Ist die industrielle Ausbildung ein Auslaufmodell?

Kurz gefasst

  • Die neue technische Revolution "Industrie 4.0" wird mit der Datenvernetzung über das Internet ein wesentlich effizienterer Rationalisierungshebel als die Automationstechnologien der Vergangenheit. Das bedeutet aber nicht das Ende qualifizierter Industriearbeit, der Bedarf an qualifizierten Fachkräften bleibt weiterhin hoch.
  • Gefahr für das berufliche Ausbildungssystem droht dagegen von der Angebotsseite des Arbeitsmarktes: Die Studienanfängerquote ist von 39 % im Jahre 2003 auf 58 % 2015 gestiegen. Der Arbeitsmarkt entwickelt sich deutlich konservativer. Zwar steigen die Qualifikationsanforderungen, aber der Anteil der hochqualifizierten Tätigkeiten, für die man einen akademischen Abschluss braucht, liegt in den OECD-Ländern nirgendwo über 25 % und damit deutlich unter den Quoten von Hochschulabsolventen.
  • Der Run auf die Hochschulen kann Unternehmen auf Dauer veranlassen, ihre Rekrutierungs- und Qualifizierungsstrategien zu verändern und damit das Potenzial der guten Bewerber für eine Berufsausbildung austrocknen. Die Konkurrenz zwischen beruflicher Bildung und dem Bachelorstudium, die bislang nur vereinzelt zu beobachten ist, wird sich verschärfen.
  • Das Image der beruflichen Ausbildung muss verbessert werden, denn die Wirtschaft ist für die neuen Herausforderungen mit gut beruflich ausgebildeten Fachkräften besser gerüstet als mit der angelsächsischen Kombination von Angelernten mit praktisch wenig erfahrenen Akademikern. Seit 20 Jahren werden in Deutschland die Berufe regelmäßig modernisiert. Diese kontinuierliche Verbesserung der Ausbildung muss auch die Leitschnur für die Einführung von Industrie 4.0 sein.
  • Die bisherigen Versuche, das Ansehen der Berufsausbildung zu verbessern, waren nur halbherzig, da wichtige Probleme, wie die Bezahlung, die Arbeitsplatzsicherheit und die im deutschen Qualifikationsrahmen verankerte Gleichstellung von Meistern/Fachwirten/Technikern mit den Absolventen von Bachelor-Studiengängen kaum thematisiert und in der Praxis nicht gelöst wurden.
  • Die Versprechen, die heute mit einer Berufsausbildung gegeben werden, wie gute Bezahlung, Sicherheit und Aufstiegsmöglichkeiten, müssen in der Praxis auch eingehalten werden, sonst orientieren sich die Jugendlichen anders.

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