Medienrezeption und Bewältigung : Studie in den Umfeldern des Literaturunterrichts der Jahrgangsstufe 6 einer Hauptschule

Die empirische Studie untersucht Medienrezeption von Hauptschülerinnen und Hauptschülern einer Jahrgangsstufe 6 vor dem Hintergrund ihrer psychosozialen Voraussetzungen und Dispositionen. Damit wird ein für die Didaktik des Faches Deutsch bisher weitgehend unbearbeitetes Feld – die Hauptschule – in das Zentrum des Interesses gerückt. Wesentliche Prozesse der Verarbeitung von Medien, die im Rahmen eines medienintegrativen Literaturunterrichts angeregt worden sind, werden herausgearbeitet und auf diverse Lebens- und Erfahrungshorizonte einer heterogenen Schülerschaft bezogen.</br> Zentrale Einsicht der Studie ist, dass die untersuchten Hauptschülerinnen und Hauptschüler Mediengeschichten im Kontext ihrer z.T. prekären Lebensverhältnisse rezipieren und nutzen, so dass Rezeption letztlich nicht nur Bewältigung von Medieninhalten, sondern auch Bewältigung des eigenen Lebens bedeutet.</br> Das gewählte Vorgehen ist explorativ und rekonstruktiv-interpretativ. Zunächst wird das Feld „Hauptschule“ und in Bezug auf den Deutschunterricht erörtert. Im Weiteren wird die aus der Interpretation der Daten hervorgehende übergeordnete Kategorie „ Bewältigung“ aus psychologischer, soziologischer sowie anthropologischer Perspektive diskutiert und mit drei interaktionistisch orientierten Ansätzen aus den Medienwirkungstheorien („Involvement“, „dynamisch-transaktionaler Ansatz“, „PKS-Modell“) in Verbindung gesetzt, so dass ein theoretischer Rahmen für die Interpretation der in zwei Fallarbeiten untersuchten Rezeptionsprozesse von Hauptschülerinnen und –schülern entsteht. In der „Fallarbeit 1 – Meidung und Rezeption“ tritt Bewältigung in der Kernkategorie „Meidung“ hervor. Hier werden auf der Basis der Grounded Theory unterschiedliche Typen eines Meidungsverhaltens mit Hilfe eines Datenschnitts, der alle Schülerinnen und Schüler der untersuchten Jahrgangsstufe 6 umfasst, abgegrenzt und als Rezeptionsoperationen der Schülerinnen und Schüler rekonstruiert. Die Daten wurden aus Medientagebüchern, die im Literaturunterricht entstanden sind, gewonnen. In der rekonstruktiven Arbeit an den Daten wird sichtbar, wie die Schülerinnen und Schüler sich trotz Angst erzeugender Impulse zu den Inhalten einer Mediengeschichte psychisch positionieren und rezeptive Bewältigungsstrategien (z.B. Verharmlosung, Distanzierung) entwerfen, um innere Balance zu wahren bzw. herzustellen. Die Dringlichkeit für die Schülerinnen und Schüler, auf diese Weise Mediengeschichten zu rezipieren, wird in der Fallarbeit 2 deutlich. Hier werden biographische und autobiographische Rekonstruktionen der Lebens- und Lernentwicklung in medienökologischer Absicht exemplarisch anhand von vier Fallbeispielen ausgearbeitet, um so die Hintergründe der Medienrezeption als Bewältigung aus den Kontexten der jeweiligen Lebens- und Alltagswelten zu erhellen. Dabei zeichnen sich die heterogenen Lebens- und Entwicklungsverhältnisse der Schülerinnen und Schüler (z.B. im Zusammenhang mit körperlichen Beeinträchtigungen, familiären Brüchen usw.) ab, die mehr oder weniger latent in das Rezeptionsverhalten einfließen.</br> Die Studie richtet damit die fachdidaktische Perspektive des Faches Deutsch hinsichtlich eines medienintegrativen Literaturunterricht auf die hauptschulpädagogisch relevante Frage, welchen Beitrag die Literatur- und Mediendidaktik zur Lebensbewältigung von Hauptschülerinnen und – schülern unter Wahrung fachspezifischer Bildungsoptionen geben kann.

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