Darstellung von Styrol-Glycidylmethacrylat-Copolymeren mit niedrigen Molmassen durch radikalische Polymerisation im CSTR bei hohen Temperaturen

Die steigenden Forderungen nach Reduktion der Lösungsmittelemission in der Lackindustrie führten in den letzten Jahren zur Entwicklung neuer leistungsfähiger Lackrezepturen. Pulver-lacke stellen den Endpunkt dieser Entwicklung dar, denn sie verzichten vollständig auf den Einsatz eines verdampfbarem Lösungsmittels. Niedermolekulare Styrol/GMA-Copolymere sind für den Einsatz als Lackbindemittel in Pulverlacken durchaus geeignet. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, ein Verfahren zur kontinuierlichen Darstellung von niedermolekularen Styrol/Glycidylmethacrylat-Copolymeren durch thermische Copolymerisa-tion im CSTR zu entwickeln. Um eine optimale Raum-Zeit-Ausbeute zu erzielen, war die Durchführung der Copolymerisation bei hohen Reaktionstemperaturen (190-230°C) notwen-dig. Für eine optimale Verfahrensführung ist stets die Kenntnis des gesamten kinetischen Modells der S/GMA-Copolymerisation notwendig. Wegen der raren kinetischen Daten bei den tech-nisch interessanten hohen Temperaturen (190 °C-230 °C), wurden in diskontinuierlichen Vor-versuchen kinetische Untersuchungen durchgeführt. Aufgrund der hohen Polymerisationsge-schwindigkeit bei den hohen Reaktionstemperaturen mußte die Bestimmung der Geschwin-digkeitskonstanten der einzelnen Elementarreaktionen als Arrheniusbeziehung bei tieferen Temperaturen (110 °C-160 °C) erfolgen. Der Schwerpunkt dieser kinetischen Untersuchungen lag auf der Bestimmung der Copolymerisationsparameter bzw. deren Temperaturabhängigkeit. Die Arrheniusbeziehungen der Copolymerisationsparameter des Systems S/GMA (Substanz) ergaben sich zu: ln r1 = 1,6004 - 1220,7 / T In r2 = 0,7361 - 455,2 / T Eine Überprüfung der Gültigkeit der S/GMA-Copolymerisationsparameter dann bei hohen Temperaturen erfolgte mittels der integralen MEYER-LOWRY Beziehung. Dazu wurden Zeit-Umsatz Kurven bei verschiedenen Temperaturen (170 °C-230 °C, f2 = 0,268) und Zusammen-setzungen (f2 = 0,268, 0,491, 0,697, T = 190 °C) aufgenommen und die experimentell be-stimmte integrale Zusammensetzung der Copolymere mit der mit Hilfe der Copolymerisati-onsparameter berechneten Zusammensetzung verglichen. Aufgrund der beobachteten guten Übereinstimmung zwischen Experiment und Theorie können die bei tieferen Temperaturen bestimmten Copolymerisationsparameter bzw. deren Arrheniusbeziehungen zur Bilanzierung des CSTR auch bei hohen Temperaturen herangezogen werden. Die kontinuierliche S/GMA in Substanz konnte aufgrund eines ausgeprägten Geleffektes nicht durchgeführt werden. Zur Senkung der Viskosität wurde ein niedrigmolekularer Polyester (PES) zugegeben. Die thermischen S/GMA-Copolymerisationen in PES bei einer Reaktion-stemperatur von 230 °C und einer Verweilzeit von 50 min ergaben entweder Copolymere mit einem unerwünschten hochmolekularen Polymeranteil oder mußten aufgrund des Durchge-hens der Polymerisation abgebrochen werden. Der anfängliche Verdacht, daß es sich dabei um ein Durchmischungsproblem handle, konnte nach mehreren Umbauten und Optimierungen der Kleintechnikumsanlage ausgeschlossen werden. Vergleichsversuche mit Xylol als Lösungs-mittel wiesen darauf hin, daß die Ursache des Durchgehens der Polymerisation eine Vernet-zungsreaktion zwischen S/GMA-Copolymer und PES sein könnte. Die Vernetzungsreaktion zwischen S/GMA-Copolymer und PES wurde mittels diskontinuier-licher Versuche untersucht und mittels GPC bei einer Reaktionstemperatur von 230 °C nach-gewiesen. Bei einer Temperatur von 190 °C konnte mit der eingesetzten Methode keine Ver-netzung festgestellt werden. Die Konsequenz aus diesen Untersuchungen war, daß die thermi-sche Belastung bei der S/GMA-Copolymerisation in PES gesenkt werden mußte. Als neue Reaktionsbedingungen wurden eine Reaktionstemperatur von 190 °C und eine Verweilzeit von 15 min eingesetzt. Um die Molmassen und den Umsatz auf das Niveau der thermischen Copolymerisationsversuchen zu heben, war der Einsatz eines Initiators (t-BPO) notwendig. Erste kontinuierliche Copolymerisationen in Xylol zeigten, daß eine Initiatorkonzentration von 2 mol-% notwendig war. Die S/GMA-Copolymerisationen in PES konnten bei den neuen Reaktionsbedingungen problemlos durchgeführt werden. Bei einem Umsatz von ca. 85% konnten Copolymere unterschiedlicher Zusammensetzung mit niedrigen Molmassen 693 g/mol < Mn < 852 g/mol bzw. 1356 g/mol < MPeak < 4074 g/mol hergestellt werden. Mittels einer Massenbilanz konnte der Stoffmengenanteil der Monomermischung im stationä-ren Zustand des CSTR berechnet werden. Dazu war die Kenntnis der Zusammensetzung der zufließenden Monomermischung, der Zusammensetzung des Copolymers und des Ge-wichtsumsatzes notwendig. Bevor ein Vergleich mit den theoretischen Werten (aus der Copo-lymerisationsgleichung) durchgeführt wurde, wurden die in Substanz ermittelten S/GMA-Copolymerisationsparameter auf ihre Eignung zur kinetischen Beschreibung der S/GMA-Copolymerisation in PES bzw. Xylol untersucht. Diese Untersuchung erfolgte analog der dis-kontinuierlichen Untersuchungen in Substanz und ergab eine gute Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment. Die Auswertung der kontinuierlichen Copolymerisationsversuche in PES und Xylol ergab, daß die Zusammensetzung im stationären Zustand mit der Copolymeri-sationsgleichung berechnet werden kann. Lediglich bei hohen GMA-Anteilen wird bei der Copolymerisation in Xylol eine Abweichung beobachtet. Diese läßt sich auf die Diels-Alder Oligomere zurückführen, da deren Zusammensetzung sich nicht über die Copolymerisations-gleichung bestimmen läßt. Um die Möglichkeiten des Verfahrens zu verdeutlichen, wurde bei den oben genannten Reak-tionsbedingungen eine S/GMA/MMA-Terpolymerisation durchgeführt. Bei einem Umsatz von 90 % entstand ein Terpolymer mit einer Molmasse von Mn = 365 g/mol bzw. MPeak = 1413 g/mol Von den hergestellten Copolymeren wurden die Glasübergangstemperaturen bestimmt. Erwar-tungsgemäß wurde eine Abnahme der Glasübergangstemperatur mit dem GMA-Anteil beob-achtet. Die Glasübergangstemperaturen der in PES hergestellten Copolymere liegen je nach PES Anteil und Zusammensetzung im Bereich von 10 °C ?38 °C. Die in Xylol hergestellten Copolymere besitzen dagegen einen deutlicheren höheren Glasübergang (34 °C-64 °C).

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