Missbrauch von Leiharbeit verhindern

    Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales zum
  1. Gesetzentwurf der Bundesregierung – Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung, BT-Drucksache 17/4804.
  2. Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung, BT-Drucksache17/4804.
  3. Gesetzentwurf der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Gesetz zur strikten Regulierung der Arbeitnehmerüberlassung, BT-Drucksache 17/3752.
Zusammenfassung
Um den Missbrauch von Leiharbeit einzudämmen müssen gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt und die Dauer der Arbeitseinsätze begrenzt werden. Viele Unternehmen nutzen die gesetzlichen Möglichkeiten der Arbeitnehmerüberlassung aus um Löhne zu drücken. Dabei erhalten die Betriebe mit den schlechtesten Löhnen zum Teil noch Subventionen, da vielfach die geringen, nicht existenzsichernden Löhne aus den staatlichen Sozialkassen aufgestockt werden müssen. Nach der EU-Richtlinie zur Leiharbeit müssen die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen von Zeitarbeitskräften den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen vergleichbarer Stammarbeitskräfte entsprechen. Bei abweichenden tariflichen Regelungen ist der „Gesamtschutz“ von Leiharbeitskräften zu beachten.
Die Zahl der Leiharbeitskräfte in Deutschland lag im Oktober 2010 bereits bei über 900.000 und damit deutlich über dem bisherigen Höchststand vor der Krise. Die Bedingungen in der Branche haben sich drastisch verschlechtert, inzwischen arbeiten zwei von drei Leiharbeitsbeschäftigten zu Niedriglöhnen. Während Vollzeitbeschäftigte in im Durchschnitt 18,04 € brutto pro Stunde (2006) verdienen, erreichen Leiharbeitskräfte mit 9,71 € nahezu nur die Hälfte. Wegen der niedrigen Löhne müssen 11,5% aller Leihkräfte ergänzend Leistungen der Grundsicherung (Hartz IV) in Anspruch nehmen, fünfmal mehr als der Durchschnitt aller Beschäftigten. Die Kosten für diese Aufstockung betrugen nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit zwischen Juni 2008 und Mai 2009 rund 531 Millionen Euro.
Leiharbeit als Brücke in Beschäftigung und normale Arbeit funktioniert nicht: Aus den 2004 eingeführten Personal-Service-Agenturen erwartete man Übergänge von 50 Prozent und mehr, stattdessen gab es nur rund 7 Prozent Einmündungen in reguläre Beschäftigung. Wenn der Gesetzgeber die Brückenfunktion verbessern will, muss zum einen die Überlassungsdauer zeitlich begrenzt werden, damit die Zeitarbeit nicht zum Dauerzustand wird; zum anderen muss gleicher Lohn gezahlt werden, damit eine Übernahme von Leihkräften in dauerhafte Beschäftigung für den Entleiher betriebswirtschaftlich attraktiv wird.
Angesichts der Zahlen kann man nicht mehr von einer marginalen Nutzung von Leiharbeit in Deutschland sprechen. Zunehmend haben Unternehmen und auch öffentlich-rechtliche Einrichtungen eigene Verleiheinheiten gegründet, um Arbeitskräfte zu den niedrigeren Zeitarbeitstarifen beschäftigen zu können. Solche Personalkarusselle sollen durch die beabsichtigten Gesetzesänderungen begrenzt werden, indem Leihkräfte, die innerhalb von sechs Monaten wieder eingestellt werden, gleichen Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen erhalten.
Allerdings gelten die geplanten Schutzregelungen nicht für Auszubildende nach Abschluss ihrer Ausbildung sowie für Leihkräfte, die zuvor nicht beim Unternehmen beschäftigt waren. Missbrauch kann hier nur durch eine konsequente Umsetzung des Gleichbehandlungsgebots für alle Leihkräfte verhindert werden. Die angesichts der Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes zum 1.5. 2011 begrüßenswerten und mehr als überfälligen rechtlichen Änderungen zur Einführung eines Mindestlohns in der Leihbranche ersetzen nicht die notwendige, ausnahmslose Einführung des Equal Pay-Gebotes bei betrieblichen Einsätzen.
Die Weiterbildung von Leihkräften sollte durch einen Fonds verbessert werden, aus dem Weiterbildung in verleihfreien Zeiten finanziert wird. Der Fonds sollte von den Sozialpartnern paritätisch verwaltet und aus einer Umlage gespeist werden. Eine Begrenzung der Überlassungsdauer auf drei Monate ist zu restriktiv. Bei größeren Investitionsprojekten oder Personalvertretungen bei längerer Krankheit machen Höchstgrenzen von einem Jahr mit eng begrenzten Ausnahmen Sinn.
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