Charakterisierung der Interaktion von HTRA1 und Calpain 2

In der vorliegenden Dissertation wurde die Interaktion von HTRA1 und Calpain 2 charakterisiert und deren potentielle physiologische Rolle analysiert. Die Proteasen HTRA1 und Calpain 2 zeigen beide vielfältige physiologische Funktionen. HTRA1 ist ein wichtiger Bestandteil der extrazellulären Proteinqualitätskontrolle, die Inhibierung von HTRA1 führt beispielsweise zur Akkumulation des mit der Alzheimer’schen Krankheit (AD, alzheimer’s disease) assoziierten Aβ Peptids (Grau et al., 2005). Auch intrazellulär ist HTRA1 in den Verlauf von AD involviert. HTRA1 ist dazu in der Lage das Mikrotubuli bindende Protein Tau und seine Aggregate zu proteolysieren (Tennstaedt et al., 2012). Intrazelluläre Tau Fibrillen und extrazelluläre Aβ Aggregate kennzeichnen AD (Crews & Masliah, 2010). Steigt die extrazelluläre Aβ Konzentration kommt es durch Aktivierung von NMDA (N-Methyl-D-Aspartat) Rezeptoren zu einem Calcium Einstrom in das Cytosol der Zelle. Dadurch wird Calpain 2 aktiviert, kann Tau proteolysieren und die entstandenen Produkte zeigen ein erhöhtes Potential zur Aggregation (Park & Ferreira, 2005). Außerdem aktiviert Calpain 2 verschiedene Kinasen, die durch Hyperphosphorylierung von Tau zur Aggregation von diesem und schließlich zur Apoptose führen können (Vosler et al., 2008). Eine Aktivierung von HTRA1 ist also wünschenswert, die Aktivierung von Calpain 2 ist dagegen ein negativer Faktor in von AD. Mit Hilfe eines sogenannten C-Terminus Screens konnte Calpain 2 als ein potentieller Interaktionspartner von HTRA1 identifiziert werden. Der C-Terminus Screen wurde in Kooperation mit dem Institut für medizinische Immunologie der Charité-Universitätsmedizin in Berlin durchgeführt und beinhaltete insgesamt 6223 Peptide, die den C-Termini des humanem Proteoms entsprechen. Für die Untersuchung der möglichen Interaktion beider Proteasen wurde Calpain 2 im Verlauf dieser Dissertation kloniert und die Proteinreinigung etabliert. In einem Pulldown-Assay konnte die Bindung von Calpain 2 an HTRA1 nachgewiesen werden. Nach der Vorinkubation beider Proteasen konnte in einer Größenausschlusschromatographie eine neue Proteinpopulation detektiert werden. Diese konnte bei Vorinkubation mit einer Mutante von HTRA1, der die PDZ-Domäne fehlt, nicht beobachtet werden. Die PDZ-Domäne von HTRA1 ist demnach essentiell für die Bildung des HTRA1 – Calpain 2 Komplexes. Durch Vergleiche mit bekannten HTRA1 und Calpain 2 Mengen konnte eine Stöchiometrie im Komplex von 1:1 abgeschätzt werden. Die molekulare Masse des Komplexes wurde mittels statischer Lichtstreuung nach Größenausschlusschromatographie, MALS-SEC (multi-angle light scattering with size exclusion chromatography), genauer analysiert. Der HTRA1 – Calpain 2 Komplex besitzt eine molekulare Masse von 535 ± 0,5 kDa. Der Komplex besteht wahrscheinlich aus einem HTRA1 Trimer (109 kDa), was der stabilen oligomeren Form von HTRA1 entspricht, und vier Calpain 2 Heterodimeren (je 104 kDa). Damit ergibt sich für den HTRA1 – Calpain 2 Komplex eine berechnete molekulare Masse von 525 kDa und eine Stöchiometrie von 3:4 (1:1,3). Des Weiteren wurde die Struktur des Komplexes mittels Transmissionselektronenmikroskopie untersucht. Die Partikel, die im Transmissionselektronenmikroskop detektiert werden konnten, wiesen eine Größe von etwa 18 x 15 x 11 nm auf. Die Längen eines Modells aus Röntgenkristallstrukturen eines HTRA1 Trimers zusammen mit vier Calpain 2 Heterodimeren stimmt mit diesen experimentell bestimmten Längen gut überein. Außerdem konnte festgestellt werden, dass der HTRA1 – Calpain 2 Komplex stabil ist, die Fraktionen des Komplexes der Größenausschlusschromatographie wurden vereinigt und nochmals chromatographisch aufgetrennt. Hier konnte nur der Komplex, nicht jedoch die einzelnen Proteine, detektiert werden. Der HTRA1 – Calpain 2 Komplex dissoziiert demnach nicht in seine Einzelkomponenten. Mittels Immunfluoreszenzfärbungen von HTRA1 und Calpain 2 konnte ebenfalls eine mögliche Kolokalisation und damit wahrscheinlich eine Komplexbildung beider Proteasen in HeLa und SH-SY5Y Zelllinien in vivo gezeigt werden. Eine Vorinkubation von HTRA1 und Calpain 2 führt zu einer deutlichen Aktivierung von HTRA1 nicht aber von Calpain 2. Es wurden pNA gekoppelte Peptide und das physiologisch relevante Substrat Tau sowie seine Fibrillen getestet. Massenspektrometrische Analysen der Proteolyseprodukte von Tau Fibrillen ergaben, dass der HTRA1 – Calpain 2 Komplex vor allem in der Repeat Regionen und der self assembly Region von Tau, die für die Aggregation verantwortlich ist, vermehrte Schnittstellen im Vergleich zu den einzelnen Proteasen zeigte. Der HTRA1 – Calpain 2 Komplex könnte in der Bekämpfung von AD eine Rolle spielen. Schon zu Fibrillen aggregiertes Tau könnte nach der Bildung des Komplexes schneller abgebaut und somit die Apoptose der Zelle verhindert werden.
The aim of this work was the characterization of the interaction of two proteases, the serine protease HTRA1 and the cysteine protease calpain 2. Both proteases are involved in various neurodegenerative diseases such as Alzheimer’s disease (AD). More specifically, HTRA1 is a key player in protein quality control. Inhibition of HTRA1 leads to an accumulation of extracellular Aβ, a hallmark of AD (Grau et al., 2005). Intracellular HTRA1 is known to degrade tau and its aggregates (Tennstaedt et al., 2012). Elevated concentrations of the extracellular Aβ lead to an activation of NMDA (N-methyl-D-aspartate) receptors followed by an influx of calcium ions into the cytosol. Consequently, calpain 2 gets activated upon increasing calcium concentrations. Calpain 2 is involved in AD by degrading tau and activating various kinases, which promote the aggregation of tau by phosphorylation and finally lead to apoptosis (Vosler et al., 2008). A screen involving a nonredundant set of 6223 decameric peptides, which correspond to the C-termini of all human proteins revealed candidate ligands of HTRA1 (cooperation with Institut für medizinische Immunologie, Charité-Universitätsmedizin, Berlin). The hits from this screen suggest that HTRA1 and calpain 2 might interact. To test this hypothesis human calpain 2 and its small human subunit were expressed in E. coli and the calpain 2 heterodimer was purified. Interaction of HTRA1 and calpain 2 could be demonstrated by using pulldown-assays. Moreover, incubation of the calpain 2 heterodimer with HTRA1 resulted in the formation of a stable complex as detected by size exclusion chromatography. The formation of the HTRA1 – calpain 2 complex was probably mediated via the PDZ domain of HTRA1 due to the fact that PDZ-less HTRA1 failed to form a complex. The complex was stable after reinjection as it did not dissociate into the single components. 1:1 stoichiometry of the HTRA1 – calpain 2 complex was determined. Detailed analysis of the molecular weight of this complex was performed via multi-angle light scattering in combination with size exclusion chromatography (MALS-SEC). This analysis revealed a size of 535 ± 0,5 kDa. The formation of the protease complex was additionally confirmed via a negative staining technique using transmission electron microscopy whereby particles of similar size were detected. A model was introduced based on the parameters molecular weight, stoichiometry and the size of the particles. It consistent of four calpain 2 heterodimers, each 104 kDa, bound to one HTRA1 trimer (109 kDa). The calculation of the complex model showed a molecular weight of 525 kDa and a stoichiometry of 3:4 (1:1,3) and with that confirmed the obtained data. By using immunofluorescently labeled HTRA1 and calpain 2 a possible colocalization in HeLa and SH-SY5Y cells could be demonstrated. Further, digestion assays suggested that the formation of the protease complex increases the activity of HTRA1. Additionally, the use of mass spectrometry indicated more proteolysis sites in the repeat region of tau fibrils. This protease complex could play an important role in various diseases, especially in AD. Calpains are known to be an aggravating factor in AD and HTRA1 is implicated in the digestion of pathogenic aggregates like tau, therefore this protease complex where HTRA1 is activated by calpain 2 could be beneficial to cell survival.

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