Untersuchungen zu den Volumenersatzlösungen Ringer und Ringer-Laktat sowie den Schutzstoffen Glycin, Pyruvat, Resveratrol und Deferoxamin/LK 614 im schweren hämorrhagischen Schock der Ratte

Zusammenfassung<br><br> Die Zusammensetzung der initial für die therapeutische Volumensubstitution im hämorrhagischen Schock einzusetzenden Infusionslösung ist seit Jahrzehnten ein kontrovers diskutiertes Thema in der Notfallmedizin. Bisher existiert keine, in Notfallsituationen direkt verfügbare Infusionslösung, die sowohl eine nachhaltige Volumensubstitution, eine verbesserte O2-Versorgung als auch eine Verminderung der schockbedingten Organschädigung gewährleisten kann. <br> In der vorliegenden Arbeit wurde zuerst ein Rattenmodell etabliert, um einen möglichst schweren hämorrhagischen Schock und die sich anschließende Volumensubstitutionsphase möglichst reproduzierbar, effektiv und klinisch realistisch simulieren zu können. Hierzu wurde eine Schockdauer von 45 bzw. 60 Minuten bei einem mittleren arteriellen Blutdruck von 25-30 mmHg, eine Volumensubstitutionszeit von 30 Minuten und eine anschließende Beobachtungszeit von 150 Minuten gewählt. Dieses Modell erwies sich als gut reproduzierbar, lebensbedrohlich schwer und klinisch realistisch. <br> Unter Verwendung dieses Modells wurde anschließend die therapeutische Qualität von Ringer- und Ringer-Laktat-Lösung als Volumensubstitutionslösung, jeweils mit und ohne Zugabe paralleler Transfusion des Eigenblutes, verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass Ringer-Lösung im Vergleich zu Ringer-Laktat-Lösung eine bessere Organprotektion und eine verlängerte Überlebensdauer der Ratten gewährleistete. Insbesondere die Niere und der Dünndarm wurden bei der Volumensubstitution mit Ringer-Lösung vergleichsweise weniger geschädigt.<br> Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurde anschließend in Versuchen mit Ringer-Lösung und Blut zur Volumensubstitution der therapeutische Effekt der Schutzstoffe Glycin (15 mg/kgxh), Pyruvat (50 mg/kgxh), Resveratrol (60 µg/kgxh) und Deferoxamin + LK 614 (2,5 mg/kgxh Desferal + 0,5 mg/kgxh LK 614), auf die Restitutionsphase und die anschließende Beobachtungsphase untersucht. Wie zu erwarten war, konnten nicht anhand aller Schädigungsparameter Schutzeffekte nachgewiesen werden. So wurde durch alle Schutzstoffe der Hämoglobingehalt im Nierengewebe und die Aktivität der Kreatinkinase im Plasma signifikant vermindert. Bezüglich der Protektion des Dünndarms zeigten vor allem Glycin und Deferoxamin + LK 614 deutliche Schutzeffekte, während die Azidose während und nach der therapeutischen Volumensubstitution durch Pyruvat signifikant vermindert wurde. Hinsichtlich der histologischen Organbefundung zeigten Glycin, Pyruvat und Resveratrol sehr gute Effekte auf das Nierengewebe und Glycin und Pyruvat ebenso auf das Lebergewebe. Aufgrund dieser erfolgversprechenden Ergebnisse wurden alle eingesetzten Schutzstoffe für die anschließenden Versuche mit Kombinationslösungen berücksichtigt. In dieser abschließenden Versuchsserie wurde untersucht, ob die Kombination von Deferoxamin/LK 614 + Glycin, Deferoxamin/LK 614 + Pyruvat, Deferoxamin/LK 614 + Resveratrol und Glycin + Pyruvat zu synergistischen Schutzeffekten führt. Hierbei zeigten sich durch den Einsatz der Kombinationslösungen kaum synergistische Effekte. Durch die im Rahmen dieser Arbeit erzielten Ergebnisse ist ein Grundstein gelegt, um in absehbarer Zeit die Erstversorgung von Patienten mit hämorrhagischem Schock zu optimieren. Beruhend auf diesen Ergebnissen ist jedoch weitere Forschungsarbeit nötig, um eine klinisch einsetzbare Protektionslösung zu entwickeln. Dabei müssen allerdings stets mögliche Nebenwirkungen und die Einsetzbarkeit der Lösung in Notfallsituationen im Auge behalten werden.
Summary<br><br> The fluid composition used for the early resuscitation in hemorrhagic shock is a controversly discussed issue in emergency medicine since decades. Up to now, there exists no resuscitation fluid that is available in emergency situations which also ensures a lasting blood substitution as well as an increased oxygen supply and a reduction of shock induced organ injury. <br> In this study a new rat model was established that simulates a severe hemorrhagic shock and the following resuscitation most reproducibly, effectively and clinically relevant. For that, a shock duration of 45 or 60 min with a mean arterial blood pressure of 25-30 mmHg, a resuscitation of 30 min and a following observation period of 150 min were chosen. This model proved to be reproducible, life-threatening severe and clinically realistic.<br> In this model, the therapeutic quality of Ringer- and lactated Ringer-solution as resuscitation fluid, with or without transfusion of the shed blood, was compared. In this comparison Ringer-solution ensured an increased protection of the organs and a prolonged survival of the animals. Especially the kidney and the small intestine were less injured after resuscitation with Ringer-solution.<br> Based on these results, the therapeutic effect of the protective substances glycine (15 mg/kgxh), pyruvate (50 mg/kgxh), resveratrol (60 µg/kgxh) and deferoxamine + LK 614 (2,5 mg/kgxh deferoxamine + 0,5 mg/kgxh LK614) during the resuscitation and the observation period were examined. These experiments were performed with a resuscitation fluid of Ringer-solution and shed blood. As expected, protective effects could not be observed in all parameters, but all substances significantly lowered the hemoglobin content of the kidney as well as the activity of the creatinekinase in the plasma. Concerning the protection of the small intestine glycine and deferoxamine + LK 614 showed remarkable protective effects, while acidosis during and after resuscitation was significantly reduced by pyruvate. Regarding the histological parameters glycine, pyruvate and resveratrol showed protective effects on the kidney tissue and glycine and pyruvate as well on the liver tissue. Due to these promising results, all substances were used in combined solutions in the following experiments. In this final series of experiments, potential synergistic effects of the combinations deferoxamine/LK 614 + glycine, deferoxamine/LK 614 + pyruvate, deferoxamine/LK 614 + resveratrol and glycine + pyruvate were examined. Here, the combined solutions showed hardly any synergistic effects. <br> The results of this work will help to optimize first aid for patients in hemorrhagic shock in the future. However, there is still more research needed to establish a clinically usable solution, in which adverse side effects as well as the versatility in emergency situations should always be in focus.

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