Der Einfluss von Fachkulturen auf den E-Learning-Einsatz in der Lehre an Fachhochschulen

Um Studierende besser an die Anforderungen des Berufslebens heranzuführen, wurden und werden Studiengänge im Rahmen des Bologna-Prozesses stärker auf „Learning Outcomes“ ausgerichtet. Ziel ist es, dass Studierende umfassende berufliche Handlungskompetenzen entwickeln. Diese Neuausrichtung erfordert eine Veränderung von bestehenden Lehr- und Lernkulturen mit mehr Fokus auf die Lernprozesse der Studierenden statt auf reine Vermittlung von Fachinhalten. Mediengestützte Lehre bzw. E-Learning bietet einige Potentiale, um Lernprozesse besser zu unterstützen und Studierende mehr an Lehr-Lernszenarien aktiv partizipieren zu lassen. Die entscheidende Rolle bei der Veränderung der Lehr- und Lernkulturen und der nachhaltigen Verankerung von studierendenzentrierten E-Learning-Angeboten nehmen die Lehrenden an Hochschulen ein. Die Dissertation beschäftigt sich mit der Frage, an welcher Stelle eine Lehr-Lernkulturveränderung an dem Hochschultyp Fachhochschule ansetzen kann. Erste Hinweise deuten auf die Fachdisziplin der Lehrenden als relevanten Einflussfaktor auf die Lehr-Lernkultur hin. Dazu wird im ersten Schritt eine Analyse der organisationalen Rahmenbedingungen sowie speziellen Organisationskultur an Hochschulen im Allgemeinen und an Fachhochschulen im Speziellen auf Basis bestehender Theorien und Forschungsdaten vorgenommen. Eine Befragung von Fachhochschulprofessoren zeigt, dass grundsätzlich Lernprozesse und Bedürfnisse von Studierenden in der Lehre an Fachhochschulen berücksichtigt werden. Es existieren aber bisher wenig E-Learning-Angebote mit einer aktiven Beteiligung von Studierenden. Größtenteils bestehen E-Learning-Angebote in Form von Dateidistribution. Mittels des Fachkulturmodells von Becher wird der Frage nach dem Einfluss fachdisziplinärer Wissensstrukturen, Erkenntnismethoden und Sozialformen auf die mediengestützte Lehrpraxis in der weiteren Analyse der Befragung nachgegangen. Es zeigt sich, dass in den sogenannten weichen Wissenschaften wie Sozial- und Geisteswissenschaften eine ausgeprägte Studierendenzentrierung vorherrscht, die sich ebenfalls in E-Learning-Angeboten mit aktiver Beteiligung von Studierenden zeigt. In den sogenannten harten Wissenschaften wie Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften hingegen ist eine Konzentration auf Fachinhalte und E-Learning-Angebote mit eher passiver Rolle der Studierenden vorwiegend vorhanden. Als stärkster Einflussfaktor auf die Studierendenzentrierung bzw. die Konzentration auf Fachinhalte erweist sich allerdings das Lehrveranstaltungsformat, wenn man nur den Präsenzanteil von Lehrveranstaltungen betrachtet. In Seminaren liegt der Fokus stärker auf der Studierendenzentrierung während in Vorlesungen, Übungen und Praktika die Vermittlung von Fachinhalten vorherrscht. Für den mediengestützten Anteil von Lehrveranstaltungen bleibt allerdings die Fachdisziplin der stärkste Einflussfaktor. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Veränderungsmaßnahmen zur Etablierung studierendenzentrierter E-Learning-Angebote an den fachdisziplinär geprägten Denk- und Handlungsweisen der Fachhochschulprofessoren ansetzen müssen, um erfolgreich zu sein.
To better introduce higher education students to the demands of their forthcoming professional career studieprograms were and are transformed to concentrate on "learning outcomes" as part of the Bologna process. The objective is that students develop comprehensive professional action competence. This new objective requires a change of existing teaching and learning cultures with more focus on the learning processes of students rather than on just presenting information and transmitting knowledge. Media-supported teaching or in other terms e-learning offers some potential to support learning processes better and to let students participate more actively in teaching and learning scenarios. The key role in changing the teaching and learning cultures and establishing sustainable student focused e-learning offerings is taken by the teaching staff in higher education. The thesis deals with the question where to start changing the culture of teaching and learning in German universities of applied sciences, the "Fachhochschulen". First indications point to the discipline of the teaching staff as a relevant factor influencing the culture of teaching and learning. The first step consists in an analysis of the organizational fundamentals as well as the special organizational culture in higher education in general and at the universities of applied sciences in particular based on existing theories and research data. A survey of professors at a university of applied sciences shows that, in principle learning processes and students needs are taken into account in teaching at universities of applied sciences. However, there are only a few e-learning offerings including an active participation of students. Most e-learning offerings contain only file distribution. Using the disciplinary culture model of Becher the influence of disciplinary knowledge forms, methods of acquiring knowledge and social forms on media-supported teaching practice is investigated in the further analysis of the survey. In the so-called soft sciences such as social sciences and humanities student focused teaching is predominant which also shows up in e-learning offerings including active participation of students. In the so-called hard sciences such as natural sciences, engineering and economics, however, teaching is characterized mainly by a focus on subject content and e-learning offerings which imply a more passive role of students. In search of the strongest influencing factor on media-supported teaching practice the results show that considering only the non e-learning part of student focused teaching respectively content focused teaching the lecture format proves to be the strongest factor. In seminars student focused teaching reaches quite high values while in lectures, exercises and practical training the focus is more on transmitting knowledge and presenting information. Concerning only the e-learning part of courses the discipline remains of the strongest influencing factor. The results suggest that measures to establish student focused e-learning offerings should be oriented on the disciplinary shaped thinking and behavior of professors at universities of applied sciences to be successful.

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