Evaluation der ambulanten Nachsorge forensischer Patienten (§ 63 StGB) in Nordrhein-Westfalen

In der vorliegenden Studie wurde die ambulante Nachsorge forensischer Patienten, die im Bundesland Nordrhein-Westfalen in den Jahren 2002 bis 2006 aus einer Unterbringung gemäß § 63 StGB in Freiheit entlassen (§§ 67d Abs. 2, 6 und 67b StGB) wurden, evaluiert. Dazu wurden an 21 Ambulanzstandorten umfangreiche Daten zum Nachsorgeverlauf von 115 forensischen Patienten erhoben. Für weitere 110 Patienten, die ihre Zustimmung zur Teilnahme nicht erteilten, konnten anhand der Registereintragungen Daten zur Deliktrückfälligkeit ermittelt werden. Mittels eines Vergleichs der erfolgreich rehabilitierten mit den gescheiterten Patienten wurde schließlich der Fragestellung nachgegangen, ob sich poststationäre Prognosefaktoren extrahieren lassen, mit deren Hilfe das Risikomanagement und damit die Professionalisierung forensischer Nachsorge weiter verbessert werden könnten. Anhand zahlreicher Kasuistiken wurden typische Problemkonstellationen in der ambulanten Nachbetreuung heraus-gearbeitet und i.S. forensischer Lernfälle dargestellt.<br> Als Ergebnis wurde eine geringe Rate strafrechtlich auffälligen Verhaltens der entlassenen Patienten festgestellt und als Hinweis auf eine hohe Effektivität forensischer Nachsorge gewertet. Die 23 Patienten mit relevanten Auffälligkeiten in der Nachsorge wiesen bereits in anamnestischer Hinsicht eine wesentlich stärkere psychosoziale und delinquente Vorbelastung auf. Auch während der Unterbringung zeigte diese Gruppe signifikant häufiger (vielfältig) regelwidriges Verhalten. Im poststationären Verlauf erwies sich Substanzmissbrauch als hochsignifikanter Risikofaktor, der stärkerer Beachtung bedarf. Eine gute Compliance des Patienten wirkte sich nicht nur auf das psychische Befinden stabilisierend aus, sondern machte auch erforderliche (freiwillige) Rehospitalisierungen mit hoher rückfallpräventiver Wirkung möglich. Stabile und prosoziale Beziehungen ließen einen Schutz vor Rückfälligkeit erkennen, Intimpartnerschaften dagegen nicht. Eine positiv erlebte Freizeitgestaltung erwies sich als protektiver Faktor, ein problematischer Umgang mit Geld korrelierte hingegen signifikant mit einem Scheitern der Wiedereingliederung. Häufige Veränderungen der Arbeit oder Verlust einer Beschäftigung stellten hohe Risikofaktoren dar. Aufsuchende Betreuung ,vor Ort’ und enge Vernetzung aller beteiligten Hilfesysteme gehörten zu den wesentlichen Arbeitsmethoden forensischer Ambulanzen; in diesem Bereich - auch bei der Fallkoordination – ergaben sich Verbesserungsvalenzen. Ein Ausbau der personellen Ressourcen der forensischen Ambulanzen ist eine notwendige Voraussetzung für eine Optimierung der ambulanten Versorgung in Nordrhein-Westfalen.

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