F&E, Earnings Management und Zielpreise - Zur Relevanz aktivierter Entwicklungskosten für die Zielpreisexaktheit

Die vorliegende Dissertationsschrift beschäftigt sich mit den Auswirkungen aktivierter Entwicklungskosten auf den Prognosefehler von Zielpreisen (Aktienkursprognosen) durch Finanzanalysten. Die Rechnungslegungsstandards der IFRS gestehen der Unternehmensfüh-rung bezüglich der Aktivierung von Entwicklungskosten erhebliche Ermessensspielräume zu. Aus diesem impliziten Wahlrecht des IAS 38 ergibt sich die Problematik, dass die Aktivierung nicht - wie vom Standardsetter intendiert - für die glaubhafte Kommunikation wertrelevanter Informationen genutzt (Signaling), sondern auch zu Earnings Management-Zwecken missbraucht werden kann. Im Zuge einer ersten empirischen Analyse werden deutliche Hinweise dafür herausgearbeitet, dass Unternehmen, die Entwicklungskosten aktivieren, eine deutlich geringere Profitabilität aufweisen, häufiger defizitär wirtschaften und höher verschuldet sind als Unternehmen, die Forschungs- und Entwicklungskosten ausschließlich ergebnismindernd in der Gewinn- und Verlustrechnung ausweisen. Diese Ergebnisse werden als deutliche Hinweise darauf interpretiert, dass die Aktivierung von Entwicklungskosten bei einer Vielzahl von Unternehmen durch Earnings Management motiviert ist. Eine Aktivierung ist somit eher als Warn- und weniger als positives Signal zu deuten. In einer weiteren Analyse wird untersucht, ob Finanzanalysten in der Lage sind, dieses Muster theoriegerecht in ihre Analysen zu überführen. Interessanterweise zeigt sich, dass Finanzanalysten ihre Prognosen entgegen der Erwartungen für Unternehmen, die Entwicklungskosten aktivieren, nach Bekanntwerden dieser Informationen nicht nur anheben, sondern sie sogar stärker anheben als für Unternehmen, die Forschungs- und Entwicklungskosten ergebnismindern verbuchen. Dieses durchaus kontraintuitive Ergebnis wirft die Frage auf, ob Finanzanalysten die Implikationen einer Aktivierung von Entwicklungskosten in Gänze verstehen bzw. verstehen wollen. Aufbauend auf diesen beiden Teilergebnissen wird in einer dritten Analyse untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen aktivierten Entwicklungskosten und dem Prognosefehler von Zielpreisen durch Finanzanalysten besteht. Wie auf Grundlage der beschriebenen Teilergebnisse zu erwarten war, wird im Zuge einer multivariaten Regressionsanalyse gezeigt, dass ein statistisch und ökonomisch signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Höhe aktivierter Entwicklungskosten und dem Prognosefehler besteht. Je mehr Entwicklungskosten in der Bilanz aktiviert sind, desto höher fällt der Prognosefehler aus. Hinweise auf positive Effekte aktivierter Entwicklungskosten auf die Arbeit von Finanzanalysten über glaubhaftes Signaling konnten hingegen nicht dokumentiert werden.

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