angaben werden methodisch jedoch kritisch gesehen, da sie zu verzerrten Ergebnissen führen können (Moore, 1988). Sollten Angaben von Eltern und Kindern in verschiedenen Bereichen systematisch voneinander abweichen, würde dies zu unterschiedlichen Studienergebnissen und Schlussfolgerungen führen. Trotz der damit verbundenen Relevanz für die Sozialpolitik und das Familienrecht findet sich in der Literatur jedoch nur selten eine Diskussion darüber, inwieweit die Perspektiven verschiedener Informanten miteinander übereinstimmen (z.B. Feldman et al., 1989; Sweeting, 2001). Obwohl unterschiedliche Disziplinen sich regelmäßig mit der Frage der Vergleichbarkeit von Angaben befassen, werden die Ergebnisse selten in Kombination betrachtet. Bereiche, die sich mit dieser allgemeinen Frage beschäftigen, umfassen zum Beispiel die Survey-Forschung, klinische Psychologie und Medizin (z.B. Cobb, 2018; De Los Reyes & Epkins, 2023; Eiser & Morse, 2001).

Im Rahmen des Vortrags soll unter anderem methodisch erörtert werden, wie divergierende Sichtweisen vergleichend gegenübergestellt werden können. Dabei ist es wichtig, nicht nur zu fragen, ob Diskrepanzen existieren, sondern auch, wie groß diese sind. Da Wohlbefinden ein multidimensionales Konstrukt darstellt (Ruggeri et al., 2020), könnten beispielsweise Dimensionen mit einer stärkeren subjektiven Komponente auch größere Abweichungen zwischen Informanten aufweisen. Hierzu sollen erste Ergebnisse präsentiert werden. Da beispielsweise auch in angrenzenden Bereichen der Familienforschung mit Surveydaten mehrerer Informanten gearbeitet wird, profitiert möglicherweise auch diese Forschung von einem verbesserten Verständnis über die grundsätzliche Vergleichbarkeit von Angaben und den damit verbundenen Implikationen.

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