Einfluss van-der-Waals-artiger Wechselwirkungen auf den thermodynamischen Casimir-Effekt

Wird ein makroskopisches System, das im thermodynamischen Limes einen Phasenübergang zweiter Ordnung aufweist, in seiner räumlichen Ausdehnung beschränkt, so kann dies — wenn sich das System am oder in der Umgebung seines kritischen Punktes befindet — langreichweitige effektive Kräfte hervorrufen. Der Mechanismus, der der Entstehung dieser Kräfte zugrunde liegt, wird als thermodynamischer Casimir-Effekt bezeichnet, dessen experimenteller Nachweis erst Ende der 1990er Jahre gelang. Bei seiner experimentellen Realisierung spielen Flüssigkeiten und die darin auftretenden Phasenübergänge zweiter Ordnung eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel der Übergang zur Suprafluidität in 4He und auch der flüssig-gasförmig Übergang in einfachen Flüssigkeiten. Bereits in früheren theoretischen Arbeiten konnte dabei qualitativ gezeigt werden, dass die in Flüssigkeiten vorhandenen langreichweitigen van der Waals-Wechselwirkungen Auswirkungen auf den thermodynamischen Casimir-Effekt haben, obgleich sie das führende kritische Verhalten des Systems nicht beeinflussen. Aus ihnen gehen lediglich Korrekturen hervor, die jedoch in Abhängigkeit von Parametern wie der Temperatur und auch den Längenskalen, die die räumliche Beschränkung des Systems charakterisieren, in einem gewissen Regime das Verhalten der thermodynamischen Casimir-Kraft in führender Ordnung bestimmen. Die qualitativen und quantitativen Unterschiede, die sich daraus im Vergleich zu Systemen mit rein kurzreichweitigen Wechselwirkungen ergeben, werden in dieser Arbeit untersucht. Dazu werden d-dimensionale O(n)-symmetrische Modelle mit L×∞^(d−1) Filmgeometrie und periodischen Randbedingungen betrachtet, und unter Beschränkung auf den Temperaturbereich bei und oberhalb der Übergangstemperatur (T ≥ T_{c,∞}) die thermodynamische Casimir-Kraft und ihre führenden Korrekturen hergeleitet. Zugrunde gelegt wird dabei eine isotrope langreichweitige Wechselwirkung, die für große Abstände x asymptotisch proportional zu x^{−(d+σ)} abfällt, wobei der Wert des Parameters σ auf das Intervall 2 < σ < 4 beschränkt ist. Um den Limes n → ∞ zu behandeln, wird ein hierzu äquivalentes exakt lösbares sphärisches Modell aufgestellt und unter Beschränkung auf 2 < d < 4 Dimensionen exakte Ergebnisse für die thermodynamische Casimir-Kraft und ihre führenden Korrekturen hergeleitet. Der Fall n < ∞, der in 2 < d < 4 Dimensionen keine exakten Lösungen gestattet, wird mit Hilfe eines feldtheoretischen φ^4-Modells beschrieben. Die freie Energie dieses Modells wird dabei im Rahmen der renormierungsgruppenverbesserten Störungstheorie in Zweischleifenordnung berechnet, und hieraus die thermodynamische Casimir-Kraft und ihre führenden Korrekturen abgeleitet. Anhand beider Modelle wird heraus gestellt, dass die thermodynamische Casimir-Kraft in Anwesenheit der langreichweitigen Wechselwirkung im Temperaturbereich T > Tc,∞ auf großen Längenskalen durch einen algebraischen Abfall ∼ L^{−(d+σ)} gekennzeichnet ist, während sie im rein kurzreichweitigen Fall auf der Skala der Korrelationslänge exponentiell abfällt. Ein Vergleich der störungstheoretischen Resultate für den rein kurzreichweitigen Fall mit Monte Carlo-Ergebnissen für das dreidimensionale Ising- und XY-Modell ergibt eine gute Übereinstimmung.

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