Morbiditätsorientierung und damit verbundene Anreize in den Finanzströmen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland
Die vorliegende Dissertation gliedert sich in drei Themenkomplexe im Kontext der Morbiditätsorientierung in den Finanzströmen im System der Gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.
Der erste Themenkomplex umfasst einen systematischen Vergleich der drei Morbiditätsmodelle, die auf den unterschiedlichen Ebenen der Ressourcensteuerung im deutschen Gesundheitssystem zum Einsatz kommen. Dabei zeigte sich, dass die Morbiditätsorientierung in den einzelnen Bereichen unterschiedlich (stark) ausgeprägt ist. So sind die Zuweisungen einer Krankenkasse aus dem Gesundheitsfonds stärker morbiditätsorientiert als ihre Ausgaben in Form von Vergütungen an Leistungserbringer (insbesondere im vertragsärztlichen Bereich). Dies könnte insbesondere im Spannungsfeld zwischen ambulanter Vergütung und Finanzierungssystem zu Verwerfungen im Wettbewerb führen. Bei der Weiterentwicklung morbiditätsorientierter Systeme könnten daher Angleichungen der Modelle sinnvoll sein.
Mit der Weiterentwicklung der GKV-Finanzarchitektur im weiteren Sinne beschäftigen sich der zweite und dritte Themenkomplex dieser Abhandlung. Während im zweiten Themenkomplex mit der neu eingeführten Maßzahl „Balance of Fit“ ein primär theoretischer Ansatz für die Bewertung von Morbiditätsmodellen vorgestellt wird, richtet der dritte Themenkomplex seinen Fokus auf Ansätze zur Weiterentwicklung der GKV-Finanzarchitektur. Dabei wird zum einen untersucht, inwieweit Versichertengruppen, die durch bestimmte sozio-ökonomische Merkmale charakterisiert werden können, im bestehenden Morbi-RSA systematisch unterdeckt sind, und inwieweit etwaigen Unterdeckungen durch Anpassungen begegnet werden kann. Zum anderen wird die anreizgerechte Finanzierung kostenintensiver Einmaltherapien im bestehenden Risikopoolverfahren (z.B. ATMPs) analysiert und konkrete Anpassungsoptionen im GKV-Finanzsystem erarbeitet.
This dissertation is divided into three thematic complexes in the context of the morbidity orientation of financial flows in the statutory health insurance system in Germany.
The first section includes a systematic comparison of the three morbidity models used at the different levels of resource management in the German health care system. The results show that the morbidity orientation is (strongly) different in the different areas. For example, a sickness fund's allocations from the health fund are more morbidity-oriented than its expenditures in the form of remuneration to service providers (especially in outpatient medical care). This could lead to distortions of competition between outpatient remuneration and the financing system. In the further development of morbidity-oriented systems, it might therefore make sense to harmonize the models.
The second and third sections of this paper deal with the further development of the SHI financial architecture in a broader sense. While the second section presents a primarily theoretical approach to the evaluation of morbidity models using the newly introduced "balance of fit" measure, the third section focuses on approaches for the further development of the SHI financial architecture. On the one hand, it is examined to what extent groups of insureds with certain socioeconomic characteristics can be integrated into the SHI system.