Untersuchungen zur Erfassung und Modifikation von Bandlücken dreidimensionaler Photonischer Kristalle basierend auf mit chemischen Quantenpunkten belegten Polymeren
In dieser Arbeit wurden Untersuchungen zur Charakterisierung und Modifikation von Bandlücken in dreidimensionalen Photonischen Kristallen, bestehend aus dichtest gepackten und mit chemischen Quantenpunkten belegten Polystyrolkugeln, durchgeführt. Diese zeigen, dass ein völlig neuartiges System vorliegt, welches erstmalig die Eigenschaften eines Photonischen Kristalls mit einer Bandlücke für Photonen mit denen eines Kollektivs von Quantenpunkten aus Au55-Cluster kombiniert, indem es eine zusätzliche Bandlücke für Elektronen erwarten lässt. Die mit chemischen bottom-up Verfahren entwickelten Systeme zeigen sämtlich ausgeprägte Bandlücken im für technische Anwendungen begehrten UV-Vis-Wellenlängenbereich. Sie sind im Vergleich zu physikalischen top-down Verfahren schneller und preiswerter in der Herstellung und bilden dreidimensionale Kristalle, die das Licht in allen Raumrichtungen lokalisieren können, was mit anderen Verfahren bisher kaum möglich ist. Grundsätzlich gelingt es, die Bandlückenlage durch Modifikation der PS-Kugelgrößen für jeden gewünschten UV-Vis-Wellenlängenbereich und darüber hinausgehend in den IR-Wellenlängenbereich festzulegen und sie auch den aus mit Au55-Clustern belegten PS-Kugeln bestehenden Photonischen Kristallen aufzuprägen. Die Bandlücken haben sich als äußerst stabil, d.h. nur in einem geringen Umfang winkelabhängig erwiesen, stellen also fast vollständige Photonische Bandgaps dar. Ein zweites kleineres, auch von anderen Forschungsgruppen beschriebenes, stark winkelabhängiges Pseudogap konnte mit den hier vorliegenden Messungen bestätigt werden. Bei Kristallen mit Grundbausteinen aus kleinen PS-Kugeln (< 350 nm) ist ein neuartiger Effekt aufgetreten, eine Doppelbandlücke bzw. ein sog. Doppeldip. Hierbei ist das Hauptminimum in zwei kleinere Nebenminima unterteilt. Ursache für dieses Phänomen ist die gewellte Oberfläche der betreffenden PS-Kugeln, die dazu führt, dass ankommendes Licht den Photonischen Kristall so erfährt, als bestünde er aus zwei Photonischen Kristallen 1 und 2 mit dicht zusammenliegenden, sich überlagernden Einzelbandlücken. Die Form der sich daraus ergebenden Doppelbandlücke entspricht dem Produkt der Wahrscheinlichkeiten, mit denen ein ankommendes Photon von den Photonischen Kristallen 1 und 2 reflektiert wird. Solche Bandlücken bieten die zusätzliche Möglichkeit von Photonenübergängen zwischen zwei Defektzuständen, die in verschiedenen Minima innerhalb der Doppelbandlücke liegen, wodurch sich Auswirkungen auf Aufenthaltswahrscheinlichkeiten und Verweilzeiten der betroffenen Defektzustände ergeben. Stabilitätsuntersuchungen an Proben über einen Zeitraum bis zu sieben Monaten beweisen die hohe Haltbarkeit der hier entwickelten Systeme. Aufbauend auf die neuen Ergebnisse dieser Arbeit bietet sich ein breites Feld für weitere Untersuchungen an. Dabei sollte zunächst die elektronische Bandlücke durch SET nachgewiesen werden. Weiterhin sollte untersucht werden, ob PSCluster-Systeme auch mit anderen Clustertypen (z.B. Ni- oder Al-Clustern) existieren und stabil sind, einen hohen Ordnungsgrad besitzen und zu einer Kombination aus elektronischen und Photonischen Bandlücken führen. In diesem Zusammenhang muss ebenfalls überprüft werden, inwieweit die Erhöhung des Ordnungsgrades der Kristalle durch die Belegung mit wasserlöslichen Au55-Clustern (vgl. Kapitel 3.3.1) auch auf die Belegung mit anderen Clustertypen übertragbar ist. Zum Verständnis des Auftretens einer Doppelbandlücke bei kleinen Kugelgrößen sind vordringlich theoretische Berechnungen erforderlich, um dieses Verhalten genauer verstehen bzw. technisch auswerten zu können. Außerdem sollten grundsätzlich in Kooperation mit theoretischen Forschungsgruppen, die über die entsprechenden Rechnerkapazitäten verfügen, Berechnungen zu allen Bandlücken durchgeführt werden. Dazu bietet sich z. B. die plane-wave expansion Methode des MPP-Programms des MIT (Massachusetts Institute of Technology) an [136,137]. Die Haltbarkeitsmessungen müssen - parallel zu ersten Anwendungen - in größeren Zeitabständen an den gleichen Systemen wiederholt werden, um langfristige Stabilitätsaussagen treffen zu können. Die Systeme können alternativ auch erhöhten Stressfaktoren, z.B. durch Lagerung bei hohen Temperaturen, unter erhöhter Humidität etc. ausgesetzt werden, um kurzfristig Aussagen über ihre Haltbarkeit zu gewinnen. Durch AFM- bzw. REM-Aufnahmen an den Proben können die Haltbarkeitsaussagen ergänzt werden. Zur Verbesserung der Güte der Photonischen Kristalle sollte eine Weiterentwicklung des hier behandelten zweiten Reinigungsverfahrens mittels Ultrazentrifugieren der Clusterchargen und unter verbesserten Dialysierbedingungen erfolgen. Außerdem sollte die Einlagerung von Eisenkomplexen oder andersartigen Metallanteilen während der Synthese der PS-Kugeln weiter verfolgt werden. Eine starke Erhöhung des Metallcharakters der PCs könnte eine Erhöhung des Brechungsindexes und damit eine noch stärkere Ausprägung der Bandlücken zur Folge haben. Eine Verschiebung der Bandlücken solcher Systeme durch Anlegen geeigneter äußerer elektromagnetischer Felder wäre ein wichtiger Schritt zur Kombination von Photonik und Elektronik. Eine Ansatzmöglichkeit hierzu bestünde darin, mit magnetischen Fe3+-Komplexen versehene PS-Kugeln in eine Matrix aus Gel oder Flüssigkeit einzubetten, die eine Umordnung der Photonischen Kristallstruktur durch Ausrichtung der nun beweglichen Kugeln unter Einfluss der äußeren Felder ermöglicht. Das Hauptziel weiterer Forschungsarbeiten sollte jedoch in der Entwicklung elektrooptischer Bauelemente aus den hier bearbeiteten, mit chemischen Quantenpunkten belegten Polymeren bestehen. Erst nach Schaffung der technischen Möglichkeiten zur simultanen Vermessung von elektronischer und Photonischer Bandlücke an ein -und derselben Probe ( z. B. durch eine Messanordnungskombination aus UV-Vis-Spektrometer und Raster-Tunnelmikroskop (STM)) könnte der wechselseitige Einfluss Photonischer und elektronischer Bandlücken durch Einstrahlen von Lichtquanten bzw. Elektronen geeigneter Energie untersucht werden. Eine weitere interessante Forschungsrichtung besteht in der Untersuchung des bereits in Kapitel 3.1.4 angesprochenen superluminalen Tunneleffekts an Elektronen, da die hier entwickelten Systeme aus mit Au55-Clustern belegten PS-Kugeln eine ideale Basis solcher Tunnelstrecken bilden.
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