Dipl.-Wirt.-Inf. Pascal Reusch :

Abstimmungsmechanismen zwischen Programmplanung und Mengenplanung in der mehrstufigen Produktionsplanung

Dissertation angenommen durch: Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, Fachbereich Betriebswirtschaft, 2006-04-12

BetreuerIn: Prof. Dr. Rainer Leisten , Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, Fachbereich Betriebswirtschaft

GutachterIn: Prof. Dr. Rainer Leisten , Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, Fachbereich Betriebswirtschaft
GutachterIn: Prof. Dr. Peter Chamoni , Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, Fachbereich Betriebswirtschaft

Schlüsselwörter in Deutsch: Produktionsplanung, CPLEX, Losgröße, Hierarchie, Koordination, Aggregation, Disaggregation, Kapazitätsplanung, Optimierung, MRP, ERP, SAP, LIT, MIT, APS, Advanced Planning, Bottom up, top down, LP-Aggregation, Heuristik
Schlüsselwörter in Englisch: poduction planning, lot sizing, hierarchy, aggregation, disaggregation, capacity planning, optimization, MRP, ERP, SAP, LIT, MIT, APS, advancedplanning, bottom up, top down

 
   
 Klassifikation     
 Abstrakt     
   

Abstrakt in Deutsch

In dieser Arbeit wird herausgearbeitet, was Planung allgemein bedeutet, und welche Aufgaben die Planung im Unternehmen hat. Anschließend werden sowohl die Simultanplanung als auch die hierarchische Planung als besondere Herangehensweisen an die Planungsaufgabe vorgestellt. Nach dieser allgemeinen Einführung zur Planung werden die besonderen Eigenschaften der Produktionsplanung erörtert und verdeutlicht, wie Produktionsplanung heutzutage in Unternehmen durchgeführt wird. Dabei wird auch auf die für den betrachteten Problemausschnitt relevanten Produktionsplanungsfunktionen der Planungssoftware von SAP eingegangen und gezeigt, welche Probleme beim Einsatz dieser Systeme in der Praxis auftreten können. Im Folgenden werden die theoretischen Hintergründe für die Koordination zwischen der Programm- und der Mengenplanung erläutert. Dafür wird eine Übersicht über die Formalmodelle dieses Problembereichs erarbeitet und die Möglichkeiten der Abstimmung bzw. Koordination zwischen den genannten Planungsebenen identifiziert. Zur Abstimmung der Programmplanung und der Mengenplanung in einem hierarchischen System müssen sowohl auf der übergeordneten Ebene Informationen über die untergeordnete Ebene berücksichtigt werden wie umgekehrt. Die Bottom-Up-Koordination erfolgt in dem hier verwendeten hierarchischen Ansatz durch die Aggregation der Informationen der detaillierten Ebene. Diese Aggregate bilden die Datenbasis für die übergeordnete Ebene. In dieser Arbeit wird speziell die Produktaggregation betrachtet, bei der einzelne Produkte zu Produktgruppen zusammengefasst werden. In der klassischen hierarchischen Produktionsplanung werden nur Produkte, die als „ähnlich“ klassifiziert werden und sich bezüglich ihrer für die Planung entscheidenden Parameter nicht voneinander unterscheiden, in Gruppen zusammengefasst. Da reale Datenkonstellationen aber in der Regel keine Vielzahl von Produkten mit identischen Eigenschaften enthalten, wird hier untersucht, welche Auswirkungen die Heterogenität von Produktgruppen auf die Planungsergebnisse hat. Zudem wird betrachtet, wie diese Heterogenität erfasst werden kann. Im letzten Abschnitt dieser Arbeit werden die vorgestellten Ansätze daraufhin evaluiert, wie sie in der Lage sind, die Gesamtplanungsaufgabe der Programm- und Mengenplanung zu lösen. Dabei wird sowohl die Abhängigkeit der Lösungsdauer und -qualität von der Problemgröße betrachtet, als auch das Verhalten bei unterschiedlichen Datenkonstellationen nachvollzogen. Zuerst wird gezeigt, wie gut das Simultanplanungsproblem durch das kommerzielle ILOG CPLEX Optimierungssystem gelöst werden kann. Es wird gezeigt, mit welchen Parametern der Lösungsprozess des gemischt-ganzzahligen Modells beeinflusst werden kann, um möglichst schnell gute Ergebnisse zu erreichen. Die hier präsentierten Ergebnisse zeigen, dass trotz der gemischt-ganzzahligen Modellformulierung eine gute Lösung des Optimierungsmodells in akzeptabler Zeit gefunden werden kann. Mit zunehmender Problemgröße steigt allerdings sowohl die Laufzeit als auch der Speicherplatzbedarf für die Lösung deutlich an. Für den Fall, dass der Aufwand für die Lösung des betrachteten Problems mit dem Optimierer bzw. der Speicherplatzbedarf des B&C-Baumes zu groß ist, wird der Einsatz der hier entwickelten Heuristik empfohlen. Sie erzielte insbesondere bei geringeren Schwankungen der Bedarfsmenge sehr gute Ergebnisse, die in einem Bruchteil der Rechenzeit des Optimierers bestimmt wurden. Im darauf folgenden Abschnitt wird der hierarchische Ansatz auf sein Potential hin untersucht. Zuerst wird ein aggregiertes, lineares Programmplanungsmodell verwendet, welches mit gemischt-ganzzahligen Losgrößenmodellen für jede Produktgruppe gekoppelt ist. Für diese Modellkombination wird hier geprüft, welchen Einfluss die verschiedenen Aggregationsverfahren und Clusterungsmöglichkeiten bei unterschiedlichen Datenkonstellationen auf die Lösung haben. Im Anschluss daran wird untersucht, ob durch die Verwendung eines gemischt-ganzzahligen Programmplanungsmodells Probleme, die bei der Verwendung des linearen Modells aufgetreten sind, vermieden werden können. Beim Vergleich der Ergebnisse ergab sich, dass mit einem aggregierten gemischt-ganzzahligen Modell im Top-Level eine wesentlich bessere Koordination zwischen den beiden Ebenen des hierarchischen Verfahrens erzielt werden kann. Diese Koordination ist insbesondere bei organisatorischer und temporaler Trennung der Entscheidungsebenen von zentraler Bedeutung und daher für die praktische Umsetzbarkeit eines hierarchischen Verfahrens entscheidend. Die gute Umsetzbarkeit zeigt sich zum einen darin, dass die Zusatzkapazitätsmengen, die vom Top-Level eingeplant wurden, tatsächlich verwendet und auch sinnvoll über den Planungszeitraum verteilt werden. Sie konzentrierten sich nicht in einer einzigen Periode, wie dies beim Einsatz der linearen Modelle der Fall ist. Zum anderen müssen kaum noch Zusatzkapazitätsmengen von den Base-Level-Modellen eingeplant werden, so dass auch die insgesamt benötigte Zusatzkapazitätsmenge deutlich geringer ausfällt.

Abstrakt in Englisch

This paper discusses several approaches to solve production planning problems especially in the area of Master Planning and Lot Sizing. Most modern Production Planning Concepts inherit a hierarchical planning approach. The splitting of a simultaneous production planning approach leads to the reduction of complexity and allows the consideration of organizational structures within the system. The most popular and widely used paradigm for Hierarchical Production Planning is Manufacturing Resource Planning (MRP II). It consists of 4 different levels. The highest level is called Master Production Scheduling or Program Planning. It determines a Master Schedule using aggregate capacity limits and demand forecasts. Mathematical Models for Master Planning try to coordinate the use of inventory and overtime. The next level in the hierarchy has to deal mainly with Lot Sizing Problems. These models have to combine orders for the same product into lots that are produced without interruption. The objective is to minimize the sum of setup and holding costs that have to be paid for inventory that is used to serve orders that are due during the production cycle of a different product or in a period with insufficient production capacity. The following two levels are Capacity Planning and Production Scheduling which are not going to be analysed here. The use of mathematical models for Production Planning is limited by the complexity of the models that have to be solved. Problems are especially caused by binary and mixed integer restrictions like in a setup constraint of a Lot Sizing Problem. Because of these problems hierarchical planning approaches are used to approximate the optimal solution of a model that combines Master Planning and Lot Sizing. These steps in Production Planning are frequently used, but up till now almost no scientific simulations have shown how to use information or results from one level in the other in order to find a better global solution of the planning process. The main focus of this paper is to show under which circumstances a MIP Solver like ILOG CPLEX can be used to solve the total model in one step, and which mechanisms can be used to coordinate the results of different levels of a hierarchical planning approach, and how they have to be adjusted such that the result of the hierarchical planning process comes closest to the result of the optimal solution of the total model. For this purpose a system of models, including mechanisms for their coordination, is developed and the performance of the system as well as the quality of the results provided by the system are evaluated by simulations. The simulation results show, that ILOG CPLEX is able to find good solutions in a reasonable time if parameters are adjusted properly. Since the runtime is rising exponentially with the size of the problem the use of a heuristic which was developed here should be considered. This heuristic is able to find solutions of almost the same quality but in much less runtime. The simulations of the hierarchical approach showed that in order to achieve good coordination between the two levels, a mixed integer model which is able to anticipate the setup decisions of the base level has to be used in the top level.