Stunden und nicht Beschäftigte entlassen - Kurzarbeit verlängern

Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales am 19. April 2010 zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD „Beschäftigte vor Arbeitslosigkeit schützen – Konditionen für Kurzarbeit verbessern“ (BT-Drs. 17/523)

    Zusammenfassung
  1. Die Finanzkrise hat die exportabhängige deutsche Wirtschaft besonders betroffen. Trotz des überdurchschnittlichen Rückgangs des Bruttoinlandsprodukts ging die Beschäftigung nur leicht zurück und der befürchtete Anstieg der Arbeitslosigkeit auf über 4 Millionen Personen blieb aus.
  2. Das deutsche Arbeitsmarktwunder ist vor allem auf einen Rückgang der Arbeitszeit der Beschäftigten zurückzuführen. Die Unternehmen haben in der Krise Stunden und nicht Beschäftigte entlassen. Neben Kurzarbeit haben die Unternehmen weitere Formen der Arbeitszeitverkürzung genutzt, wie Abbau von Überstunden und Guthaben aus Arbeitszeitkonten sowie vorübergehende Verkürzungen der Regelarbeitszeiten.
  3. Die Kurzarbeitsregelungen wurden als Beitrag zur Rettung der industriellen Substanz in einer Ausnahmesituation gesehen, und sind sicherlich eines der wirkungsvollsten Instrumente der Industriepolitik der letzten Jahre.
  4. Einige Ökonomen sprechen sich gegen eine Verlängerung von Kurzarbeit aus, da sie den notwendigen Strukturwandel behindere. Es gibt jedoch keine Anzeichen, dass wachsende Unternehmen aufgrund von Kurzarbeit nicht genügend Arbeitskräfte finden.
  5. Durch Kurzarbeit wird über die Krise hinweg Produktionspotenzial erhalten, so dass die Betriebe beim Eingang neuer Aufträge sehr schnell - ohne die mit dem Aufbau neuer Produktionsstätten oder Neueinstellungen - verbundenen Zeitverzögerungen die Beschäftigung erhöhen können.
  6. Für viele Betroffene werden die negativen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, wie der Verlustvon Qualifikationen oder psychische Belastungen, verhindert. Damit verringern sich nicht nur die Kosten der Krise für die einzelnen Beschäftigten, sondern auch für die Gesellschaft, die weniger Geld für Requalifizierung und Aktivierung sowie Arbeitslosenunterstützung aufbringen muss.
  7. Durch Kurzarbeit wird eine Überforderung der Arbeitspolitik vermieden. Wenn die Arbeitslosenzahlen schnell ansteigen, wachsen die Kapazitäten der Arbeitsämter nicht im gleichen Tempo. Damit verschlechtert sich die Qualität der aktiven Arbeitsmarktleistungen für den einzelnen Arbeitslosen, obgleich die Arbeitsmarktsituation das Gegenteil erforderte.
  8. Problematisch war allerdings, dass mit der Kurzarbeit nur Betriebe und nicht auch Beschäftigte gefördert wurden. Man hätte 2008 Beschäftigten die Möglichkeit einer Umschulung mit einem Unterhaltsgeld und einem Anrecht auf eine Beurlaubung gewähren sollen.
  9. Die Inkaufnahme von verleihfreien Zeiten ist ein typisches Risiko von Leiharbeitsunternehmen, das durch die Verrechnungssätze den Entleihern in Rechnung gestellt wird. Allenfalls die extreme Ausnahmesituation 2008/2009 rechtfertigte die Zahlung von Kurzarbeitergeld, nicht aber eine wirtschaftliche Entwicklung mit unterdurchschnittlichen Wachstumsraten.

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