Stabilisierung von Quartärstrukturen von Proteinen durch supramolekulare Liganden

Der Verlust der Fähigkeit, Trimere unter physiologischen Bedingungen auszubilden, ist für HTRA1 pathologisch und wird mit der neurodegenerativen Krankheit CARASIL assoziiert. Dabei ist für die Bildung der Trimere eine Vielzahl von zwischenmolekularen Kräften notwendig, welche nur in der Summe zu so hohen Affinitäten für die Monomere führen. Bereits das Fehlen einer supramolekularen Bindung führt zu Gleichgewichtskonstanten für Monomor/Trimersysteme, bei denen mehr Monomer vorliegt. Als Folge sinkt die Aktivität von HTRA1 in diesen Mutanten. Ziel der Arbeit war es, eine erste Generation an Liganden zu synthetisieren, welche in der Lage sein sollten, brückenartig an die Monomere von Mutanten zu binden und die fehlenden zwischenmolekularen Kräfte zu ersetzen. Nach erfolgreicher Planung und Herstellung der Liganden sollten diese an HTRA1-Mutanten untersucht werden. Dabei sollte nicht nur der Aktivitätszustand, sonder auch der Trimerzustand untersucht werden. So können neue Erkenntnisse Entwicklungen von medizinischen Therapieansätzen für eine Klasse von Krankheiten unterstützen, für die es bis dato noch keine etablierten Therapien gibt. Als Ausgangsprotein wurde bei der Planung von HTRA1R274Q ausgegangen. Da in unmittelbarer Nähe der mutierten Aminosäure viele Carboxylate zu finden sind, wurde ein Carboxylatbinder als Erkennungseinheit gewählt. Die Wahl fiel dabei auf das Guanidiniocarbonylpyrrol, kurz GCP. Dieses hat in vergangenen Studien gute Bindungsaffinitäten selbst in protischen Lösungsmitteln wie Wasser aufgezeigt. Daher schien es für die Bindung von proteinogenen Carboxylaten in wässrigen Puffern ein geeigneter Kandidat. Das Design von GCP orientiert sich dabei an der Aminosäure Arginin, welche in HTRA1 an Position 274 selbst als Carboxylatbinder vorkommt. Durch eine passende Wahl an Scaffold und Linker konnten somit vier Liganden dargestellt werden. Das Aktivierungsverhalten aller Liganden gegenüber HTRA1-Mutanten wurde durch Aktivitätsassays untersucht. Dabei wurde die Geschwindigkeit von Wildtyp und Mutanten mit und ohne Liganden verglichen, bei der sie das Substrat β-Casein verdauen. Untersucht wurden dabei neben R274Q noch R166H und A173T. Alle drei Mutanten haben gemeinsam, dass sich die Mutation an der Kontaktfäche der Monomere befindet. Die Trimerisierung unter physiologischen Bedingungen ist gestört und resultiert somit in eine geringere Aktivität. Allgemein lässt sich sagen, dass alle Liganden, sofern getestet die drei monomeren Mutanten reaktivieren. Keiner der Liganden schafft es, die Aktivität auf das Niveau des Wildtyps zu heben. Zusätzlich ist eine deutliche Reaktivierung erst ab relativ hohen Konzentrationen von etwa 2.5 mM zu beobachten. Dies spricht für keine klare 1:1-Stöchiometrie zwischen den Liganden und einem Monomerübergang. Es ist eher davon auszugehen, dass zwei Monomere von mehreren Ligandmolekülen verbrückt werden. Alle Liganden senken die benötigte Zeit für den vollständigen Verdau des Substrats jedoch etwa um den Faktor 2 oder mehr. Durch die Unspezifität der unterschiedlichen Mutationen ist ebenfalls nicht davon auszugehen, dass einzelne, bestimmte Carboxylate explizit gebunden werden, sondern eine Vielzahl verschiedener Carboxylate auf der Oberfläche verbrückt werden. Um aufzuklären, ob die Reaktivierung auf eine Retrimerisierung zurückzuführen ist, wurden erfolgreich feldgradientenabhängige NMR-Selbstdiffusionsmessungen durchgeführt. Dabei wurden 1H-NMR-Spektren von Wildtyp und der Mutante R274Q jeweils mit und ohne Ligand bei unterschiedlichen Gradientenstärken aufgenommen. Durch geeignete Auftragung der Intensitäten unterschiedlicher Proteinsignale gegen die verwendeten Gradientenstärken konnten somit Diffusionskoeffizienten ermittelt werden. Diese stehen dabei in einer direkten Relation zum hydrodynamischen Radius und lassen somit Rückschlüsse auf die Trimerisierung zu. Die Präinkubation von 2.5 mM der Liganden mit 25 μM der Mutante zeigten bei der Vermessung einen deutlich erhöhten Anteil an Trimeren. Zwar konnte nicht eine vollständige Trimerisierung beobachtet werden, jedoch war der Anteil der Trimere deutlich größer als bei der Mutante alleine.
The loss of the ability to form trimers under physiological conditions is pathological for HTRA1 and is associated with CARASIL, a neurodegenerative disease. For the formation of trimers, a multiplicity of intermolecular forces is necessary. Only the combination of these forces leads to a high affinity for the monomers. Even the loss of only one of these supramolecular bridges induces equilibrium constants for monomer/trimer systems where monomers are the predominant species. As a result, the activity of HTRA1 is decreasing. The aim of this work was a synthesis of first generation ligands, which should be capable of binding the mutated monomers in a bridged fashion and therefore replace the missing supramolecular bridge. After synthesis, these ligands were investigated not only for their potential to reactivate HTRA1-mutants, but also for their capability of retrimerization. These results could lead to new insights for the development of medical therapies for a whole class of diseases, which lack well-established therapies so far. As a starting point, HTRA1R274Q was chosen. Since many carboxylates are within spitting distance of the mutation, a carboxylate receptor was chosen for binding. Therefore the guanidinio carbonyl pyrrole (GCP) was selected. In the past, this binding motif has shown reasonable affinities for carboxylates even in protic solvents like water. Therefore it is a suitable candidate for proteinogenic carboxylates in aqueous buffers. The design of GCP is geared towards arginine, an amino acid which acts as carboxylate binder at position 274 in HTRA1. Through a proper choice of scaffold and linker, four ligands were produced. The potential of activation of HTRA1 mutants from all ligands was investigated through digest assays. In doing so the digest rates of wild type and mutants of HTRA1 were compared in the absence and in the presence of ligand. As substrate, β-casein was used. Investigated mutants were R274Q, R166H and A173T. All three mutants share their mutation spot at the contact surface of the monomers. The trimerization under physiological conditions is disturbed, resulting in a lower activity. In general, all ligands reactivate the three monomeric mutants if tested. None of the ligands is capable of enhancing the activity back to wild type level. Additionally, a clear reactivation is visible only at quite high concentrations up to 2.5 mM. This does not speak for a well-defined 1:1-stoichiometry between ligand and protein. It is rather likely that two monomers are connected to each other by several ligand molecules. Every ligand lowers the time taken to digest the substrate at least about factor 2. Through the missing specificity and lack of discrimination between the different mutations, it is safe to assume that not one distinct chosen carboxylate is binding to the ligands, but rather that the ligands are binding to a multiplicity of different carboxylates at the protein surface. To clarify if the mechanism of the reactivation is an induced retrimerization, we performed field gradient dependent NMR self-diffusion measurements successfully. Therefore 1H-NMR-spectra of the wild type and of the mutant R274Q were performed both in the absence and in the presence of ligand. Through a suitable application of the intensity of different protein signals as a function of the used gradient strength, the diffusion coefficient was determined. The diffusion coefficient is related to the hydrodynamic radius and allows a conclusion of the trimer state. A preincubation of 2.5 mM ligand with 25 μM mutant shows a high amount of trimers, even though complete trimerization was not observed.

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