Ökosystemtransfer und Cytotoxizität der Platingruppenmetalle Platin und Rhodium und weiterer Kfz-emittierter Schwermetalle

In der vorliegenden Studie wurden die Fragen nach den aktuellen Gehalten der PGE in der Umwelt, ihrer Aufnahme und Anreicherung sowie dem toxischen Potential beantwortet. Als Vergleichselemente wurden hierzu die ebenfalls hauptsächlich Kfz-emittierten Elemente Mo und Sb, die essentiellen Metalle Cu und Zn und die bekannt toxischen Elemente Cd, Cr und Pb untersucht. Hierzu wurden zunächst an verschiedenen Probestellen in Luxemburg Luftstaubproben sowie Straßenstaub und Bodenproben gesammelt. Die Untersuchungen zum Ökosystemtransfer erfolgten anschließend an der Bundesautobahn 5 bei Bruchsal sowie an einer gering belasteten Referenzstelle. Hier wurden verschiedene Proben gesammelt: Böden, Pflanzen (Spitzwegerich und Schafgarbe) sowie Tiere (Rotregenwurm und Gelbhalsmaus) aus unterschiedlichen Entfernungen zur Fahrbahn. Diese wurden anschließend im Labor auf die Gehalte der verschiedenen Metalle untersucht. Für die Metalluntersuchungen kamen die Verbundverfahren Mikrowellenaufschluss oder Königswasseraufschluss mit anschließender Detektion mit ICP-MS für die unedlen Metalle zum Einsatz. Pt und Rh wurden mit Hochdruckveraschung aufgeschlossen und anschließend voltammetrisch detektiert. Die Toxizitätsuntersuchungen wurden mit menschliche Darmepithelzellen (Linie HT29) durchgeführt. Dies waren ein Test der Zellvitalität (MTT-Test) und ein Test auf die Fähigkeit zur Bildung reaktiver Sauerstoffspecies (DCF-Test). Die PGE-Gehalte der Matrices nahmen vom Luftstaub über Pflanzen, Mäuse, Sedimente, Würmern, Boden und Straßenstaub zu. In den Luftstaubproben waren die 24-Stunden Proben oft stärker belastet als die Langzeitproben. Zwischen miteinander verbundenen Matrices wie Luftstaub, Straßenstaub und Boden konnten starke Übereinstimmungen der Metallverteilung festgestellt werden. Auch hohe Korrelationen der Metalle zwischen miteinander in Verbindung stehenden Matrices zeigten an, dass hier ein Austausch bzw. eine Aufnahme stattfand. In den Organen der Mäuse konnten nur Mo, Cu, Zn und Cd detektiert werden. Die Luftstaubproben wiesen deutliche Unterschiede zwischen den 24 h-und den Langzeitbeprobungen auf. Aufgrund der Vergleiche zwischen den Luftstaubwerten und den damit in Verbindung stehenden Matrices Straßenstaub und Boden sind die Langzeitbeprobungen jedoch als aussagekräftiger anzusehen. Zwischen den beiden Beprobungsjahrgängen der Pflanzen und auch zwischen den beiden Pflanzenarten gab es kaum Unterschiede. Es konnte jedoch ein starker Einfluss der Witterung und der Mahd an den Probestellen auf die Metallgehalte in den Pflanzen ausgemacht werden. Der Vergleich der Probestellen in Luxemburg untereinander und der Luxemburger Probestellen mit der BAB 5 stellte die starke Abhängigkeit der Metallkonzentrationen von der Emissionsquelle und damit dem Verkehrsaufkommen klar. Die Böden an der sehr stark befahrenen BAB 5 wiesen höhere Pt und Rh-Konzentrationen auf als die Böden, und sogar ähnlich hohe wie der Straßenstaub der Luxemburger Probestellen, an denen ein deutlich geringeres Verkehrsaufkommen vorlag. Stellenweise konnte in Luxemburg ein zusätzlicher Eintrag aus weiteren Quellen wie der Schwerindustrie ausgemacht werden. Esch-sur-Alzette war die mit Abstand am stärksten belastete Probestelle Luxemburgs, gefolgt von Walferdange und Beckerich. In Esch-sur-Alzette war auch ein deutlicher Einfluss der dort ansäsigen Schwerindustrie festzustellen. Auch die Entfernung von der Metallquelle stellte sich als wichtiger Faktor für die Belastung einer Entnahmestelle heraus. Bei allen untersuchten Matrices wurde eine Abnahme der Metallkonzentrationen mit steigender Entfernung von der Quelle (Fahrbahn) festgestellt. Dabei fielen die Werte zunächst sehr stark, ab einer Entfernung von 10 m von der Fahrbahn erfolgte dann eine langsamere Absenkung. Dies ist vermutlich auf die dortige Waldgrenze zurück zu führen. Die Korrelationsuntersuchungen zeigten meist starke Zusammenhänge zwischen den Metallen einer Matrix, aber auch zwischen den Metallen verschiedener Matrices. Dabei waren die Korrelationskoeffizienten umso größer, je intensiver der Kontakt zwischen den beiden Matrices war. Während Pflanzen bzw. Würmer mit dem Boden hohe Korrelationen bei den Metallen zeigten, waren diese bei den Mäusen und Boden weniger stark ausgeprägt. Die Belastung der Umwelt durch den Menschen wird durch die Berechnung anthropogener Faktoren deutlich. Diese Faktoren, die anzeigen, wie viel stärker eine belastete im Vergleich zu einer unbelasteten Probestelle kontaminiert ist, waren für fast alle Probestellen und Matrices deutlich erhöht. Je nach Metall und Matrix unterschieden sich die Werte jedoch teils erheblich. Neben Cu und Zn erreichten Pt und Rh im Boden an der BAB 5 die höchsten Werte. Sie lagen, ebenso wie in den Würmern, zwischen 92 bis 106. In den Pflanzen wurden wesentlich geringere anthropogene Faktoren zwischen 1 und 37 erreicht. Dieser Effekt ist, da er ja direkt von den Metallkonzentrationen abhängt, wiederum auf die Mahd zurückzuführen. Pt wies dabei meist die höheren Faktoren auf. In den Mäusen wurden die höchsten Werte im Muskelgewebe und hier von Mo und Cd erreicht, Leber und Niere lagen deutlich darunter. Im Gegensatz zu den anthropogenen Faktoren zeigen Anreicherungsfaktoren an, wie stark ein in der Umwelt vorliegendes Metall durch Organismen aufgenommen und angereichert wird. Hier erreichte Cd im Rotregenwurm mit einer 70-fach höheren Gewebekonzentration den höchsten Wert. Insgesamt waren jedoch die Anreicherungsfaktoren im Wurm bei allen Metallen am höchsten. Pt und Rh erreichten dabei das 20 bzw. 15-fache und lagen damit im Bereich essentieller Metalle wie Mo, Cu und Zn. Auch in den Pflanzen war dies der Fall, hier wurden jedoch nur 3fache Anreicherungsfaktoren bei beiden Metallen erreicht. Die niedrigsten Anreicherungsfaktoren wurden in den Mäusen errechnet. Es konnte also eine hohe Belastung verschiedenster abiotischer Umweltkopmartimente festgestellt werden, die auch die Konzentrationen in Organismen beeinflusst. Die PGE werden jedoch nicht nur aufgenommen, sondern sogar teilweise extrem stark angereichert. Deshalb wurden Zellversuche durchgeführt, um das toxische Potential der Metalle abzuklären. Bereits der Vitalitätstest zeigte, dass Pt und Pd mit LC50 von je 0,8 mmol/L ähnlich niedrige LC50 aufwiesen, wie die bekannt toxischen Metalle Cr und Cu. Auch Rh mit einer LC50 von 1,7 mmol/L lag nur geringfügig höher, etwa im Bereich von Zn, aber deutlich unter Pb mit 5,9 mmol/L. Sb zeigte keine Reaktion. Die LOEC der PGE lagen mit 0,5; 0,5 und 2,5 mmol/L für Pt, Pd und Rh jedoch im Vergleich zu Cd und Cr etwas höher, im Bereich von Cu, Zn oder Pb. Bei der Untersuchung zur Fähigkeit der Metalle, in den Zellen Reaktive Sauerstoffspezies zu induzieren, ergaben sich ähnliche Ergebnisse. Auch hier wiesen Pt und Pd ein sehr hohes Vermögen dazu auf, indem sie maximale Anstiege auf das 25 bzw. 26-fache der Kontrolle erreichten. Cu erreichte ebenfalls nur das 27-fache, während Cr als sehr starker Induktor die 40-fache ROS-Konzentration induzierte, ohne den Endpunkt erreicht zu haben. Rh erreichte noch den 9-fachen Wert der Kontrolle, während Sb, Zn, Cd und Pb keine ROS-Induktion verursachten. Zusätzlich zu den hohen ROS-Werten wiesen Pt und Pd LOEC von 0,005 bzw. 0,03 mmol/L auf, während Cr und Rh erst bei 0,25 mmol/L Reaktionen zeigten. Trotz der Aufnahme und starken Anreicherung der PGE in den Organismen ist für den Augenblick eine akute Gefährdung auszuschließen, da die erreichten Konzentrationen noch deutlich unterhalb der LOEC liegen. Bei den sicher weiter steigenden Gehalten kann sich dies jedoch ändern und auch chronische Effekte dürfen nicht vernachlässigt werden. Hier sind weitere Forschungen dringend angebracht. Das Bild der chemisch edlen und deshalb unproblematischen PGE ist nicht mehr zeitgemäß.

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