Die Erfassung des bildungswissenschaftlichen Wissens im Lehramtsstudium : Konstruktion und Validierung des ESBW-Tests sowie die Untersuchung des Praxisschocks im Praxissemester

Das professionelle Wissen von (angehenden) Lehrkräften ist von großer Bedeutung in der akademischen Lehrkräftebildung. Dieses Professionswissen wird dabei vorherrschend in die Facetten Fachwissen, fachdidaktisches Wissen und pädagogisches bzw. bildungswissenschaftliches Wissen untergliedert. Insbesondere die Facette des bildungswissenschaftlichen Wissens, welches alle (angehenden) Lehrkräfte sowohl schulform- als auch fachunabhängig in gleicher Weise erwerben sollten, rückt vermehrt in den Fokus der Forschung. Die Bedeutsamkeit des bildungswissenschaftlichen Wissens wird in vielen Studien hervorgehoben, indem aufgezeigt wird, dass dieses unter anderem mit höherer Unterrichtsqualität (z.B. im Sinne von erfolgreichem Classroom Management, kognitiver Schüleraktivierung, lernförderlicher Feedbackkultur, positiver Lehrer-Schüler-Beziehung) sowie geringerem Belastungserleben einhergeht (u.a. Baumert et al., 2010; Hill, et al., 2005; Voss, et al., 2011; Darling-Hammond, Berry & Thoreson, 2001; Dicke et al. 2015). Befunde wie diese deuten auf den starken Einfluss des bildungswissenschaftlichen Wissens auf die Qualifizierung erfolgreicher Lehrkräfte hin, was die Notwendigkeit des Erwerbs sowie der Messung dieses Wissens hervorhebt und die Forderung nach einem validen und effizienten Testinstrument nahelegt. Ein solches Instrument kann dazu beitragen, institutionelle und individuelle Defizite sowie Optimierungsbedarfe zu untersuchen und zu identifizieren. Im Rahmen des vorliegenden Dissertationsvorhaben wird ein neu entwickeltes Testinstrument vorgestellt, welches zur Messung des bildungswissenschaftlichen Professionswissens von Lehramtsstudierenden entwickelt wurde. Das Konzept des pädagogischen Wissens, wurde dabei ergänzt um erziehungswissenschaftliches, psychologisches und soziologisches Wissen, das im Sinne bildungswissenschaftlichen Wissens über die reine Unterrichtsgestaltung hinausgeht und im Sinne der „Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften“ der Kultusministerkonferenz (KMK, 2019) definiert wird. Bereits bestehende Instrumente zur Messung des bildungswissenschaftlichen bzw. pädagogischen Wissens basieren auf unterschiedlichen Definitionen, Konzeptualisierungen und Operationalisierungen dieses Wissens. Anders als bisherige Testinstrumente zur Erfassung des bildungswissenschaftlichen Wissens, welche typischerweise mittels einer „Bottom-up-Strategie“ entwickelt wurden (z. B. anhand einer Delphi-Studie), wird dem neu entwickelten Instrument eine „Top-down-Strategie“ zugrunde gelegt. Die Grundlage des Instruments bilden dabei die KMK-Standards, sodass gemessen werden kann, inwiefern die Studierenden das Wissen erwerben, welches sie laut verbindlicher Vorgaben erwerben sollten. In Anlehnung an diese Standards besteht der Test aus den vier Kompetenzbereichen Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren. In einer Pilotierungsstudie weist das Instrument bei einer Stichprobe von Lehramtsstudierenden aller Fächer und Schulformen eine gute psychometrische Qualität auf und lässt sich statistisch sowohl ein- als auch vierdimensional modellieren, wobei die Items den Kompetenzbereichen der KMK-Standards zugeordnet wurden. Darüber hinaus zeigen die Items in beiden Modellen zufriedenstellende Fitwerte sowie Lösungswahrscheinlichkeit. Weiterhin zeigen sich theoriekonforme Zusammenhänge mit externen Variablen. So weisen Lehramtsstudierende in der Masterphase signifikant bessere Testergebnisse auf als Studierende in der Bachelorphase. In einer darauf folgenden vertiefenden Validierung mithilfe der Kurzversion des neu entwickelten Instrumentes wird neben der Überprüfung der faktoriellen Struktur, zur Replikation der Ergebnisse für die Langversion, auch die empirische Abgrenzung zu ähnlichen Testinstrumenten sowie die Messinvarianz bezüglich unterschiedlicher Gruppen von Lehramtsstudierenden untersucht. Die Ergebnisse bestätigen sowohl die faktorielle Struktur, indem sowohl eine ein- als auch vierdimensionale Modellierung eine gute statistische Passung aufweisen, als auch eine Trennbarkeit der untersuchten Instrumente mithilfe der Analyse von Strukturgleichungsmodellen. Darüber hinaus weisen die Ergebnisse auf eine partielle Messinvarianz sowohl bezüglich des Studienfortschrittes als auch der Art des schulformspezifischen Lehramtes hin.Neben der Konzeption und Validierung des neuen Testinstrumentes beschäftigt sich das vorliegende Dissertationsvorhaben außerdem mit der Beobachtung, dass Lehrkräfte zu Beginn ihrer Berufstätigkeit einem hohen Beanspruchungsniveau ausgesetzt sind. Als mögliche Ursachen werden hierzu ein mangelnder Praxisbezug im Studium sowie eine generell mangelnde Vorbereitung auf den Lehrerberuf kritisiert (Keitel, 2012; Stokking, Leenders, Jong & van Tartwijk, 2003). Bisherige Studien konnten für den Vorbereitungsdienst und auch für den Berufseinstieg jeweils zu Beginn einen Anstieg der emotionalen Erschöpfung feststellen (Dicke, Elling, Schmeck & Leutner, 2015; Dicke, Parker, Holzberger, Kunter & Leutner, 2015; Klusmann, Kunter, Voss & Baumert, 2012). Der Befund, welcher für diese Arbeit von besonderer Bedeutung ist, bezieht sich auf die festgestellte „Pufferwirkung“ des bildungswissenschaftlichen Wissens auf die emotionale Erschöpfung, denn je höher das bildungswissenschaftliche Wissen einer Lehrkraft ausfiel, desto geringer stieg die emotionale Erschöpfung an (Dicke et al., 2015; Klusmann et al. 2012). Daher werden in einer weiteren Studie dieses Dissertationsvorhabens die Befunde zur Erforschung der in der Praxis aufkommenden emotionalen Erschöpfung auf das Praxissemester im Lehramtstudium erweitert. In einem längsschnittlichen Design wird hier der Verlauf der emotionalen Erschöpfung während des Praxissemesters von Lehramtsstudierenden untersucht. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die emotionale Erschöpfung im Rahmen des Praxissemesters ebenso verhält wie im Vorbereitungsdienst und dem Berufseinstieg und dass dem bildungswissenschaftlichen Wissen eine positive Wirkung zugeschrieben werden kann.

(Prospective) teachers’ professional knowledge is of crucial importance in academic teacher education. This professional knowledge is predominantly composed of content knowledge, pedagogical content knowledge, and pedagogical or educational knowledge. In particular, the facet of educational knowledge, which all (prospective) teachers are supposed to acquire in the same way, independent of both the study program regarding school level and the teaching subject, is increasingly moving into the focus of research. The importance of educational knowledge is emphasized in many studies, which show that it is associated with higher quality of instruction (e.g. in the sense of successful classroom management, cognitive student activation, beneficial dealing with feedback, positive teacher-student rela-tionship) as well as with a lower experience of stress (e.g., Baumert et al., 2010; Hill, et al., 2005; Voss, et al., 2011; Darling-Hammond, Berry & Thoreson, 2001; Dicke et al. 2015).
Recognizing the impact of educational knowledge on the qualification of successful teachers, research calls for a valid and efficient instrument to assess educational knowledge. Such an instrument might help to investigate and identify institutional and individual deficits as well as needs for improvement. Although some instruments for measuring educational or pedagogical knowledge already exist, they are based on different definitions, conceptualiza-tions and operationalizations of this knowledge.
In the present dissertation, a newly developed test instrument will be presented, which was designed to measure the educational knowledge of teacher students. The concept of pedagogical knowledge has been supplemented by educational, psychological and sociolog-ical knowledge, which in the sense of educational knowledge goes beyond the mere design of lessons and is defined in terms of the national standards for teacher education concerning educational science (KMK, 2019). In contrast to previous test instruments for measuring educational knowledge, which were typically developed using a "bottom-up strategy" (e.g., in terms of a Delphi study), the newly developed instrument was developed following a "top-down strategy". The instrument is based on the KMK (2019) standards, so that it is possible to measure the extent to which teacher students acquire the knowledge that they are expected to acquire according to binding guidelines. Corresponding to the KMK standards, the test covers the four competence areas teaching, educating, assessing, and innovating. The items were subjected to an expert rating to verify their content validity. The instrument shows a good psychometric quality in a sample of student teachers of all subjects and school types in a pilot study. It can be statistically modelled both one- and four-dimensionally, whereby the items were assigned to the competence areas of the KMK standards. In addition, the items show satisfactory fit values and solution probabilities in both models. Furthermore, expected correlations with external variables are shown. For example, student teachers in the master program show significantly better test results than students in the bachelor program. For deeper validating the test instrument, the short version of the test was used in a subsequent study, together with another instrument for measuring educational knowledge. Results indi-cate that the factorial structure of the long version could be replicated: Both one- and four-dimensional modelling showed good statistical fit. Furthermore, the two instruments could statistically be distinguished from each other, and they seem to measure different aspects of educational knowledge. In addition, results indicate partial measurement invariance both in terms of study progress and in terms of type of study program regarding school level.  
Next to the conception and validation of the new test instrument, the present disserta-tion also focuses on the finding that teachers are exposed to a high level of stress at the beginning of their actual experience as an employed teacher. Possible reasons are criticized as a lack of practical relevance of university studies and a general lack of preparation for the teaching profession (Keitel, 2012; Stokking, Leenders, Jong & van Tartwijk, 2003). Studies have shown an increase in emotional exhaustion in the beginning of both the teacher prepa-ration phase and within the first year of actual experience as an employed teacher (Dicke, Elling, Schmeck, & Leutner, 2015; Dicke, Parker, Holzberger, Kunter, & Leutner, 2015; Klusmann, Kunter, Voss, & Baumert, 2012). The results of previous studies, which is of importance for this dissertation, relates to the fact that professional knowledge was shown to buffer the increase of emotional exhaustion: The higher the educational knowledge of a teacher is, the lower is the increase in emotional exhaustion (Dicke et al. 2015; Klusmann et al. 2012). In this dissertation, these findings on emotional exhaustion arising in practice are extended to the student teaching semester. In a longitudinal design, the course of emotional exhaustion during the student teaching semester is analysed. The results indicate that the partial measurement invariance both in terms of study progress and in terms of type of study program regarding school level.  
Next to the conception and validation of the new test instrument, the present disserta-tion also focuses on the finding that teachers are exposed to a high level of stress at the beginning of their actual experience as an employed teacher. Possible reasons are criticized as a lack of practical relevance of university studies and a general lack of preparation for the teaching profession (Keitel, 2012; Stokking, Leenders, Jong & van Tartwijk, 2003). Studies have shown an increase in emotional exhaustion in the beginning of both the teacher prepa-ration phase and within the first year of actual experience as an employed teacher (Dicke, Elling, Schmeck, & Leutner, 2015; Dicke, Parker, Holzberger, Kunter, & Leutner, 2015; Klusmann, Kunter, Voss, & Baumert, 2012). The results of previous studies, which is of importance for this dissertation, relates to the fact that professional knowledge was shown to buffer the increase of emotional exhaustion: The higher the educational knowledge of a teacher is, the lower is the increase in emotional exhaustion (Dicke et al. 2015; Klusmann et al. 2012). In this dissertation, these findings on emotional exhaustion arising in practice are extended to the student teaching semester. In a longitudinal design, the course of emotional exhaustion during the student teaching semester is analysed. The results indicate that the emotional exhaustion of students during the student teaching semester behaves in the same way as during the teacher preparation phase and during the first year of real teaching. Furthermore, educational knowledge can be shown to have a positive effect.

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