Charakterisierung von Struktur und Adsorptionsgeometrie komplexer Biomoleküle mit oberflächenverstärkter Raman-Spektroskopie und 2D-Korrelationsspektroskopie

Die Wechselwirkung zwischen Biomolekülen und nanoskaligen Oberflächen kann zu Strukturänderungen und katalytischen Prozessen führen. Diese und andere mögliche Wechselwirkungen werden in dieser Arbeit mittels Raman-Spektroskopie und oberflächenverstärkter Raman-Spektroskopie (SERS) untersucht. Die notwendigen Grundlagen für das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Proteinen und Nanopartikeloberflächen werden dazu sukzessiv an kleineren Modellsystemen in aufsteigender Komplexität erarbeitet. Angefangen bei Versuchen zur Oberflächenfunktionalisierung wird der Effekt deutlich, dass die Konzentration einerseits einen Einfluss auf die Austauscheffizienz und andererseits auf die Adsorptionsgeometrie der Liganden hat. In weiterführenden Experimenten wird gezeigt, dass auch der über den pH-Wert steuerbare Ionisierungszustand dissoziierbarer Adsorptive nicht nur die Adsorptionsgeometrie stark beeinflusst, sondern auch katalytische Reaktionen initiieren kann. Der Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich unter Berücksichtigung der erarbeiteten Grundlagen mit der Wechselwirkung von Proteinen mit Nanopartikeln. Speziell hierfür wird Cystin als Modellsystem für Disulfidbrücken eingeführt. Dazu wird die Wechselwirkung des Cystins mit Nanopartikeln aus Silber und Gold umfangreich analysiert, um vor allem die chemische Lage des Gleichgewichtes proteinogener Disulfidbindungen auf Nanopartikeln abzuleiten. Die Disulfidbrücken dienen weiterhin als Marker für die Tertiärstruktur von Proteinen, um den katalytischen Einfluss der Nanopartikel auf die Proteindenaturierung zu demonstrieren. Bei den Experimenten mit dem Cystin-Modell stellte sich heraus, dass der natürliche Zustand einer Disulfidbrücke auf Nanopartikeln in der dimeren Form liegt, auch wenn sich dabei gewisse konformative Änderungen zeigen. Es scheint eher so, als wenn die Oberflächen der Nanopartikel die Umwandlung des monomeren Cysteins zu Cystin katalysieren, wie anhand der beobachteten Reaktionskinetik vermutet werden kann. Daher konnten die in den Proteinmessungen aus der Änderung des nativen CS-zu-SS-Intensitätsverhältnisses geschlossenen Brüche der Disulfidbrücken nicht auf einen chemischen Effekt zurückgeführt werden. Die Brüche der Disulfidbrücken wurden daher als Folge von konformativem Stress innerhalb der Polypeptidkette interpretiert, da dieser durch den ebenfalls auftretenden Verlust von Sekundärstruktur dokumentiert werden konnte. Weiterhin konnte durch die diskrete Konformationsanalyse von Proteinstrukturdaten, unter Berücksichtigung relativer Energien der Disulfidbindungen, die Bindungsbrüche individueller Disulfidbrücken im Proteingerüst demonstriert werden. Aus den gewonnenen Daten wurde abschließend ein allgemeiner Mechanismus für den Strukturverlust von Proteinen nach Adsorption auf nanoskalige Edelmetalloberflächen abgeleitet, der in Tab. E10 zusammengefasst ist. Die relativen Bindungsstärken der Sekundärstruktur aufbauenden Wasserstoffbrückenbindungen und der Tertiärstruktur stabilisierenden Disulfidbrücken sind dabei konsistent mit der Reihenfolge der mechanistischen Schritte. Die anisotropen Wechselwirkungen der nanoskaligen Oberflächen mit proteinogenen Seitenketten bewirken durch Konformationsänderungen mechanische Spannungen, die vermutlich Scherkräfte und den Bruch von Bindungen in der Reihenfolge aufsteigender Bindungsstärke verursachen. Im finalen Teil dieser Arbeit werden die Ergebnisse validiert, indem sie mit der gut bekannten thermischen Denaturierung verglichen werden. Dazu wurde die zweidimensionale Korrelationsspektroskopie (2DCOS) angewandt, um ebenfalls eine Sequenz der Denaturierungsschritte zu analysieren. Die dabei erhaltene Reihenfolge ist in guter Übereinstimmung mit der aus den Versuchen mit Nanopartikeln erhaltenen Denaturierungssequenz.

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