Kurzzusammenfassung der Dissertation ------------------------------------ Titel: Die Berechnung von intermolekularen Wechselwirkungsbeiträgen mit Dichtefunktional- und Brueckner-Coupled-Cluster-Methoden Autor: Andreas Heßelmann Prüfungstermin: 22. Dezember 2003 Fachbereich Chemie, Universität Duisburg-Essen Intermolekulare Wechselwirkungen spielen eine bedeutende Rolle in vielen Bereichen der Chemie. Ihre qualitative und quantitative Beschreibung ist häufig wesentlich, wenn man chemische Prozesse oder Strukturen untersuchen will. Es stehen dem Chemiker zwar eine Reihe von experimentellen Methoden zur Verfügung, um das Paarpotential zwischen zwei Molekülen zu ermitteln, jedoch erfolgt dieses in der Regel nur indirekt, d.h. es muß ein empirisches Potential vorgegeben werden, aus welchem dann über (zumeist idealisierte) Modelle die direkt zugänglichen physikalischen Größen berechnet werden können. Während diese Prozedur im Falle von kleineren Dimeren noch problemlos durchgeführt werden kann, benötigt man für komplexere Systeme Ausgangspotentiale, welche aus theoretischen Verfahren ermittelt wurden. Mit quantenchemischen Methoden kann man die Wechselwirkungsenergie zwischen zwei Molekülen direkt berechnen. Die hierbei am häufigsten verwendeten Methoden sind die Supermolekülmethode und die intermolekulare Störungstheorie. Während man jedoch mit dem Supermolekülansatz nur die gesamte Wechselwirkungsenergie ausrechnen kann, erlauben die verschiedenen intermolekularen Störungstheorieverfahren eine Aufspaltung der Wechselwirkungsenergie in physikalisch bzw. quantenchemisch interpretierbare Einzelbeiträge (wie Elektrostatik, Induktion, Dispersion und Pauli-Repulsion) und liefern somit den Schlüssel zu einem tieferen Verständnis für diese Kräfte. Das am häufigsten verwendete intermolekulare Störungstheorieverfahren ist das Vielteilchen-Symmetrie-Adaptierte Störungstheorieverfahren (MB-SAPT), in welchem die Elektronenkorrelationseffekte der Einzelbeiträge mit einem Møller-Plesset Störungstheorieansatz beschrieben werden. Es hat sich nun herausgestellt, daß die Møller-Plesset Störungsreihe in bestimmten Fällen divergiert, insbesondere dann, wenn der Elektronenkorrelationseffekt signifikant ist. Ferner beobachtet man in diesen Fällen auch schon bei niedrigen Ordnungen ein oszillierendes Verhalten der Störungsentwicklung und es hat sich gezeigt, daß dann meist ein Abbruch nach der niedrigsten Ordnung (MP2 Verfahren) am sinnvollsten ist. Um nun diese Schwäche der Møller-Plesset Methode zu beheben liegt es nahe, einen Ansatz zu wählen, bei dem bestimmte Arten von Störungstermen unendlich aufsummiert werden, so daß deren Beitrag zum Gesamtkorrelationseffekt effektiv berücksichtigt wird. Eine solche Prozedur läßt sich mit dem Coupled-Cluster (CC) Verfahren durchführen, bei welchem die Wellenfunktion mit einem Exponentialansatz aufgestellt wird. Eine Variante dieses Verfahrens, namentlich das Brueckner Coupled-Cluster (BCC) Verfahren, ist in dieser Arbeit zur Beschreibung der Korrelationseffekte der intermolekularen Wechselwirkungsbeiträge getestet worden. Dieses hat den Vorteil gegenüber den konventionellen CC Verfahren, daß man bereits, wie in dieser Arbeit gezeigt, mit der zugrunde liegenden Brueckner Referenzdeterminante große Teile der intramolekularen Korrelationseffekte erfassen kann. Dieses läßt sich dadurch anschaulich erklären, daß in der Brueckner Determinante bereits alle Einfachanregungen enthalten sind, eine Bedingung, die dazu führt, daß die Referenzdeterminante eine maximale Überlappung mit der (in der jeweiligen Näherung der Clusterentwicklung) exakten Wellenfunktion hat. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, daß in Fällen, wo die Coulombenergien und die Austauschenergien erster Ordnung einen großen Korrelationseffekt besitzen, die Brueckner Determinante in der Lage ist, die Ergebnisse aus höher korrelierten Rechnungen zu reproduzieren. Eine weitere Verbesserung dieses Eindeterminanten-Ansatzes ist durch das Hinzufügen von linearen Zweifachanregungstermen zu den Ausdrücken für die elektrostatische und Austausch-Wechselwirkungsenergie erster Ordnung erzielt worden. Auch in zweiter intermolekularer Ordnung lassen sich die Elektronenkorrelationseffekte der jeweiligen Beiträge, namentlich Induktions-, Dispersions- und dazugehörigen Austauschenergien, bis zu einem gewissen Grad mit Hilfe von Brueckner Orbitalen und Orbitalenergien beschreiben. Allerdings ist hierbei nur ein sogenanntes ungekoppeltes Verfahren untersucht worden, d.h. es wurden keine Response-Effekte (kommend von dem statischen bzw. dynamisch fluktuierenden Feld des Partnermonomers) berücksichtigt. Der hohe rechnerische Aufwand sowohl der MB-SAPT Methode als auch des Brueckner basierten Verfahrens führten nun zu der Fragestellung, inwieweit die vergleichsweise billigen Dichtefunktionaltheorieverfahren in der Lage sind, die intramolekularen Korrelationseffekte beschreiben zu können. Hierbei hat sich zunächst herausgestellt, daß die gängisten Dichtefunktionale wie BLYP oder B3LYP starke Abweichungen zu den korrelierten ab-initio Resultaten für die Coulomb- und Austauschwechselwirkung erster Ordnung aufweisen. Eine genauere Untersuchung zeigte dann, daß hierfür im wesentlichen das zu rasche asymptotische Abfallverhalten der zugrunde liegenden Austausch-Korrelations (XC) Potentiale verantwortlich ist, eine Eigenschaft, die allen gradientenkorrigierten (GGA) XC-Funktionalen gemein ist. Es ist daher ein neues XC-Potential entwickelt worden, welches über eine Umschaltfunktion ein gängiges XC-Potential (PBE0) für den Valenzbereich mit einem asymptotisch korrekten XC-Potential (LB94) verknüpft. Das so gewonnene PBE0AC (AC: Asymptotic Corrected) XC-Potential ist nicht nur in der Lage, die Ergebnisse der GGA's deutlich zu verbessern, sondern liefert in erster intermolekularer Ordnung Ergebnisse, die sehr gut mit den besten verfügbaren MB-SAPT Resultaten übereinstimmen. Für die Berechnung der Terme in zweiter Ordnung ist sowohl die ungekoppelte Näherung (s.o.) als auch das gekoppelte Verfahren untersucht worden. Im Falle der Induktions- und Austauschinduktionsenergien hat sich dabei gezeigt, daß die Differenzen der Ergebnisse aus dem ungekoppelten und gekoppelten Verfahren recht gering sind, wobei wiederum für das PBE0AC XC-Potential sehr gute Übereinstimmungen mit den MB-SAPT Resultaten gefunden wurden, während bei der Dispersionsenergie eine deutliche Differenz zwischen beiden Ansätzen beobachtet wurde. Dabei zeigt sich, daß die ungekoppelten Resultate für die verschiedenen XC-Funtionale, selbst PBE0AC, den intramolekularen Elektronenkorrelationseffekt der Dispersionsenergie stark übertreiben und damit in der Regel selbst die Hartree-Fock Methode verlässlichere Ergebnisse liefert. Dagegen sind die Abweichungen aus den gekoppelten Rechnungen zu den MB-SAPT Dispersionsenergien deutlich kleiner und man erhält wiederum sehr gute Übereinstimmungen mit diesen, wenn man das PBE0AC XC-Potential zur Berechnung der Monomerorbitale und Orbitalenergien verwendet. Das so abgeleitete Kohn-Sham SAPT Verfahren hat den Vorteil, daß bestimmte Beiträge, namentlich Elektrostatik, Induktion und Dispersion potentiell exakt sind, d.h. sie können die entsprechenden Werte aus alternativen full-CI Rechnungen reproduzieren, wenn man das exakte XC-Potential und (für die Terme in zweiter Ordnung) den exakten (frequenzabhängigen) XC-Responsekernel benutzt. Dieses konnte im Falle des Helium-Dimers, wo das exakte XC-Potential für die Monomere aus einer Hylleraas-CI-Dichte direkt gewonnen werden konnte, überprüft und bestätigt werden. Allerdings ist dabei ein adiabtischer lokaler Dichtekernel (ALDA) für die Beiträge in zweiter Ordnung benutzt worden, so daß diese eine etwas größere Abweichung von entsprechenden full-CI Referenzwerten zeigten. Deutlichere Abweichungen, insbesondere in zweiter Ordnung mit bis zu -20% im kurzreichweitigen Bereich, sind dagegen für die Austauschwechselwirkungsbeiträge gefunden worden. Diese sind nicht potentiell exakt in dem KS-SAPT Verfahren, da deren exakte Berechnung die Kenntnis der exakten (Response-)Dichtematrizen erfordert, welche in einem exakten statischen und zeitabhängigen Kohn-Sham Formalismus nicht zugänglich sind. Nichtsdestotrotz zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, daß diese Näherung im Vergleich zu anderen, etwa der Wahl des XC-Potentials oder dem Basissatzfehler, vernachlässigbar klein ist. Schließlich wurden auch die Gesamtwechselwirkungsenergien der KS-SAPT Methode mit entsprechenden MB-SAPT und supermolekularen MP2 und CCSD(T) Resultaten verglichen. Dabei zeigte sich, daß die KS-SAPT Methode durchaus mit MB-SAPT konkurrieren kann wenn man das PBE0AC XC-Potential verwendet, und meist deutlich bessere Resultate als MP2 liefert, insbesondere dann, wenn die Dispersionsenergie einen signifikanten Beitrag zur Gesamtwechselwirkungsenergie hat. Abschließende Testrechnungen mit großen Basissätzen und für ein größeres Dimersystem (Phenol-Wasser) demonstrieren die Leistungsfähigkeit der KS-SAPT Methode - schließlich wird skizziert, wie die Methode weiter ausgebaut werden kann. Damit werden schon in naher Zukunft Rechnungen (auf vernünftigem Basissatzniveau) an größeren Dimersystemen, wie etwa DNA-Basenpaaren, mit der KS-SAPT Methode möglich sein.