Hexenverfolgung und Kriminalität : Jülich-Kleve-Berg in der Frühen Neuzeit

Hexenverfolgungen in Jülich-Kleve-Berg hat es nach Aussagen älterer Forschungen kaum gegeben. Johann Weyer, Leibarzt Herzog Wilhelms V., habe durch sein Buch “De praestigiis Daemonum”, maßgeblich dazu beigetragen, diese zu verhindern. Ferner hätten die Landesherren Johann III. und sein Sohn, Wilhelm V., in religiösen Fragen sowie der inneren Politik des Herzogtums durch das Konzept der Via Media ein Klima von Toleranz geschaffen. Allerdings sind verstreute Quellenhinweise über frühe Hexenverfolgungen in den Vereinigen Herzogtümern unübersehbar, die zu einem sehr frühen Zeitpunkt einsetzten. Bereits in der ersten Phase um 1500 waren auch in angrenzenden Regionen Verfolgungen zu konstatieren, die am Ende des ersten Drittels des 16. Jahrhunderts wieder abflauten. Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts, etwa ab 1570, setzten erneute Verfolgungen ein.

In manchen Territorien kam es zu Massenverfolgungen, in anderen wie in Jülich-Kleve-Berg handelte es sich zumeist um Einzelfälle, wozu auch Anklagen gegen „Werwölfe“ gehörten. Am Düsseldorfer Hof erschien zu dieser Zeit Francesco Maria Guazzo, der einen Exorzismus an Herzog Johann Wilhelm vornahm und später eine Dämonologie schrieb, die in starkem Maße Martin Delrio rezipierte. Zu diesem Zeitpunkt gab es am Hof eine andere politische Konstellation als 30 Jahre zuvor. Der Absicht, eine Via Media einzuschlagen, stand seit etwa 1570 eine strikt katholische Partei entgegen, die in Teilen die Hexenverfolgung befürwortete. Vereinzelt kamen auch noch Hexenprozesse im 18. Jahrhundert vor wie etwa in Düsseldorf. Hier wurden im Jahr 1737/38 zwei Frauen öffentlich als Hexen verbrannt.

Aufgrund der wenigen ergiebigen Quellenlage, die Hexenprozesse betreffend, wurden für die Untersuchung auch die Rechnungsbücher der Ämter des Herzogtums Jülich hinzugezogen, die hinsichtlich aller dort überlieferten Criminalia ausgewertet wurden. Zwar blieb nicht selten unklar, warum genau manche Menschen verurteilt wurden, weil ihre Taten unspezifisch als Missetaten bezeichnet wurden. Auffällig waren, neben dem Hexereidelikt, in diesem Zusammenhang Sonderverbrechen wie das Täufertum oder der Mordbrand, während Straftaten wie Mord, Diebstahl und Raub eher weniger Interpretationsmöglichkeiten boten. Ergänzende Einblicke gerade im Hinblick auf religiöse Verfolgungen lieferten die Visitationsberichte, die in Verbindung mit der Kirchenordnung von 1532 sowie den Ausführungsbestimmungen von 1533 zu sehen waren. In letztere wurde auch eine begriffliche Regelung hinsichtlich des Hexereidelikts aufgenommen, die auf dem Lazarus-Gleichnis des Neuen Testaments basierte. Zwar waren weite Teile der Bevölkerung in Jülich-Kleve-Berg den Hexenverfolgungen gegenüber immun, weil sie aufgrund ihrer Religiosität das Evangelium als wichtige Richtschnur für ihr Leben akzeptierten. Aber das Gedankengut der Hexenlehre, verbunden mit volksmagischen Praktiken, konnte auch auf fruchtbaren Boden fallen. Wenn sich die Obrigkeit dessen annahm, so konnten in Einzelfällen jederzeit Verfolgungen stattfinden, die auch vor der nächsten Verwandtschaft keinen Halt machten.

According to older research, there was hardly any persecution of witches in Jülich-Kleve-Berg. Johann Weyer, personal physician to Duke Wilhelm V, made a significant contribution to preventing them with his book "De praestigiis Daemonum". Furthermore, the sovereigns Johann III and his son, Wilhelm V, had created a climate of tolerance in religious matters as well as in the internal politics of the duchy through the concept of the Via Media. However, scattered source references about early witch hunts in the United Dukedoms are unmistakable and began at a very early stage. Already in the first phase around 1500, persecutions could be observed in neighbouring regions, which subsided again at the end of the first third of the 16th century. In the last third of the 16th century, from about 1570, persecutions began again.

In some territories there were mass persecutions, in others, such as in Jülich-Kleve-Berg, it was mostly a matter of individual cases, which included accusations against "werewolves". Francesco Maria Guazzo appeared at the Düsseldorf court at this time, who performed an exorcism on Duke Johann Wilhelm and later wrote a demonology that was heavily influenced by Martin Delrio. At this time, there was a different political constellation at court than 30 years earlier. From about 1570 onwards, the intention to adopt a via media was opposed by a strictly Catholic party, some of which advocated the persecution of witches. Occasional witch trials still took place in the 18th century, for example in Düsseldorf. Here, two women were publicly burned as witches in 1737/38. Due to the scarcity of sources concerning the witch trials, the account books of the offices of the Duchy of Jülich were also consulted for the study, which were evaluated with regard to all the criminalia recorded there. It was not uncommon for it to remain unclear exactly why some people were sentenced, because their deeds were unspecifically described as “misdeeds”. Apart from the witchcraft crime, special crimes such as Anabaptism or the murder fire were conspicuous in this context, while offences such as murder, theft and robbery offered rather fewer possibilities for interpretation. Supplementary insights, especially with regard to religious persecutions, were provided by the visitation reports, which were to be seen in connection with the church order of 1532 as well as the implementation regulations of 1533. The latter also included a conceptual regulation regarding the witchcraft offence, based on the Lazarus parable of the New Testament. It is true that large parts of the population in Jülich-Kleve-Berg were immune to the witch hunts because they accepted the Gospel as an important guideline for their lives due to their religiosity. But the ideas of witchcraft, combined with folk magic practices, could also fall on fertile ground. If the authorities took them on, persecutions could take place at any time in individual cases, which did not even stop at the next of kin.

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