6. Patienten und Methode

 

6.1. Patienten

Die Diagnose "Spannungskopfschmerzen" erfolgte gemäss den Klassifikationskriterien der "International Headache Society." Sie wurde von der Kopfschmerzambulanz der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums gestellt.

Von Juni 1996 bis September 1998 wurden über 700 Briefe an Patienten, die unter Spannungskopfschmerzen litten, geschickt. Danach haben sich 70 Patienten angemeldet. Zwischenzeitlich sind zehn Patienten wieder ausgefallen. Sie waren entweder unbekannt verzogen, verweigerten die weitere Kooperation, lehnten die Equilibrintherapie ab oder die Beschwerden hatten sich nach der Akupunktur schon gebessert.

In der Kopfschmerzambulanz der Klinik und Poliklinik für Neurologie des Universitätsklinikums der Gesamthochschule Essen wurden im Zeitraum von Mai 1997 bis März 1999 insgesamt 60 Patienten mit Akupunktur und Equilibrin behandelt.

Die an der Studie beteiligten 60 Patienten wurden mit ihrem Einverständnis von der Kopfschmerzambulanz der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Essen zugewiesen. Im Vorfeld wurden die behandelnden Ärzte und die Patienten persönlich und mittels eines Informationsbogens über die geplante Studie aufgeklärt.

 

 

6.1.1. Einschlusskriterien :

 

1. Patienten beiderlei Geschlechts zwischen 18 und 69 Jahren.

2. Patienten mit nach IHS-Kriterien (23) bestehendem Spannungskopfschmerz an

mindestens fünf Tagen pro Monat mit einer Dauer von mindestens einem halben

Tag.

3. Die Patienten müssen seit wenigstens einem Jahr an Spannungskopfschmerz

leiden.

6.1.2. Ausschlusskriterien:

  1. Patienten mit einem täglichen Analgetikakonsum oder Kopfschmerzmitteleinnahme an mehr als zwei Tagen pro Woche oder an mehr als zehn Tagen pro Monat.
  2. Patienten mit vorraussehbar schlechter Compliance oder einem Opiat- oder Alkoholabusus.
  3. Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen.
  4. Patienten , die mit Medikamenten behandelt werden, die Kopfschmerzen hervorrufen können.

6.1.3. Begleiterkrankungen:

Alle Patienten litten an chronischen Spannungskopfschmerzen mit folgender Symptomatik: Kopfschmerzen, zumeist besonders die Schläfen, die Schädeldecke oder den Nacken betreffend, von wo aus der Schmerz in den Kopf ausstrahlt, Verspannungsgefühl im Nacken. Morgens wachen die Kranken schon mit dem dumpf-drückenden Gefühl im Kopf auf, das im Laufe des Tages abnimmt. Elf Patienten hatten zusätzlich auch noch Migräne, i.s. eines Kombinations-kopfschmerzes.

6.1.4. Gruppencharakteristika Querschnittanalyse

Die Patienten wurden nach dem Prinzip der zufälligen Randomisierung einer der zwei Behandlungsgruppen zugeordnet. Im Anschluss an eine einmonatige Auswaschphase - ebenfalls unter Kopfschmerzkalenderkontrolle – wurde im Crossover Design der jeweils andere Therapiearm eingesetzt.

Insgesamt wurden 60 Patienten in die Studie aufgenommen. Die kürzeste Zeitdauer seit Beginn des Spannungskopfschmerzes war ein Jahr; die längste betrug 50 Jahre und die Durchschnittsdauer betrug 15,5 Jahre. 27 (45%) Patienten litten 1-9 Jahre unter Spannungskopfschmerzen, 10 (16,66%) Patienten 10-19 Jahre lang, 13 (21,66%) Patienten litten 20-29 Jahre , 5 (8,33%) Patienten 30-39 Jahre und weitere 5 (8,33%) Patienten litten 40-50 Jahre lang unter diesen Schmerzen. Insgesamt hatten 16 Patienten täglich Spannungskopfschmerzen und bei 9 Patienten hielten die Kopfschmerzen täglich über 10 Stunden an.

 

 

Zeitraum der Kopfschmerzen

Patientenanzahl (Prozent)

1-9 Jahre

27 (45 %)

10-19 Jahre

10 (16,66 %)

20-29 Jahre

13 (21,66 %)

30-39 Jahre

5 (8,33 %)

40-50 Jahre

5 (8,33 %)

 

Tab. 6.1.4.1.: Zeitraum von Spannungskopfschmerzen und Patientenanzahl

Die Gruppe der Patienten setzte sich aus 30 Frauen (50%) und 30 Männern ( 50%) zusammen. Das mittlere Alter lag bei 46.27±12,54 SD Jahren (männlich = 47,13 Jahre, weiblich = 45,4 Jahre). Der jüngste Patient war 23 Jahre und der älteste Patient war 69 Jahre alt. 26 Patienten (43 %) waren über 50 Jahre alt .

34 Patienten wurden erst mit der Akupunktur, danach mit Equilibrin behandelt. 26 Patienten wurden erst mit Equilibrin , und dann mit Akupunktur behandelt.

Die Gruppe der E.A. Patienten (E.A. = emt Akupunktur) setzte sich aus 15 Frauen (44,11%) und 19 Männern (55,88%) zusammen. Das mittlere Alter lag bei 47,38 Jahren (männlich x = 47,31 Jahre, weiblich x = 47,46 Jahre). Die Gruppe der E.E. Patienten (E.E. = emt Equilibrin) bestand aus 15 Frauen (57,69%) und 11 Männern (42,3%) zusammen. Das mittlere Alter lag bei 44,81 Jahre (männlich x = 46,82 Jahre , weiblich x = 43,33 Jahre ).

 

   

Patienten

Patienten E.E.

Patienten E.A.

Anzahl

Gesamt

60

26

34

 

Männlich

30

11

19

 

Weiblich

30

15

15

Alter

Gesamt

46,27

44,81

47,38

Mittelwert

Männlich

47,13

46,82

47,32

 

Weiblich

45,4

43,33

47,47

 

 

 

Tab. 6.1.4.2.: Alters- und Geschlechtscharakteristika der Patientengruppe (n=60).

E.E.: Erst Equilibrin-Einnahme.

E.A.: Erst Akupunkturbehandlung.

 

 

6.1.5. Gruppencharakteristika Längsschnittanalyse

 

Die 60 Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert. Im Anschluss an eine einmonatige Auswaschphase haben 26 Patienten erst acht Wochen lang Equilibrin eingenommen, dann vier Wochen Pause gemacht. Danach wurden sie acht Wochen mit Akupunktur behandelt und dann vier Wochen beobachtet. In einer anderen Gruppe wurden 34 Patienten erst mit Akupunktur und dann mit Equilibrin behandelt. Insgesamt wurde sieben mal ein Fragebogen ausgefüllt: zu Beginn der Studie, dann nach 4, 8, 12, 16, 20, 24 Wochen. Die tägliche Tagebucheintragung erfolgte in den gesamten 24 Wochen.

Die Studie fing am 12.4 97 an und endete am 8.4.99. In der gesamten Zeit erfolgte fünf mal eine Akupunkturserie: Am 12.5.97, am 4.8.97, am 28.10.97, am 5.5.98, am 29.9.98. Jeder Patient bekam jeweils 16 Akupunkturen.

 

 

    1. Methode
    2.  

      1. Statuserhebung

 

Bei den 60 in die Studie aufgenommenen Patienten wurde eine Eigen- und Sozialanamnese erhoben. Bei allen Patienten wurde vor Therapiebeginn zum Ausschluß symptomatischer Kopfschmerzformen eine neurologische Diagnostik ( klinische Untersuchung, EEG, CT oder MRI ) durchgeführt. Auf einem gesonderten Erhebungsbogen wurden Angaben über Nikotin, -und Alkoholkonsum , Blutgruppe und chinesische medizinische Symptome erfasst.

Alle Patienten führten Kopfschmerztagebücher zur täglichen Beschreibung von Schmerzcharakter, -lokalisation, -intensität, -beeinträchtigung, -dauer und Stimmungslage. Alle vier Wochen füllten alle Patienten die Fragebögen Pain Disabiliy Index (PDI) (Schmitz et al. 1992), Allgemeine Depressionsskala (ADS) (in der deutschen Version von Hautzinger und Bailer 1991) und den Fragebogen zur Erfassung der Schmerzverarbeitung (FESV) (Geißner 1990) aus.

 

Bewertungen /Messparameter:

Klinisch relevante Zielparameter sind:

 

Hauptzielkriterium: Prüfung der Wirksamkeit : Intensität, Dauer und Anzahl der Spannungskopfschmerztage pro Monat. Als Therapieerfolg gilt ein 50 %-iger Rückgang der Kopfschmerztage in den Akupunkturbehandlungsmonaten im Vergleich zu den Equilibrinbehandlungsmonaten. Als Kopfschmerztag gilt ein 24-Stunden-Tag mit mehr als vier Stunden Kopfschmerzen ab Schweregrad leicht.

 

Nebenzielkriterien: Kopfschmerzintensität, gemessen mit Tagebuch und einer Vier- Punkte-Skala (sehr intensiv, mittelstark, leicht und keine Schmerzen) und deren Schweregrad (VAS) sowie allgemeine Befindlichkeit (VAS). Weiterhin sollen in die Bewertung eingehen: die Ergebnisse der Befindlichkeitsskalen sowie des

Depressionsfragebogens, ein Messinstrument zur Lebensqualität mit Berücksichtigung von Schmerzakzeptanz und Schmerzerleben, mögliche Nebenwirkungen der Therapie und eine abschließende Beurteilung bzw. Akzeptanz der Behandlung durch die Patienten. Außerdem erfolgt eine persönliche Einschätzung des Therapieerfolges durch den jeweiligen Therapeuten. Alle Informationen zu den Zielkriterien stammen aus den Kopfschmerztagebüchern, Fragebögen und Skalen, die die Patienten selbst ausfüllen bzw. aus Interviews zu den jeweiligen Untersuchungszeitpunkten.

 

6.2.2. Therapiearm I: Akupunktur

 

Alle Patienten erhielten während der gesamten Studienzeit fünf mal eine Behandlungsserie von je 16 Akupunkturbehandlungen in acht Wochen , jeweils zwei Akupunkturen pro Woche.

 

Die Punktwahl erfolgte nach der Lehre der Traditionellen Chinesischen Medizin, wie dies in entsprechenden Lehrbüchern niedergelegt ist (1,6,58,61). Vor Beginn der Akupunktur wurde dabei eine ergänzende Diagnostik der Kopfschmerzsymptomatik aus der Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin, individuell bei jedem Patienten,durchgeführt. Die Einteilung des Kopfschmerzsyndroms erfolgte nach der jeweiligen Hauptschmerzlokalisation des Spannungskopfschmerzes auf den betroffenen Meridianachsen. Es wurden immer Punkte aus dem entsprechenden Meridianpaar berücksichtigt.

Nach der Syndrom-Analyse und den Behandlungsprinzipien der chinesischen Medizin wurden sieben Punkte ausgewählt :

  1. Fengchi (Gallenblase 20), 2. Jianjing (Gallenblase 21), 3. Shanzhong (Konzeptionsgefäß 17), 4. Hegu (Dickdarm 4 ), 5. Xuehai (Milz-Pankreas 10),

6. Sanyinjiao (Milz-Pankreas 6), 7. Taichong (Leber 3). Außer KG 17 sind sechs Punkte beidseitig. Insgesamt wurden jeweils 13 Punktreizstellen ausgewählt. Die Behandlung fand im Liegen statt und dauerte jeweils 30 Minuten. Die Patienten erhielten eine Behandlung mit richtiger Punktelokalisation. Die Akupunkturpunkte wurden 1,5 bis 2 Zentimeter tief eingestochen und durch Drehen der Nadel manuell stimuliert, bis der Patient ein deutliches Druck- und Wärmegefühl (sogenanntes De-Qi-Gefühl (1.58) im Bereich der Nadeleinstichstelle verspürte . Es wurden nur sterile Einmalnadeln aus Stahl verwendet.

  1. Gb 20

Indikation: Erkrankungen im Kopf und Zervikalbereich, Zervikalsyndrom, Migräne,

Tinnitus, Hypertonie.

2. Gb 21

Indikation: Zervikalsyndrom, Schulter-Arm-Syndrom.

3. Kg 17

Indikation: Verstimmung, funktionelle Herz- und Kreislaufstörungen,

psychovegetative Störungen.

4. Di 4

Indikation: Fernpunkt bei Kopfschmerz, allg. Schmerzpunkt, Immunschwäche,

Abwehrschwäche.

5. Mp 10

Indikation: Durchblutungsstörungen

 

 

6. Mp 6

Indikation: Schlafstörungen, immunologische Störungen, Steigerung der

Muskelkraft, Depression, Durchblutungsstörungen .

7. Le 3

Indikation: Kopfschmerz, psychische Erregungszustände, Durchblutungsstörungen,

Hypertonie.

 

 

 

6.2.3. Therapiearm II : Trizyklische Antidepressiva

 

Die Behandlung der Kopfschmerzpatienten mit Amitryptilin-N-oxid (Equilibrin) wurde nach der Randomisierung durchgeführt. Die medikamentöse Therapie erfolgte sukzessiv aufdosiert auf höchstens 90 mg, die abends eingenommen wurden. In der ersten Woche wurde 30 mg Equilibrin am Abend, in der zweiten Woche wurde 60 mg Equilibrin, ebenfalls am Abend eingenommen. In der dritten bis achten Woche wurde 90 mg Equilibrin am Abend eingenommen (11). Angestrebt werden sollte einheitlich die Höchstdosis, die Dosierung erfolgte allerdings individuell und richtete sich ausschließlich nach der Verträglichkeit.

 

 

 

 

 

6.2.4. Datenanalyse

 

Eine Beurteilung der Wirksamkeit erfolgte anhand der Daten aus den Kopfschmerztagebüchern und Fragebögen. Alle Patienten nahmen in ihren Kopfschmerztagebüchern eine tägliche Einschätzung und Registrierung der einzelnen Kopfschmerzparameter (Häufigkeit, Dauer und Intensität des Kopfschmerzes, Art, Stimmung und Beeinträchtigung) während der Studie vor.

Die statistische Analyse erfolgte gestützt auf die PC-Version des SPSS (Statistical Program for Social Sciences). Für jeden Probanden wurde zu allen Parametern der Mittelwert, die Standardabweichung, die Varianz, sowie der Minimal- und Maximal-wert ermittelt. Diese Mittelwerte wurden später zur Berechnung der Gruppenmittelwerte herangezogen. Die Prüfung auf signifikante Unterschiede der Gruppen untereinander im Längsschnitt erfolgte mittels Varianzanalyse, T-Test und Mann-Whitney-Test.