Arbeit als kollegiales Handeln : Praktiken von Solidarität und Konkurrenz am Arbeitsplatz

Im vorliegenden Beitrag wird gezeigt, dass sich parallel und im Widerspruch zu konkurrenzbedingten Fragmentierungen im kooperativen Arbeitsprozess immer auch Gelegenheiten für wechselseitige zwischenmenschliche Bindungen und Verpflichtungen ergeben. Es werden Praktiken analysiert, mit denen Arbeitende ihre sozialen Beziehungen interaktiv in reziproken Austauschprozessen gestalten und zu Kollegialität im Sinne eines Füreinander-Einstehens formen. Diese Prozesse sind voraussetzungsvoll und werden ständig von gegenläufigen Prozessen der Ausgrenzung und gegenseitigen Instrumentalisierung durchkreuzt. Kollegialität beruht auf der Einsicht, dass die Realisierung eigener Ziele von der Realisierung der Ziele anderer abhängig ist, dass die eigene Handlungsfähigkeit in der Zusammenarbeit und im reziproken Austausch mit anderen erweitert werden kann. Kollegialität als eine Form von Solidarität entsteht in unmittelbaren Arbeitszusammenhängen weder aus einer gegebenen Gemeinschaft noch aus funktionalen Erfordernissen des Arbeitsprozesses. Kollegialität wird vielmehr in Interaktionen generiert und – wenn sie Bestand haben soll – immer wieder gegen Konkurrenz und konkurrentes Handeln durchgesetzt. Durch solidarisches Handeln gewinnen die Arbeitenden an Handlungsfähigkeit, deren Erweiterung auf überbetriebliche gesellschaftliche Verhältnisse weiterer Reflexion und kollektiver Aktion bedarf.
In this article, it is shown that in parallel as well as in contradiction to competitive fragmentation in the cooperative work process there are always opportunities for mutual interpersonal ties and obligations. Practices are analyzed in which workers organize their social relations interactively in reciprocal exchange processes and collegiality, which in turn helps create a sense of a mutual support and willingness to “stand up for each other”. However, these processes are full of prerequisites that are constantly thwarted by opposing processes of exclusion and mutual instrumentalization. Collegiality is based on the insight that the realization of one’s own goals depends on the realization of the goals of others, that one’s own ability to act can be extended in cooperation and in reciprocal exchange with others. Collegiality as a form of solidarity in direct work contexts arises neither from a given community nor from the functional requirements of the working process. Rather, collegiality is generated in interactions and – if it is to last – needs to be enforced against competition and competitive action. Through solidaristic action workers gain the ability to act. Its expansion, though, to an inter-company level will require further reflection and collective action.
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