Ernährung des Sclater's Maki (Eulemur macaco flavifrons) (GRAY, 1867) unter besonderer Berücksichtigung des Problems der Fettleibigkeit

Die vorliegende Studie behandelt die Fettleibigkeitsproblematik bei Sclater’s Makis und Kronenmakis in menschlicher Obhut. Ziel der Arbeit war es, durch die Verknüpfung von in situ sowie ex situ Arbeiten erstmalig ein umfassendes Bild der Nahrungsökologie von Eulemur macaco flavifrons zu zeichnen sowie eine Zoo-Diät zu entwerfen, die den natürlichen Ansprüchen dieser Art nahe kommt und somit langfristig zu einer Verbesserung des Erhaltungszuchtprogrammes beiträgt. Im Zoo Köln wurden über einen Zeitraum von einem Jahr Daten erhoben. Neben dem Zoo Köln wurde der Parc Zoologique et Botanique de Mulhouse, Sud-Alsace (Frankreich) in die Studie miteinbezogen. In beiden Einrichtungen wurde mit Sclater’s Makis (Eulemur macaco flavifrons) und vergleichend mit Kronenmakis (Eulemur coronatus) gearbeitet. Es wurden Körpergewichte in menschlicher Obhut lebender Tiere ermittelt und mit den Körpergewichten freilebender Individuen der jeweiligen Art verglichen. Ferner wurden der Anteil fettleibiger Tiere sowie das Maß der Fettleibigkeit der Tiere ermittelt. Die Futter- und Energieaufnahme von Eulemur macaco flavifrons sowie Eulemur coronatus im Zoo Köln und im Zoo Mulhouse wurden auf Nährstoffbasis erfasst sowie Verdaulichkeitsuntersuchungen durchgeführt. Vergleichend wurde Probenmaterial von Pflanzen, die von frei lebenden Sclater’s Makis verzehrt bzw. nicht verzehrt wurden, analysiert. Die durchschnittlichen Körpergewichte von Eulemur macaco flavifrons sowie Eulemur coronatus in menschlicher Obhut waren signifikant höher als die mittleren Körpergewichte der jeweiligen Art im Freiland. Der Anteil fettleibiger Tiere lag bei Eulemur macaco flavifrons bei 100%, bei Eulemur coronatus bei 33,3%. Es wurden signifikante Unterschiede in bezug auf die Körpergewichte der Tiere zwischen dem Zoo Köln und dem Zoo Mulhouse festgestellt, die auf unterschiedliche Fütterungsregime zurückzuführen sind. Die überwiegend auf Obst und Gemüse beruhende Zoo-Diät beider Einrichtungen zeichnete sich durch eine im Vergleich zur Freiland-Diät von Eulemur macaco flavifrons beinahe doppelt so hohe Energiedichte, einen äußerst geringen Fasergehalt sowie eine hohe Trockenmasseverdaulichkeit von ~80% bzw. ~84% (Eulemur macaco flavifrons, Eulemur coronatus) aus; dies 5 Zusammenfassung 92 kann in Kombination mit einem für Lemuren typischen, im Vergleich zu anderen Säugetieren ungewöhnlich niedrigen Grundumsatz als Ursache für die in menschlicher Obhut auftretende Fettleibigkeitsproblematik gewertet werden. Der aktuelle Vergleich der Nährstoffzusammensetzung des Nahrungsangebots von Eulemur macaco flavifrons im Zoo und im Freiland betont fundamentale Unterschiede im Hinblick auf die Nährstoffzusammensetzung von Freiland- und Zoo-Diät und zeigt; dass sich selbst die dem in situ Nahrungsangebot „ähnlichen“ ex situ Futtermittelkategorien Früchte und Gemüse grundlegend von im Freiland verfügbaren Früchten und Blättern unterschieden. Der Entwurf angemessener Zoo-Diäten sollte den NDF-Gehalt so weit wie möglich (und bekannt) an den NDF-Gehalt der Freiland-Diäten anpassen. Wenngleich Lemuren wie Eulemur coronatus oder Eulemur macaco flavifrons mit überwiegend frugivorer Ernährungsweise den Fasergehalt ihrer Nahrung nur bedingt nutzen können, kommt diesem jedoch eine Schlüsselfunktion in der Aufrechterhaltung des Gesundheitszustands insbesondere des Verdauungssystems zu. Obschon sich handelsübliche Obst- und Gemüsesorten hinsichtlich ihrer Nährstoffzusammensetzung und Energiedichte grundlegend von Freiland-Futterpflanzen unterscheiden, sollte die Vielfalt der in menschlicher Obhut angebotenen Nahrungsmittel zum Zwecke der Anregung und Bereicherung des Zootieralltags erhalten bleiben. Indem anstelle von Früchten und Getreideprodukten größere Mengen an Gemüse und, wo verfügbar, an frischem Pflanzenmaterial angeboten werden, können den Tieren weniger gut verdauliche Energiequellen zur Verfügung gestellt werden, die somit weniger wahrscheinlich zur Fettleibigkeitsproblematik beitragen. Zudem trägt die Darbietung bisweilen größerer Mengen energieärmerer Zoo-Diäten entscheidend zur Verringerung des häufig im Zusammenhang mit Fütterungen auftretenden stereotypen Verhaltens bei. Eine solche Zoo-Diät, die eher den natürlichen Ansprüchen der Lemuren entspricht, ermöglicht eine langfristige Optimierung des Erhaltungszuchtprogrammes und stellt einen wertvollen und notwendigen Beitrag zum Erhalt dieser hochbedrohten Tierarten dar.

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