Ultraschnelle Elektronenbeugung an Oberflächen
In der vorliegenden Arbeit wird der Aufbau eines Experimentes zur Untersuchung der atomaren Dynamik an Kristalloberflächen mittels zeitaufgelöster Elektronenbeugung beschrieben. Dabei wird die zu untersuchende Probe mit Hilfe von 50 fs kurzen Infrarot-Laserpulsen optisch angeregt. Nach einer variablen Zeitspanne von einigen ps bis wenigen ns vor oder nach der optischen Anregung erfolgt die Abfrage des Momentanzustandes der Probe durch Streuung eines wenige ps kurzen Elektronenpulses an der Oberfläche. Aus der Intensitätsverteilung des dabei entstehenden Beugungsbildes lassen sich Rückschlüsse auf die Größe und Symmetrie der Einheitszelle, sowie auf die Temperatur der Oberfläche ziehen. Durch eine Aneinanderreihung derartiger Momentaufnahmen ist es möglich, die Relaxation des Kristallgitters nach der optischen Anregung der Oberfläche zu rekonstruieren.
Das Kernstück des experimentellen Aufbaus bildet eine Elektronenkanone, in der ein 50 fs-kurzer Ultraviolett-Laserpuls durch Photoemission aus einem wenige nm dünnen Au-Film in einen ps-Elektronenpuls konvertiert wird. Die eingehende Charakterisierung der Photokathode, mit der die Konversion realisiert wird, lieferte Erkenntnisse, die auch für den Aufbau nachfolgender, verbesserter Elektronenkanonen wertvoll sein können. Die erreichbare Zeitauflösung der beschriebenen Beugungsexperimente beträgt etwa 20-30 ps. Sie ist bedingt durch den flachen Einfallswinkel der Elektronen auf die Probe, der erforderlich ist, um die Oberflächenempfindlichkeit der Messung zu gewährleisten.
Als erstes Untersuchungsobjekt für die zeitaufgelösten Beugungsexperimente diente ein 5.5 nm dünner, epitaktischer Bi-Film auf einem Si(001)-Substrat, das während der Messung auf 85 K abgekühlt wurde. Die zeitliche Entwicklung der Oberflächentemperatur nach der Absorption des optischen Anregungspulses folgt keinem simplen Wärmeleitungsmodell. Stattdessen läßt sich die beobachtete exponentielle Relaxation der Oberflächentemperatur mit einer Zeitkonstante von etwa 640 ps qualitativ durch die Existenz einer endlichen Grenzflächenwärmeleitfähigkeit zwischen dem Bi-Film und dem Si-Substrat erklären. Diese ist auf die Unstetigkeit der Schallgeschwindigkeiten und Massendichten von Bi und Si zurückzuführen, die zur Reflexion eines Großteils der Phononen führen, die aus dem angeregten Bi-Film kommend auf die Grenzfläche treffen.
Die Wärmeleitfähigkeit der Bi/Si-Grenzfläche wurde im Rahmen zweier einfacher Modelle berechnet und mit dem experimentell bestimmten Wert verglichen. Dabei betrug die Abweichung zwischen Experiment und Modell nur 30%, was – verglichen mit der Gesamtheit der Untersuchungen zu dieser Thematik – eine recht gute Übereinstimmung darstellt. Dieser Umstand wird auf die abrupte und glatte Bi/Si-Grenzfläche und die geringe Dichte von Gitterfehlern im Bi-Film zurückgeführt. Dünne Bi-Filme auf Si(001) stellen daher ein Modellsystem dar, an dem die Phononendynamik in Nanostrukturen ohne unnötige Komplikationen studiert werden kann. Da im vorliegenden Fall die Bi-Schichtdicke geringer als die mittlere freie Weglänge der Phononen ist, stellt sich für weitergehende Untersuchungen die Frage nach dem Einfluss der verschiedenen Phononen-Streuprozesse auf die Transmission der Phononen über die Bi/Si-Grenzfläche und somit auf das Abkühlverhalten des Bi-Filmes.
In this thesis, the construction of a time-resolved electron diffraction experiment for studies of crystal surfaces is described. The setup is used to examine the atomic dynamics
at surfaces after an initial optical excitation by a 50 fs-infrared laser pulse. To detect the transient state of the excited surface, a picosecond-electron pulse is directed onto the surface with a variable delay in the range of a few picoseconds up to some nanoseconds before or after the pump pulse. From the resulting diffraction pattern one can deduce information about the symmetry and size of the unit cell as well as the thermal motion of the surface atoms. Based on a series of diffraction patterns it is possible to reconstruct the transient evolution of the surface after the optical excitation.
The core item of the experimental setup is the electron gun in which a 50 fs-ultraviolet laser pulse is converted into an electron bunch by photoemission from a thin Au film. The thorough characterisation of the Au photocathode delivered results which are be valuable for the construction of future improved electron guns. The achievable time resolution in the diffraction experiments reported in this thesis is in the range of 20-30 ps. It is limited by the grazing incidence of the electrons onto the crystal surface. However, a shallow incidence angle is necessary to achieve the desired surface-sensitivity of the diffraction experiment.
In the first time-resolved studies the transient heating of a 5.5 nm thin, epitaxial Bi film on a Si(001) substrate was examined. The sample was held at a base temperature of 85 K during these experiments. The resulting transient surface temperature cannot be described by a simple heat conduction model. The surface temperature rather decreases exponentially with a time-constant of 640 ps, which can be explained qualitatively by the existence of a finite thermal boundary conductivity between the Bi film and the Si substrate. This barrier is caused by the abrupt change of the phonon velocities and mass densities at the interface, which leads to total internal reflection of the majority of phonons impinging onto the interface, starting from the Bi film.
For a comparison with the experimental results, the thermal boundary conductivity was calculated based on two simple models. The deviation between the experiment and the two models was only about 30 %, which is a very good agreement, compared to many other studies in this field. This agreement can be explained by the smooth and abrupt Bi/Si interface and the low defect density in the Bi film. Due to the absence of many complicating effects, thin Bi films can be regarded as a model system to study the phonon dynamics in nanostructures. In the experiments described in this thesis, the phonons' mean free path in the Bi film was larger than the film thickness. This leads to the question in which way phonon scattering processes affect the phonon flux across the Bi/Si interface and thus the cooling of the Bi film.
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