Analytisches Problemlösen : Validität und Potenzialnutzung

Die Ergebnisse der PISA-Studie 2003 zeigen für Schülerinnen und Schüler in Deutschland geringere Kompetenzen in der Mathematik und den Naturwissenschaften, als aufgrund ihrer (fächerübergreifenden) analytischen Problemlösekompetenz zu erwarten wären. Diese Diskrepanz kann als mangelnde Ausschöpfung des beim analytischen Problemlösen offensichtlich werdenden kognitiven Potenzials zum Aufbau fachbezogener Kompetenzen interpretiert werden (Potenzialausschöpfungshypothese). Um dieses Potenzial zur Förderung fachbezogener Kompetenzen didaktisch nutzen zu können, müssen zuvor zentrale Aspekte der Validität der Modellierung der analytischen Problemlösekompetenz eingehender untersucht werden. In den ersten drei Studien der Arbeit werden daher Aspekte der faktoriellen, diskriminanten, prognostischen und inkrementellen Validität der Modellierung der analytischen Problemlösekompetenz untersucht. In der vierten Studie wird mit der Potenzialnutzungshypothese eine ergänzende Erklärung für die bei PISA gefundenen Ergebnisse geprüft, sowie die Bedeutung motivationaler und emotionaler Faktoren für erfolgreiches analytisches Problemlösen untersucht. Die Ergebnisse deuten auf eine dreidimensionale Struktur der analytischen Problemlösekompetenz hin, und liefern zudem weitere Belege für die empirische Trennbarkeit der analytischen Problemlösekompetenz von fluiden Fähigkeiten, sowohl querschnittlich als auch im Längsschnitt. Sie zeigen ferner, dass analytische Problemlösekompetenz geeignet ist, zukünftige Kompetenzen in der Mathematik und den Naturwissenschaften auch über den Effekt der fluiden Fähigkeiten hinaus vorherzusagen. Zusätzlich konnte im Sinne der Potenzialnutzungshypothese gezeigt werden, dass eine mathematische Kontexteinbettung von sowohl analytischen Problemlöse- als auch von Mathematikaufgaben einen negativen Effekt auf die Leistungen in diesen Aufgaben haben kann. Dies gilt insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit ungünstigen motivationalen und emotionalen Merkmalsausprägungen. Die Ergebnisse der Studien werden im Hinblick auf theoretische und praktische Implikationen sowie im Hinblick auf Limitationen und sich daraus ergebende Implikationen für zukünftige Forschung kritisch diskutiert.
Results from the PISA study 2003 show lower mean performances in mathematics and science for students in Germany than could be expected compared to their mean performance in (cross-curricular) analytical problem-solving. This discrepancy can be interpreted to the effect that students have a cognitive potential, which may not be fully exploited for the development of subject-related competencies (cognitive potential exploitation hypothesis). In order to make use of this potential to foster subject-related competencies, key aspects of the validity of the assessment of analytical problem solving competence have to be studied more profoundly. In the first three studies of this work, aspects of factorial, discriminant, prognostic, and incremental validity of the assessment of analytical problem solving are examined. In the fourth study, an additional explanation of the PISA results is introduced, the cognitive potential application hypothesis, and the significance of motivational and emotional factors for successful analytical problem solving are explored. The results point to a three-dimensional structure of analytical problem solving competence, and provide further evidence of the empirical distinction of analytical problem solving competence and fluid intelligence, in cross-sectional as well as in longitudinal perspective. Furthermore, the results show that analytical problem solving competence can predict future competencies in mathematics and science over and above fluid intelligence. In accordance with the cognitive potential application hypothesis, it was also demonstrated that a mathematical context embedding of analytical problem solving- as well as mathematics-tasks can have a negative effect on students’ performance in those tasks. This is especially pronounced for students with unfavorable motivational and emotional dispositions. The results of all four studies are critically discussed with regard to theoretical and practical implications as well as limitations and consequences for future research.

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