Formalismen, Simulation und Potenziale eines nutzungsdaueroptimierenden Zuverlässigkeitskonzepts
Die Lebensdauer einer technischen Einheit hängt stark von der Art ihrer Nutzung ab. Verschiedene Nutzungsweisen führen zu unterschiedlich ausgeprägten Beanspruchungen. Die Nutzungsdauer beschreibt als Teilmenge der Lebensdauer die Dauer der Einsetzbarkeit einer technischen Einheit unter Erfüllung einer oder mehrerer geforderter Kriterien wie Sicherheit, Funktionalität oder Qualität. Wird eine (mechanische, elektronische, hydraulische oder anders geartete) technische Einheit unter extremen Belastungen wie hohen Kräften, hohen Temperaturen oder hohen Spannungen eingesetzt, so führen diese Belastungen zu einer Schwächung bestimmter Eigenschaften der Einheit. Diese Schwächungen können in Form von veränderten, unerwünschten Materialeigenschaften oder auch in Form von Schädigungen wie Rissen, Brüchen, Steifigkeitsverlusten etc. auftreten. Als Folge nimmt die weitere mögliche Belastbarkeit einer solchen Einheit ab. Die maximal mögliche Nutzungsdauer der geschwächten Einheit ist geringer als die einer weniger stark belasteten Einheit. Mit dem Erreichen der maximalen Nutzungsdauer ist ein weiterer Einsatz der Einheit nicht mehr möglich, da ein oder mehrere der oben aufgeführten Kriterien nicht mehr ausreichend erfüllt werden können. Der Ausfall der Einheit wird somit durch das Nichterfüllen der geforderten Kriterien definiert. Wie oben bereits erwähnt, resultieren aus den Nutzungs- und Einsatzbedingungen bestimmte Belastungen, die eine Schwächung bzw. Schädigung der Einheit zur Folge haben. Kann die belastungsbedingte Schädigung frühzeitig erkannt werden, so sind Maßnahmen, die eine gezielte Änderung der Nutzungs- oder Einsatzbedingungen bewirken, in der Lage, die maximale Nutzungsdauer gezielt zu erhöhen und den frühzeitigen Ausfall einer Einheit zu vermeiden.
Eine quantifizierbare Aussage über den probabilistischen, nutzungsbedingten Ausfallzeitpunkt einer bereits im Betrieb befindlichen Komponente oder eines Systems ist Kern vieler Fragestellungen im Bereich Instandhaltung, Risikobewertung und Asset-Management. Eine diesbezügliche Aussage würde zu einer Reduzierung des Einsatzes organisatorischer und monetärer Mittel zur Aufrechterhaltung oder Erhöhung der Sicherheit und Verfügbarkeit technischer Systeme wesentlich beitragen. Neben dem Wissen über den möglichen Ausfallzeitpunkt ist jedoch auch die Frage nach dem Potenzial zur Verlängerung der Lebensdauer, und damit zum Hinauszögern des Ausfalls einer Einheit von Bedeutung. Dies gilt nicht nur für sicherheitskritische Systeme, bei denen auf diese Weise eine Gefahr für Mensch, Maschine und Umwelt vermindert oder gar vermieden werden kann. Auch unter rein ökonomischen Aspekten kann das Hinauszögern eines nutzungsbedingten Ausfalls von Vorteil sein.
Die vorliegende Arbeit basiert auf dem Safety and Reliability Control Engineering Konzept und konzentriert sich auf dessen Umsetzung. Dieses Konzept dient der lebensdaueroptimierenden und ausfallvermeidenden Betriebsführung technischer Systeme unter Nutzung des Wissens über den Zusammenhang zwischen der aktuellen sowie der vergangenen Beanspruchung einer Komponente bzw. eines Systems und dem Ausfall der entsprechenden Einheit. Durch eine bewusste Änderung der Beanspruchungen einer Einheit wird der Ausfall dieser hinsichtlich seiner Eintrittswahrscheinlichkeit und seines Eintrittszeitpunkts zielgerecht beeinflusst.
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