Methylierungsanalysen und Charakterisierung epigenetischer Regulationselemente bei Imprintingerkrankungen

Genomisches Imprinting ist ein epigenetischer Prozess, der zu einer monoallelischen elternspezifischen Expression bestimmter Gene führt. Die Prägung dieser Gene findet bereits in der jeweiligen elterlichen Keimbahn statt. Fehler bei diesem Prozess können zu Veränderungen von Genexpressionsmustern und somit zu Imprintingerkrankungen wie Angelman- oder Prader-Willi-Syndrom, Beckwith-Wiedemann- oder upd(14)pat-Syndrom führen. Die Rolle von cis- und transagierenden Faktoren bei diesen Prozessen ist bisher noch nicht vollständig aufgeklärt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden daher patientenbezogene Ansätze verfolgt, um z.B. epigenetische Regulationsmechanismen näher zu untersuchen. Dabei wurde unter anderem die hier etablierte Methode der hochquantitativen DNA-Methylierungsanalyse genutzt. Ein Kollektiv von AS- und PWS-Patienten mit Imprintingdefekt wurde mittels Affymetrix SNP Array 6.0 genomweit auf Kopienzahlveränderungen untersucht. Es konnten dabei jedoch keine relevanten Veränderungen in cis oder in trans beobachtet werden. Im Rahmen dieser Arbeit war es möglich, ein Kind mit multiplen Imprintingdefekten zu untersuchen. Erste Analysen zeigten, dass der Patient eine Häufung aberranter DNA-Methylierung an geimprinteten und nicht geimprinteten Loci aufweist. Elf Kandidatengene wurden mittels der hier etablierten hochquantitativen Hochdurchsatz-Bisulfitsequenzierung auf dem Roche/454 GS Junior näher untersucht. Nur das Gen FAM50B wies dabei eine allelspezifische Methylierung auf. Außerdem konnte bei zwei hier untersuchten Genen (TSPO und CHP2) durch Trennung der Allele beim Patienten gezeigt werden, dass beide parentalen Allele von den Methylierungsveränderungen betroffen sind. Dies weist darauf hin, dass es zu einem Fehler bei der Aufrechterhaltung der Methylierungsimprints gekommen ist. Weiterhin konnte in der vorliegenden Arbeit bei einer BWS-Patientin mit einer Hypermethylierung der ICR1 auf Chromosom 11p15.5 eine Deletion in cis identifiziert und molekulargenetisch charakterisiert werden. Die 2,2 kb große Deletion führt zum Verlust von drei der sechs CTCF-Bindestellen innerhalb der ICR1 und konnte auch bei drei gesunden Familienmitgliedern nachgewiesen werden. Bei dieser und fünf weiteren Familien mit unterschiedlichen ICR1-Mikrodeletionen wurden Methylierungsanalysen mittels Hochdurchsatz-Bisulfitsequenzierung durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass die 2,2 kb große Deletion mit einer leichten Hypermethylierung der verbliebenen CTCF-Bindestellen oder auch einer normalen Methylierung einhergeht. Bei Patienten mit 1,4 und 1,8 kb großen Deletionen, die zum Verlust von einer oder zwei CTCF-Bindestellen führten, zeigte sich hingegen eine starke Hypermethylierung. Die Ergebnisse dieser in vivo Methylierungsanalyse sowie weiterer in vitro Untersuchungen, stützen die zuvor postulierte These, dass die räumliche Anordnung der verbliebenen CTCF-Bindestellen die Bindung von CTCF und damit die Aufrechterhaltung des unmethylierten Zustands des maternalen Allels beeinflusst. Bei einer weiteren Familie mit BWS aufgrund einer Punktmutation einer der OCT4-Bindestellen innerhalb der ICR1 wurde die Methylierung mittels hochquantitativer Hochdurchsatz-Bisulfitsequenzierung untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass der Grad der Hypermethylierung über die Generationen hinweg zunimmt und mit der phänotypischen Ausprägung korreliert. Im Rahmen dieser Arbeit konnten bei zwei Patienten mit upd(14)pat-Syndrom Deletionen in der chromosomalen Region 14q32 mit einer Größe von 165 bzw. 5,8 kb identifiziert werden. Beide Deletionen führen dabei zum Verlust der MEG3-DMR, während die IG-DMR intakt bleibt. Die 5,8 kb große Deletion konnte auch bei einer ebenfalls betroffenen Schwester und der phänotypisch unauffälligen Mutter beobachtet werden, die diese Deletion im Mosaik auf ihrem paternalen Allel trägt. Wie erwartet konnten mittels Hochdurchsatz-Bisulfitsequenzierung bei allen Patienten nur methylierte Einzelsequenzen der MEG3-DMR detektiert werden. Bei der Mutter konnten aufgrund des Mosaikstatus der Deletion im Verhältnis weniger Einzelsequenzen vom methylierten paternalen Allel detektiert werden als vom unmethylierten maternalen Allel. Die IG-DMR hingegen zeigte, mit Ausnahme einiger bestimmter CpG-Dinukleotide, eine größtenteils normale Methylierung. Die hier gewonnenen Ergebnisse stützten die zuvor postulierte Hypothese der hierarchischen Interaktion der IG-DMR mit der ihr untergeordneten MEG3-DMR und liefern weitere Erkenntnisse über die heterogene Struktur der Methylierung an der IG-DMR.
Genomic imprinting is an epigenetic process leading to a monoallelic parent-of-origin specific expression of certain genes. The imprint of these genes is already set in the parental germline. Mistakes during this process can lead to changes in gene expression, and thus, to imprinting diseases like Angelman, Prader-Willi, Beckwith-Wiedemann or upd(14)pat syndrome. The role of cis- and trans-acting factors in these processes is not completely elucidated. In the work at hand, patient-based approaches were pursued to investigate these mechanisms of epigenetic regulation using state-of-the-art methods and a here newly established highly quantitative DNA methylation analysis. A group of AS and PWS patients with an imprinting defect was screened for genome-wide copy number variations using the Affymetrix SNP Array 6.0. No relevant changes in cis or in trans could be identified by this approach. As another part of this thesis a patient with multiple imprinting defects could be investigated. First analyses showed that the patient harboured an accumulation of methylation changes at imprinted and non-imprinted loci. Eleven candidate genes were chosen for further investigation via the here established deep bisulfite sequencing on the Roche/454 GS Junior system. Only the FAM50B gene exhibited allele-specific methylation. Furthermore, allele separation was possible for two genes (TSPO and CHP2) in the patient. The result showed that both parental alleles were equally affected by the methylation changes in the patient, pointing to a defect in imprint maintenance. Additionally in a BWS patient with an imprinting control region 1 (ICR1) hypermethylation on chromosome 11p15.5, a deletion in cis could be identified. Further analyses revealed that the 2.2 kb deletion leads to the loss of three of the six CTCF-binding sites within the ICR1, and it is also present in three healthy family members. Methylation analyses in this and five further families with different ICR1 microdeletions were conducted via deep bisulfite sequencing. The results showed that the 2.2 kb deletion can lead to a mild hypermethylation or a normal methylation of the remaining CTCF-binding sites in ICR1. In contrast, smaller 1.4 and 1.8 kb deletions that abolished only one or two CTCF-binding sites, respectively, led to a severe hypermethylation of the remaining sites within the ICR1. The results of this in vivo methylation analysis as well as further in vitro analyses support the previously postulated hypothesis that the spatial arrangement of the remaining CTCF-binding sites plays an important role in the binding of CTCF, and thus, in the maintenance of the unmethylated state of the maternal allele. In another family with BWS caused by a point mutation within an OCT binding site in the ICR1 methylation analyses were also conducted using deep bisulfite sequencing. It could be shown that the degree of hypermethylation increases over generations and correlates to the phenotypical outcome. As a further part of this thesis, two patients with a upd(14)pat syndrome caused by deletions within the chromosomal region 14q32 could be identified. The deletions have sizes of 165 kb and 5.8 kb and lead to loss of the MEG3-DMR, but the IG-DMR remains intact. The 5.8 kb deletion was also detected in the affected sister and in the phenotypically unremarkable mother, who carries the deletion in a mosaic state on her paternal allele. As expected, only completely methylated deep bisulfite sequencing reads could be obtained for the MEG3-DMR for all upd(14)pat syndrome patients. For the mother with the mosaic deletion, a smaller proportion of reads was obtained from the methylated paternal allele than from the unmethylated maternal allele. In all upd(14)pat patients the methylation at the IG-DMR was mostly normal with the exception of a few certain CpG dinucleotides. These results support the previously postulated hypothesis of a hierarchical interaction of the two DMRs where the IG-DMR governs the MEG3-DMR and yield new insights into the heterogeneous methylation at the IG-DMR.

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