Berufsbezogene Überzeugungen von Lehrkräften über Classroom-Management : Ein Mixed-Method-Design mit Befragungen von Lehrkräften, wie aus ihrer Sicht CM gelernt werden kann

Die Forschungslage zeigt, dass ein hilfreiches Klassenführungsverhalten (Classroom-Management = CM) von Seiten der Lehrkräfte in mehrfacher Hinsicht positive Auswirkungen auf die Schüler*innen und Lehrkräfte selbst hat (vgl. Steins & Behravan, 2017; Cooper & Yan, 2015; Hattie et al., 2015; Helmke, 2014). Im Schulalltag wird jedoch nicht immer ein effektives CM von Lehrkräften angewendet. Es bestehen Defizite im Wissen und im Handlungsrepertoire von Lehrkräften (vgl. Helmke, 2014). In der Lehrkraftausbildung ist CM oft noch kein verpflichtendes Thema und wird nicht systematisch gelehrt (vgl. Steins, 2017; Piwowar, Thiel, & Ophardt, 2013; O’Neill & Stephenson, 2012; Evertson & Weinstein, 2006; Jones, 2006; Stough, 2006).

Bei der Qualität des Berufshandelns von Lehrkräften wird neben dem objektiven beruflichen Wissen und den motivationalen Merkmalen besonders auch den berufsbezogenen Überzeugungen eine entscheidende Rolle zugeschrieben (Reusser und Pauli, 2014). Lortie (1975) zeigte, dass sich die Verhaltensweisen von Lehrkräften stark an ihren eigenen Schulerfahrungen aus der Kindheit anlehnen (apprenticeship of observation). Forschungen haben zudem herausgestellt, dass epistemologische Überzeugungen von angehenden und aktiven Lehrkräften darauf einwirken, wie und was sie in Aus- und Weiterbildungen lernen (vgl. Ravindran, Greene & Debacker, 2005; Fives & Buehl, 2008). Diese Arbeit hatte daher zum Ziel, die berufsbezogenen Überzeugungen von Lehrkräften über CM zu beleuchten. So wurde zum einen untersucht, welche CM-Überzeugungen Lehrkräfte in Bezug auf die Relevanz im Schulalltag haben. Zum anderen wurden berufsbezogene Überzeugungen über CM von Lehrkräften in Bezug auf das Erwerben von CM-Kompetenzen begutachtet.

In der vorliegenden Untersuchung wurde ein Mixed-Methods-Design in zwei Phasen (vgl. Kuckartz, 2014) vorgenommen. Hierbei wurden beide Teilstudien (Studie I und Studie II) sequenziell nacheinander durchgeführt (vgl. Kuckartz, 2014). Studie I stellt eine quantitative Online-Befragung dar, in der 253 angehende, aktive sowie ehemalige Lehrkräfte unterschiedlicher Schulformen quantitative Einschätzungen zur Wichtigkeit von CM-Inhalten gaben und unterschiedliche CM-Lernwege beurteilten. Die 82 Items wurden für diese Arbeit eigens nach Sichtung des aktuellen Forschungstandes erstellt. Die daraus ausgearbeiteten Skalen wurden durch die Berechnung des Cronbachs-Alpha-Wertes auf ihre Reliabilität hin überprüft.

Teilaspekte der Studie I wurden in der qualitativen Interview Studie II mit einer exemplarischen Stichprobe von zehn aktiven Grundschullehrkräften vertieft. Die Grundschullehrkräfte der Studie II wurden mit einem teilstandardisiertem Interviewleitfaden befragt, wie CM-Kompetenzen aus ihrer Sicht erworben werden können. Die neun Leitfragen wurden auf Grundlage von den Kenntnissen von Studie I sowie dem aktuellen Forschungsstand erstellt. Die Tonaufnahmen der Interviews wurden mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2018) aufbereitet.

In Studie I wurden alle befragten CM-Aspekte, die von einer Lehrkraft selbst beeinflusst werden können, von den Befragten als relevant eingeschätzt (M = 4,49; SD = 0,29). Auch äußere Aspekte, die von der Lehrkraft nicht kontrolliert werden können, wurden von den Befragten als einflussreich für das CM befunden (M = 3,65; SD = 0,51). Die hierfür erhobenen Skalen wiesen eine ausreichende Reliabilität mit Cronbachs-Alpha-Werten von 0,72 bis 0,82 auf. Die Studie I ergab, dass CM-Lernwege, die rein praktischer Natur sind, als wichtiger eingestuft wurden als rein theoretische Lernwege. Unterschiedlich starke Einschätzungen zwischen verschiedenen Gruppen (Grundschullehrkräfte, Lehrkräfte an weiterführenden Schulen sowie Lehrkräfte in Ausbildung) konnten nachgewiesen werden. Hier zeigte sich, dass die Bereitschaft, CM-Kompetenzen zu erlernen, besonders hoch in der Lehramtsausbildung und bei jüngeren Lehrkräften ausgeprägt ist.

Einblicke in epistemologische Überzeugungen von aktiven Grundschullehrkräften zu CM zeigt die qualitative Interviewstudie II. Hier wurde deutlich, dass rein praktische CM-Lernangebote ohne Reflexion von den Befragten als am effektivsten eingestuft wurden. Lernangebote, die Praxisanteile und Theorie verknüpfen, wurden als sinnvoll von den Befragten eingeschätzt, werden jedoch nach den Interviewaussagen zurzeit kaum im Schulalltag umgesetzt. Aktive Grundschullehrkräfte entwickeln aktuell ihre CM-Kompetenzen auf Grundlage ihrer Erfahrungen ihres eigenen Unterrichtes und durch den informellen Austausch mit anderen Lehrkräften.

Die vorliegenden Studien haben Lernangebote vorgestellt, die zum einen für Lehrkräfte sinnvoll erscheinen und zum anderen aus wissenschaftlicher Sicht effektiv auf das CM-Lernen einwirken. Hierunter zählen: Micro-Teaching, Coaching-Maßnahmen, Unterrichtsbeobachtungen zwischen Lehrkräften mit Reflexionsbögen, Videoaufnahmen des Unterrichtes mit anschließenden Reflexionen, Austauschmöglichkeiten zwischen Lehrkräften kombiniert mit Inputs zu CM-Inhalten. Die Schaffung einer offenen und vertrauensvollen Atmosphäre, die es zulässt, ehrliches Feedback zu geben, ist für die befragten Lehrkräfte eine Grundvoraussetzung für den Erfolg dieser Lernmethoden.

Die in diesen zwei Studien erhobenen Überzeugungen von Lehrkräften können für die Planung und Durchführung von CM-Lernangeboten eine hilfreiche Rolle einnehmen. Durch die Berücksichtigung und das Eingehen bei der Planung und Durchführung auf Überzeugungen der Lehrkräfte können CM-Lernangebote zukünftig effektiver gestaltet werden.

The research literature shows that efficient classroom-management (CM) behaviour by teachers has positive effects on students and teachers themselves in various ways (cf. Steins & Behravan, 2017; Cooper & Yan, 2015; Hattie et al., 2015; Helmke, 2014). However, effective CM is not always implemented by teachers in everyday school life. There are deficiencies in the knowledge and action repertoire of teachers (cf. Helmke, 2014). In teacher education, CM is often not a mandatory topic and is not systematically taught (cf. Steins, 2017; Piwowar, Thiel, & Ophardt, 2013; O'Neill & Stephenson, 2012; Evertson & Weinstein, 2006; Jones, 2006; Stough, 2006). Lortie (1975) showed that teachers' behaviours strongly align with their own experiences as students in their childhood. Research has also shown that the epistemological beliefs of prospective and practicing teachers influence how and what they learn in pre-service and in-service education (cf. Ravindran, Greene & Debacker, 2005; Fives & Buehl, 2008). Therefore, this study aims to examine the CM beliefs that teachers have regarding their relevance in everyday school life, as well as their beliefs about acquiring CM competencies.

A mixed-methods design in two phases (cf. Kuckartz, 2014) was employed in this study. Study I involved a quantitative online survey in which 253 prospective, practicing, and former teachers from different types of schools provided quantitative assessments of the importance of CM content and evaluated different paths to acquiring CM competencies. Aspects of Study I were further explored in the qualitative interview Study II, which involved a sample of ten active primary school teachers. The audio recordings of the interviews were analyzed using qualitative content analysis according to Kuckartz (2018).

In Study I, all CM aspects that can be influenced by teachers themselves were rated as relevant by the participants (M = 4.49; SD = 0.29). External aspects that are beyond the control of the teacher were also considered influential for CM (M = 3.65; SD = 0.51) by the respondents. Study I revealed that CM learning paths are purely practical were rated as more important than purely theoretical learning paths. Differences in evaluations among different groups (primary school teachers, teachers at secondary schools, and teachers in training) were identified. It became evident that purely practical CM learning opportunities without reflection were considered the most effective by the respondents. Learning opportunities that integrate practical components with theory were deemed meaningful by the participants; however, according to the interview statements, they are currently rarely implemented in everyday school life. Active primary school teachers are currently developing their CM competencies based on their own teaching experiences and through informal exchanges with other teachers.

The studies presented learning opportunities that appear beneficial for teachers and, from a scientific perspective, have an effective impact on CM learning. These include micro-teaching, coaching interventions, classroom observations with reflection sheets between teachers, video recordings of lessons with subsequent reflections, and opportunities for teacher exchange combined with inputs on CM content. Creating an open and trusting atmosphere that allows for honest feedback is a fundamental requirement for the success of these learning methods, as expressed by the interviewed teachers.

The beliefs of teachers identified in these two studies can play a helpful role in the planning and implementation of CM-learning opportunities. By considering and addressing teachers' beliefs in the planning and execution process, CM learning opportunities can be designed more effectively in the future.

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