Integration von Menschen mit niedrigem sozioökonomischem Status in Präventionsangebote der Gesetzlichen Krankenversicherung durch den Hausarzt

Ziel der vorliegenden Studie war es, die Haltung der Hausärzte in Essen bezüglich der Prävention bei sozial Benachteiligten zu untersuchen. Die Bedeutung der Prävention wächst generell in unseren Gesellschaften, da vielen der chronisch-degenerativen Erkrankungen, die eine Folge des modernen Lebenswandels sind, vorgebeugt werden kann und deren Auftreten sich zumindest zeitlich verschieben lässt. Der Präventionsbedarf besteht in allen sozialen Schichten, er kumuliert jedoch bei Menschen mit niedrigem Sozioökonomomischem Status (SES). Hier wird eine gesundheitliche Ungleichheit beobachtet, die an einem höheren Erkrankungsrisiko einerseits und einem höheren Risiko, vorzeitig zu versterben, andererseits deutlich wird. Den Hausarzt in diese Thematik stärker einzubinden ist ein neuer Ansatz zur Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit, der eine Erweiterung des klassischen Rollenverständnisses des Hausarztes von einem Experten für Krankheiten hin zu einem Ansprechpartner in Gesundheitsfragen erfordert. <br> Die Integration von Menschen mit neidrigem SES in Präventionsangebote der GKV stellt eine niedrigschwellige Option zur Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit durch den Hausarzt dar. Es handelt sich um eine Querschnittsstudie an Essener Hausärzten, die unter Koordination des Instituts für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (IMIBE) durchgeführt wurde. Im Rahmen eines Methodenmixes kamen sowohl qualitative, als auch quantitative Verfahren zur Befragung von vier Experten und 229 Hausärzten zur Anwendung.<br> Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Hausärzte dem Thema der Prävention eine große Bedeutung beimessen und gegenwärtig weniger Prävention leisten, als es ihrem eigentlichen Wunsch entspricht. Auch die bereits bestehenden GKV-Präventionsangebote werden von der Mehrheit der Hausärzte akzeptiert und den Patienten regelmäßig empfohlen. In den Ergebnissen schlägt sich das in Essen bestehende Nord-Süd-Gefälle signifikant nieder und bei den Beratungen zur Gesundheitsvorsorge variiert die Einschätzung des eigenen hausärztlichen Einflusses je nach SES: Der Einfluss auf Menschen mit niedrigem SES wird dabei als geringer eingeschätzt, als der Einfluss auf Menschen mit höherem SES. <br> Als drei Haupterschwernisse der hausärztlichen Prävention wurden 1. der Zeitfaktor, 2. die finanziellen Rahmenbedingungen und 3. eine fehlende Patientenmotivation identifiziert. Potentielle Unterstützung bieten neben strukturellen Veränderungen, wie einer Abrechnungsfähigkeit von primärpräventiver Gesundheitsberatung, die Förderung und Vertiefung von Themen der Prävention im Medizinstudium und im Rahmen von Fortbildungen sowie letztlich die Stärkung der Kommunikationskompetenz. <br> Die Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass Hausarztpraxis und Hausarzt mit Blick auf die Prävention, insbesondere bei Menschen mit niedrigem SES, ein wertvolles Potential besitzen, das in Zukunft stärker ausgeschöpft werden kann.

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