Thermo-rheologische Optimierung additiv gefertigter Extrusionswerkzeuge
Dem Extrusionswerkzeug kommt bei der Ausformung der Produktgestalt und der Einhaltung der Produktanforderungen eine entscheidende Aufgabe zu. Die Kunststoffschmelze durchströmt die Werkzeugfließkanäle und wird in den finalen Produktquerschnitt überführt. Dabei beeinflusst die Auslegung der Fließkanäle unmittelbar die Strömungsvorgänge und letztendlich die Qualität des Endproduktes. Gleichzeitig ist die Gestaltung von einer Vielzahl an Anforderungen abhängig, welche neben den materialspezifischen und rheologischen Eigenschaften der Kunststoffschmelze auch fertigungstechnische Randbedingungen enthalten. Der Ansatz der vorliegenden Arbeit sieht die Integration additiver Fertigungsverfahren in der Werkzeugauslegung vor. Durch die Vernachlässigung der Restriktionen konventioneller Fertigungsverfahren besteht die Möglichkeit „nicht montierbare“ Werkzeuggeometrien zu entwickeln und so die Fließkanäle bestmöglich an die komplexen thermo-rheologischen Anforderung schmelzeführender Kanäle anzupassen. Im Rahmen der Untersuchungen wird ein neuartiges Demonstratorwerkzeug entwickelt und für die Verwendung in einem Blasfolienextrusionsprozess erprobt. Die Grundlage der Entwicklung bildet die Untersuchung einer gängigen Werkzeuglösung für die Herstellung von Folien. Anhand eines Wendelverteilerwerkzeuges werden mittels numerischer Strömungssimulationen Phänomene identifiziert, welche sich negativ auf die Prozess- und Produktqualität auswirken. Auf Basis quantifizierbarer Bewertungskriterien wird die Strömungssituation in Hinblick auf eine homogene Wandschubspannung, Massestrom- und Verweilzeitverteilung, sowie die charakteristische Verteilwirkung untersucht und dargestellt, inwiefern die Ergebnisse mit den fertigungsspezifischen Gestaltungsanforderungen korrelieren. Für den Bereich der Primärverteilung ist eine inhomogene Massestromverteilung am Austritt der Speisebohrungen festzustellen, welche unmittelbar auf die Gestaltung zurückzuführen ist. Die Sekundärverteilung zeichnet sich durch die Überlagerung von Umfangs- und Spaltströmung durch ein breites Verweilzeitspektrum am Werkzeuaustritt aus. Des Weiteren wird mittels temperaturabhängigen Strömungsberechnungen der Einfluss der dissipativen Erwärmung der Kunststoffschmelze und der Wärmeleitung der Werkzeugkomponenten auf den Temperaturhaushalt der Werkzeugbaugruppe analysiert. Ausgehend von diesen Ergebnissen werden Empfehlungen für die Gestaltung von Extrusionswerkzeugen getroffen. Die Auslegung des Demonstratorwerkzeuges greift diese Empfehlungen auf. Durch die Möglichkeit der freien Kanalführung wird eine Primärverteilung entwickelt, welche eine identische Fließhistorie für die einzelnen Teilkanäle gewährleistet. Dabei wird der Punkt der Aufteilung in Teilströme bereits vor der Umlenkung realisiert, um inhomogene Strömungsgeschwindigkeiten entlang des Querschnittes zu vermeiden. Durch die fertigungstechnischen Gestaltungsfreiheiten kann eine sanftere Umlenkung und Verteilung der Schmelze realisiert werden. Diese Ergebnisse lassen sich anhand des Vergleiches der Wandschubspannungen, sowie der Massestromverteilung quantifizieren. Der Auslegungsansatz der Kanalführung beruht auf der Optimierung anhand geometrischer Größen. Es wird nachgewiesen, dass dies im Vergleich zu numerischen Auslegungsansätzen eine signifikante Reduzierung der Berechnungszeit bei vergleichbaren Ergebnissen verspricht. Bei der Gestaltung der Sekundärverteilung steht die radiale Mischung der Schmelzeströmung im Fokus, um die negativen Effekte der wandnahen Strömungsschichten zu reduzieren. Diese können auf Basis der Untersuchungen des Referenzwerkzeuges als verweilzeitbestimmend charakterisiert werden. Gleichzeitig verursacht die dissipative Erwärmung einen Wärmestau im Bereich des Düsendorns, da die Wärme nicht ausreichend abgeführt werden kann. Es wird ein Konzept entwickelt, welches durch die Umlagerung der Schmelzeschichten ein homogenes Temperaturprofil am Austritt gewährleistet. Dies wird durch Steggeometrien gewährleistet, welche in dieser Form konventionell nicht herstellbar wären. Gleichzeitig ist die Anordnung der Stege für die spätere Ausprägung von Bindenähten verantwortlich. Zur Gewährleistung der mechanischen Festigkeit wird die Verteilwirkung abgeschätzt und durch eine Umfangsmischung die Entstehung radialer Fließfronten vermieden. Um die Herstellbarkeit der Werkzeuggeometrie sicherzustellen, wird sich bei der Auslegung an den Konstruktionsrichtlinien für additiv gefertigte Bauteile orientiert. Dennoch wird anhand einer Voruntersuchung auf Basis von Probenkörpern die Herstellbarkeit validiert. Zudem wird eine fertigungsgerechte Gehäusekonstruktion entwickelt, welche die spezifischen Prozessanforderungen der additiven Fertigung berücksichtigt. Aufgrund von hohen möglichen Eigenspannungen, wird eine Reduzierung der zu belichtenden Fläche pro Schicht angestrebt. Nach einer mechanischen Nachbearbeitung der äußeren Funktions- und Anschlussflächen ist die Integration in eine Technikumsanlage möglich. Die experimentelle Erprobung sieht zunächst die Validierung der Simulationsergebnisse anhand des ermittelten Druckverbrauchs vor. Hier zeigt sich eine gute Übereinstimmung zwischen Simulation und Experiment. Anhand von Farb- und Materialwechselversuchen kann zudem das simulativ berechnete, kürzere Verweilzeitspektrum bestätigt werden. Abschließend werden die mechanischen Folieneigenschaften mittels produzierter Folienproben untersucht. Durch die Auswertung der Zugspannungen und Bruchdehnungen kann ein direkter Vergleich der Produkteigenschaften gezogen werden, gleichzeitig äußern sich ungünstige Bindenahtausprägungen in reduzierten Festigkeitswerten. Die Ergebnisse zeigen eine sehr gute Übereinstimmung der Folieneigenschaften und belegen somit die Prozessfähigkeit der Werkzeuggeometrie. Es kann die erfolgreiche Integration von additiven Fertigungsverfahren in den Herstellungsprozess von Extrusionswerkzeugen nachgewiesen werden. Durch die bestehenden Freiheitsgrade ergeben sich neue Potenziale bei der Gestaltung von Werkzeugkomponenten, wodurch eine positive Beeinflussung des Verarbeitungsprozesses ermöglicht wird. Durch numerische Strömungssimulationen kann die Fließkanalauslegung unmittelbar an die komplexen Anforderungen von Kunststoffschmelzen angepasst werden. Die experimentelle Erprobung validiert diese Ergebnisse.
The extrusion die has a decisive role to play in shaping the product shape and complying with product requirements. The polymer melt flows through the flow channels and is transferred into the final product cross-section. The design of the flow channels directly influences the flow processes and ultimately the quality of the end product. At the same time, the design is dependent on a large number of requirements which, in addition to the material-specific and rheological properties of the polymer melt, also include manufacturing-related boundary conditions. The approach of the present work envisages the integration of additive manufacturing processes in the die design process. By neglecting the restrictions of conventional manufacturing processes, there is the possibility of developing "non-mountable" die geometries and thus adapting the flow channels as best as possible to the complex thermo-rheological requirements of melt-conveying channels. As part of the investigations, a new type of demonstrator die is being developed and tested for use in a blown film extrusion process. The basis of the development is the investigation of a common die solution for the production of films. Based on a spiral mandrel die, numerical flow simulations are used to identify phenomena that have a negative effect on process and product quality. On the basis of quantifiable evaluation criteria, the flow situation with regard to homogeneous wall shear stresses, mass flow and residence time distribution, as well as the characteristic distribution effect is examined and shown to what extent the results correlate with the production-specific design requirements. For the area of the primary distribution, an inhomogeneous mass flow distribution can be determined at the outlet of the feed bores, which is directly attributable to the design. The secondary distribution is characterized through a wide range of residence time at the die outlet because of the superimposition of circumferential and gap flow. Furthermore, the influence of the dissipative heating of the polymer melt and the heat conduction of the die components on the temperature balance of the assembly is analyzed by means of temperature-dependent flow simulations. Based on these results, recommendations for the design of extrusion dies are made. The design of the demonstrator die takes these recommendations into account. Due to the possibility of a free flow channel design, a primary distribution is developed which guarantees an identical flow history for the individual sub-channels. The point of division into partial flows is realized before the deflection in order to avoid inhomogeneous flow velocities along the cross section. Due to the manufacturing-related design freedom, a gentler deflection and distribution of the melt can be realized. These results can be quantified by comparing the wall shear stresses and the mass flow distribution. The design approach for the flow channel design is based on an optimization based on geometric parameters. It is proven that this promises a significant reduction in the calculation time with comparable results to numerical design approaches. When designing the secondary distribution, the focus is on the radial mixing of the melt flow in order to reduce the negative effects of the flow layers near the wall. These can be characterized as determining the residence time based on the examinations of the reference die. At the same time, the dissipative heating causes a build-up of heat in the area of the mandrel’s nozzle, as the heat cannot be sufficiently dissipated. A concept is being developed which ensures a homogeneous temperature profile at the outlet through the relocation of the melt layers. This is ensured by bridge geometries which could not be produced conventionally in this form. At the same time, the arrangement of the bridges is responsible for the later development of weld lines. To ensure mechanical strength, the distribution effect is estimated and the shaping of radial flow fronts is avoided by mixing around the circumference. In order to ensure the manufacturability of the die geometry, the design is based on the design guidelines for additively manufactured components. Nevertheless, the manufacturability is validated on the basis of test specimens on the basis of a preliminary investigation. In addition, the design of the assembly suitable for production is developed, which considers the specific process requirements of additive manufacturing. Due to the high possible internal stresses, the aim is to reduce the area to be exposed per layer. After mechanical reworking of the external functional and connection surfaces, integration into a pilot plant is possible. The experimental testing initially validates the simulation results on the basis of the determined pressure consumption. This shows a good correspondence between simulation and experiment. With the help of color and material change processes, the calculated, shorter residence time spectrum can also be confirmed. Finally, the mechanical film properties are examined using produced film samples. By evaluating the tensile stresses and elongations at break, a direct comparison of the product properties can be drawn; at the same time, unfavorable weld line characteristics are expressed in reduced values. The results show a very good match of the film properties for both die designs and thus confirm the process capability of the demonstrator die geometry. The successful integration of additive manufacturing processes into the manufacturing process of extrusion dies can be proven. The existing degrees of freedom result in new potential in the doolesign of diet components, which enables a positive influence on the manufacturing process. By means of numerical flow simulations, the flow channel design can be adapted directly to the complex requirements of polymer melts. The experimental testing validates these results.