Einfluß elektromagnetischer Felder auf menschliche Lymphozyten

Seit jeher sind elektromagnetische Strahlungen verschiedenster Art ein Bestandteil der Umwelt des Menschen. In vielen Bereichen hat die industriell-technische Entwicklung allerdings dem vorher schon vorhandenen Strahlungspegel ein erhebliches Quantum an zusätzlicher Strahlung hinzugefügt. So kommen zum natürlichen statischen Magnetfeld der Erde, das in Deutschland etwa 40 µT beträgt, durch technische Einrichtungen ständig neue künstliche Wechselfelder dazu. Wegen der Vielzahl der Wechselwirkungen zwischen elektromagnetischer Strahlung (Befeldung) und Organismen und der Frequenzabhängigkeit möglicher Wirkungsmechanismen ist die Übertragung von Ergebnissen von einem spezifischen Frequenzbereich auf einen anderen keine solide Grundlage für eine wissenschaftliche Aussage. Betrachtet man die Wirkungen elektromagnetischer Befeldung auf einen Körper, so ergeben sich vier wichtige Fragen: - gibt es Schwellenwerte für die Expositionsbedingungen, ab denen biologische Wirkungen einsetzen und somit einen sicheren Bereich unterhalb dieser Werte, wo keinerlei Beeinträchtigungen zu befürchten sind? - können irreversible Veränderungen auftreten, die sich im Laufe der Zeit zu schwerwiegenden Wirkungen summieren (additiver Effekt) oder tritt eine Wirkung nur bei akuter Befeldung auf? - gibt es neben der Wirkung konstanter Felder auch solche, die biologisch wirksamere Ein- und Ausschalteffekte bewirken? - ist eine mögliche Wirkung von der Dosis, das heißt vom Produkt aus Befeldungsintensität und Einwirkungsdauer abhängig? Letzteres hätte zur Folge, daß ein langer Aufenthalt in schwachen elektromagnetischen Feldern ähnliche Wirkungen hätte, wie die kurzzeitige Einwirkung von starken Feldern. Die Antwort auf diese Fragen könnte für verschiedene Frequenzbereiche (niederfrequent - hochfrequent) unterschiedlich ausfallen Die Versuchsserien dieser Arbeit wurden im Niederfrequenzbereich durchgeführt. Als "niederfrequent" werden elektromagnetische Wechselfelder mit einer Frequenz bis zu 30 kHz bezeichnet. In diesen Bereich gehören also auch die elektromagnetischen Felder der öffentlichen Stromnetze, deren Frequenz in Europa 50 Hz beträgt. Im ersten Teil der Untersuchungen wurden menschliche Lymphozyten in Vollblutkulturen bis zu 68 Stunden elektromagnetischen Feldern von 50 Hz bei Flussdichten von 0,5 mT, 1 mT, 2 mT und 5 mT ausgesetzt. Die untersuchten Parameter waren Zellteilungszyklus und Proliferationsindex (PI), bestimmt durch Auswertung der erfolgten Mitosedurchgänge (M1, M2 und M3+) zu bestimmten Zeitpunkten nach Kulturbeginn. Für jeden Versuchspunkt wurden in 5 verschiedene Blutproben mindestens 100 Mitosen ausgewertet. Eine statistisch signifikante Beschleunigung des Teilungszyklus der Zellen von mindestens 5% konnte bei Feldstärken von 0,5 mT, 1 mT, 5 mT und bei Teilzeitbefeldung der ersten 24 Stunden mit 5 mT beobachtet werden. Dieser Effekt trat bei 2 mT und bei Teilzeitbefeldung der Kulturen nach 24 Stunden bei 5 mT nicht auf. Eine Dosis-Wirkungs-Beziehung ließ sich also nicht ableiten. Bei den Experimenten in denen neben der Befeldung mit 1 oder 5 mT gleichzeitig eine Behandlung mit Nifedipin durchgeführt wurde, verschwanden bei Zugabe des Calciumantagonisten die signifikanten Effekte auf den Zellzyklus. Der PI war in den exponierten HPL leicht, aber nicht signifikant, erhöht. Im zweiten Teil der Arbeit, der Untersuchung über EMF-Einflüsse auf den Calciumhaushalt, wurden bei der Beobachtung einzelner HPL keine Effekte, die eindeutig der Befeldung zuzuschreiben waren, nachgewiesen. Im Gegensatz dazu zeigte sich in HPL-Populationen nach 6 minütiger Befeldung mit 1 mT ein Mitogen-abhängiger erhöhten Influx von Ca2+ in jenen Zellen, bei denen vor Versuchsbeginn eine niedrige Ca2+-Grundinfluxrate bestimmt worden war. Zellen mit einer schon erhöhten Grundinfluxrate zeigten dagegen keine Reaktion auf das Feld. Bei Versuchen in Gegenwart von Nifedipin zeigte sich, daß der Calciumantagonist die Erhöhung der Influxrate durch das Feld in Mitogen-stimulierten Lymphozyten unterdrückte. Aus den hier ermittelten Ergebnissen läßt sich folgern, - daß die auf epidemiologischen Studien beruhende Vermutung, daß EMF an der Tumorentstehung beteiligt sein könnten, sich mit der gefundenen Zellzyklusbeschleunigung und der dadurch verkürzten Reparaturzeit für DNA-Schäden erklären ließe. - daß EMF den Ca2+-Influx in bestimmten Zellen steigern, möglicherweise bedingt durch Veränderungen in der Leitfähigkeit von Ionenkanälen in der Zellmembran. Dieser Effekt tritt bei Behandlung mit Calciumantagonisten nicht auf, was die Vermutung stützt, daß der betroffene Endpunkt der Ca2+-Transport durch die Membran ist.

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