High risk, no fun : Improving Psychosocial Risk Management in theory and practice

Die Gefährdungsbeurteilung arbeitsbedingter psychosozialer Risiken ist seit der Einführung durch den Europäischen Rat ein verpflichtender Bestandteil im Arbeitsschutz. Die Umsetzung auf nationaler und internationaler Ebene ist nach wie vor unzureichend, trotz eindeutiger Belege, dass psychosoziale Gefährdungen Risikofaktoren für ein breites Spektrum somatischer und psychischer Gesundheitsfolgen darstellen. Organisatorische Akteure sind mit komplexen Bewertungsproblemen konfrontiert, die ohne fundierte Forschung, insbesondere im Bereich der Risikoevaluation, nicht gelöst werden können. Die vorliegende Dissertation bietet daher einen Leitfaden zur Verbesserung des psychosozialen Risikomanagements in Theorie und Praxis. Der Schwerpunkt liegt auf der Überprüfung und Bewertung etablierter Ansätze und der Entwicklung weiterer Möglichkeiten für eine valide Risikoevaluation.


Die erste Studie untersucht in einem Meta-Review den Zusammenhang zwischen psychosozialen Gefährdungen und Muskel-Skelett-Erkrankungen, Fehlzeiten und Arbeitsunfällen. Auf diese Weise können möglicherweise unberücksichtigte Gefährdungen identifiziert werden, die einen Zusammenhang zu bisher wenig untersuchten gesundheitlichen Auswirkungen darstellen. Hohe Arbeitsanforderungen, die Kombination aus geringem Handlungsspielraum und hoher Arbeitsanforderung, eine hohe Gratifikationskrise und eine geringe soziale Unterstützung erhöhen nachweislich das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen. Zusätzlich erwies sich auch eine geringe wahrgenommene Fairness als Risikofaktor für Fehlzeiten. Für ein erhöhtes Unfallrisiko hat die Studie aufgrund der geringen Anzahl verfügbarer Studien keine ausreichende Evidenz ermittelt.


In der zweiten Studie wird untersucht, inwieweit sich der Risikomatrixansatz zur Beurteilung psychosozialer Gefährdungen adaptieren lässt. Bei diesem Ansatz wird das Risiko als Kombination der Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefährdung und der möglichen Schadensschwere berechnet. Für die Adaption wird die Schadensschwere auf Grundlage gängiger psychologischer Theorien in verschiedene Kategorien eingeteilt. Die Klassifizierung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Gefährdungen erfolgt durch statistische Verfahren. Die Risikomatrix ermöglicht die Berücksichtigung potenziell unterschiedlicher Risikowirkungen von Gefährdungen, unterschiedlicher Schweregrade und eines empirischen Zusammenhangs zwischen Gefährdungen und gesundheitlichen Auswirkungen. Dadurch kann die Risikomatrix dabei unterstützen, bestehende Defizite etablierter Ansätze der Risikoevaluation zu überwinden.


In der dritten Studie wird eine empirische Untersuchung des vorgeschlagenen Risikomatrixansatzes anhand einer Stichprobe von Beschäftigten eines großen deutschen Stahlunternehmens (N=7.242) durchgeführt. Die Ergebnisse werden in eine 4 x 3-Risikomatrix übertragen, die verschiedene Stufen der Eintrittswahrscheinlichkeit mit unterschiedlichen Graden der Schadensschwere in Kombination setzt. Die Analyse der Studie zeigt, dass für die meisten Gefährdungen das Risiko für negative gesundheitliche Folgen mit zunehmender Eintrittswahrscheinlichkeit ansteigt. Starke Effekte werden für Arbeits- und Umgebungsbedingungen, konkurrierende Anforderungen in Arbeits- und Privatleben und emotionalen Anforderungen in Bezug zu Burnout Symptomen festgestellt. Aufgrund der Übereinstimmung mit bestehenden Forschungsergebnissen, liefert die Studie einen ersten Hinweis auf eine zufriedenstellende Validität des Ansatzes. Die Studie zeigt außerdem, dass sich die Risikowirkung der untersuchten Gefährdungen unterscheidet und eine Priorisierung bei der Risikobewertung erforderlich ist.


Die Dissertation untermauert empirische Erkenntnisse bestehender Zusammenhänge zwischen psychosozialen Gefährdungen und Muskel-Skelett-Erkrankungen, sowie krankheitsbedingten Fehlzeiten. Durch die Darstellung der theoretischen und methodischen Schritte, die zur Umsetzung des Risikomatrixansatzes notwendig sind, zeigt die Dissertation, dass der Ansatz grundsätzlich zur Beurteilung psychosozialer Gefährdungen geeignet ist. Zudem liefert die Dissertation erste Belege für die Validität der Risikomatrix. Darüber hinaus zeigt die Arbeit, dass sich vor allem direkte oder indirekte nicht-klinische Gesundheitsindikatoren für die Risikoevaluation eignen. Um zu prüfen, welche weiteren gesundheitsbezogenen Outcomes geeignet sein können, sollte zukünftige Forschung zu weiteren Outcomes intensiviert werden. Darüber hinaus sollten weitere Studien zur Bewertung der methodischen Qualität und Anwendbarkeit des Risikomatrixansatzes in Betracht gezogen werden. Um die psychosoziale Gefährdungsbeurteilung weiterzuentwickeln, sind außerdem Forschungsarbeiten zu nichtlinearen und Dosis-Wirkungs-Beziehungen erforderlich.

Risk assessment of work-related psychosocial hazards has been a mandatory part of supervisory duties since the introduction of the European Council. Implementation at national and international level remains insufficient despite the strong evidence that psychosocial hazards are risk factors for a wide range of somatic and mental health outcomes. Organisational stakeholders encounter complex assessment problems that cannot be solved without well-founded research, especially in relation to risk evaluation. The present thesis provides a guidance for improving psychosocial risk management in theory and practice. The focus is on reviewing and evaluating established approaches to risk evaluation and exploring further possibilities for valid risk evaluation of psychosocial hazards.

The first study provides a meta-review on the relationship between psychosocial hazards and musculoskeletal disorders, absenteeism, and workplace accidents. In this way, additional hazards can be identified that may not have been considered in the risk assessment so far, because there is a risk to previously less researched health-related outcomes. High job demands, high job strain, high effort-reward-imbalance and low social support showed strong evidence to increase the risk for musculoskeletal disorders. In addition, low perceived fairness proved to be a risk factor of absenteeism. The study identified insufficient evidence of an increased risk of accidents due to the small number of available studies.

The second study adapts the risk matrix approach from physical onto psychosocial hazards. The approach calculated risk as a combination of the frequency of a hazard and the severity of harm. The adaption is conducted by developing different categories of severity based on psychological theories of healthy work design and classifying the frequency of hazards through statistical procedures. The risk matrix allows the consideration of potential differential risk effects of hazards, different levels of severity of harm, and an empirical relationship between psychosocial hazards and health-related effects within the risk assessment. With that, the risk matrix approach is geared towards overcoming serious shortcomings of established frameworks for psychosocial risk evaluation.

The third study conducts an empirical investigation of the proposed risk matrix approach using a sample of employees of a large German steel company (N=7,242). Results are transferred to a 4 x 3 risk matrix that gradually associates levels of frequency with levels of harm. The analysis of the study shows that most hazards cause their level of risk to increase considerably with an increase in frequency. Strong effects are found for environmental conditions, work privacy conflict and emotional demands in relation to burnout symptoms. The results provide a first indication of the satisfactory validity of the approach due to the concordance with previous research findings. The study further indicates that the risk impact of the hazards differs, and therefore, prioritisation in risk assessment is necessary.

The thesis strengthens the empirical evidence on the relationship between psychosocial hazards and musculoskeletal disorders and sickness absence. By presenting the theoretical and methodological steps necessary to implement the risk matrix approach, the thesis demonstrates that it is possible to assess psychological risks using this approach and provides initial evidence of its validity. In addition, the thesis showed that direct or mediated non-clinical health indicators of well-being are particularly promising outcomes to assess psychosocial risk. To consider which other health-related outcomes may be relevant for risk assessment, further research on additional outcomes should be intensified. In addition, further studies to assess methodological quality and applicability of the risk matrix approach should be considered. Finally, research on non-linear and dose-response relationships is needed to further develop psychosocial risk assessment.

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