Epigentische Regulation der Chondrozytendifferenzierung

Während der enchondralen Ossifikation ist die geordnete Differenzierung von proliferierenden- zu hypertrophen Chondrozyten der entscheidende Schritt, der für das Auswachsen und die Länge des späteren Knochens verantwortlich ist. Zuerst bilden die Chondrozyten eine Knorpelzwischenstufe, die daraufhin durch Knochen ersetzt wird. Die Chondrozytendifferenzierung wird über ein komplexes Netzwerk von regulatorischen Molekülen, wie Transkriptionsfaktoren und Morphogenen, reguliert (Wuelling et al., 2013; Wuelling und Vortkamp, 2010). Bisherige Daten unserer Arbeitsgruppe zeigten, dass essentielle Transkriptionsfaktoren der Chondrozytendifferenzierung mit Histon-modifizierenden Enzymen interagieren und deren Aktivität regulieren (Wuelling et al., 2013). Weiterhin tritt im Verlauf der Chondrozytendifferenzierung ein globaler Anstieg der Histonacetylierung in vitro auf (Masterarbeit Thiesen A.M., 2012), doch die zugrundeliegenden epigenetischen Mechanismen sind bisher weitgehend unbekannt. Um die epigenetischen Veränderungen während der Chondrozytendifferenzierung zu untersuchen wurden proliferierende- und hypertrophe Chondrozyten mittels FACS (fluorescent activated cell sorting) aus den Skelettanlagen transgener Mäuse isoliert. Dazu wurden transgene Mäuse verwendet, die Yellow fluorescent protein unter Zelltyp-spezifischen Promotoren exprimierten. Ein ChIP-seq (Chromatin Immunopräzipitation mit anschließender Sequenzierung) Protokoll für geringe Zellzahlen wurde etabliert und das Chromatin sequenziert. Zur systematischen Analyse der Histonmodifikationen wurden sowohl aktivierende- als auch reprimierende Histonmodifikationen untersucht. Als Marker für transkriptionell-aktive Gene wurde die Kombination aus den vier aktivierenden Histonmodifikationen H3K4me3, H3K9ac, H3K27ac und H3K36me3 verwendet, für bivalente Gene H3K4me3 und H3K27me3, für reprimierte Gene H3K9me3 und H3K27me3 und zur Enhancer Detektion H3K9ac und H3K27ac (Wang et al., 2008). Die biologischen Replikate von proliferierenden- und hypertrophen Chondrozyten wiesen eine hohe Korrelation sowohl auf Read- als auch auf Gen-Ebene auf. Die Anzahl der Peaks und der damit detektierten Gene war für die aktivierenden Histonmodifikationen H3K4me3, H3K9ac und H3K36me3 in beiden Zelltypen nahezu identisch. In hypertrophen Chondrozyten war die Anzahl für die reprimierenden Histonmodifikationen stark und für H3K27ac leicht erhöht, was auf eine globale Zunahme der Histonacetylierung und –Trimethylierung während der Differenzierung hindeutet. Um epigenetische Veränderungen im Verlauf der Differenzierung besser beurteilen zu können, wurde eine ChIP-Sequenzierung von undifferenzierten embryonalen Stammzellen (ES) angefertigt und mit den Profilen der zwei Chondrozytenpopulationen verglichen. Die drei Zellpopulationen zeigten zum einen, die erwarteten Histonmodifikations-Profile für Gene, deren Expression bekannt ist und zum anderen, dass die vier aktivierenden Histonmodifikationen zur Identifizierung von exprimierten Genen genutzt werden können. Der Vergleich aller transkriptionell-aktiven Gene von proliferierenden und hypertrophen Chondrozyten, gemessen am simultanen Auftreten aller vier aktivierenden Histonmodifikationen zeigte eine signifikante Steigerung von Chondrozyten-spezifischen Gen Ontologie (GO)-Terms und Signalwegen in proliferierenden Chondrozyten, während in den hypertrophen Zellen Apoptose-Terms und die Zellzyklus Inhibitoren gefunden wurden. Der Vergleich von Genen, die in proliferierenden, aber nicht in hypertrophen Chondrozyten aktiv sind zeigte, dass die Trimethylierung von H3K27 zur Repression von vorher aktiven Genen dient. Außerdem zeigte eine genaue Analyse der aktivierenden Markierungen, dass die Abschaltung der Expression immer mit der Methylierung von H3K27 beginnt worauf dann die aktivierenden Markierungen sukzessiv abgebaut werden. Für die Aktivierung von Genen wurden zwei mögliche Mechanismen gefunden. Entweder wurden nur aktivierende Marker oder H3K4me3 in Verbindung mit dem reprimierenden H3K27me3 angereichert, womit die Gensequenz zur Transkription geprimt wird und im Folgenden alle anderen aktivierenden Histonmodifikationen akkumulierten. Die Analyse der H3K27ac-Markierung detektierte eine größere Anzahl an Enhancern in hypertrophen- als in proliferierenden Chondrozyten und ES-Zellen. Dabei waren in hypertrophen Chondrozyten mehr Enhancer als aktive Gene vorhanden. Dies lässt darauf schließen, dass mehrere Enhancer zur Aktivierung eines Genes benötigt werden. Die Lokalisation der Enhancer offenbarte eine Abnahme der Distanz zwischen Enhancer und Gen im Verlauf der Differenzierung. In proliferierenden- und hypertrophen Chondrozyten wurden nur 202 identische Enhancerregionen detektiert, wobei aber für 899 Gene in beiden Populationen ein Enhancer identifiziert wurde. Dies deutet darauf hin, dass die beiden Chondrozyten-Populationen unterschiedliche Enhancerregionen für die Regulation eines Gens nutzen. Interessanterweise zeigte die Korrelation von Enhancern und exprimierten Genen, dass Enhancer bereits in proliferierenden Chondrozyten markiert werden, obwohl das korrespondierende Gen erst in hypertrophen Chondrozyten aktiviert wird. Zudem trugen die Enhancer auch nach Abschaltung der Gene die H3K27ac-Markierung. Die gleichzeitige Trimethylierungen von H3K4 und H3K27 (bivalente Markierung) wurden bereits für Gene in ES-Zellen beschrieben, die zur Expression geprimt sind. Hier konnte gezeigt werden, dass die Expression von hypertrophen Chondrozyten-spezifischen Genen ebenfalls durch eine bivalente Markierung in proliferierenden Chondrozyten vorbereitet wird. Interessanterweise wurde ein erhöhtes Auftreten der bivalenten Markierung insbesondere in hypertrophen Chondrozyten detektiert. Neben der bekannten Feinregulation durch die bivalente Markierung wurde ein Langzeit-Mechanismus entdeckt, mit dem Entwicklungs-spezifische Gene dauerhaft reprimiert werden. In ES-Zellen und proliferierenden Chondrozyten diente H3K27me3 hauptsächlich der Regulation von bivalenten Genen, jedoch nahm die Anzahl an reprimierten Genen, unabhängig vom bivalenten Marker H3K4me3, im Verlauf der hypertrophen Differenzierung zu, was auf eine neue Funktion von H3K27me3 hinweist. Zusammenfassend konnte mit dieser Arbeit nicht nur die generelle Änderung der Histonmodifikationen während der Chondrozytendifferenzierung nachgewiesen werden, sondern es wurden grundlegende Histonmodifikations-Muster der Transkriptionsregulation entdeckt, die eine fundierte Grundlage für die weitere Forschung bilden.
Bones of the endochondral skeleton are formed via a cartilage template, which is replaced by bone tissue. To ensure correct bone formation, the differentiation from proliferating into hypertrophic chondrocytes needs to be controlled by a complex network of regulatory molecules. Furthermore, histone deacetylases (Hdacs) have been identified as regulators of chondrocyte differentiation. Data of our lab indicate that chondrocyte specific transcription factors interact with a subset of Hdacs in chondrocytes, thereby regulating their activity (Wuelling et al., 2013). Moreover, we could show that the global histone acetylation status increases during chondrocyte differentiation in vitro (Masterthesis Thiesen A.M., 2012). To receive deeper insight into the functional consequences of alterations in the histone code, epigenetic changes linked to chondrocyte differentiation were analysed. Towards this aim, proliferating and hypertrophic chondrocytes were isolated by FACS (fluorescence activated cell sorting) from transgenic mice, which express yellow fluorescent protein under cell type-specific promoters. A ChIP-seq (Chromatin immunoprecipitation followed by sequencing) protocol for small cell numbers was established and the chromatin was sequenced. For comprehensive analysis, activating- and repressing histone modifications were investigated. As a marker for transcriptional activation the four activating histone modifications H3K4me3, H3K9ac, H3K27ac, and H3K36me3 were selected, for bivalent genes H3K4me3 together with H3K27me3, for repressed genes H3K9me3 and H3K27me3 and for enhancer detection H3K9ac and H3K27ac (Wang et al., 2008). The data sets obtained from biological replicates of proliferating and hypertrophic chondrocytes displayed high correlation on read and gene level for each modification. The numbers of peaks for the activating histone marks H3K4me3, H3K9ac, and H3K36me3 were similar in both cell types. In contrast, hypertrophic chondrocytes exhibited a slight increase of the activating mark H3K27ac as well as a dramatic increase of repressive histone trimethylation marks. This indicates a global increase in histone acetylation and trimethylation during chondrocyte development. To gain insight into the epigenetic changes during cell differentiation, an embryonic stem cell (ES-cell) ChIP was implemented and compared to the two chondrocyte profiles. All three cell populations exhibited the expected histone modification profiles of genes with known expression pattern. Additionally, the comparison showed that all four activating histone modifications can be used to identify expressed genes. The comparison of activating marks identified chondrocyte-specific Gene Ontology (GO)-terms and signalling pathways in proliferating chondrocytes, as well as apoptotic terms and cell cycle inhibitors in hypertrophic chondrocytes. The analysis of genes, which were active in proliferating but not in hypertrophic chondrocytes revealed that H3K27me3 serves for the repression of genes. Furthermore, the detailed analysis of activating marks indicated that the termination of transcription always begins with the methylation of H3K27me3 followed by a gradual downregulation of the activating marks. For activation, two possible mechanisms were detected: On the one hand only activating histone modifications were increased. On the other hand, a combination of the activating mark H3K4me3 and the repressing mark H3K27me3 primed the gene, before further activating marks were enriched. For further analysis, active enhancers were detected by comparing H3K27ac and H3K9ac profiles. This revealed a high quantity of enhancers in hypertrophic chondrocytes in contrast to the number of active genes, suggesting that several enhancers are required for the activation of a single gene. In addition, the determination of enhancer locations indicated that the distance between gene and enhancer decreases during differentiation. Proliferating and hypertrophic chondrocytes shared only 202 identical enhancer regions, although 899 identical genes were activated through enhancers. This indicates that the two chondrocyte populations use different enhancer regions to regulate the same genes. Interestingly, the correlation of enhancers and active genes revealed that enhancers were already marked with H3K27ac in proliferating chondrocytes whereas the corresponding genes were first expressed in hypertrophic chondrocytes. Moreover, enhancers were still marked after transcriptional termination. The simultaneous appearance of H3K4me3 and H3K27me3 (bivalent mark) is known to prime genes for expression in ES-cells. In this thesis, the bivalent modifications also prime genes in proliferating chondrocytes for the expression in hypertrophic chondrocytes. Unexpectedly, our findings revealed a high abundance of bivalent genes in hypertrophic chondrocytes. In addition, our data indicate that bivalent gene regulation is not only fine-tuning gene activity but also acts as a long-term mechanism for the inactivation of developmental genes during cell differentiation. The analysis of all three cell types revealed an increase of bivalent genes during hypertrophic differentiation. In ES-cells and proliferating chondrocytes, H3K27me3 was required mainly for bivalent gene regulation. Beyond this, the number of repressed genes with H3K27me3 marks increased from proliferating to hypertrophic chondrocytes, independent of the bivalent marker H3K4me3, which indicates a new function of H3K27me3 during chondrocyte development. In conclusion, this work not only gives new insight into the changes in histone modification during the process of chondrocyte differentiation, but also detects new, general histone modification patterns linked to the regulation of transcription in differentiated cell types. These findings provide a promising basis for further research.

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