Bedarfsadaptiertes Belüftungskonzept für ein industrielles Belebtschlammverfahren mit hoher Stickstoffbelastung

Chemische Prozessabwässer weisen oft hohe Konzentrationen an Kohlenstoff (C) und Stickstoff (N) auf, die in ihrem Verhältnis zueinander starken Schwankungen unterlegen sind. Bei biologischer Reinigung dieser Abwässer in einem industriellen Belebtschlammverfahren spielt die effektive Entfernung eutrophierender Stickstoffverbindungen eine Schlüsselrolle für den Gewässerschutz Die industrielle Kläranlage C600 der Currenta GmbH & Co. OHG in Dormagen umfasst einen zweistufigen, voneinander räumlich getrennten, Abbau von C und N mit getrennten Schlammkreisläufen um die hohen Frachten an Kohlenstoff und Stickstoff zu entfernen. Dabei haben die Mikroorganismen der jeweiligen biologischen Stufe individuelle Anforderungen bezüglich ihrer Versorgung mit Sauerstoff und Kohlendioxid. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollte ein auf die biologischen Bedürfnisse angepasstes Belüftungskonzept entwickelt werden, welches unter Nutzung von Synergieeffekten zu höherer Prozesssicherheit und optimierter Entsorgungsleistung beiträgt. Im Fokus standen hierbei die biologischen Prozesse zur Stickstoffentfernung „Nitrifikation“ und „Denitrifikation“. Durch die Einführung eines internen Abluftrecyclings konnte eine höhere Denitrifikationskapazität und eine reduzierte Abluftemission für die Becken der C-Stufe erreicht werden. Das Konzept wurde in einem Betriebsversuch verifiziert und anschließend für die gesamte Stufe übernommen. Ein Einsatz von Reinsauerstoff in der Nitrifikation zeigte in kontinuierlich betriebenen Laborversuchen keine direkte Beeinträchtigung der biologischen Aktivität, jedoch konnte in einer weiteren Versuchsreihe eine massive Leistungs-beeinträchtigung durch Mangel an anorganischem Kohlenstoff (IC) festgestellt werden. Mit der Zufuhr von gasförmigem CO2 wurde diese Mangelsituation behoben und der biologische Prozess kann sogar ohne jegliche Zufuhr einer anderen Kohlenstoffquelle bei hohen Belastungen erfolgreich ablaufen. Durch mathematische Modellierung und die Etablierung von Infrastruktur zur optimierten Prozessüberwachung können nun kritische Werte bezüglich der IC-Versorgung von Nitrifikanten frühzeitig erkannt, und bei Bedarf durch die in dieser Arbeit vorgeschlagenen Konzepte gesteuert werden. Anhand der ausgewerteten Prozessdaten im Zeitraum 2012 bis 2018 wurde keine leistungsbeeinträchtigende IC-Limitierung festgestellt. Die hier dargestellten Ansätze könnten jedoch zur Optimierung anderer biologischer Stickstoffentsorgungsprozesse beitragen (z.B. Anammox und Sickerwasserbehandlung). Für einen geplanten Ausbau der großtechnischen Nitrifikationsstufe wurden relevante Abwasserparameter, die Einfluss auf den Stofftransfer zwischen Gas- und Flüssigphase nehmen, in Gasabsorptionsversuchen ermittelt. Entgegen dem allgemeinen Konsens, dass gelöste Salze zu einem starken Anstieg der Stoffübergangsrate beitragen, war dieser Effekt im Zulaufstrom der Nitrifikation nicht erkennbar. In diesem Fall wurden nichtionische Tenside als der Abwasserinhaltsstoff mit dem signifikantesten Effekt ausgemacht. Ein einjähriges Monitoring der Stoffübergangswerte zeigte, dass Stofftransportraten innerhalb eines gewissen Zeitraums sehr stark variieren und somit für industrielle Kläranlagen ein ausgedehntes Messprogramm notwendig ist um belastbare Auslegungsparameter für das Belüftungssystem zu generieren.
Chemical industry effluents are known to contain high concentrations of carbon and nitrogen in varying ratios. Biological nutrient removal in industrial wastewater treatment plants therefore poses a key-role for a sustainable protection of waterbodies. The industrial wastewater treatment plant C600 in Dormagen, Germany (Currenta GmbH & Co. OHG) comprises a two-step activated sludge process with a separated sludge cycle to treat high loads of carbon and nitrogen. The microorganisms of the respective steps have individual requirements towards their supply of oxygen and carbon dioxide. The aim of this project was the development of an aeration concept which is adapted to these biological requirements. Through the utilization of synergies within the existing aeration concept, the main objective was to increase process stability and performance of the nitrification and denitrification process. Off-gas recycling led to an increased denitrification capacity and reduced emitted off-gas volumes. After verification by full-scale trials, this concept was adopted for both basins of the carbon removal step in the treatment plant. Furthermore, the effect of pure oxygen aeration and inorganic carbon limitation was studied in continuously operated lab-scale trials. Pure oxygen aeration did not affect the biological activity of nitrifying organisms but a limited supply of inorganic carbon (IC) led to a severe decline in nitrification performance. By subsidiary aeration with gaseous CO2, performance issues were resolved and it was shown that a highly functioning nitrification process can be maintained even without any supply of organic carbon. Through mathematical modelling and the introduction of tools to track current IC-levels of the nitrification step, process monitoring was optimized in order to detect limiting conditions early. The suggested concepts of this work, verified by analysis of simulation data and process data, can contribute to a save and high-performing nitrification process. During the last six years however, performance impairment due to limiting IC-levels was not detected. Still, the acquired knowledge about process limitations and control could be applied to other biological nutrient removal processes e.g. anammox or leachate treatment. Due to a proposed expansion of the nitrification, gas-transfer experiments were conducted in order to identify relevant parameters that have to be considered in the design of a new aeration system. Contrary to the expected impact of the high salt concentrations in the nitrification influent benefitting mass transfer, a significant effect was not detected. In fact, nonionic tensides had the most significant effect on mass transfer values which were monitored over a period of one year. During that time, severe fluctuations in transfer rates were observed, leading to the conclusion that a comprehensive evaluation over longer periods of time is essential in order to determine reliable design parameters for an aeration system in industrial wastewater treatment.

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