Identifizierung molekularer Mechanismen hypoxie-vermittelter Strahlenresistenz und neue Strategien zu deren pharmakologischer Modulation
Eines der ungelösten Probleme in der Krebstherapie ist die Resistenz solider Tumore gegenüber Bestrahlung. Hypoxie ist ein Faktor, der in vielen soliden Tumoren während der Tumorgenese auftritt und die maligne Progression sowie eine Resistenz gegenüber
Strahlen-‐ und Chemotherapie fördert. Somit ist es von großer Bedeutung die molekularen Mechanismen der Anpassungsreaktionen zu identifizieren, die durch chronisch-‐intermittierende Hypoxie induziert werden. So können neue therapeutische Zielstrukturen für die gezielte Sensitivierung hypoxischer bzw. chronisch-‐hypoxischer Tumorareale definiert werden, deren Modulation möglicherweise den Erfolg einer
Strahlentherapie verbessern könnte. Ausgangspunkt der vorliegenden Promotionsarbeit war die Beobachtung aus Vorarbeiten der Arbeitsgruppe, dass chronischintermittierende Hypoxie in NCI-‐H460 Lungenkrebszellen zu Anpassungsreaktionen führt, die möglicherweise eine verbesserte Schutzfunktion gegenüber ROS bedingen.
Diese Hypothese sollte in der vorliegenden Arbeit überprüft werden. Außerdem sollten die zugrunde liegenden Anpassungsmechanismen weiter aufgeklärt werden und die Möglichkeit einer Sensitivierung gegenüber Strahlentherapie durch metabolische Pharmaka validiert werden.
Die Untersuchung der adaptiven Veränderungen in den durch die chronischintermittierende Hypoxie selektionierten Lungenkrebszellen zeigte eine Resistenz der Hypoxie-‐selektionierten Zellen gegenüber Stress-‐ und Strahlentherapie-‐induzierter Apoptose, die mit einer verminderten ROS-‐Produktion unter Stressbedingungen und somit auch eine verbesserte Überlebensrate dieser Zellen nach Bestrahlung assoziiert war. Mit Hilfe von Microarray-‐Analysen konnten Genexpressionsveränderungen vor allem bei Genen der Glykolyse und Glutaminolyse sowie wichtiger ROSdetoxifizierender Enzyme festgestellt und mittels qPCR validiert werden.
Schließlich konnte gezeigt werden, dass durch die pharmakologische Modulation der Glykolyse und der oxidativen Phosphorylierung eine Sensitivierung Hypoxieselektionierter Lungenkrebszellen gegenüber Apoptose-‐ und Zelltod-‐Induktion unter Hypoxie erreicht werden konnte. Mit Hilfe der Elektronenmikroskopie konnte eine spezielle Anpassungsreaktion von Mitochondrien Hypoxie-‐selektionierter Zellen
nachvollzogen werden, die in einer Vergrößerung dieser Zellorganellen unter strenger Hypoxie resultiert. Dieser Phänotyp konnte durch den Einsatz von Bromopyruvat zerstört werden.
Außerdem wurde in dieser Arbeit die Veränderung der Glutaminolyse in Hypoxieselektionierten Zellen als ein Faktor für die verbesserte Schutzfunktion dieser Zellen gegenüber der reaktiven Sauerstoffspezies identifiziert. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, dass ein pharmakologischer Eingriff in die Glutaminolyse mit Aminooxyacetat
und durch einen pharmakologischen Eingriff in das Antioxidantsystem mit Piperlongumin in einer Erhöhung der verminderten ROS-‐ und Zelltod-‐Level der Hypoxie-‐selektionierten Zellen resultierte. Dieses zeigt, dass metabolischen Abhängigkeiten chronisch-‐hypoxischer Zellen dazu verwendet werden können, diese mit Hilfe von AOA und Piperlongumin gegenüber Bestrahlung zu sensitivieren.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden somit sowohl das Antioxidantsystem, als auch die Glutaminolyse in Hypoxie-‐selektionierten (anoxischen) NCI-‐H460 Zellen als neue Angriffspunkte für eine Kombinationsbehandlung mit Wirkstoffen und Bestrahlung
identifiziert. Die Erkenntnisse aus dieser Arbeit eröffnen dadurch neue Möglichkeiten zur Radiosensitivierung von chronisch-‐hypoxischen Tumoren.